
Die Highlights des ADA-Kongresses 2020 – ein virtuelles Meeting
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Wie viele Veranstaltungen 2020 fiel auch die 80. Jahrestagung der amerikanischen Diabetesgesellschaft, die von 12.–16. Juni in Chicago hätte stattfinden sollen, den weltweiten Covid-19-Reglementierungen zum Opfer. Stattdessen wurde sie als virtuelles Meeting mit rund 190 Beiträgen als Webcast abgehalten, was naturgemäß kein gutes Interaktionspotenzial bietet, aber auch Vorteile hat, da die Beiträge über drei Monate zur Verfügung stehen.
Endpunktstudien
VERTIS-Studie
Ein unbestrittenes Highlight jedes Kongresses ist die Präsentation einer oder mehrerer Endpunktstudien. Im Rahmen der ADA-Tagung 2020 wurden die Ergebnisse der VERTIS-Studie präsentiert. Mehr als 8000 Patienten wurden rekrutiert –primär um die kardiovaskuläre Sicherheit von Ertugliflozin versus Placebo nachzuweisen. In Anbetracht der vorliegenden Daten für Empagliflozin, Canagliflozin und Dapagliflozin war die Erwartung hoch, dass Ertugliflozin nicht nur sicher, sondern auch risikoreduzierend in Bezug auf kardiovaskuläre Ereignisse sein würde, vor allem deswegen, weil das Studiendesign nahezu ident mit dem der EMPA-REG-Studie angelegt war. Das primäre Ziel, die Non-Inferiority zu Placebo in Bezug auf den Endpunkt (3-Punkt-MACE), wurde zwar erreicht, die Überlegenheit bei der Reduktion der Endpunkte Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz oder kardiovaskulärer Tod konnte jedoch genauso wenig nachgewiesen werden wie eine Signifikanz bezüglich der Reduktion renaler Endpunkte. Damit weist VERTIS für Ertugliflozin zwar kardiovaskuläre Sicherheit, aber keinen kardiovaskulären Benefit in der untersuchten Population nach.
DAPA-HF-Subgruppenanalyse
Ein anderer SGLT2-Inhibitor, Dapagliflozin, konnte 2019 mit der DAPA-HF-Studie ein verringertes Risiko für die Progredienz einer Herzinsuffizienz und einen kardiovaskulären Tod unabhängig vom Vorliegen eines Diabetes in einer Population mit HFrEF nachweisen. Eine nun präsentierte Subgruppenanalyse zeigte mit einer 32%igen Reduktion der Diabetesmanifestation in der Kohorte der mit Dapagliflozin behandelten Nichtdiabetiker im Vergleich zur Placebogruppe einen zusätzlichen benefiziellen Aspekt der Substanz.
Pro-&-Contra-Debatten
Daten wie diese gaben Anlass zur Pro- und Kontradiskussion zwischen den Kardiologen M. Kosiborod (Universität Missouri-Kansas City) und D. Mcguire (Universität Texas) betreffend den Einsatz von SGLT2-Inhibitoren und GLP-1-Rezeptor-Antagonisten (GLP-1-RA) als First-Line-Präparate unabhängig von der Klassifizierung des kardiovaskulären Risikos. Die Pro-Argumentation von M. Kosiborod stützte sich dabei im Wesentlichen auf den nachgewiesenen Benefit der beiden Substanzklassen, der in Analogie zur Klasse der Statine, bei prinzipiell hohem kardiovaskulärem Risiko eines Typ-2-Diabetespatienten auch bei fehlenden signifikanten Studienergebnissen auf die Primärprävention übertragen werden kann. Die Kosteneffektivität ist in Relation zu den nicht notwendigen Interventionen und dem in Sichtweite befindlichen „generisch Werden“ einzelner SGLT2- und GLP-1-Substanzen zu sehen. Das individuelle Risiko eines Diabetikers ist nicht nur auf Basis stattgehabter Ereignisse festmachbar. Sein Konterpart, D. Mcguire, argumentierte mit fehlender Studienevidenz und eben derzeit nicht nachweisbarer Kosteneffizienz – die weiterführende und nationenübergreifende Diskussion vor allem in Bezug auf Erstattungssysteme ist damit eröffnet.
DiabetesPreventionProgramOutcomesStudy
Eine interessante Präsentation beleuchtete die Ergebnisse der seit 2002 als Fortsetzung des DiabetesPreventionProgram (DPP) laufenden DiabetesPreventionProgramOutcomesStudy (DPPOS). Ersteres wurde von 1996 bis 2001 an 25 Diabeteszentren der USA durchgeführt und untersuchte die Auswirkung von entweder intensiver Lifestyleänderung oder Metformintherapie auf die Manifestation eines Typ-2-Diabetes in einer Hochrisikopopulation (Lifestyleintervention 58% vs. Metformin 31%). 88% der ursprünglichen Studienpopulation wurden in die Nachfolgebeobachtung übernommen, die 2021 endet. Ziel ist es, zu evaluieren, ob die primäre Intervention auch langfristige Vorteile bringt. Zusätzlich wurde auch der Einfluss des Diabetes auf das Altern, körperliche Behinderungen und Gebrechlichkeit sowie der langfristige Einfluss einer Metformintherapie auf kardiovaskuläre Erkrankungen und Krebsentstehung beobachtet. Erste Ergebnisse zeigen, dass auch Jahre nach Intervention die Diabetesmanifestation sowohl in der Metformin- als auch in der Lifestylegruppe wesentlich geringer ist als in der Placebogruppe. Damit verbunden ist auch ein geringeres Auftreten mikrovaskulärer und makrovaskulärer Komplikationen. Keinen positiven Einfluss konnte man in Bezug auf Krebsentstehung, physische oder kognitive Veränderungen feststellen.
Insulinbegleittherapie bei Typ-1-Diabetes
Die Frage, ob Typ-1-Diabetiker von einer Insulin-begleitenden Therapie profitieren, wurde in einer Session mit I. Hramiak, T. Vilsboll und C. Mathieu diskutiert. Dabei zeigen sich für Metformin und Liraglutid keine wesentlichen Positiva in Bezug auf das HbA1c. Liraglutid kann jedoch mit einer deutlichen Gewichtsreduktion punkten, allerdings auf Kosten eines doch deutlich erhöhten Hypoglykämierisikos. Den besten Erfolg zeigen SGLT2-Inhibitoren, sie senken sowohl HbA1c als auch Gewicht ohne erhöhtes Hypoglykämierisiko. Leider besteht bei normaler Dosierung ein doch beachtenswertes Risiko für eine ketoazidotische Entgleisung (4%). Dieses kann jedoch durch Anpassung der Dosierung reduziert werden, bei erhaltenem Benefit.
Ernährungsstrategien zur Gewichts- und Stoffwechselverbesserung
Zuletzt möchte ich noch über eine Session berichten, die zwar möglicherweise nicht als Highlight zu bezeichnen ist, dafür aber umso mehr Relevanz in der täglichen Praxis hat. Sie thematisierte die verschiedenen Ernährungsstrategien, die einerseits zur Gewichtsreduktion und andererseits zur Verbesserung der Stoffwechselsituation führen sollen. Dazu sprachen John Wilding, Jessica Turton, Miguel Martinez-Gonzalez und Thomas Pieber. Auch wenn immer wieder das Wort Diät in Verbindung mit unterschiedlichen Ernährungsformen fällt, muss klar sein, dass nur eine lebenslange Umstellung mit anhaltendem Erfolg einhergeht. Kurzfristige Interventionen sind nahezu immer zum Scheitern verurteilt. Daher war auch der Tenor des ersten Sprechers, dass moderate Gewichtsreduktion (3–5kg) durch eine Kombination von Ernährungsumstellung, Bewegung und Verhaltensänderung erzielt werden kann. Die zumeist angewandte Methode stellen Ernährungsmodelle mit Kalorienrestriktion (moderate Restriktion 1200–1800 kcal/Tag ± Mahlzeitersatz, hohe Restriktion <800kcal/Tag) unabhängig von der Nährstoffzusammensetzung dar. Dazu zählen auch Formuladiäten, deren Einsatz jedoch zeitlich begrenzt und dann, mittels gezielten Übergangsprogramms, wieder kontrolliert beendet werden sollte. Viele Lifestylestudien haben sich dieser Form der Ernährungsintervention bedient (Look Ahead, Direct, DPP). Vom Erfolg her gesehen gibt es keinen Unterschied, die Gewichtsabnahme ist wie gesagt überschaubar.
Bezogen auf die Nährstoffzusammensetzung gibt es vor allem in den letzten Jahren ein Revival der Low-Carb-Diäten (<45%, <26%, <10%). Vor allem für die moderaten Formen gibt es gute Ergebnisse sowohl bei Studien mit Typ-2-Diabetikern (sämtliche Stoffwechselparameter besser) als auch im Adipositasbereich (Abb. 1). Bei Typ-1-Diabetes ist die Datenlage noch sehr rudimentär, sodass hier keine Empfehlung ausgesprochen werden kann.

Abb. 1: Low-Carb-Diäten verbessern Stoffwechselparameter bei Typ-2-Diabetikern
Für diemediterrane Diät, deren Hauptprotagonisten Olivenöl und Nüsse darstellen und die weiters durch den weitgehenden Verzicht auf rotes Fleisch, Butter und zuckerhältige Lebensmittel gekennzeichnet ist, konnte bereits 2013 ein positiver Effekt auf das Auftreten kardiovaskulärer Ereignisse nachgewiesen werden, was auch rezente Daten bestätigen. Ein weiterer Vorteil ist in der guten Akzeptanz und damit Compliance zu sehen, die zwar nur eine moderate Gewichtsreduktion, dafür aber ein langfristiges Halten des erreichten Gewichtes ermöglicht.
Ein sicher zukunftsträchtiger Ansatz liegt in den unterschiedlichen Formen des intermittierenden Fastens. Hierbei kann nicht nur gut Gewicht reduziert werden, es gibt – zumindest in Tiermodellen – auch Daten für langsameres Zellaltern und längeres Leben. Die Compliance ist allerdings nicht so gut wie bei anderen Ernährungsformen, soweit können die Daten einer derzeit laufenden Studie bei Typ-2-Diabetikern bereits interpretiert werden.
PraXiStiPP
Langfristig haben die mediterrane Diät und Low-Carb-Diäten gute Ergebnisse und eine gute Compliance.Autorin:
Prim. Dr. Claudia Francesconi
SKA – Rehabilitationszentrum Alland
E-Mail: claudia.francesconi@pensionsversicherung.at
Quelle:
80th Scientific Sessions American Diabetes Association, 12.–16. Juni 2020
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