
Fettleber im Fokus
Autor:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Rainer Schöfl
Abteilungsleiter
Interne 4 mit Gastroenterologie, Hepatologie, Endokrinologie, Stoffwechsel, Ernährung
Ordensklinikum Barmherzige Schwestern, Linz
E-Mail: rainer.schoefl@ordensklinikum.at
Als die Ärzte noch Latein und Griechisch verwendeten, hieß sie Steatosis hepatis, zu Deutsch Fettleber, im Neudeutschen NAFLD („non-alcoholic fatty liver disease“), und jetzt wird sie zu MAFLD („metabolic-associated fatty liver disease“). Ihr schlechter Ruf gründet sich darauf, dass in einem Teil der verfetteten Organe sich eine Entzündung breitmacht, genannt NASH („non-alcoholic steatohepatitis“), die die Fibrosierung der Leber und schließlich die Zirrhosebildung anheizt; damit verbunden ist ein erhöhtes Risiko für hepatozelluläre Karzinome.
Keypoints
-
Bis zu einem Viertel der erwachsenen Bevölkerung ist von einer metabolischen Fettlebererkrankung betroffen; bei 5 bis 10% davon kommt es zur Fibrose oder Zirrhose.
-
Die Diagnose erfolgt meist durch Zufall bei einer Ultraschalluntersuchung oder aufgrund erhöhter Leberwerte. Eine Ultraschallvorsorgeuntersuchung wäre von Vorteil.
-
Als Therapie sind Lebensstilmaßnahmen wie Sport und kalorienreduzierte Ernährung wirksam; hilfreich bei der Motivation kann Leberfasten sein.
-
Es gibt noch keine wirksame und nebenwirkungsarme medikamentöse Therapie. Untersucht werden derzeit GLP-1-Analoga.
-
Die bariatrische Chirurgie ist sehr wirksam zur Verbesserung des Typ-2-Diabetes mellitus, von NASH und Fibrose, aber auch die invasivste Maßnahme.
Während die Fettleber häufig ist –bis zu einem Viertel der erwachsenen Bevölkerung ist betroffen –, kommt es nur bei 5 bis 10% dieser Betroffenen zur Fibrose oder Zirrhose. Auch den meisten Laien ist geläufig, dass Überernährung, Bewegungsmangel oder Alkohol (oder alles zusammen) für die meisten Fälle von Fettleber verantwortlich sind. Weniger bekannt ist, dass es Medikamente gibt, die zur Entstehung einer Fettleber führen können, dass das Mikrobiom des Darmes Einfluss auf MAFLD und NASH hat, dass es aber auch Genpolymorphismen gibt, die die Neigung dazu erhöhen (z.B. PNPLA3) oder verringern.
Diagnostik
Die Diagnose wird meist durch eine Ultraschalluntersuchung per Zufall gestellt oder weil in einer Blutabnahme erhöhte Leberwerte festgestellt wurden (Abb. 1). Es sind insbesondere GGT und GPT erhöht, wenn eine NASH dazukommt. Spannend, aber noch nicht umgesetzt ist die Integration der Sonografie in die staatliche Vorsorgeuntersuchung. Eine sehr klare, auch quantifizierbare, aber leider zu teure und zu wenig verfügbare Diagnosemethode für Fettleber ist die Kernspintomografie. Auch die Leberbiopsie findet in der klinischen Routine kaum mehr Anwendung, weil sie invasiv ist, allerdings ist sie in Studien meist unabdingbar. Eine wertvolle Ergänzung in der Diagnostik ist die Elastografie, die Dichtebestimmung der Leber nach dem Prinzip der Schallwellenreflexion. Aus den dabei ermittelten Druckwerten (in kPa) werden die Fibrosestadien 0–4 errechnet. Die Elastografie hätte das Potenzial, bei regelmäßiger Wiederholung (z.B. jährlich) eine Fibrose früh zu erfassen, noch bevor es zur Zirrhosebildung gekommen ist. Empfehlungen der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie zielen darauf ab, einfache Fibrosescores wie den FIB4 Score, der sich aus GOT, GPT und Thrombozytenzahl errechnet, in der Hand des Allgemeinmediziners zu verwenden, um zu entscheiden, welcher Patient in der Hand des Allgemeinmediziners mit Lifestylemodifikation bleibt und wer an ein Zentrum mit den Möglichkeiten der Elastografie und Leberbiopsie, von Studien zu innovativen Medikamenten, der endoskopischen und chirurgischen Bariatriek überwiesen wird.
Abb. 1: Ultraschalluntersuchung der Leber: A) typisch die im Vgl. zur re. Niere dtl. erhöhte Echogenität bei Steatose B) normale Leber
Lifestylemodifikation und medikamentöse Optionen
Es ist bekannt, dass sportliche Betätigung eine MAFLD sehr gut bessert. Es wird Ausdauer-, aber auch Krafttraining im Mindestmaß von 3 Stunden pro Woche auf einer trainingseffektiven Herzfrequenz (170 minus Alter) empfohlen. Auch eine kalorienreduzierte Ernährung hätte das Potenzial einer Verbesserung, alleine die langfristige Compliance ist schwer zu erreichen. Kurzfristige Anwendung von Formula-Diäten wie dem Leberfasten nach Dr. Worm für wenige Wochen mit Labortests am Beginn und am Ende können dem Patienten zeigen, wie effektiv eine längerfristige Reduktionskost sein könnte. Eine besondere Rolle eines Sündenbocks wurde in den letzten Jahren der Fruktose beigemessen, durch jüngste Daten aus Wien aber relativiert.
Ungelöst ist die Frage, ob ein moderater Alkoholkonsum Patienten mit Fettleber zugestanden werden soll: Für eine Steatohepatitis sicher nicht gut, gibt es doch Hinweise eines Vorteils bezüglich kardiovaskulärer Erkrankungen.
Es gibt noch immer keine eindeutig in ihrer Wirksamkeit bewiesene nebenwirkungsarme medikamentöse Therapie, aber viele interessante Kandidaten, ältere Antidiabetika wie Metformin oder Glitazone haben die Erwartungen nicht wirklich erfüllen können, jetzt setzt man auf moderne Antidiabetika der Klasse der GLP-1-Agonisten, die in Phase-3-Studien einen moderaten Effekt zu haben scheinen. Gleiches gilt für die Obeticholsäure, die bei cholestatischen Lebererkrankungen bereits einen festen Platz gefunden hat, und für das nicht ganz neue Vitamin E. Aussagekräftige Endpunkte dieser Studien sollten Fibroseverbesserung, NASH-Verbesserung und Mortalitätsreduktion sein.
Chirurgische Intervention
Bariatrische Chirurgie ist nicht nur sehr effektiv in der Reduktion des Körpergewichts und in der Verbesserung des Typ-2-Diabetes mellitus, sondern auch die wohl wirksamste, aber natürlich auch invasivste Maßnahme, um NASH und Fibrose zu verbessern. Man kann damit die NASH bei über 80% der operierten Patienten zum Verschwinden bringen, die Fibrose bei ca. 50%.
Auch die Endoskopie versucht sich in bariatrischen Maßnahmen, die Körpergewicht, Diabetes und NASH günstig beeinflussen: Endobarrier®, ein 65cm langer Plastikschlauch, der im Bulbus duodeni verankert wird und dort für 6 Monate bleiben kann, erwies sich als effektiv, aber in der Langzeitanwendung als Infektionsgefahr und wurde deshalb von der FDA vom Markt genommen. Duodenal Mucosal Resurfacing® (DMR) wird gerade in Phase-3-Studien überprüft: Dabei wird die Duodenalschleimhaut oberflächlich durch heißes Wasser in einem Ballon verbrüht und so die Inkretinfreisetzung modifiziert. Die Sleeve-Gastroplastie ahmt die chirurgische Sleeve-Gastrektomie nach, indem mit einem endoskopischen Nahtapparat bei einer Gastroskopie die große Kurvatur des Magens gerafft und der Magen so verkleinert wird. Für die beiden letztgenannten Methoden gibt es bereits Studien, die eine deutliche Verbesserung der Leberfibrose zeigen.
PraXiStiPP
Fettleber und die Fettleberhepatitis sind Teil des metabolischen Syndroms und gehen mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, Karzinome und Leberzirrhose einher. Entsprechende Überwachungsmaßnahmen und Vorsorgeuntersuchungen sind deshalb äußerst sinnvoll.
Fazit
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die Fettleber und die Fettleberhepatitis als Teil des metabolischen Syndroms das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und für kolorektale Karzinome neben dem Risiko für Leberzirrhose und hepatozelluläre Karzinome erhöhen. Entsprechende Überwachungsmaßnahmen und Vorsorgeuntersuchungen sind deshalb äußerst sinnvoll.
Literatur:
beim Verfasser
Das könnte Sie auch interessieren:
Diabetes erhöht das Sturzrisiko deutlich
Eine dänische Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sowohl Patienten mit Typ-1- als auch Patienten mit Typ-2-Diabetes öfter stürzen und häufiger Frakturen erleiden als Menschen aus einer ...
Neue Studiendaten zu Typ-2-Diabetes und Lebensstil
Dass gesunde Ernährung und Bewegung das Diabetesrisiko sowie verschiedene Risiken von Patienten mit Diabetes senken, ist seit Langem bekannt. Und das Detailwissen zur Bedeutung von ...
Wie oft wird Diabetes nicht oder spät erkannt?
Im Allgemeinen wird von einer hohen Dunkelziffer an Personen mit undiagnostiziertem Typ-2-Diabetes ausgegangen. Ein Teil davon sind von Ärzten „übersehene“ Fälle. Eine von der University ...