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„Die richtige Auswahl der Fortbildung ist entscheidend!“
Jatros
30
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16.05.2019
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<p class="article-intro">Fortbildung liegt in der Verantwortung der Ärztin und des Arztes, erklärt Dr. Peter Niedermoser, Präsident des Wissenschaftlichen Beirates der Akademie der Ärzte, Präsident der Ärztekammer für Oberösterreich, Oberarzt am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz. Die rechtliche Situation ist ganz klar. Wichtig ist aus seiner Sicht, diejenigen Angebote auszuwählen, die passen – egal ob diese gesponsert sind oder ob man die Teilnahme selbst bezahlt.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p><strong>Herr Präsident Niedermoser, es ist Ärzten in Österreich vorgeschrieben, sich regelmäßig fortzubilden. Was genau ist gefordert?</strong></p> <p><strong>P. Niedermoser:</strong> Im Ärztegesetz steht klar und deutlich, dass sich Ärztinnen und Ärzte kontinuierlich fortbilden müssen. Früher war dies auf freiwilliger Basis. Wir haben vor Jahren über die Akademie der Ärzte, damals noch ein Verein, ein Diplom-Fortbildungs-Programm initiiert, in dem wir strukturiert den Kolleginnen und Kollegen vorgeschlagen haben, wie eine gute Fortbildung aussehen kann. Dazu wurden verschiedene Themen zusammengestellt – sonstige Fortbildung, medizinische Fortbildung usw. Vom Bundesministerium für Gesundheit wurde im Jahr 2015 festgehalten, dass dies für Ärzte nicht mehr auf freiwilliger Basis genügt, sondern dass diese die 150 Punkte, die im freiwilligen DFP vorgesehen waren, der Ärztekammer glaubhaft nachweisen müssen. Wir, die Akademie der Ärzte, haben es übernommen, zu prüfen, ob sich die Kolleginnen und Kollegen ausreichend fortbilden und in welcher Art und Weise. Dies war also eine politische Entscheidung. Es hat sich gezeigt, dass sich die Ärzteschaft in Österreich hervorragend fortbildet. Gut wäre es, wenn nun auch alle anderen Berufsgruppen in der Fortbildung nachziehen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Diabetes_1902_Weblinks_a2-abb1.jpg" alt="" width="397" height="324" /></p> <p><strong>Welche Gruppe von Ärzten benötigt insbesondere extramural angebotene Fortbildungen?</strong></p> <p><strong>P. Niedermoser:</strong> In vielen Krankenhäusern werden regelmäßig intern Fortbildungen angeboten. Im Institut für Pathologie, wo ich arbeite, bereiten Kolleginnen und Kollegen wissenschaftliche Forschungsarbeiten für diejenigen auf, die diese nicht gelesen haben. So wird das Wissen weitervermittelt. Diese Fortbildungen sind mit Fortbildungspunkten approbiert. Es gibt viele dieser Fortbildungen, die sich mit Studien, neuen Operationsmethoden usw. auseinandersetzen, für die Forschungsergebnisse aufbereitet und dann gemeinsam diskutiert werden. Wir haben aber auch viele externe Veranstaltungen.<br /> 150 Punkte bzw. in Zukunft 250 Punkte sind nötig. Diese können in verschiedenen Kategorien wie Vorträgen, E-Learnings, Qualitätszikeln oder sonstigen Fortbildungen erworben werden. Sonstige Fortbildungen, die wir auch brauchen, sind z.B. Englisch oder andere Sprachen für Mediziner. Es gibt also mehrere Möglichkeiten, sich fortzubilden, wobei die medizinische Fortbildung die wichtigste ist. Ein Teil der Veranstaltungen muss vor Ort besucht werden, ein Teil kann elektronisch über E-Learnings, Webinare etc. absolviert werden. All diese Veranstaltungen sind qualitätsgesichert und approbiert auf Basis der Qualitätsvorschriften, die wir in der Akademie unter dem Titel DFP-Approbation haben.</p> <p><strong>Welche Konsequenzen hat die Nichterfüllung, was wird exekutiert?</strong></p> <p><strong>P. Niedermoser:</strong> Die Quote an Ärzten, die die Vorgaben erfüllen, ist sehr hoch, lediglich 4 % der Ärztinnen und Ärzte in Österreich sind bisher dieser Verpflichtung nicht nachgekommen. Diese sind dem Disziplinaranwalt überwiesen worden. Der Disziplinaranwalt ist ein unabhängiger Richter mit medizinischen Beisitzern, die sich anschauen, warum die betreffende Kollegin bzw. der betreffende Kollege den Nachweis der Fortbildung nicht erbracht hat. Es kommt dann zur Verhängung von Geldstrafen und als weitere Konsequenz kann die Weigerung, die Fortbildung zu machen, zur Infragestellung der Vertrauenswürdigkeit führen. Aus meiner Sicht ist man als Arzt nicht vertrauenswürdig, wenn man sich nicht konsequent fortbildet. Es wird eine Nachfrist gesetzt, aber zunächst ist eine Strafe zu bezahlen. Das heißt aber nicht, dass man sich von Fortbildung freikaufen kann, denn es wird danach ganz genau darauf geachtet, ob die Kollegin bzw. der Kollege aus dieser disziplinären Maßnahme die richtigen Schlüsse zieht. Sie bzw. er muss verstehen, dass das ein wichtiger Part ist und es im Sinne der Patientinnen und Patienten ist, sich fortzubilden.</p> <p><strong>Wie groß ist aus Ihrer Sicht der Aufwand, um Fortbildungen anzubieten?</strong></p> <p><strong>P. Niedermoser:</strong> Eine gute Fortbildung zu machen ist aufwendig. Intramural besteht der Aufwand für den Einzelnen, der Literatur liest und den Inhalt für die anderen in Form einer Power- Point-Präsentation darstellt. Wenn aber zum Beispiel Bezirksärztevertreter Veranstaltungen zu bestimmten Themen organisieren und dazu Kolleginnen und Kollegen einladen, ist der Aufwand bereits erheblich größer, denn es kommen zumindest das Schreiben von Einladungen und das Organisieren des Settings hinzu. Kongresse zu organisieren ist noch mehr Aufwand. Da sind sehr viel Manpower, sehr viel Engagement und sehr viel medizinisches Wissen bei den Vorträgen notwendig, damit ein Vortrag, ein Bezirksärzteabend oder ein Kongress wirklich gut funktionieren und positiv bewertet werden.</p> <p><strong>Wie werden diese Fortbildungsmöglichkeiten derzeit finanziert?</strong></p> <p><strong>P. Niedermoser:</strong> Der Idealzugang wäre, wenn die öffentliche Hand diese Fortbildung finanzieren würde. Wir wissen aber alle, dass sich die öffentliche Hand das nicht leisten kann, daher arbeiten wir in Österreich derzeit in Sachen Finanzierung mit der Pharmaindustrie zusammen, wobei diese Zusammenarbeit ganz klar geregelt ist. Mein Zugang ist: Wenn mein Institut möchte, dass ich mich zu einem Thema fortbilden soll, weil das Institut das Wissen benötigt, dann läuft dies wie in jeder anderen Firma ab, in der Fortbildungsveranstaltungen samt Aufenthalt und Arbeitszeit vom Dienstgeber bezahlt werden. Es wäre also Aufgabe des Krankenhausträgers, die Finanzierung zu übernehmen. Wir wissen aber, dass das in der Breite derzeit in Österreich nicht unabhängig zu finanzieren ist. So wird beispielsweise den genannten Dienstgebern oftmals von Pharmafirmen ein Kostenerstattungspool zur Finanzierung von Fortbildungen zur Verfügung gestellt. Der Dienstgeber entscheidet dann, welcher Mitarbeiter z. B. einen Kongress besuchen kann, bei dem die Hotel- und Seminarkosten aus diesem Pool bezahlt werden. Kosten für das tägliche Leben sind natürlich ausgenommen. Das beruht auf Regeln, die wir gemeinsam mit der Pharmig entwickelt haben. Es gibt dafür einen Code of Conduct, an den man sich hält und der offenliegt. Und es gibt auch genaue Regeln, welche Veranstaltung DFPapprobiert wird und welche Bedingungen eine Veranstaltung erfüllen muss.</p> <p><strong>Es gibt immer mehr Veranstaltungen, die von den Teilnehmern bezahlt werden müssen. Wie sehen Sie diese Entwicklung?</strong></p> <p><strong>P. Niedermoser:</strong> Natürlich ist es die beste Lösung, wenn der Dienstgeber die Kosten übernimmt, wenn es der Auftrag des Dienstgebers ist, dass ich dort hinfahre. Aber ich fahre auch manchmal auf Kongresse, die nicht im Interesse des Dienstgebers sind, sondern in meinem Interesse, und das kostet mich dann etwas, das ist eine Sache von Angebot und Nachfrage. Wenn ich sehe, dass das etwas Wertvolles ist, dann bin ich auch bereit, dafür etwas zu bezahlen. Ich denke, das sehen viele Kolleginnen und Kollegen so. Fortbildungen können außerdem steuerlich abgesetzt werden.</p> <p><strong>Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte haben aber keinen Dienstgeber, der ihnen Fortbildungen bezahlen könnte.</strong></p> <p><strong>P. Niedermoser:</strong> Hier müsste die neue Österreichische Gesundheitskasse neue Wege beschreiten. Viele rufen nach pharmaunabhängiger Fortbildung, aber Fortbildung bereitzustellen kostet etwas, von den Unterlagen bis zur wissenschaftlichen Absicherung, und diese Kosten müssen von jemandem getragen werden: vom Träger, von der neuen Österreichischen Gesundheitskasse, vom Staat oder von wem auch immer. Wenn dem Staat pharmaunabhängige Fortbildung zu kostenintensiv ist, und das ist der Fall, dann muss es klare Regeln der Zusammenarbeit mit der Pharmig geben, um eine Kostenerleichterung zu erreichen. Bei Kongressen mit Teilnahmegebühren ist es jedem überlassen, ob ihm die Fortbildung das wert ist oder nicht. Da die Pharmafirmen mit immer mehr Regeln belastet werden, geht die Entwicklung auch in die Richtung, dass man für seine Fortbildung mehr aufwenden müssen wird. Das betrifft natürlich auch den Zeitaufwand; egal ob es etwas kostet oder nicht, die Zeit dafür muss man aufbringen. Ich denke zwar nicht, dass sich die Firmen von der Unterstützung von Kongressen zurückziehen werden, sie achten aber sehr genau darauf, welche Fortbildungen sie unterstützen und welche nicht. Insgesamt muss man klar sagen, dass die österreichische Ärzteschaft sich bei Weitem über die 150 DFP-Punkte hinaus fortbildet. Es gibt wirklich sehr viele Veranstaltungen und ein sehr gutes Angebot, da kann nichts schiefgehen.</p> <p><em><strong>Vielen Dank für das Gespräch!</strong></em></p></p>
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