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Insulintherapie bei übergewichtigen und adipösen Patienten

<p class="article-intro">Ein Großteil der Menschen mit Typ-2-Diabetes ist übergewichtig oder adipös und die Gewichtsreduktion zählt zu den wichtigen Therapiezielen im umfassenden Behandlungsregime. Eine Indikation zur Insulintherapie bei Typ-2-Diabetes besteht bei Sekundärversagen einer Therapie mit oralen Antidiabetika, bei Kontraindikation gegenüber oralen Antidiabetika und bei Stoffwechselentgleisungen wie im Rahmen von Komorbiditäten.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die Insulintherapie geht h&auml;ufig mit einer Gewichtszunahme einher.</li> <li>Die Einsparung des Insulinbedarfs bei Kombination von Insulin mit oralen Antidiabetika (Metformin, DPP-4-Hemmer, SGLT2- Inhibitoren) resultiert in einer geringeren Gewichtszunahme.</li> <li>Vorteilhafte Gewichtseffekte hat auch die Kombination eines Basisinsulins mit einem GLP- 1-Analogon.</li> <li>Eine Gewichtszunahme im Rahmen der Insulintherapie bei Menschen mit Typ-2-Diabetes sollte durch Lebensstilma&szlig;nahmen bzw. die Wahl einer entsprechenden Therapieform minimiert werden.</li> </ul> </div> <h2>Hintergrund: Gewicht und Insulintherapie</h2> <p>Die Insulintherapie ist h&auml;ufig mit einer Gewichtszunahme assoziiert.<sup>1</sup> Neben den anabolen Effekten von Insulin tragen vor allem die Kompensation der Glukosurie und auch die unkontrollierte Nahrungszufuhr bei Hypoglyk&auml;mien zur Gewichtszunahme bei (Tab. 1). In der CREDIT (&bdquo;Cardiovascular Risk Evaluation in people with type 2 Diabetes on Insulin Therapy&ldquo;)-Studie korrelierte das Ausma&szlig; der Gewichtszunahme mit dem Ausgangs- HbA<sub>1c</sub>-Wert und der Insulindosierung.<sup>2</sup><br /> Die Gewichtszunahme hat ung&uuml;nstige Auswirkungen auf das kardiovaskul&auml;re Risikoprofil, insbesondere in Bezug auf Dyslipid&auml;mie und Hypertonie.<sup>3</sup> Durch entsprechende Lebensstilma&szlig;nahmen, wie Ern&auml;hrungsinterventionen und Bewegungstherapie, kann die Gewichtszunahme im Rahmen der Insulintherapie eingeschr&auml;nkt werden.<sup>4</sup> G&uuml;nstige Effekte in Bezug auf die Insulindosis und damit die Gewichtszunahme zeigen sich auch bei Kombination von Insulin mit oralen Antidiabetika, wie Metformin, DPP4-Inhibitoren und SGLT2-Inhibitoren, sowie mit GLP-1-Analoga.<br /> Insulinanaloga weisen neben einem im Vergleich zu Normal- bzw. NPH-Insulin geringeren Hypoglyk&auml;mierisiko auch g&uuml;nstigere Gewichtseffekte auf,<sup>5</sup> wobei f&uuml;r Insulin Detemir eine vorteilhafte Einflussnahme auf zentralnerv&ouml;se appetitregulierende Mechanismen dargestellt werden konnte.<sup>6</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Diabetes_1701_Weblinks_s29_tab1.jpg" alt="" width="1419" height="783" /></p> <h2>Formen der Insulintherapie</h2> <p><strong>Konventionelle Insulintherapie</strong><br /> Die konventionelle Insulintherapie ist durch eine verbindliche Vorgabe der Dosierung der Insuline charakterisiert. Bei Typ-2-Diabetikern betr&auml;gt die durchschnittliche Insulintagesdosis 0,5&ndash;1,0E/kg K&ouml;rpergewicht, rund zwei Drittel der Tagesdosis werden am Morgen (in Form von Mischinsulinen) und ein Drittel am Abend (in Form von Mischinsulinen oder lang wirksamen Insulinen) verabreicht. Alternativ erfolgt ein- bis dreimal t&auml;glich die Gabe von Mischinsulinen, die kurz wirksame Insulinanaloga und NPH-Insulin enthalten. Im Rahmen der Basis-Bolus- Therapie erfolgt eine getrennte Substitution des basalen (NPH-Insulin bzw. lang wirksame Insulinanaloga) und prandialen Insulinbedarfs (Normalinsulin bzw. kurz wirksame Insulinanaloga) mit einer Anpassung der Insulindosierung entsprechend der Nahrungszufuhr und den aktuellen Blutzuckerwerten durch den Diabetiker selbst (funktionelle Insulintherapie).<br /><br /><strong> Kombination von Insulin mit oralen Antidiabetika und GLP-1-Analoga</strong><br /> Bei Typ-2-Diabetes besteht die M&ouml;glichkeit einer Kombinationstherapie von oralen Antidiabetika oder GLP-1-Analoga mit Insulin. Als Einstieg in die Insulintherapie bei Typ-2-Diabetes erfolgt in der klinischen Praxis h&auml;ufig eine Erweiterung der Therapie mit oralen Antidiabetika durch ein abendlich verabreichtes Basisinsulin (NPH-Insulin bzw. lang wirksames Insulinanalogon).<br /><br /><strong> Basalinsulin-unterst&uuml;tzte orale Therapie (BOT) oder Mischinsulin (MOT)</strong><br /> Als Startdosis werden 0,1E/kg K&ouml;rpergewicht bzw. 6&ndash;10E Basalinsulin empfohlen, die Titration der Insulindosierung erfolgt bei der Gabe von Basalinsulin anhand der N&uuml;chtern-Blutzuckerwerte.<br /> Einzelstudien und Metaanalysen konnten aufzeigen, dass die Kombination von oralen Antidiabetika und Insulin bei Typ- 2-Diabetes zu einer bis zu 40 % igen Einsparung des Insulinbedarfs und damit zu einer geringeren Gewichtszunahme im Vergleich mit der alleinigen Insulintherapie f&uuml;hrt.<br /><br /><strong> Metformin und DPP-4-Hemmer</strong><br /> Die Beibehaltung von Metformin wird bei jeder Form der Insulintherapie bei Typ-2-Diabetes im Sinne einer Reduktion der Insulinresistenz und der gewichtsneutralen Wirkung empfohlen. DPP-4-Hemmer gelten als gewichtsneutral.<br /><br /><strong> Sulfonylharnstoff</strong><br /> F&uuml;r die Kombination von Sulfonylharnstoffderivaten mit Insulin sind das Hypoglyk&auml;mierisiko und ein damit m&ouml;glicherweise assoziiertes h&ouml;heres kardiovaskul&auml;res Risiko zu ber&uuml;cksichtigen.<sup>7</sup> Bei Kombination von Insulin mit Pioglitazon kann es zu einer deutlichen Gewichtszunahme auch infolge einer verst&auml;rkten Fl&uuml;ssigkeitsretention kommen.<br /><br /><strong> SGLT-2-Inhibitoren</strong><br /> Klinische Studien belegen die g&uuml;nstigen Gewichtseffekte von SGLT-2-Inhibitoren.<sup>8</sup> F&uuml;r Empagliflozin zeigten die Ergebnisse der EMPA-REG-Studie eine Reduktion der kardiovaskul&auml;ren Mortalit&auml;t, der Gesamtmortalit&auml;t, der Nephropathie und der Hospitalisierungsrate infolge einer Herzinsuffizienz.<sup>9</sup> Entsprechend der Beschreibung der Studienpopulation gelten diese vorteilhaften Daten von Empagliflozin auch f&uuml;r Patienten unter Insulintherapie. So wurden in der Verumgruppe mit insgesamt 4687 Patienten 2252 mit Insulin behandelt (48 % ) und von 2333 Patienten in der Placebogruppe 1135 (48 % ).<br /><br /><strong> GLP-1-Analoga</strong><br /> Bei Nichterreichen der Behandlungsziele unter Kombination eines Basisinsulins mit oralen Antidiabetika wird als eine Therapievariante eine Umstellung auf Basisinsulin erweitert durch ein kurz wirksames Insulin/Insulinanalogon zur Hauptmahlzeit empfohlen. Eine alternative Form der Therapieerweiterung stellt die Kombination eines Basisinsulins mit einem GLP-1-Analoga dar.<br /> Von Vorteil sind dabei der gewichtsreduzierende Effekt der GLP-1-Analoga sowie ein geringeres Hypoglyk&auml;mierisiko. Auch im Hinblick auf die pathophysiologischen Grundlagen ergibt sich bei Kombination eines lang wirksamen Insulins mit einem GLP-1-Analogon eine ideale Erg&auml;nzung der Wirkprinzipien.<sup>10</sup><br /> Im GetGoal Duo-2 Trial zeigte sich f&uuml;r Lixisenatid gegen&uuml;ber einem kurz wirksamen Insulinanalogon in Kombination mit Insulin Glargin ein signifikant g&uuml;nstigerer Gewichtseffekt bei einer vergleichbaren Verringerung der postprandialen Hyperglyk&auml;mie.<sup>11</sup><br /> Entsprechend den Daten aus klinischen Studien betr&auml;gt die Gewichtsdifferenz der Kombination Insulin Glargin/Lixisenatid zu Insulin Glargin als Monotherapie nach 30 Wochen 1,4kg, wobei im Kombinationsarm mehr Patienten den HbA<sub>1c</sub>-Zielwert von &lt;7 % und eine Reduktion der dokumentierten Hypoglyk&auml;mierate erreichten. 12 Unter der Kombination Insulin Deglutec/ Liraglutid ergab sich gegen&uuml;ber der Insulin-Deglutec-Monotherapie nach 26 Wochen eine Gewichtsdifferenz von 2,5kg.<sup>13</sup><br /> Hinsichtlich des kardiovaskul&auml;ren Risikos liegen neutrale bzw. vorteilhafte Daten zur Therapie mit GLP-1-Analoga vor. In der ELIXA-Studie wurde f&uuml;r Lixisenatid bei Patienten nach einem akuten Koronarsyndrom keine Zunahme der kardiovaskul&auml;ren Komplikationen festgestellt.<sup>14</sup> Die LEADER-Studie belegte f&uuml;r Liraglutid im Vergleich zu Placebo sogar eine signifikante Reduktion des prim&auml;ren Endpunkts (kardiovaskul&auml;rer Tod, nicht t&ouml;dlicher Myokardinfarkt und nicht t&ouml;dlicher Insult) sowie der Gesamtmortalit&auml;t.<sup>15</sup> Die Studienpopulation der LEADER-Studie umfasste Patienten mit manifester kardiovaskul&auml;rer Erkrankung oder Patienten mit mindestens einem kardiovaskul&auml;ren Risikofaktor. Subgruppenanalysen konnten weiters einen Vorteil vor allem f&uuml;r Patienten mit einer eingeschr&auml;nkten Nierenfunktion nachweisen. Fixkombinationen aus lang wirksamen Insulinanaloga und GLP-1-Analoga sind f&uuml;r Insulin Deglutec mit Liraglutid (Xultophy) und Insulin Glargin mit Lixisenatid (Lixilan) verf&uuml;gbar.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Idris I et al: Responders to insulin therapy at 18 months in adults with newly diagnosed diabetes: which insulin regimen? Diabet Med 2014; 30: e95-100 <strong>2</strong> Balkau B et al: Factors associated with weight gain in people with type 2 diabetes starting on insulin. Diabetes Care 2014; 37: 2108-13 <strong>3</strong> Anderson JW et al: Importance of weight management in type 2 diabetes: review with meta-analysis of clinical studies. J Am Coll Nutr 2003; 22: 331-5 <strong>4</strong> American Diabetes Association: Pharmacologoc approaches to glycemic treatment. Diabetes Care 2017; 40(Suppl. 1): S64&ndash;S74 <strong>5</strong> Freemantle N et al: Safety and efficacy of insulin glargine 300 u/ mL compared with other basal insulin therapies in patients with type 2 diabetes mellitus: a network meta-analysis. BMJ Open 2016; 15: e009421 <strong>6</strong> Russel-Jones D et al: Weight-sparing effect of insulin detemir: a consequence of central nervous system-mediated reduced energy intake? Diabetes Obes Metab 2015; 17: 919-27 <strong>7</strong> Vos RC et al: Insulin monotherapy compared with the addition of oral glucose- lowering agents to insulin for people with type 2 diabetes already on insulin therapy and inadequate glycaemic control. Cochrane Database Syst Rev 2016; CD 006992 <strong>8</strong> Rosenstock J et al: EMPA-REG BASATM trial Investigators: Impact of empagliflozin added to basal insulin in type 2 diabetes inadequately controlled on basal insulin: a 78-week randomized double-blind placebo-controlles trial. Diabetes Obes Metab 2015; 17: 936-48 <strong>9</strong> Zinman B et al: EMPA-REG OUTCOME Investigators: Empagliflozon, cardiovascular outcomes, and mortality in type 2 diabetes. N Engl J Med 2015; 373: 2117-28 <strong>10</strong> Charbonnel B et al: Lixisenatide plus basal insulin in patients with type 2 diabetes mellitus: a meta-analysis. J Diabetes Complications 2014; 28: 880-6 <strong>11</strong> Rosenstock J et al: GetGoal Duo-2 Trial Investigators: Prandial options to advance basal insulin glargine therapy: testing lixisenatide plus basal insulin versus insulin glulisine either as basal-plus or basal-bolus in type 2 diabetes: the GetGoal Duo-2 Trial. Diabetes Care 2016; 39: 1318-28 <strong>12</strong> Aroda VR et al: LixiLan Trial Investigators: Efficacy and safety of LixiLan, or titrable fixed-ratio combination of insulin glargine plus lixisenatide in type 2 diabetes inadequately controlled on basal insulin and metformin. The LixiLan- L randomised trial. Diabetes Care 2016; 39: 1972-80 <strong>13</strong> Buse JB et al, NN9068-3912 (DUAL-II) Trial Investigators: Contribution of liraglutide in the fixed-ratio combination of insulin deglutec and liraglutide (IdegLira). Diabetes Care 2014; 37: 2926-33 <strong>14</strong> Pfeffer MA et al: ELIXA Investigators: Lixisenatide in patients with type 2 diabetes and coronary syndrome. N Engl J Med 2015; 373: 2247-52 <strong>15</strong> Marso SP et al, for the LEADER Steering Committee on behalf of the LEADER Investigators: Liraglutide and cardiovascular outcomes in type 2 diabetes. N Engl J Med 2016; 375: 311-22</p> </div> </p>
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