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Fibrosemonitoring bei Patienten ab BMI >35kg/m²
Jatros
Autor:
Dr. Magdalena Eilenberg, PhD
Universitätsklinik für Chirurgie<br> Abteilung für Allgemeinchirurgie<br> Medizinische Universität Wien<br> E-Mail: magdalena.eilenberg@meduniwien.ac.at
Autor:
Univ.-Doz. Dr. Gerhard Prager
Autor:
Univ.-Prof. Dr. Michael Trauner
Autor:
Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Katharina Staufer
30
Min. Lesezeit
07.03.2019
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<p class="article-intro">Die transiente Elastografie zur Diagnostik und Monitoring von Leberfibrose bei der NAFLD ist eine simple und valide nicht invasive Methode, hat jedoch bei morbid adipösen Patienten Limitationen. Durch die Weiterentwicklung von der M- zur XL-Sonde konnte auch bei Patienten mit moderater viszeraler Adipositas bis zu einem BMI von 30–35kg/m² die Messung verbessert und eine gute Prädiktion für eine bestehende Leberfibrose erzielt werden. Bei höherem BMI bedarf es weiterer Studien, um den Stellenwert der Elastografie zu bestätigen.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Vor allem adipöse Patienten mit metabolischem Syndrom sind von der nicht alkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD) betroffen.</li> <li>Nicht invasives Fibrosemonitoring wird benötigt, um die Progression der NAFLD sowie ein mögliches Therapieansprechen zu überwachen.</li> <li>Die transiente Elastografie hat v.a. bei normal- und übergewichtigen Patienten einen ausgezeichneten diagnostisch-prädiktiven Wert in der Detektion von höhergradigen Fibrosestadien (Fibrose 3 und 4).</li> <li>Bei Patienten mit schwerer (BMI ≥35kg/m2) und morbider Adipositas (BMI ≥40), wie etwa bariatrisch- metabolischen Patienten, gibt es noch nicht ausreichend Evidenz, um den prädiktiven Stellenwert mit Sicherheit zu bemessen.</li> </ul> </div> <h2>Nicht alkoholische Fettlebererkrankung</h2> <p>Bei bis zu 90 % der Patienten, die sich einem bariatrisch-metabolischen Eingriff unterziehen, besteht eine Fettlebererkrankung in unterschiedlicher Ausprägung.<sup>1</sup> Diese kann als nicht alkoholische Fettleber (NAFL) oder als nicht alkoholische Steatohepatitis (NASH) vorliegen, welche auch ineinander übergehen können. Vor allem im Falle des Vorliegens einer NASH besteht das Risiko der Entwicklung einer Fibrose, Zirrhose und eines hepatozellulären Karzinoms (HCC). Aufgrund der weltweit steten Zunahme der Adipositas ist NAFLD die häufigste chronische Lebererkrankung und derzeit die zweithäufigste Indikation zur Lebertransplantation in den USA.<sup>2</sup> Bei 36–67 % der morbid adipösen Patienten liegt bereits eine NASH vor, eine fortgeschrittene Fibrose (Fibrosegrad 2–3) wird bei bis zu 30 % beschrieben.<sup>3</sup></p> <h2>Fibrosemonitoring</h2> <p>Der Fibrosegrad ist der wichtigste prognostische Marker für das Überleben der Patienten.<sup>4</sup> Diagnostiziert, klassifiziert und monitiert wird dieser a priori durch die Leberbiopsie, welche weiterhin den Goldstandard darstellt. Die Biopsie weist jedoch neben dem Nachteil der Invasivität (Morbidität 0,1 % , Mortalität 0,01 % )<sup>5</sup> zusätzliche Nachteile auf. Einerseits besteht eine diagnostische Limitierung durch den sogenannten „sampling error“, der durch einen Stichprobenfehler bei inkonstanten Fibrosegraden in unterschiedlichen Lebersegmenten auftritt. Andererseits ist auch die Befundung durch die Hepatopathologen einer „inter- and intra-observer variability“ unterworfen.<sup>6</sup></p> <p>Daher ist die Etablierung einer Methode für nicht invasives Fibrosemonitoring von hoher Relevanz. Fibrosemarker im Serum und bildgebende Verfahren auf Basis der Elastografie, wie die transiente Elastografie (TE), „supersonic shear wave elastography“ oder „acoustic radiation force impulse imaging“ (pSWE/ARFI) sowie die Magnetresonanzelastografie (MRE), wurden bezüglich ihrer nicht invasiven Prädiktion für Leberfibrose entwickelt und evaluiert, wobei die TE sich als die am meisten verwendete und am besten validierte Methode etabliert hat.<sup>7</sup> Diese Modalitäten haben einen hohen Stellenwert bei vielen hepatologischen Erkrankungen, sie sind jedoch vor allem bei viralen Hepatitiden durch Studien gut belegt.<sup>7</sup> Viele Serummarker basieren auf abnormalen Aminotransferasewerten, die in der NAFLD oft normal oder nur leicht erhöht sind. Serummarker spielen in der NAFLD eine untergeordnete Rolle und nur der speziell für die Fettleber entwickelte „NAFLD fibrosis score“ (NFS) wurde gemeinsam mit der transienten Elastografie (TE) in die deutsche Leitlinie zur NAFLD für die Abschätzung des Fibrosegrades aufgenommen.<sup>8</sup> Die TE wurde in die Clinical Practice Guidelines der EASL, EASD und EASO und die Practice Guidelines der AASLD, ACG und AGA als akzeptables Diagnostikum für die Identifikation von fortgeschrittener Fibrose und Zirrhose aufgenommen (A2).<sup>9, 10</sup> Diese Guidelines weisen jedoch auf die Limitationen der TE hin, vor allem auf die eingeschränkte Verlässlichkeit der Messung bei hohem BMI und die Notwendigkeit von longitudinalen Daten, die eine Veränderung des Schweregrads in der Korrelation zur Histologie zeigen.</p> <h2>Transiente Elastografie</h2> <p>Das Prinzip der TE macht sich das Hook’sche Gesetz zunutze, laut welchem die Geschwindigkeit von Transversalwellen durch ein elastisches Gewebe direkt proportional zu dessen Steifigkeit ist. Die Probe wird im Zwischenrippenraum angesetzt und sendet eine Transversalwelle mit niedriger Frequenz (50Hz) aus, eine zweite pulsatile Ultraschallwelle bestimmt die Geschwindigkeit der Transversalwelle und damit die Steifigkeit der Leber (LSM, „liver stiffness measurement“).<sup>11</sup> Die Werte der LSM können zwischen 1,5 und 75kPa betragen und steigen mit der Zunahme der Steifigkeit der Leber. Die Referenzparameter für den Fibrosegrad sind für die verschiedenen Genesen von chronischen Lebererkrankungen unterschiedlich und richten sich nach den etablierten Cut-off-Werten in Relation zur Leberbiopsie.<sup>12</sup> Limitationen für die Verwendung von LSM sind unter anderem fehlende Nüchternheit des Patienten sowie das Vorhandensein von Aszites, Rechtsherzinsuffizienz, Cholestase, akuten Hepatitiden oder anatomischen Anomalien wie etwa großen Zysten.<sup>13</sup> Weiters ist bekannt, dass mit zunehmender Dicke der Bauchdecke die Durchführbarkeit eingeschränkt ist bzw. unverlässliche Ergebnisse bei morbid Adipösen häufiger sind.<sup>14</sup></p> <h2>M- versus XL-Sonde</h2> <p>Der Stellenwert der TE in der NAFLD wurde durch etliche Studien belegt. Der prädiktive Wert für das Vorhandensein einer NASH mit fortgeschrittener Fibrose war in einer aktuellen Metaanalyse mit einer AUROC von 0,84–1,00 exzellent, bei einer Sensitivität von 0,94 (0,88–0,99) und einer Spezifität von 0,95 (0,89– 0,99).<sup>15, 16</sup> Allerdings kam es bei Patienten mit NAFLD, bei welchen häufig eine viszerale Adipositas vorliegt, in der Anwendung in etwa 16 % der Fälle zu einem Versagen der M-Sonde.<sup>17</sup> Um eine bessere Qualität der Messungen bei adipösen Patienten zu erhalten, wurde die XL-Sonde entwickelt. Im Vergleich zur M-Sonde verwendet die XL-Sonde einen sensitiveren Ultraschalltransducer, eine niedrigere Frequenz und eine größere Vibrationsamplitude und erreicht dadurch eine größere Messtiefe.<sup>18</sup> Durch den Einsatz der XL-Sonde konnten unverlässliche Messergebnisse reduziert und vor allem für fortgeschrittene Fibrose (Fibrose 3 und 4) genaue Vorhersagewerte erzielt werden.<sup>19</sup> Im direkten Vergleich liegen die Messwerte der M-Sonde etwa 20 % über denen der XL-Sonde, sowohl bei schlanken als auch bei übergewichtigen Probanden. Besonders bei hohen Steatosegraden und ausgeprägtem subkutanem Fettgewebe wird durch die M-Sonde der Fibrosegrad deutlich überschätzt.<sup>20</sup></p> <h2>TE bei morbider Adipositas</h2> <p>Die TE wurde, wie andere Marker und Messmethoden für die NAFLD auch, meist in relativ schlanken oder gemischt schlanken/ adipösen Patientenkollektiven mit einem mittleren BMI von etwa 30kg/m² untersucht. In diesen Studien war die Genauigkeit der XL-Sonde vor allem für fortgeschrittene Fibrose bei einer Sensitivität von 57–100 % und einer Spezifität von 61–90 % gut bis exzellent (Fibrosegrad ≥3, AUROC 0,831–0,938) und den Serummarkern überlegen.<sup>21</sup> Für signifikante Fibrose (Fibrose ≥2) wurde das prädiktive Potenzial, bei einer AUROC von 0,80–0,84 und Sensitivität und Spezifizität größer als 90 % , niedriger eingeschätzt.<sup>22, 23</sup><br /> Studien, die ausschließlich adipöse Patienten mit einem Adipositas-Grad >1 (BMI >35kg/m² bzw. BMI>40kg/m²) etwa vor bariatrisch-metabolischen Eingriffen untersucht haben, existieren nur vereinzelt. Eine rezente Metaanalyse machte nur zwei verwertbare Studien ausfindig, die den Stellenwert der TE in einem ausschließlich adipösen Patientenkollektiv untersuchte.<sup>21</sup> Bei insgesamt 175 Patienten ergaben die beiden Studien ähnlich den gemischten Patientenkollektiven eine AUROC von 0,850–0,900 für ≥F3 (Sensitivität 100 % , Spezifität 74 % ) und eine AUROC von 0,810–0,850 bei einer deutlich reduzierten Sensitivität (73– 81 % ) und Spezifität (65–78 % ) für ≥F2; wobei auch hier eine der beiden Studien „obese only“ als BMI >28kg/m² definierte.<sup>17, 21, 24</sup> Eine weitere Studie, die 76 Patienten vor einem bariatrisch- metabolischen Eingriff untersuchte, ergab vergleichbare Ergebnisse für die fortgeschrittene Fibrose bei einer AUROC von 0,83 für ≥F3 (63,6 % Sensitivität; 87,7 % Spezifizität), aber nur 0,65 für ≥F2 (70 % Sensitivität; 58,7 % Spezifizität).<sup>25</sup> Die bestehenden Studien weisen jedoch nicht die adäquaten Patientenzahlen auf, um eine fundierte Aussage über den Stellenwert der TE bei morbid adipösen Patienten treffen zu können, auch da die Anzahl der Patienten mit höhergradigen Fibrosen in den bis dato existierenden Studien sehr gering ist.<sup>24, 26, 27</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Diabetes_1901_Weblinks_jatros_dia_1901_s14_bild_eilenberg.jpg" alt="" width="350" height="360" /></p></p>
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