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SGLT-2-Inhibitoren – was gibt es Neues?
Jatros
30
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17.11.2016
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<p class="article-intro">In einer Session zu den SGLT-2-Inhibitoren im Rahmen des EASD-Kongresses 2016 in München wurde über Neues zu diesen modernen Diabetesmedikamenten berichtet. Spannend, da vieles abseits der ausgetretenen Pfade beleuchtet wurde.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Ertugliflozin zeigt sich in der VERTIS-SITA2-Studie als effizient und sicher in der Diabetestherapie als Add-on zu Metformin + Sitagliptin mit den typischen Nebenwirkungen eines SGLT-2-Inhibitors.</li> <li>Canagliflozin schneidet gegenüber Sitagliptin bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und metabolischem Syndrom als Add-on bei Metformin + Sulfonylharnstoff in wichtigen Punkten besser ab.</li> <li>Klinische Studien zur Untersuchung von Effekten von SGLT-2-Inhibitoren und GLP-1-Rezeptoragonisten bei NAFLD könnten sinnvoll sein.</li> <li>Eine Proof-of-Concept-Studie legt nahe, dass die Gabe von Dapagliflozin auch bei Typ-1-Diabetikern Sinn ergeben könnte.</li> </ul> </div> <h2>Die VERTIS-SITA2-Studie</h2> <p>Brett Lauring<sup>1</sup>, Kenilworth, NJ, USA, gab ein Update, wie es um die Entwicklung des von Pfizer und MSD in Entwicklung befindlichen SGLT-2-Inhibitors Ertugliflozin (ERTU) steht. In der VERTIS-SITA2-Studie wurden bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und inadäquater glykämischer Kontrolle unter ≥1.500mg/d Metformin und dem DPP-4-Hemmer Sitagliptin 100mg/d die Effizienz und Sicherheit der zusätzlichen Gabe des SGLT-2-Inhibitors Ertugliflozin in den Dosierungen von 5 und 15mg untersucht. Die Studie war placebokontrolliert, randomisiert wurde in die drei Arme: oben genannte Standardmedikation + Ertugliflozin 5mg 1x/d (n=156), Standardmedikation + Ertugliflozin 15mg 1x/d (n=154), Standardmedikation + Placebo (n=153). Die Endpunkte wurden nach 26 Wochen ermittelt, etwas über 90 % der Teilnehmer jedes Arms konnten auch ausgewertet werden. Es zeigte sich eine klinisch relevante Reduktion des HbA<sub>1c</sub> (Abb. 1) und des FPG gegenüber dem Ausgangswert, ein größerer Anteil der Probanden erreichte ein HbA<sub>1c</sub> <7,0 % (Abb. 2) sowie ein reduziertes Körpergewicht von etwa 3kg gegenüber dem Ausgangswert und einen reduzierten systolischen Blutdruck. Als unerwünschte Wirkung kam es zu einem für SGLT-2-Hemmer typischen erhöhten Auftreten von Genitalmykosen sowohl bei Männern als auch bei Frauen.</p> <h2>DPP-4-I und SGLT-2-I in Kombination – was sagt die Literatur?</h2> <p>In einem systematischen Literaturreview untersuchte Lei Qini<sup>2</sup>, Gaithersburg, MD, USA, von der Firma AstraZeneca den Einsatz einer Kombination von DPP-4-Inhibitor und SGLT-2-Inhibitor als Add-on zu Metformin. Es zeigte sich, dass dies in einem signifikant niedrigeren HbA<sub>1c</sub> als eine Monotherapie oraler Antidiabetika und Placebo resultiert. Außerdem kommt es zu einem statistisch signifikant größeren Gewichtsverlust gegenüber alleiniger Gabe von DPP-4-I, Gliptin, Sulfonylharnstoff, Placebo und Insulin sowie einer größeren Reduktion des systolischen Blutdrucks verglichen mit Sulfonylharnstoff und Placebo. Hypoglykämien treten in demselben Verhältnis auf wie unter DPP-4-Inhibitoren, SGLT-2-Inhibitoren, GLP-1-Rezeptoragonisten, Gliptin oder Placebo, sind aber signifikant seltener als unter Sulfonylharnstoff und Insulin. Die Gruppe schließt: Da keine Head-to-head-Studien vorliegen, kann diese Übersicht in der klinischen Praxis und im täglichen Alltag in der Entscheidungsfindung der geeigneten Therapie helfen. <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Diabetes_1605_Weblinks_seite12.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Canagliflozin vs. Sitagliptin bei T2D und MetS</h2> <p>Michael J. Davies<sup>3</sup>, Raritan, NJ, USA, von der Firma Janssen präsentierte eine Post-hoc-Analyse einer randomisierten doppelblinden Phase-3-Studie<sup>4</sup> bei Patienten mit Typ-2-Diabetes (T2D) und unter Metformin + Sulfonylharnstoff nicht adäquat kontrolliertem metabolischem Syndrom (MetS). Teilnehmer dieser Studie hatten entweder Canagliflozin 300mg (Invokana®) oder Sitagliptin 100mg (Januvia®) als Add-on-Therapie zu Metformin + Sulfonylharnstoff über einen Zeitraum von 52 Wochen hinweg erhalten. Ein MetS wurde diagnostiziert, wenn mindestens zwei der folgenden Kriterien vorlagen:</p> <ul> <li>Triglyzeridwert ≥150mg/dl,</li> <li>HDL-C-Wert <40mg/dl (Männer) bzw. <50mg/dl (Frauen),</li> <li>Bauchumfang ≥102cm (Männer; Nichtasiaten), ≥88cm (Frauen; Nichtasiaten), >90cm (Männer; Asiaten), 80cm (Frauen; Asiaten),</li> <li>Diagnose einer Hypertonie bzw. systolischer Blutdruck ≥130mgHg oder diastolischer Blutdruck ≥85mmHg.</li> </ul> <p>Untersucht wurden Änderungen des HbA<sub>1c</sub>, des Nüchternblutzuckers, des Körpergewichts, des BMI, des Bauchumfangs, des systolischen und diastolischen Blutdrucks sowie der Lipidwerte. Sicherheit und Verträglichkeit wurden in der gesamten Studienpopulation untersucht, nicht nur in jener der MetS-Subgruppe. Cana­gliflozin verbesserte alle Faktoren eines MetS verglichen mit Sitagliptin bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und metabolischem Syndrom vor dem Hintergrund einer Therapie mit Metformin und Sulfonylharnstoff über den Beobachtungszeitraum von 52 Wochen. Im Detail betraf dies die glykämische Kontrolle (Abb. 3), den Blutdruck, das Gewicht (Abb. 4), den BMI und Bauchumfang sowie Dyslipidämie. Sita­gliptin verbesserte dagegen ausschließlich die glykämische Kontrolle, wenn auch in einem geringeren Umfang als Canagliflozin. Canagliflozin wurde gut vertragen, die für SGLT-2-Inhibitoren typischen Nebenwirkungen wie Genitalmykosen traten häufiger auf. <br />Die Autoren der Studie schließen daraus, dass die Daten den Einsatz von Canagliflozin gegenüber jenem von Sitagliptin bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und metabolischem Syndrom als Add-on bei Metformin + Sulfonylharnstoff unterstützen. <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Diabetes_1605_Weblinks_seite13.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>SGLT-2-Inhibitoren und nicht alkoholische Fettleber</h2> <p>Eine NAFLD (nicht alkoholische Fettleber) und NASH (nicht alkoholische Steatohepatitis) werden immer stärker Thema bei Typ-2-Diabetes. Dabei spielt auch der Alanin-Aminotransferase(ALT)-Spiegel eine Rolle als Marker der Fettlebererkrankung. Klinische Effekte der SGLT-2-Inhibitoren auf die NAFLD sind noch weitgehend unbekannt. Harpreet Bajaj<sup>5</sup>, Toronto, Kanada, präsentierte eine Studie, basierend auf elektronischen Registerdaten der LMC Dia­betes & Endocrinology Clinics in Ontario, zur Reduktion der ALT-Spiegel bei Typ-2-Diabetikern durch die Gabe von Canagliflozin, Dapagliflozin oder Liraglutid. Insgesamt wurden Daten von 2.820 Personen eingeschlossen. Die Kriterien: langjährige Diabeteserkrankung (Durchschnitt 13 Jahre), HbA<sub>1c</sub>-Durchschnitt 8,4( % ), BMI 32kg/m<sup>2</sup>, (ALT) 31U/l. Geprüft wurde, wie die Gabe von Canagliflozin, Dapagliflozin oder Liraglutid die ALT-Spiegel veränderte. Es zeigte sich, dass sowohl Canagliflozin (–4,3U/l vs. Basiswert) als auch Dapagliflozin (–4,1U/l vs. Basiswert) die ALT-Spiegel signifikant senkten, Liraglutid jedoch nicht signifikant (–0,6U/l vs. Basiswert). HbA<sub>1c</sub>- und Körpergewichtänderung können diesen Unterschied nur zu einem sehr kleinen Teil erklären. <br />Die Resultate der Studie legen nahe, dass klinische Studien zur Untersuchung von Effekten von SGLT-2-Inhibitoren und GLP-1-Rezeptoragonisten bei NAFLD sinnvoll sein könnten.</p> <h2>SGLT-2-Inhibitoren auch bei Typ-1-Diabetes?</h2> <p>Kinder mit Typ-1-Diabetes erreichen ihre HbA<sub>1c</sub>-Ziele selten. Torben Biester<sup>6</sup> vom Diabetes-Zentrum für Kinder und Jugendliche Auf der Bult in Hannover untersuchte in einer doppelblinden placebokontrollierten Cross-over-Studie den Einsatz des SGLT-2-Inhibitors Dapagliflozin als Add-on zur intravenösen Insulingabe bei Jugendlichen und Kindern mit Typ-1-Diabetes hinsichtlich Effekten auf den HbA<sub>1c</sub>-Wert. Primärer Endpunkt war die Reduktion von i.v. Insulin 24h nach Gabe von Dapagliflozin oder Placebo. Sekundäre Endpunkte waren die Glukosexkretion im Urin, der Blutglukosespiegel und der Betahydroxybutyrat-Spiegel. Es zeigte sich, dass Dapagliflozin den i.v. Insulinbedarf um 13,6 % senkte (p <0,0001), unabhängig vom HbA<sub>1c</sub>-Basiswert. Wie erwartet stieg die Glukoseausschüttung über den Urin an. Außerdem konnten leicht erhöhte Werte des Betahydroxybutyrat-Spiegels festgestellt werden. Diese waren jedoch weit unter jenen, die mit einer diabetischen Ketoazidose einhergehen. Die Gruppe schließt, dass SGLT-2-Inhibitoren eventuell auch bei Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes in klinischen Studien untersucht werden könnten.</p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Lauring B et al: Efficacy and safety of ertugliflozin in subjects with type 2 diabetes mellitus inadequately controlled on the dual combination of metformin and sitagliptin: the VERTIS SITA2 trial. EASD 2016; Oral Presentation: OP181 <strong>2</strong> Qin L et al: DPP4-i/SGLT-2i combination as add-on to metformin for type 2 diabetes mellitus: comparison to OADs, GLP-1RAs or basal insulin. EASD 2016; Oral Presentation: OP 183 <strong>3</strong> Davies MJ et al: Canagliflozin improves risk factors of metabolic syndrome versus sitagliptin in patients with type 2 diabetes and metabolic syndrome on background metformin + sulphonylurea. EASD 2016; Oral Presentation: OP 184 <strong>4</strong> Schernthaner G et al: Canagliflozin compared with sitagliptin for patients with type 2 diabetes who do not have adequate glycemic control with metformin plus sulfonylurea: a 52-week randomized trial. Diabetes Care 2013; 36(9): 2508-2515 <strong>5</strong> Bajaj HS et al: Canagliflozin and dapagliflozin, but not liraglutide, reduce Alanine Aminotransferase (ALT) levels in type 2 diabetes: a difference not explained by HbA1c or weight change. EASD 2016; Oral Presentation: OP 185 <strong>6</strong> Biester T et al: Effects of dapagliflozin on insulin-requirement, glucose excretion and beta-hydroxybutyrate levels is not related to baseline A1c in youth with type 1 diabetes. EASD 2016; Oral Presentation: OP 186</p>
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