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Nicht alkoholische Fettlebererkrankung

Die antidiabetische Therapie bei Lebererkrankungen

<p class="article-intro">Die nicht alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) gilt als hepatische Manifestation des metabolischen Syndroms, entsprechend ist die Prävalenz speziell bei adipösen Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 sehr hoch. Für einzelne Wirkstoffe lassen klinische Studien einen Benefit bei NAFLD vermuten. Für die medikamentöse Behandlung eines Diabetes mellitus Typ 2 bei fortgeschrittenen Lebererkrankungen ist die Datenlage hingegen sehr limitiert.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Lebensstilmodifikation mit Gewichtsreduktion, mediterraner Ern&auml;hrung und k&ouml;rperlicher Bewegung stellt die effektivste Therapie einer NAFLD dar.</li> <li>Studien weisen auf einen g&uuml;nstigen Effekt von Pioglitazon, Liraglutid und SGLT2-Inhibitoren bei NAFLD hin, wobei die Datenlage f&uuml;r Pioglitazon am umfangreichsten ist.</li> <li>Die Erfahrungen mit den meisten oralen Antidiabetika bzw. GLP-1-Rezeptoragonisten bei fortgeschrittener Leberfunktionsst&ouml;rung sind beschr&auml;nkt.</li> </ul> </div> <h2>Erh&ouml;htes kardiovaskul&auml;res Risiko und Mortalit&auml;t</h2> <p>Diabetes mellitus Typ 2 ist sehr h&auml;ufig mit dem Vorliegen einer nicht alkoholischen Fettlebererkrankung assoziiert. Diese umfasst ein breites klinisches Spektrum von der simplen Steatose &uuml;ber die nicht alkoholische Steatohepatitis (NASH) bis hin zur Leberzirrhose. Neben den hepatologischen Komplikationen weisen vor allem Patienten mit NASH ein deutlich erh&ouml;htes kardiovaskul&auml;res Risiko und eine erh&ouml;hte Mortalit&auml;t auf. Ursache daf&uuml;r ist unter anderem eine Verschlechterung der hepatischen Insulinsensitivit&auml;t bedingt durch die Lipidakkumulation in den Hepatozyten. Zur Durchbrechung dieses Circulus vitiosus ist daher eine gezielte Therapie der NAFLD sinnvoll und notwendig.</p> <h2>Beschr&auml;nkte Optionen bei NA FLD und NA SH</h2> <p><strong>Lebensstilmodifikationen</strong><br /> F&uuml;r einige Wirkstoffe konnte in meist kleinen Studien ein protektiver Effekt gezeigt werden. Die einzige derzeit wirklich etablierte Therapie stellt aber eine Lebensstilmodifikation mit Gewichtsreduktion bei &Uuml;bergewicht oder Adipositas, vermehrter k&ouml;rperlicher Bewegung und mediterraner Ern&auml;hrung dar. Romero-Gomez et al.<sup>1</sup> konnten 2017 zeigen, dass eine Gewichtsreduktion von 10 % gegen&uuml;ber dem Ausgangsk&ouml;rpergewicht bei mehr als 80 % der Patienten zu einer Regression der Fibrose und bei 100 % der Studienteilnehmer zu einer Verbesserung der Steatose f&uuml;hrt. Ern&uuml;chternd in dieser Studie war allerdings, dass nur etwa 10 % der Probanden die angestrebte Gewichtsreduktion auch erreichten. Nichtsdestotrotz zeigt diese Studie das enorme therapeutische Potenzial einer entsprechenden Lebensstilmodifikation und die potenzielle Reversibilit&auml;t der Lebersch&auml;digung bei NAFLD.</p> <p><strong>Glitazone</strong><br /> Die robustesten Daten f&uuml;r eine m&ouml;gliche Hepatoprotektion eines Antidiabetikums liegen f&uuml;r die Glitazone vor. In einer Studie an pr&auml;diabetischen und diabetischen Patienten mit fortgeschrittener NAFLD zeigte sich nach mehrj&auml;hriger Therapie mit Pioglitazon eine signifikante Verbesserung des NAFLD Activity Scores.<sup>2</sup> In einer Metaanalyse, in die sowohl Studien mit Rosiglitazon als auch Pioglitazon inkludiert wurden, konnte eine signifikante Verbesserung einer fortgeschrittenen Fibrose unter Glitazontherapie nachgewiesen werden.<sup>3</sup></p> <p><strong>Liraglutid</strong><br /> Optimistisch stimmen die Resultate einer kurzzeitigen und kleinen placebokontrollierten Phase-II-Studie mit Liraglutid. In dieser Studie kam es unter Liraglutid im Vergleich zu Placebo bei einer signifikant gr&ouml;&szlig;eren Anzahl an Patienten zu einer Remission der NASH. Neben der geringen Fallzahl muss limitierend allerdings angemerkt werden, dass erwartungsgem&auml;&szlig; auch die Gewichtsabnahme gr&ouml;&szlig;er und die glyk&auml;mische Kontrolle besser unter Liraglutidtherapie als unter Placebo war.<sup>4</sup></p> <p><strong>Empagliflozin</strong><br /> Auch SGLT2-Inhibitoren wurden bereits hinsichtlich eines positiven Effektes auf die NAFLD evaluiert. In der E-LIFTStudie f&uuml;hrte Empagliflozin im Vergleich zu anderen antidiabetischen Therapien zu einer signifikanten Verbesserung des Steatosegrades.<sup>5</sup></p> <p><strong>Metformin</strong><br /> Schlechter ist die Datenlage f&uuml;r die Erstlinientherapie mit Metformin. Der Effekt von Metformin wurde in mehreren kleinen Studien untersucht, ein eindeutiger Benefit hat sich aber nicht nachweisen lassen. Exemplarisch fanden Haukeland JW et al. eine Verbesserung des Steatosegrads bei Metformin-behandelten Patienten, der Effekt war aber nicht signifikant gr&ouml;&szlig;er als in der Placebogruppe.<sup>6</sup></p> <p><strong>Fazit</strong><br /> Zusammenfassend stellt also eine Gewichtsreduktion mit mediterraner Ern&auml;hrung und regelm&auml;&szlig;iger k&ouml;rperlicher Bewegung nach wie vor die effektivste Therapie einer NAFLD dar. F&uuml;r Glitazone ist ein protektiver Effekt bei NASH durch mehrere Studien belegt, erste kleine Studien deuten auch auf g&uuml;nstige Effekte von GLP-1-Rezeptoragonisten und SGLT2- Hemmern hin.</p> <h2>Fortgeschrittene Lebererkrankungen</h2> <p>Fortgeschrittene Lebererkrankungen gehen unabh&auml;ngig von der &Auml;tiologie generell h&auml;ufig mit St&ouml;rungen des Glukosestoffwechsels einher. Typischerweise zeigt sich bei Patienten mit Leberzirrhose eine ausgepr&auml;gte Insulinresistenz mit konsekutiver Hyperinsulin&auml;mie.</p> <p><strong>Metformin</strong><br /> F&uuml;r Metformin konnte zwar bisher kein spezifischer Benefit auf den Verlauf einer NAFLD gezeigt werden, eine retrospektive Auswertung von Patienten mit fortgeschrittener Lebererkrankung weist jedoch zumindest auf eine Sicherheit von Metformin bei Patienten mit Leberzirrhose hin, wobei es sich entsprechend der Fachinformation, wonach Metformin bei Leberinsuffizienz kontraindiziert ist, um eine Offlabel- Verwendung handelt. Zhang X et al. werteten in der genannten retrospektiven Studie Patienten mit Leberzirrhose unterschiedlicher Stadien und auch unterschiedlicher &Auml;tiologie dahingehend aus, ob die Metformintherapie fr&uuml;hzeitig abgesetzt wurde oder Metformin weitergegeben wurde.<sup>7</sup> In dieser Analyse zeigte sich, dass das &Uuml;berleben bei Metformin-behandelten Patienten besser war, dies traf sowohl f&uuml;r Patienten im Child-Pugh-Stadium A als auch B zu. Limitierend muss allerdings angemerkt werden, dass das Studienergebnis durch einen Behandlungs- Bias beeinflusst worden sein kann, der nur mit einem prospektiven Studiendesign ausgeschlossen werden k&ouml;nnte.</p> <p><strong>Pioglitazon</strong><br /> W&auml;hrend f&uuml;r Pioglitazon ein Benefit bei NAFLD gezeigt werden konnte, ist der Wirkstoff bei Patienten mit eingeschr&auml;nkter Leberfunktion laut Fachinformation kontraindiziert.</p> <p><strong>DPP-4-Hemmer</strong><br /> Auch f&uuml;r DPP-4-Hemmer ist die Datenlage limitiert, f&uuml;r Sitagliptin konnten Cui J et al. Sicherheit bei Patienten mit Leberzirrhose im Stadium Child Pugh A zeigen.<sup>8</sup></p> <p><strong>Sulfonylharnstoffe</strong><br /> Kritisch zu hinterfragen ist die Verwendung von Sulfonylharnstoffen bei fortgeschrittener Lebererkrankung. Einerseits w&uuml;rde diese zu einer weiteren Verschlechterung der Hyperinsulin&auml;mie f&uuml;hren, andererseits ist das Hypoglyk&auml;mierisiko bei h&auml;ufig gleichzeitig bestehender Niereninsuffizienz doch deutlich erh&ouml;ht. Entsprechend besteht f&uuml;r die beiden am h&auml;ufigsten eingesetzten Sulfonylharnstoffe Gliclazid und Glimepirid eine Kontraindikation bei schwerer Leberfunktionsst&ouml;rung.</p> <p><strong>SGLT2-Inhibitoren</strong><br /> Ebenfalls limitiert ist die klinische Datenlage zu SGLT2-Inhibitoren, f&uuml;r die meisten wird aufgrund fehlender Erfahrung auch eine Verwendung bei schwerer Leberfunktionseinschr&auml;nkung ausdr&uuml;cklich nicht empfohlen. &Auml;hnlich wie f&uuml;r Sulfonylharnstoffe ist allerdings die Verwendung schon durch die begleitende Niereninsuffizienz h&auml;ufig kontraindiziert, auch bei fortgeschrittener Lebererkrankung infolge von Alkoholkrankheit ist aufgrund der Gefahr einer euglyk&auml;mischen Ketoazidose Vorsicht geboten.</p> <p><strong>GLP-1-Rezeptoragonisten</strong><br /> Sofern eine Gewichtsabnahme gew&uuml;nscht oder akzeptabel ist, k&ouml;nnen auch GLP-1-Rezeptoragonisten bei fortgeschrittener Leberinsuffizienz eingesetzt werden. Die Dosis der bei uns verf&uuml;gbaren GLP-1 Rezeptoragonisten muss laut Fachinformation bei fortgeschrittener Leberfunktionseinschr&auml;nkung nicht angepasst werden, allerdings wird bei einigen auf die fehlende Erfahrung in dieser Situation in der Fachinformation ausdr&uuml;cklich aufmerksam gemacht.</p> <p><strong>Fazit</strong><br /> Zusammenfassend ist die Datenlage zu oralen Antidiabetika und GLP-1-Rezeptoragonisten bei fortgeschrittener Leberfunktionsst&ouml;rung sehr eingeschr&auml;nkt. Aufgrund der h&auml;ufigen und meist schweren Komorbidit&auml;ten verbieten sich zudem verschiedene Wirkstoffe, sodass eine Insulintherapie f&uuml;r viele dieser Patienten letztendlich erforderlich ist.</p> <div id="fazit"> <h2>PRAXISTIPP</h2> <p>Bei NAFLD ist den Patienten zu einer Lebensstilmodifikation mit mediterraner Ern&auml;hrung, Bewegung und Gewichtsreduktion zu raten. Bei fortgeschrittener Lebererkrankung dagegen kommt man um eine Insulintherapie kaum herum.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Romero-G&oacute;mez M et al.: Treatment of NAFLD with diet, physical activity and exercise. J Hepatol 2017; 67(4): 829- 46 <strong>2</strong> Cusi K et al.: Long-term pioglitazone treatment for patients with nonalcoholic steatohepatitis and prediabetes or type 2 diabetes mellitus: a randomized trial. Ann Intern Med 2016; 165(5): 305-15<strong> 3</strong> Musso G et al.: Thiazolidinediones and advanced liver fibrosis in nonalcoholic steatohepatitis: a meta-analysis. JAMA Intern Med 2017; 177(5): 633-40 <strong>4</strong> Armstrong MJ et al.: Liraglutide safety and efficacy in patients with non-alcoholic steatohepatitis (LEAN): a multicentre, double-blind, randomised, placebo- controlled phase 2 study. Lancet 2016; 387(10019): 679-90 <strong>5</strong> Kuchay MS et al.: Effect of empagliflozin on liver fat in patients with type 2 diabetes and nonalcoholic fatty liver disease: a randomized controlled trial (E-LIFT Trial). Diabetes Care 2018; 41(8): 1801-8 <strong>6</strong> Haukeland JW et al.: Metformin in patients with non-alcoholic fatty liver disease: a randomized, controlled trial. Scand J Gastroenterol 2009; 44(7): 853-60<strong> 7</strong> Zhang X et al.: Continuation of metformin use after a diagnosis of cirrhosis significantly improves survival of patients with diabetes. Hepatology 2014; 60(6): 2008-16 <strong>8</strong> Cui J et al.: Sitagliptin vs. placebo for non-alcoholic fatty liver disease: a randomized controlled trial. J Hepatol 2016; 65(2): 369-76</p> </div> </p>
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