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Moderne Diabetestherapie

SGLT-2-Inhibitoren – was gibt es Neues?

<p class="article-intro">In einer Session zu den SGLT-2-Inhibitoren im Rahmen des EASD-Kongresses 2016 in München wurde über Neues zu diesen modernen Diabetesmedikamenten berichtet. Spannend, da vieles abseits der ausgetretenen Pfade beleuchtet wurde.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Ertugliflozin zeigt sich in der VERTIS-SITA2-Studie als effizient und sicher in der Diabetestherapie als Add-on zu Metformin + Sitagliptin mit den typischen Nebenwirkungen eines SGLT-2-Inhibitors.</li> <li>Canagliflozin schneidet gegen&uuml;ber Sitagliptin bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und metabolischem Syndrom als Add-on bei Metformin + Sulfonylharnstoff in wichtigen Punkten besser ab.</li> <li>Klinische Studien zur Untersuchung von Effekten von SGLT-2-Inhibitoren und GLP-1-Rezeptoragonisten bei NAFLD k&ouml;nnten sinnvoll sein.</li> <li>Eine Proof-of-Concept-Studie legt nahe, dass die Gabe von Dapagliflozin auch bei Typ-1-Diabetikern Sinn ergeben k&ouml;nnte.</li> </ul> </div> <h2>Die VERTIS-SITA2-Studie</h2> <p>Brett Lauring<sup>1</sup>, Kenilworth, NJ, USA, gab ein Update, wie es um die Entwicklung des von Pfizer und MSD in Entwicklung befindlichen SGLT-2-Inhibitors Ertugliflozin (ERTU) steht. In der VERTIS-SITA2-Studie wurden bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und inad&auml;quater glyk&auml;mischer Kontrolle unter &ge;1.500mg/d Metformin und dem DPP-4-Hemmer Sitagliptin 100mg/d die Effizienz und Sicherheit der zus&auml;tzlichen Gabe des SGLT-2-Inhibitors Ertugliflozin in den Dosierungen von 5 und 15mg untersucht. Die Studie war placebokontrolliert, randomisiert wurde in die drei Arme: oben genannte Standardmedikation + Ertugliflozin 5mg 1x/d (n=156), Standardmedikation + Ertugliflozin 15mg 1x/d (n=154), Standardmedikation + Placebo (n=153). Die Endpunkte wurden nach 26 Wochen ermittelt, etwas &uuml;ber 90 % der Teilnehmer jedes Arms konnten auch ausgewertet werden. Es zeigte sich eine klinisch relevante Reduktion des HbA<sub>1c</sub> (Abb. 1) und des FPG gegen&uuml;ber dem Ausgangswert, ein gr&ouml;&szlig;erer Anteil der Probanden erreichte ein HbA<sub>1c</sub> &lt;7,0 % (Abb. 2) sowie ein reduziertes K&ouml;rpergewicht von etwa 3kg gegen&uuml;ber dem Ausgangswert und einen reduzierten systolischen Blutdruck. Als unerw&uuml;nschte Wirkung kam es zu einem f&uuml;r SGLT-2-Hemmer typischen erh&ouml;hten Auftreten von Genitalmykosen sowohl bei M&auml;nnern als auch bei Frauen.</p> <h2>DPP-4-I und SGLT-2-I in Kombination &ndash; was sagt die Literatur?</h2> <p>In einem systematischen Literaturreview untersuchte Lei Qini<sup>2</sup>, Gaithersburg, MD, USA, von der Firma AstraZeneca den Einsatz einer Kombination von DPP-4-Inhibitor und SGLT-2-Inhibitor als Add-on zu Metformin. Es zeigte sich, dass dies in einem signifikant niedrigeren HbA<sub>1c</sub> als eine Monotherapie oraler Antidiabetika und Placebo resultiert. Au&szlig;erdem kommt es zu einem statistisch signifikant gr&ouml;&szlig;eren Gewichtsverlust gegen&uuml;ber alleiniger Gabe von DPP-4-I, Gliptin, Sulfonylharnstoff, Placebo und Insulin sowie einer gr&ouml;&szlig;eren Reduktion des systolischen Blutdrucks verglichen mit Sulfonylharnstoff und Placebo. Hypoglyk&auml;mien treten in demselben Verh&auml;ltnis auf wie unter DPP-4-Inhibitoren, SGLT-2-Inhibitoren, GLP-1-Rezeptoragonisten, Gliptin oder Placebo, sind aber signifikant seltener als unter Sulfonylharnstoff und Insulin. Die Gruppe schlie&szlig;t: Da keine Head-to-head-Studien vorliegen, kann diese &Uuml;bersicht in der klinischen Praxis und im t&auml;glichen Alltag in der Entscheidungsfindung der geeigneten Therapie helfen. <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Diabetes_1605_Weblinks_seite12.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Canagliflozin vs. Sitagliptin bei T2D und MetS</h2> <p>Michael J. Davies<sup>3</sup>, Raritan, NJ, USA, von der Firma Janssen pr&auml;sentierte eine Post-hoc-Analyse einer randomisierten doppelblinden Phase-3-Studie<sup>4</sup> bei Patienten mit Typ-2-Diabetes (T2D) und unter Metformin + Sulfonylharnstoff nicht ad&auml;quat kontrolliertem metabolischem Syndrom (MetS). Teilnehmer dieser Studie hatten entweder Canagliflozin 300mg (Invokana&reg;) oder Sitagliptin 100mg (Januvia&reg;) als Add-on-Therapie zu Metformin + Sulfonylharnstoff &uuml;ber einen Zeitraum von 52 Wochen hinweg erhalten. Ein MetS wurde diagnostiziert, wenn mindestens zwei der folgenden Kriterien vorlagen:</p> <ul> <li>Triglyzeridwert &ge;150mg/dl,</li> <li>HDL-C-Wert &lt;40mg/dl (M&auml;nner) bzw. &lt;50mg/dl (Frauen),</li> <li>Bauchumfang &ge;102cm (M&auml;nner; Nichtasiaten), &ge;88cm (Frauen; Nichtasiaten), &gt;90cm (M&auml;nner; Asiaten), 80cm (Frauen; Asiaten),</li> <li>Diagnose einer Hypertonie bzw. systolischer Blutdruck &ge;130mgHg oder diastolischer Blutdruck &ge;85mmHg.</li> </ul> <p>Untersucht wurden &Auml;nderungen des HbA<sub>1c</sub>, des N&uuml;chternblutzuckers, des K&ouml;rpergewichts, des BMI, des Bauchumfangs, des systolischen und diastolischen Blutdrucks sowie der Lipidwerte. Sicherheit und Vertr&auml;glichkeit wurden in der gesamten Studienpopulation untersucht, nicht nur in jener der MetS-Subgruppe. Cana&shy;gliflozin verbesserte alle Faktoren eines MetS verglichen mit Sitagliptin bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und metabolischem Syndrom vor dem Hintergrund einer Therapie mit Metformin und Sulfonylharnstoff &uuml;ber den Beobachtungszeitraum von 52 Wochen. Im Detail betraf dies die glyk&auml;mische Kontrolle (Abb. 3), den Blutdruck, das Gewicht (Abb. 4), den BMI und Bauchumfang sowie Dyslipid&auml;mie. Sita&shy;gliptin verbesserte dagegen ausschlie&szlig;lich die glyk&auml;mische Kontrolle, wenn auch in einem geringeren Umfang als Canagliflozin. Canagliflozin wurde gut vertragen, die f&uuml;r SGLT-2-Inhibitoren typischen Nebenwirkungen wie Genitalmykosen traten h&auml;ufiger auf. <br />Die Autoren der Studie schlie&szlig;en daraus, dass die Daten den Einsatz von Canagliflozin gegen&uuml;ber jenem von Sitagliptin bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und metabolischem Syndrom als Add-on bei Metformin + Sulfonylharnstoff unterst&uuml;tzen. <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Diabetes_1605_Weblinks_seite13.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>SGLT-2-Inhibitoren und nicht alkoholische Fettleber</h2> <p>Eine NAFLD (nicht alkoholische Fettleber) und NASH (nicht alkoholische Steatohepatitis) werden immer st&auml;rker Thema bei Typ-2-Diabetes. Dabei spielt auch der Alanin-Aminotransferase(ALT)-Spiegel eine Rolle als Marker der Fettlebererkrankung. Klinische Effekte der SGLT-2-Inhibitoren auf die NAFLD sind noch weitgehend unbekannt. Harpreet Bajaj<sup>5</sup>, Toronto, Kanada, pr&auml;sentierte eine Studie, basierend auf elektronischen Registerdaten der LMC Dia&shy;betes &amp; Endocrinology Clinics in Ontario, zur Reduktion der ALT-Spiegel bei Typ-2-Diabetikern durch die Gabe von Canagliflozin, Dapagliflozin oder Liraglutid. Insgesamt wurden Daten von 2.820 Personen eingeschlossen. Die Kriterien: langj&auml;hrige Diabeteserkrankung (Durchschnitt 13 Jahre), HbA<sub>1c</sub>-Durchschnitt 8,4( % ), BMI 32kg/m<sup>2</sup>, (ALT) 31U/l. Gepr&uuml;ft wurde, wie die Gabe von Canagliflozin, Dapagliflozin oder Liraglutid die ALT-Spiegel ver&auml;nderte. Es zeigte sich, dass sowohl Canagliflozin (&ndash;4,3U/l vs. Basiswert) als auch Dapagliflozin (&ndash;4,1U/l vs. Basiswert) die ALT-Spiegel signifikant senkten, Liraglutid jedoch nicht signifikant (&ndash;0,6U/l vs. Basiswert). HbA<sub>1c</sub>- und K&ouml;rpergewicht&auml;nderung k&ouml;nnen diesen Unterschied nur zu einem sehr kleinen Teil erkl&auml;ren. <br />Die Resultate der Studie legen nahe, dass klinische Studien zur Untersuchung von Effekten von SGLT-2-Inhibitoren und GLP-1-Rezeptoragonisten bei NAFLD sinnvoll sein k&ouml;nnten.</p> <h2>SGLT-2-Inhibitoren auch bei Typ-1-Diabetes?</h2> <p>Kinder mit Typ-1-Diabetes erreichen ihre HbA<sub>1c</sub>-Ziele selten. Torben Biester<sup>6</sup> vom Diabetes-Zentrum f&uuml;r Kinder und Jugendliche Auf der Bult in Hannover untersuchte in einer doppelblinden placebokontrollierten Cross-over-Studie den Einsatz des SGLT-2-Inhibitors Dapagliflozin als Add-on zur intraven&ouml;sen Insulingabe bei Jugendlichen und Kindern mit Typ-1-Diabetes hinsichtlich Effekten auf den HbA<sub>1c</sub>-Wert. Prim&auml;rer Endpunkt war die Reduktion von i.v. Insulin 24h nach Gabe von Dapagliflozin oder Placebo. Sekund&auml;re Endpunkte waren die Glukosexkretion im Urin, der Blutglukosespiegel und der Betahydroxybutyrat-Spiegel. Es zeigte sich, dass Dapagliflozin den i.v. Insulinbedarf um 13,6 % senkte (p &lt;0,0001), unabh&auml;ngig vom HbA<sub>1c</sub>-Basiswert. Wie erwartet stieg die Glukoseaussch&uuml;ttung &uuml;ber den Urin an. Au&szlig;erdem konnten leicht erh&ouml;hte Werte des Betahydroxybutyrat-Spiegels festgestellt werden. Diese waren jedoch weit unter jenen, die mit einer diabetischen Ketoazidose einhergehen. Die Gruppe schlie&szlig;t, dass SGLT-2-Inhibitoren eventuell auch bei Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes in klinischen Studien untersucht werden k&ouml;nnten.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Lauring B et al: Efficacy and safety of ertugliflozin in subjects with type 2 diabetes mellitus inadequately controlled on the dual combination of metformin and sitagliptin: the VERTIS SITA2 trial. EASD 2016; Oral Presentation: OP181 <strong>2</strong> Qin L et al: DPP4-i/SGLT-2i combination as add-on to metformin for type 2 diabetes mellitus: comparison to OADs, GLP-1RAs or basal insulin. EASD 2016; Oral Presentation: OP 183 <strong>3</strong> Davies MJ et al: Canagliflozin improves risk factors of metabolic syndrome versus sitagliptin in patients with type 2 diabetes and metabolic syndrome on background metformin + sulphonylurea. EASD 2016; Oral Presentation: OP 184 <strong>4</strong> Schernthaner G et al: Canagliflozin compared with sitagliptin for patients with type 2 diabetes who do not have adequate glycemic control with metformin plus sulfonylurea: a 52-week randomized trial. Diabetes Care 2013; 36(9): 2508-2515 <strong>5</strong> Bajaj HS et al: Canagliflozin and dapagliflozin, but not liraglutide, reduce Alanine Aminotransferase (ALT) levels in type 2 diabetes: a difference not explained by HbA1c or weight change. EASD 2016; Oral Presentation: OP 185 <strong>6</strong> Biester T et al: Effects of dapagliflozin on insulin-requirement, glucose excretion and beta-hydroxybutyrate levels is not related to baseline A1c in youth with type 1 diabetes. EASD 2016; Oral Presentation: OP 186</p> </div> </p>
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