
Diabetes in Österreich nach Corona
Wie wird die Coronakrise die Diabeteslandschaft in Österreich verändern? In welchen Bereichen wurden Defizite sichtbar, wo wurden Chancen genutzt, wo liegen Potenziale für künftige Verbesserungen in der Diabetesversorgung? Was bleibt von der Pandemie?
Die Corona-Pandemie ist über Europa hinweggeschwapptund hat ihre Schwerpunkte nunmehr in Nord- und Südamerika, Afrika und Indien. Österreich dürfte, zumindest in gesundheitlicher Hinsicht, vorerst das Schlimmste überstanden haben. In verschiedenen Bereichen werden schon erste Resümees gezogen und Vorbereitungen für die von Virologen erwartete „zweite Welle“ getroffen.
Ein paar Zahlen zur Einordnung
In Europa wurde der Höhepunkt der „ersten Welle“, bezogen auf die Zahl der bestätigten Neuinfektionen und der Covid-19-assoziierten Todesfälle, zwischen Ende März und Mitte April erreicht (Abb. 1). In Österreich wurde der höchste Tageszuwachs an bestätigten Neuinfektionen am 26. März verzeichnet (1062), die meisten Todesfälle (22) am 11. April. Am 3. April wurde die höchste Gesamtzahl an bestätigten aktiven Covid-19-Erkrankungen vermeldet (9193).
Abb. 1: Epidemiologische Kurve mit dem täglichen Zuwachs an positiv getesteten Personen in Österreich. Quelle: Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe am 20. Juni lag die Zahl der aktiven Covid-19-Fälle österreichweit noch bei 460. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden insgesamt 17234 Personen in Österreich positiv getestet (bei über 550000 durchgeführten Testungen), 16175 Personen sind genesen und 662 Menschen (zu 56% Männer) an oder mit Covid-19 gestorben.
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums waren am 20. Juni 66 Normalbetten und 8 Intensivbetten mit Covid-19-Erkrankten belegt. Aber auch am Höhepunkt der Infektionswelle lag die Auslastung der österreichweit 8052 verfügbaren Normalbetten nie über 5% und jene der 792 Intensivbetten nie über 26%.
Kein Schatten ohne Licht
SARS-CoV-2 hat die Welt in die größte Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten gestürzt, die kurz- und mittelfristigen Lebensplanungen sehr vieler Menschen infrage gestellt und so gut wie alle Lebensbereiche erfasst. Auch das Gesundheitssystem hat SARS-CoV-2 vor massive Herausforderungen gestellt, in Österreich ebenso wie in anderen Ländern: Spitäler wurden zu Hochsicherheitszonen, Quarantänebereiche mussten eingerichtet, Dienstpläne neu organisiert und zahllose Interventionen verschoben werden – die Kollateralschäden in vielen Bereichen, so etwa bei kardiologischen, neurologischen und onkologischen Erkrankungen, sind nicht abzusehen. Lieferengpässe bei medizinischen Verbrauchsmaterialien haben aufgezeigt, wie fragil globalisierte Wirtschaftskreisläufe im Ernstfall sein können. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte hatten zum Teil mit einem massiven Rückgang der Ordinationen zu kämpfen, der Sozialversicherung entgehen Millionen an Beiträgen.
Die Coronakrise hat, auch im Bereich der Diabetesversorgung, viele strukturelle Defizite und Versäumnisse offengelegt, aber auch Spielräume für persönliches Engagement, Pragmatismus und unbürokratische Lösungen aufgemacht. Von verschiedener Seite wurde dazu aufgerufen, nach der Krise „nicht zum alten System zurückzukehren“. Auf einige Folgeerscheinungen der Coronakrise, welche die Chance zu zumindest punktuellen Verbesserungen in der österreichischen Diabeteslandschaft bieten, wird auf den folgenden Seiten eingegangen.
Bericht:
Dr. Albert Brugger
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