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Aktuelle Empfehlungen zur Grippeimpfung

„Wir haben vieles zu tun, impfen gehört dazu“

<p class="article-intro">Am 27. November 2018 werden vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz die neuen Empfehlungen zur Grippeimpfung für die Saison 2018/19 herausgegeben.<sup>1</sup> Wir sprachen mit Oberarzt Dr. Helmut Brath, warum die Impfung gerade bei Menschen mit Diabetes so wichtig ist.</p> <hr /> <p class="article-content"><p><strong>Sehr geehrter Herr Oberarzt Brath, in den aktuellen Empfehlungen des Bundesministeriums zur Influenza-Impfung f&uuml;r die Saison 2018/19 geh&ouml;ren Personen mit Diabetes zu jener Gruppe, f&uuml;r welche die Influenza- Impfung mit der Betonung &bdquo;insbesondere&ldquo; empfohlen wird &ndash; auch wenn der Diabetes gut eingestellt ist. Warum ist die Impfung gerade f&uuml;r Menschen mit Diabetes so wichtig?</strong></p> <p><strong>H. Brath:</strong> Die Empfehlung, die hier gegeben wurde, muss man aus mehreren Gr&uuml;nden wirklich unterst&uuml;tzen. Zwar sehen wir, dass Menschen mit Diabetes gl&uuml;cklicherweise immer seltener makrovaskul&auml;r erkranken oder an makrovaskul&auml;ren Komplikationen sterben,<sup>2</sup> das hei&szlig;t aber gleichzeitig, dass andere Erkrankungen, v.a. Infektionen, vermehrt in den Vordergrund treten. Wir wissen auch, dass Menschen mit Diabetes ein erh&ouml;htes Risiko f&uuml;r das Auftreten von Infektionen haben und auch h&auml;ufiger daran sterben.<sup>3</sup> Liegt z.B. bei einer Grippeinfektion auch ein Diabetes mellitus vor, ist das Risiko f&uuml;r eine Hospitalisierung um das Dreifache, das Risiko f&uuml;r eine Verlegung auf die Intensivstation sogar um das Vierfache erh&ouml;ht.<sup>4</sup> Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist jene, dass die Infektion umgekehrt auch die Blutzuckereinstellung verschlechtert. Wir wissen, dass Infektionen neben Nonadh&auml;renz und Erstmanifestation die h&auml;ufigsten Ursachen f&uuml;r die diabetische Ketoazidose, eine potenziell t&ouml;dliche Komplikation, sind.<sup>5</sup></p> <p><strong>Wie hoch sind die Durchimpfungsraten in &Ouml;sterreich bei Menschen mit Diabetes mellitus?</strong></p> <p><strong>H. Brath:</strong> Dazu gibt es leider nur wenige konkrete Zahlen. Grunds&auml;tzlich sind die Durchimpfungsraten in &Ouml;sterreich nicht ausreichend. Etwas &auml;ltere, von der medizinischen Universit&auml;t Wien erhobene Daten zeigten, dass in der Saison 2006/2007 nur 40 % der M&auml;nner und 30 % der Frauen mit Diabetes durch eine Grippeimpfung gesch&uuml;tzt waren.<sup>6</sup> Ob sich dies gebessert hat, ist fraglich. Wir hinken bez&uuml;glich Influenza-Impfung in &Ouml;sterreich dem EU-Durchschnitt jedenfalls deutlich hinterher.</p> <p><strong>Woran liegt diese geringe Impfrate?</strong></p> <p><strong>H. Brath:</strong> Die WHO hat dieses Ph&auml;nomen der Skepsis oder Ablehnung Impfungen gegen&uuml;ber vor Kurzem als &bdquo;vaccine hesitancy&ldquo; &ndash; also als Impfz&ouml;gerlichkeit &ndash; definiert.<sup>7</sup> Diese betrifft Menschen mit Diabetes, Menschen ohne Diabetes, aber auch &Auml;rzte, und ich denke, hier m&uuml;ssen wir uns wirklich darauf besinnen, dass wir der Wissenschaft und der Evidenz verpflichtet sind. Wir m&uuml;ssen so behandeln, wie es State of the Art ist, und das hei&szlig;t: impfen. Man darf allerdings nicht vergessen, dass wir bei der Behandlung des Diabetes viele Aufgaben haben. Wir m&uuml;ssen den Blutzucker, den Blutdruck und die Lipide einstellen, Augen und F&uuml;&szlig;e kontrollieren und noch vieles andere bedenken. Aber auch wenn wir viel zu tun haben, d&uuml;rfen wir die Impfungen nicht vernachl&auml;ssigen.</p> <p><strong>Bei der Impfung geht es ja nicht nur um den Selbstschutz, sondern auch um den Fremd- oder Herdenschutz. Sind &Auml;rzte und andere Fachgruppen, die Menschen mit Diabetes behandeln, in besonderem Ma&szlig;e aufgefordert, sich selbst impfen zu lassen?</strong></p> <p><strong>H. Brath:</strong> Ein uneingeschr&auml;nktes Ja.</p> <p><br /><strong><em>Vielen Dank f&uuml;r das Gespr&auml;ch!</em></strong></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> www.sozialministerium.at/site/Gesundheit/Krankheiten_ und_Impfen/Impfen/Empfehlung_Influenza_Impfung_Grippeimpfung_ Saison_2018_2019 <strong>2</strong> Gregg EW et al.: Trends in cause-specific mortality among adults with and without diagnosed diabetes in the USA: an epidemiological analysis of linked national survey and vital statistics data. Lancet 2018; 391: 2430-40 <strong>3</strong> Shah BR, Hux JE: Quantifying the risk of infectious diseases for people with diabetes. Diabetes Care 2003; 26: 510-3 <strong>4</strong> Allard R et al.: Diabetes and the severity of pandemic influenza A (H1N1) infection. Diabetes Care 2010; 33: 1491-3 <strong>5</strong> Umpierrez G, Korytkowski M: Diabetic emergencies - ketoacidosis, hyperglycaemic hyperosmolar state and hypoglycaemia. Nat Rev Endocrinol 2016; 12: 222-32 <strong>6</strong> Dorner TE et al.: Coverage of recommended vaccinations in subjects with diabetes mellitus and ischemic heart disease: results for women and men. Wien Med Wochenschr 2011; 161: 136-42 <strong>7</strong> MacDonald NE: Vaccine hesitancy: Definition, scope and determinants. Vaccine 2015; 33: 4161-4</p> </div> </p>
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