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CAR-T-Zell-Therapie bei diffusem grosszelligem Lymphom (DLBCL)

<p class="article-intro">Die CAR-T-Zelltherapie stellt eine vielversprechende Alternative bzw. Ergänzung zur Chemo-Immuntherapie beim diffusen grosszelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL) sowie bei akuter lymphoblastischer B-Zell- Leukämie (ALL) im Rezidiv dar. In den USA und Europa sind bereits zwei Produkte zugelassen. In den aktuellen Studien werden verbesserte CR-Raten sowie ein verlängertes OS beobachtet. Das Nebenwirkungsprofil dieser Substanzen ist jedoch spezifisch und macht ein qualifiziertes Management erforderlich.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Durch Anwendung von CAR-TZellen werden CR-Raten von 40&ndash;60 % bei rezidivierten DLBCL und eine Gesamt&uuml;berlebens( OS)-Rate nach 12 Monaten von 50&ndash;74 % beobachtet.</li> <li>Spezifische Toxizit&auml;ten wie das Zytokinfreisetzungssyndrom (CRS) m&uuml;ssen rasch erkannt und entsprechend dem Schweregrad therapiert werden.</li> <li>Behandlung und Nebenwirkungsmanagement an spezialisierten Zentren erscheinen erforderlich, um die CAR-T-Zell- Therapie sicher durchzuf&uuml;hren.</li> </ul> </div> <h2>Einleitung</h2> <p>Patienten mit DLBCL erreichen nach First-Line-Chemotherapie (R-CHOP) eine Gesamtansprechrate (OOR) von 60 % .<sup>1, 2</sup> Leider rezidivieren 30&ndash;40 % der Patienten, 10 % sind prim&auml;r refrakt&auml;r. In dieser Situation wird eine Salvage-Chemotherapie verabreicht und bei einem Ansprechen (partielle Remission [PR] oder besser) eine autologe Stammzelltransplantation (ASCT) durchgef&uuml;hrt. In einer randomisierten Studie konnten ein Gesamtansprechen (OOR) von 63 % und ein Langzeit&uuml;berleben von 48 % erreicht werden.<sup>3</sup> In einer weiteren Studie, die prospektive und retrospektive Daten einschloss, betrug das ORR f&uuml;r r/r DLBCL nur 26 % (CR7 % ) und das mediane Gesamt&uuml;berleben (OS) 6,3 Monate. Nur bei jenen Patienten, die einer ASCT zugef&uuml;hrt werden konnten, war das mediane OS mit 14,4 Monaten l&auml;nger.<sup>4</sup><br /> Eine m&ouml;gliche Alternative stellt bei r/r DLBCL die Verabreichung von sog. chim&auml;ren Antigenrezeptor(CAR)-T-Zellen dar. Mithilfe von viralen (lentiviralen oder retroviralen) Vektoren oder nicht viralen Gentransfersystemen (&laquo;sleeping beauty transposon system&raquo;) werden T-Zellen ex vivo genetisch modifiziert, wodurch T-Zellen definierte CAR gegen Tumorepitope exprimieren und nach Bindung an die Zielzelle diese zerst&ouml;ren.<br /> Gegenw&auml;rtig sind bereits zwei Second- Generation-Produkte in den USA und Europa zugelassen. Tisagenlecleucel (Kymriah<sup>&reg;</sup>, Novartis) zur Behandlung von Patienten bis 25 Jahre mit akuter ALL, die refrakt&auml;r sind, die nach Transplantation rezidiviert sind oder die einen zweiten oder nachfolgenden R&uuml;ckfall erlitten haben, und erwachsene Patienten mit r/r DLBCL nach zwei oder mehr systemischen Therapielinien; weiters Axicabtagene ciloleucel (KTE-C19) (Yescarta<sup>&reg;</sup>, Kite Pharma, Gilead) f&uuml;r die Behandlung von erwachsenen Patienten mit r/r DLBCL und prim&auml;rem mediastinalem BZell- Lymphom (PMBCL) nach zwei oder mehr systemischen Therapien.</p> <h2>Studien mit CAR-T-Produkten</h2> <p><strong>JULIET-Studie</strong><br /> In der JULIET-Studie mit Tisagenlecleucel wurde rezent ein Update mit einem medianen Follow-up von 14 Monaten pr&auml;sentiert.<sup>5</sup> Insgesamt 111 Patienten mit DLCBL erhielten nach einer lymphodepletierenden Therapie (FC, Fludarabin/Cyclophosphamid) im Median 3,0 x 10<sup>8</sup> CAR-T (Range 0,1&ndash;6,0 x 10<sup>8</sup>) infundiert. Bei 103/111 Patienten wurde eine Bridging- Therapie zwischen Zellernte und CAR-TInfusion durchgef&uuml;hrt. Das mediane Alter betrug 56 Jahre (22&ndash;76), die mittlere Anzahl der vorhergegangenen Therapielinien war 3 (1&ndash;6) einschliesslich ASCT in 49 % . Die &laquo;cell of origin&raquo; (COO) zeigte zu 57 % &laquo;Germinal center B-cells&raquo;(GCB)- und zu 41 % &laquo;Activated B-cells&raquo;(ABC)-Typ, 17 % waren Double/Triple-Hit-Lymphome. An spezifischer Toxizit&auml;t waren Zytokinfreisetzungssyndrom (CRS) in 58 % , (Grad &ge;3 in 22 % ), neurologische Toxizit&auml;t in 21 % (Grad &ge;3 in 12 % ) und febrile Neutropenie (FN) in 21 % (Grad &ge;3 in 12 % ) zu beobachten. Es wurde kein therapiebedingter Tod beobachtet. Die ORR betrug 52 % (95 % CI, 41&ndash;62 % ) mit 40 % komplettem Ansprechen (CR) und 12 % PR. F&uuml;r Patienten, die eine CR erreichten, betrug die Rate des r&uuml;ckfallfreien &Uuml;berlebens nach 12 Monaten 78,5 % , das OS betrug 95 % f&uuml;r CR und 49 % f&uuml;r alle infundierten Patienten. Interessanterweise zeigte sich bei 54 % der Patienten im Follow-up eine Verbesserung einer initialen PR auf CR.</p> <p><strong>ZUMA-1-Studie</strong><br /> In der ZUMA-1-Studie mit Axicabtagene ciloleucel, KTE-C19<sup>6, 7</sup> erhielten insgesamt 101 Patienten nach FC 2x10<sup>6</sup> CAR-T-Zellen/ kg KG, davon 77 Patienten mit refrakt&auml;rer DLBCL (Kohorte 1) und 24 Patienten mit prim&auml;r mediastinalem B-Zell-Lymphom oder transformiertem follikul&auml;rem NHL (Kohorte 2). Die Patienten hatten zu 69 % &ge;3 Linien einschliesslich ASCT (in 21 % ) als Vortherapie erhalten. Eine Bridging- Therapie war nicht erlaubt. An spezifischer Toxizit&auml;t trat CRS in 93 % (Grad &ge;3 in 13 % ) auf, neurologische Toxizit&auml;t trat in 64 % auf (Grad &ge;3 in 28 % ) und FN in 13 % (alle Grade &ge;3). Drei der Patienten starben w&auml;hrend der Behandlung. Bei 82 % der Patienten konnte eine objektive Remission (ORR) mit einer CR-Rate von 38 % erreicht werden. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 8,7 Monaten hatten 39 % der Patienten noch eine anhaltende CR. Die mediane Ansprechdauer betrug f&uuml;r alle Responder 8,2 Monate und wurde von Patienten mit CR noch nicht erreicht. Interessanterweise konvertierten 41 % der Patienten mit PR w&auml;hrend der Nachbeobachtung in CR.</p> <p><strong>JCAR017-TRANSCEND-Studie</strong><br /> In der JCAR017-TRANSCEND-Studie wurde Lisocabtagene maraleucel (Juno Therapeutics, Celgene) mit einem definierten CD4:CD8-Verh&auml;ltnis in verschiedenen Zelldosen (DL1 5x 10<sup>7</sup>, D1 1x 10<sup>8</sup>) verwendet.<sup>8</sup> Zus&auml;tzlich wurden die Patienten in zwei Kohorten getrennt: Kohorte &laquo;Full&raquo; umfasste 102 Patienten mit DLBCL, NOS (de novo oder transformierte FL), highgrade B-Zell-Lymphome (double-/triplehit), DLBCL aus CLL oder MZL, PMBCL, FL3B und MCL nach einer Behandlungslinie. Eine Bridging-Therapie war erlaubt. Die Kohorte &laquo;Core&raquo; umfasste 73 Patienten mit DLBCL, NOS (de novo oder transformierte FL) oder High grade B-Zell-Lymphom (double/triple hit). Die Patienten hatten zu 38 % 3 Vortherapien (range 2&ndash;8) einschliesslich ASCT erhalten.<br /> Spezifische Toxizit&auml;t waren CRS in 37 % (Grad &ge;3 in 1 % ) und neurologische Toxizit&auml;t in 23 % (Grad &ge;3 in 13 % ), FN wurde nicht berichtet. Zwei Patienten starben, einer aufgrund eines septischen Schocks, der nicht mit Liso-Cel zusammenhing, im Rahmen einer Krankheitsprogression und ein Patient an diffusem Alveolarschaden, in Neutropenie. Die ORR in &laquo;Full&raquo; und &laquo;Core&raquo; waren 74 % (65/88) bzw. 80 % (52/65); die CR-Rate betrug 52 % (46/88) in &laquo;Full&raquo; und 55 % (36/65) in &laquo;Core&raquo;. Eine h&ouml;here Rate an dauerhafter Antwort bei DL2 wurde in der &laquo;Core&raquo;-Population beobachtet, mit einer 6-Monats-ORR und CR von 50 % und 50 % (7/14) vs. 40 % (8/20) und 30 % (6/20) bei DL1.</p> <h2>Nebenwirkungsmanagement im CAR</h2> <p>In Bezug auf das Targeting von B-Zellen &uuml;ber CD19-Depletion k&ouml;nnen die folgenden Nebenwirkungen beobachtet werden: Zytokinfreisetzungssyndrom (CRS), CAR-Tbezogenes Enzephalopathie-Syndrom (CRES), Zytopenie, Infektion und Hypogammaglobulin&auml;mie.<sup>9</sup></p> <p><strong>Zytokinfreisetzungssyndrom (CRS)</strong><br /> Die bedeutsamste m&ouml;gliche Nebenwirkung einer CAR-T-Zelltherpaie ist CRS, welches mit Expansion und Aktivierung von T-Zellen, Effektor/proinflammatorischer Zytokinfreisetzung, z.B. IL-6, INF-&gamma;, TNF-&alpha;, IL-12, IL-15, Aktivierung von Makrophagen und Aktivierung von Endothelfaktoren (vWF, ang-2)<sup>10, 11</sup> assoziiert ist. Eine Korrelation mit hoher Tumorlast und rascher CAR-T-Expansion wurde beschrieben.<sup>12</sup> Milde CRS-Formen mit einer K&ouml;rpertemperatur von &ge;38&deg;C werden symptomatisch mit Antipyretika behandelt. Bei einem CRS &ge;Grad 2 mit systolischem Blutdruck &lt;90mmHg und/oder Sauerstoff FiO<sub>2</sub> &ge;40 % k&ouml;nnen Interventionen mit intraven&ouml;ser Fl&uuml;ssigkeit oder Vasopressor und Sauerstoff durch Beatmungsmaske, Beatmungsbeutel oder Intubation erforderlich sein. Ein Datenvergleich der Studien ist wegen der Verwendung unterschiedlicher Scores jedoch schwierig, weswegen f&uuml;r jedes Produkt derzeit eigene Handlungsabl&auml;ufe etabliert sind. In schweren F&auml;llen, die nicht auf die beschriebene unterst&uuml;tzende Therapie ansprechen, wird Tocilizumab (ein Interleukin-6-Rezeptor-Antik&ouml;rper) zur Behandlung schwerer CRS empfohlen, da IL-6 eine zentrale Rolle bei der Entwicklung von CRS spielt.<sup>13</sup></p> <p><strong>CAR-T-bezogenes Enzephalopathie-Syndrom (CRES)</strong><br /> Weiters kann eine neurologische Toxizit&auml;t, CRES, beobachtet werden, welche von leichten Sprachst&ouml;rungen, Verwirrung, Desorientierung, Aphasie bis zu Somnolenz, Krampfanf&auml;llen oder Hirn&ouml;dem reichen kann. Die Pathomechanismen des CRES sind noch nicht vollst&auml;ndig gekl&auml;rt, eine Endothelzellaktivierung k&ouml;nnte eine Rolle spielen. Da Tocilizumab die Blut-Hirn- Schranke nicht &uuml;berwinden kann, werden bei isoliertem CRES neben supportiven Massnahmen Krampfanfallprophylaxe und als Ultima Ratio bei klinischer Verschlechterung Dexamethason oder Methylprednisolon empfohlen. Wenn CRS und CRES gleichzeitig beobachtet werden, wird zun&auml;chst eine Anti-IL-6-Therapie bevorzugt.</p> <p>Insgesamt liegen mittlerweile Daten von drei grossen Studien f&uuml;r Patienten mit rezidiviertem DLBLC vor. Die ORR liegt zwischen 53 und 80 % , die CRR im Bereich von 40 bis 59 % . Die 12-Monats-PFS- und die OS-Rate reichen von 54 bis 73 % bzw. 49 bis 74 % . Ein Vergleich der Daten untereinander ist nicht gerechtfertigt, da sich die Studienkohorten durch verschiedene Faktoren wie z.B. Dosierung der lymphodepletierenden Therapie, CAR-T-Zelldosen, Anzahl an Patienten mit ASCT oder verwendete Toxizit&auml;tsscores zum Teil erheblich unterscheiden.<br /> Generell kann aber gesagt werden, dass f&uuml;r r/r DLBCL mit CAR-T sehr wirksame Therapieoptionen zur Verf&uuml;gung stehen, deren Stellenwert bei der Inkorporation in g&uuml;ltige Behandlungsalgorithmen jedoch erst in Phase-III-Studien gegen ASCT gepr&uuml;ft wird.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Coiffier B et al.: Long-term outcome of patients in the LNH-98.5 trial, the first randomized study comparing rituximab- CHOP to standard CHOP chemotherapy in DLBCL patients: a study by the Groupe d'Etudes des Lymphomes de l'Adulte. Blood 2010; 116(12): 2040-5 <strong>2</strong> Pfreundschuh M et al.: CHOP-like chemotherapy with or without rituximab in young patients with good-prognosis diffuse large-B-cell lymphoma: 6-year results of an open-label randomised study of the MabThera International Trial (MInT) Group. Lancet Oncol 2011; 12(11): 1013-22 <strong>3</strong> Gisselbrecht C et al.: Salvage regimens with autologous transplantation for relapsed large B-cell lymphoma in the rituximab era. J Clin Oncol 2010; 28(27): 4184-90 <strong>4</strong> Crump M et al.: Outcomes in refractory diffuse large B-cell lymphoma: results from the international SCHOLAR-1 study. Blood 2017; 130(16): 1800-8 <strong>5</strong> Borchmann P et al.: An updated analysis of JULIET, a global pivotal phase 2 trial of tisagenlecleucelin adult patients with relapsed or refractory diffuse large B-cell lymphoma. HemaSphere 2018; S1: S799 <strong>6</strong> Neelapu SS et al.: Axicabtagene ciloleucel CAR T-cell therapy in refractory large B-cell lymphoma. N Engl J Med 2017; 377(26): 2531-44 <strong>7</strong> Locke FL et al.: Durability of response in ZUMA-1, the pivotal phase 2 study of axicabtagene ciloleucel (Axi-Cel) in patients (Pts) with refractory large B-cell lymphoma. J Clin Oncol 2018; 36: suppl; abstr 3003 <strong>8</strong> Abramson JS et al.: Updated safety and long term clinical outcomes in TRANSCEND NHL 001, pivotal trial of lisocabtagene maraleucel (JCAR017) in R/R aggressive NHL. J Clin Oncol 2018; 36: abstr 7505 <strong>9</strong> Neelapu SS et al.: Chimeric antigen receptor T-cell therapy - assessment and management of toxicities. Nat Rev Clin Oncol 2018; 15(1): 47-62 <strong>10</strong> Obstfeld AE et al.: Cytokine release syndrome associated with chimeric-antigen receptor T-cell therapy: clinicopathological insights. Blood 2017; 130(23): 2569-72 <strong>11</strong> Yang Y et al.: TCR engagement negatively affects CD8 but not CD4 CAR T cell expansion and leukemic clearance. Sci Transl Med 2017; 9(417) <strong>12</strong> Kochenderfer JN et al.: B-cell depletion and remissions of malignancy along with cytokine-associated toxicity in a clinical trial of anti- CD19 chimeric-antigen-receptor-transduced T cells. Blood 2012; 119(12): 2709-20 <strong>13</strong> June CH et al.: CAR T cell immunotherapy for human cancer. Science 2018; 359(6382): 1361-5</p> </div> </p>
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