
Thermoablation von Schilddrüsenknoten
Bericht:
Dr. med. Sabina Ludin
Chefredaktorin
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Bei heissen Knoten ist die Thermoablation mittels Radiofrequenz- oder Laserablation eine gute Alternative zur Radioiodtherapie. Mit beiden Methoden können eine signifikante Reduktion des Knotenvolumens und bei einem Grossteil der Patienten eine Normalisierung der Schilddrüsenfunktion erreicht werden. Das Hypothyreoserisiko scheint bei der Radiofrequenzablation geringer zu sein als bei der Radioiodtherapie, wobei Langzeitdaten dazu noch fehlen.
Patienten mit Schilddrüsenknoten, bei denen ein ablatives Vorgehen angezeigt ist, können wir im Luzerner Kantonsspital seit zwei Jahren die Thermoablation des Knotens mittels bipolarer Radiofrequenzablation anbieten», sagte Dr. med. Stefan Fischli, Co-Chefarzt, Endokrinologie/Diabetologie, Luzerner Kantonsspital, Luzern. Die bipolare Radiofrequenzablation (RFA) ist wenig invasiv und wird ambulant durchgeführt. Der von einem Generator erzeugte hochfrequente Strom (200–1200kHz) wird unter Ultraschallkontrolle mit einer bipolaren Sonde gezielt appliziert. Der ganze Knoten wird mit multiplen überlappenden Shots behandelt, wobei die hitzeerzeugende Sondenspitze einen Durchmesser von 9–40mm hat.
Die Indikation zur RFA wird interdisziplinär von Endokrinologen, Nuklearmedizinern und Chirurgen gemeinsam gestellt. Vor der Intervention wird eine Laryngoskopie durchgeführt zur Feststellung eines normalen Stimmband-Befunds. Zudem muss mittels Feinnadelpunktion Malignität im Knoten oder in Knoten im anderen Schilddrüsenlappen ausgeschlossen werden. Die RFA wird unter Monitoring (Blutdruck, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung; i.v. Zugang) durchgeführt. Nach der Intervention erhält der Patient für kurze Zeit NSAR und orale Steroide. Nach vier Wochen werden der Zustand der Stimmbänder untersucht, eine Postablations-Szintigrafie und alle paar Monate eine sonografische Kontrolle durchgeführt.
Wirksamkeit
Volumenreduktionsrate (VRR)
Die Wirksamkeit der RFA wurde in verschiedenen Studien untersucht. Die Anzahl Patienten, die Grösse der Knoten und die Follow-up-Dauer variieren zum Teil sehr stark zwischen den einzelnen Studien. Ebenso die Volumenreduktionsrate (VRR), die in den fünf vom Referenten vorgestellten Studien 64,9–97,9% beträgt.1–5 Auch die Rezidivrate ist sehr unterschiedlich, einige Studien zeigen eine recht hohe Rate von 20–25%.2, 5 «Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass das erneute Gewebewachstum in nicht abladierten Bereichen oder in den Randzonen des Knotens zu beobachten ist. Es ist deshalb wichtig, darauf zu achten, dass die Ränder gut abladiert werden», betonte Fischli. In einer Metaanalyse von 12 Studien mit insgesamt 779 Patienten betrug die VRR nach 6, 12 und 24 Monaten 68%, 75% resp. 87%.6 Zudem wurden eine signifikante Verminderung der Kompressionssymptome und eine signifikante kosmetische Verbesserung nach der RFA festgestellt.6
Im Luzerner Kantonsspital wurden seit Juni 2019 15 Patienten mit 16 Knoten mit RFA behandelt. In den meisten Fällen (13/16) handelte es sich um heisse Knoten (AFTN, «autonomously functioning thyroid nodule»). Fünf Patienten hatten eine manifeste Hyperthyreose und wurden vor der RFA zum Teil thyreostatisch behandelt. Die RFA-Dauer betrug durchschnittlich 18,3 Minuten. «Die VRR bei der aktuell letzten Nachkontrolle nach 18–24 Monaten beträgt 92% und es gibt bisher bei keinem Patienten Anzeichen für ein erneutes Gewebewachstum», berichtete Fischli.
Abb. 1: 72-jähriger Patient mit Struma nodosa, keine Kompressionssymptome, im Labor isolierte T3-Hyperthyreose mit supprimiertem TSH. Oben: Sonografie mit dominantem Knoten links, der in der Szintigrafie als fokale Autonomie identifiziert wird. Unten: Szintigrafie 4 Wochen nach Radiofrequenzablation des Knotens mit rückläufiger Autonomie und Aufhebung der Suppression der kontralateralen Seite, im Labor normales TSH. Sonografie nach 4 Monaten mit deutlicher Grössenregredienz
Normalisierung der Schilddrüsenfunktion
Neben der Volumenreduktion ist bei heissen Knoten das zweite Ziel der RFA die Normalisierung der Schilddrüsenfunktion. Die Daten dazu sind jedoch noch spärlicher. Die Fallzahlen sind in den meisten Studien klein und das Follow-up beträgt maximal 24 Monate.3, 7–11 In älteren Studien7,8 liegt die TSH-Normalisierungsrate zum Teil ≤50%, in neueren Studien3,10,11 jedoch um 90%. In einer Metaanalayse von 14 Studien mit 411 Patienten wurde 12 Monate nach RFA bei 71,2% eine TSH-Normalisierung festgestellt.12 Lediglich in zwei Studien wurden 1 resp. 2 Fälle einer subklinischen Hypothyreose festgestellt,1,10 in den anderen Studien trat nach der RFA bei keinem Patienten eine Schilddrüsenunterfunktion auf. «Die Beobachtungen bei unseren Patienten decken sich mit diesen Daten. Bis auf einen Patienten, der 18 Monate nach der RFA noch eine subklinische Hyperthyreose hatte, haben sich die Schilddrüsenwerte bei allen Patienten normalisiert. Die Thyreostatika konnten bei allen gestoppt werden, und keiner benötigte während des Follow-ups eine LT4-Substitution», berichtete der Referent.
Vergleich mit Radioiodtherapie
Es gibt kaum Studien, die die verschiedenen ablativen Methoden – Chirurgie, Radioiodtherapie, Thermoablation – direkt miteinander verglichen haben. In einer älteren Studie von 2007 wurde die Radioiodtherapie mit Thermoablation in Form einer Laserablation verglichen.13 Mit beiden Methoden konnte das Volumen des Knotens praktisch halbiert werden. Bezüglich TSH-Normalisierung war die Radioiodtherapie der Laserablation überlegen. Dafür war bei der Laserablation das extranoduläre Schilddrüsengewebe nicht betroffen und kein Patient entwickelte eine Hypothyreose. Nach der Radioiodtherapie trat bei zwei von 13 Patienten eine manifeste Hypothyreose auf.
In einer neueren Studie verglichen Crivelli et al. bei 50 Patienten die Radioiodtherapie mit der RFA.10 Bezüglich VRR gab es keinen statistischen Unterschied zwischen den beiden Methoden. In der RFA-Gruppe normalisierte sich das TSH bei 90,9%, 2 Patienten entwickelten eine subklinische Hypothyreose. Im Vergleich dazu erreichte die Radioiodablation bei 72% eine TSH-Normalisierung, bei 7 Patienten trat eine Hypothyreose auf, bei 5 davon eine manifeste.
Komplikationen
Jung Hwan Baek, einer der Pioniere der RFA, und Kollegen untersuchten die Komplikationsrate bei 1459 Patienten, die mit RFA behandelt wurden.14 Sie verzeichneten bei 3,3% der Interventionen eine Komplikation, in 20 Fällen schwerer Natur, wie Beeinträchtigung der Stimme (n=15), Schädigung des Plexus brachialis (n=1), Knotenruptur (n=3) und permanente Hypothyreose (n=1). Die häufigsten der leichten Komplikationen waren Hämatome, Erbrechen und Verbrennungen der Haut.
«Faktoren, die mit der Komplikationsrate korrelieren, sind die Expertise des ausführenden Arztes, die Grösse und die Lokalisation des Knotens sowie Schwierigkeiten bei der Identifikation von vulnerablen anatomischen Strukturen, wie Nerven und Gefässen», so Fischli.
Fazit
Die RFA zeichnet sich durch verschiedene Vorteile aus:
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Sie kann ambulant durchgeführt werden und ist dadurch mit geringeren Kosten verbunden als die chirurgische Behandlung.
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Es handelt sich um eine lokale, wenig invasive Intervention, die ambulant durchgeführt wird.
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Die Volumenreduktionsrate beträgt über 70%, was zu einer signifikanten Verminderung der Kompressionssymptome führt.
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Bei heissen Knoten kann bei einem Grossteil der Patienten eine TSH-Normalisierung erreicht werden.
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Bei korrekter Ausführung ist die Komplikationsrate niedrig.
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Das Risiko für eine iatrogene Hypothyreose scheint sehr niedrig zu sein.
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Wenn nötig kann sie mit einer Radioiodbehandlung kombiniert werden.
Es gibt aber durchaus auch kritische Punkte und offene Fragen:
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Vorsicht ist geboten bei jungen Patienten, grossen Knoten, retrosternaler Lokalisation, multinodulärer Struma, verdächtiger Morphologie im Ultraschall.
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Es fehlen noch Langzeitdaten, insbesondere in Bezug auf die Schilddrüsenfunktion und die Rezidivrate.
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Offen ist das Vorgehen bei Patienten, die nach der RFA eine chirurgische Thyreoidektomie benötigen (Narbengewebe). Eine RFA sollte in solchen Fällen vorgängig nicht durchgeführt werden.
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Die RFA ist eine Methode, die viel Training braucht (mind. 50 Interventionen zum Erreichen einer guten Qualität).
«Eine sehr gute Indikation für eine RFA sind meines Erachtens heisse Knoten mit einer maximalen Knotengrösse von 4 bis 5cm», sagte Fischli.
Quelle:
Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Endokrinologie und Diabetologie (SGED), 11. und 12. November 2021, Bern
Literatur:
1 Lim HK et al.: Eur Radiol 2013; 23: 1044-9 2 Sim JS et al.: Int J Hyperthermia 2017; 33: 905-10 3 Dobnig H, Amrein K: Thyroid 2018; 28: 472-80 4 Deandrea M et al.: J Clin Endocrinol Metab 2019; 104: 3751-6 5 Bernardi S et al.: Thyroid 2020; 30: 1759-70 6 Trimboli P et al.: Endocrine 2020; 67: 35-43 7 Faggiano A et al.: J Clin Endocrinol Metab 2012; 97: 4439-45 8 Bernardi S et al.: Endocrine 2017; 57: 402-8 9 Cesareo R et al.: Int J Hyperthermia 2018; 34: 617-23 10 Cervelli R et al.: Clin Endocrinol 2019; 90: 608-16 11 Cappelli C et al.: J Endocrinol Invest 2020; 43: 477-82 12 Kim HJ et al.: Eur Radiol 2021; 31: 605-15 13 Døssing H et al.: Eur J Endocrinol 2007; 157: 95-100 14 Baek JH et al.: Radiology 2012; 262: 335-42
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