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Autoimmunerkrankungen und Typ-1-Diabetes

<p class="article-intro">Die jährliche Inzidenz des Diabetes mellitus Typ 1 liegt in Österreich bei 18,4 Neuerkrankungen pro 100 000 Einwohner. Interessanterweise kann seit Jahren ein langsamer, aber doch stetiger Anstieg der Inzidenz beobachtet werden. Daten aus den USA zeigen eine Zunahme der Inzidenz des Typ-1-Diabetes von etwa 1,8 % pro Jahr. Prinzipiell ist häufig eine Assoziation von anderen Autoimmunerkrankungen mit Diabetes mellitus Typ 1 gegeben. Ein gezieltes Screening und eine korrekte Diagnostik nehmen daher einen sehr hohen Stellenwert ein.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Bei Menschen, die an Diabetes mellitus Typ 1 erkrankt sind, sollte ein Fokus auf m&ouml;gliche assoziierte Autoimmunerkrankungen gelegt werden.</li> <li>Empfehlungen in den Leitlinien der &Ouml;sterreichischen Diabetes Gesellschaft: Z&ouml;liakie-Screening bei Erstdiagnose; Kontrolle des TSH jedes 2. Jahr bei antik&ouml;rpernegativen Patienten; regelm&auml;&szlig;ige ACTH-Verlaufskontrolle und ggf. weitere Abkl&auml;rung bei Verdacht auf M. Addison; Parietalzellantik&ouml;rperbestimmung bei Vitamin-B12-Mangel und/ oder unklarem Eisenmangel.</li> <li>Die Befundbesprechung im Rahmen der Gespr&auml;che bei Transition der jungen Erwachsenen von den P&auml;diatern zu den Erwachsenenmedizinern ist ein Fixpunkt in der &auml;rztlichen Betreuung.</li> </ul> </div> <h2>Schilddr&uuml;se</h2> <p>Erkrankungen der Schilddr&uuml;se stellen mit Abstand die h&auml;ufigste Autoimmunerkrankung, welche gemeinsam mit Diabetes mellitus Typ 1 auftritt, dar. Gem&auml;&szlig; den verf&uuml;gbaren Studien liegt bei Kindern und Jugendlichen, die bereits an Diabetes mellitus Typ 1 erkrankt sind, die Rate an positiven TPO-Antik&ouml;rpern bei etwa 24 % , tats&auml;chlich sind etwa 15&ndash;30 % der Betroffenen auch an einer Autoimmunthyreoiditis &ndash; fast ausschlie&szlig;lich vom Typ Hashimoto &ndash; erkrankt. Gerade bei Kindern und Jugendlichen stellt Morbus Basedow als weitere m&ouml;gliche Form einer autoimmunen Schilddr&uuml;senerkrankung eine Rarit&auml;t dar. Daten aus Deutschland belegen eine klare Assoziation der Antik&ouml;rper mit der H&ouml;he der Serum-TSHWerte, dar&uuml;ber hinaus ist die Wahrscheinlichkeit f&uuml;r ein Vorliegen positiver SD-Antik&ouml;rper auch mit dem Alter assoziiert.</p> <h2>Gastrointestinaltrakt</h2> <p>Neben der Schilddr&uuml;se ist sehr h&auml;ufig auch der Gastrointestinaltrakt betroffen, eine Tatsache, deren tats&auml;chliche Relevanz heute meist untersch&auml;tzt wird und die zusehends in den Fokus r&uuml;cken sollte. Bestimmt man unabh&auml;ngig von der Klinik die &bdquo;tissue transglutaminase (tTG) antibodies&ldquo; zum Screening f&uuml;r Z&ouml;liakie, so kann man davon ausgehen, dass diese bei etwa 11 % der Patienten positiv sind. Die tats&auml;chliche Pr&auml;valenz der Z&ouml;liakie hingegen liegt bei 4&ndash;9 % . Daten aus &Ouml;sterreich zeigen, dass bei 79 % der Kinder, die an Z&ouml;liakie erkranken, die Diagnose innerhalb der ersten f&uuml;nf Jahre nach Auftreten des Diabetes mellitus gestellt wird. Im Rahmen dieser Studie wurden bei etwa 7&ndash;10 % des Gesamtkollektives positive tTG-Antik&ouml;rper gefunden.<br /> Im Rahmen der diagnostischen Aufarbeitung der Z&ouml;liakie sollte vor der Bestimmung der tTG-Antik&ouml;rper das gesamte Immunglobulin A (IG-A) bestimmt werden. Gerade bei Diabetes mellitus Typ 1 tritt ein IG-A-Mangel geh&auml;uft auf, was in weiterer Folge falsch negative tTG-Antik&ouml;rper bewirken kann.<br /> In den aktuell g&uuml;ltigen Guidelines der p&auml;diatrischen Gesellschaften wird die Rolle einer sequenziellen Verwendung der tTG-Antik&ouml;rper gemeinsam mit HLADQ8/ DQ2 besonders hervorgehoben. Demnach kann die Diagnose bei Vorliegen von typischen Symptomen (Krankheitsgef&uuml;hl, M&uuml;digkeit, Bl&auml;hungen, abnorme St&uuml;hle, Bauchbeschwerden, Eisenmangelan&auml;mie) gemeinsam mit tTG-Antik&ouml;rpern &gt;10-fach &uuml;ber der Norm erh&ouml;ht und positivem Nachweis von HLA-DQ8/DQ2 auch ohne Gastroskopie gestellt werden. Daten aus Innsbruck zeigen jedoch, dass gerade HLA-DQ8/DQ2 bei an Diabetes mellitus Typ 1 erkrankten Kindern mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit positiv nachgewiesen werden.<br /> Umgekehrt kann bei unauff&auml;lligen Gesamt-IG-A-Werten bei negativen tTGAntik&ouml;rpern unter einer glutenhaltigen Di&auml;t eine Z&ouml;liakie mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.<br /> Des Weiteren liegen bei etwa 5&ndash;10 % der Patienten positive Antiparietalzellantik&ouml;rper vor. Das Auftreten der Parietalzellantik&ouml;rper h&auml;ngt jedoch stark mit dem Alter zusammen. Bei erwachsenen Menschen sind bei 15&ndash;25 % der Untersuchten positive Antik&ouml;rper nachweisbar. Die Pr&auml;valenz der Autoimmungastritis betr&auml;gt 5&ndash;10 % . Typischerweise dauert es meist viele Jahre, bis es zum klinischen Vollbild einer Autoimmungastritis kommt. H&auml;ufig kann eine Autoimmungastritis auch f&uuml;r einen unklaren Eisenmangel verantwortlich sein, wenn sich im Rahmen der Abkl&auml;rung, z.B. im Rahmen einer Koloskopie oder einer gyn&auml;kologischen Untersuchung, keine weitere Blutungsquelle finden l&auml;sst. Neben dem Screening auf Parietalzellantik&ouml;rper sollte auch eine regelm&auml;&szlig;ige Kontrolle der Eisenstoffwechselparameter und des Vitamin B12 in Erw&auml;gung gezogen werden.</p> <h2>Weitere autoimmunologische Erkrankungen</h2> <p>Als m&ouml;glicher Vertreter einer autoimmundermatologischen Erkrankung ist die Vitiligo mit Diabetes mellitus Typ 1 assoziiert, wobei die tats&auml;chliche Pr&auml;valenz bei etwa 4&ndash;10 % liegt.<br /> Wesentlich seltener, aber umso wichtiger, da f&uuml;r den Patienten potenziell lebensgef&auml;hrlich, ist der Morbus Addison. Dieser stellt aber gl&uuml;cklicherweise eine Rarit&auml;t dar. Antik&ouml;rper gegen die 21-Hydroxylase, welche in weiterer Folge mit dem Auftreten eines M. Addison vergesellschaftet sind, treten bei 1 % der Menschen mit Diabetes mellitus Typ 1 auf.<br /> Polyendokrine Autoimmunsyndrome treten mit unterschiedlicher H&auml;ufigkeit auf. Typische klinische Befunde des polyendokrinen Autoimmunsyndroms Typ 1, welches sich immer in der fr&uuml;hen Kindheit manifestiert, sind Candidainfektionen, Hypoparathyreoidismus und M. Addison. Dieses Syndrom ist durch Ver&auml;nderungen im AIRE-Gen am Chromosom 21 bedingt. Deutlich h&auml;ufiger ist das polygenetisch bedingte polyendokrine Autoimmunsyndrom Typ 2, welches durch M. Addison und eine chronische Autoimmunthyreoiditis charakterisiert ist. Bei etwa 20 % der Betroffenen kommt es zus&auml;tzlich zum Auftreten eines Diabetes mellitus Typ 1.<br /> Das neonatal auftretende IPEX-Syndrom (IPEX, Akronym f&uuml;r &bdquo;immune dysregulation, polyendocrinopathy, enteropathy, x-linked&ldquo;) zeigt keine Assoziation mit dem HLA-Genotyp und ist durch eine ausgepr&auml;gte Autoimmunit&auml;t, die man auf einen Verlust der regulatorischen T-Zellen zur&uuml;ckf&uuml;hrt, charakterisiert.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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