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Plaque-Psoriasis, Prurigo nodularis und atopische Dermatitis

Zahlreiche Substanzen in der Pipeline

Wie in jedem Jahr waren die Late-Breaking Science Sessions ein Publikumsmagnet beim Jahreskongress der «American Academy of Dermatology», der in diesem Jahr mit über 15.000 Teilnehmern in New-Orleans stattfand. Die Vorträge zeigten, dass die Dermatologie mit zahlreichen neuen therapeutischen Optionen auch künftig ein spannendes Fachgebiet bleiben wird.

Vermutlich ist es künftig auch möglich, auf oralem Weg das proinflammatorische Zytokin IL-17A zu hemmen. Möglich ist dies mit dem Small Molecule DC-806, das in einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Proof-of-Concept-Studie vielversprechende Ergebnisse bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Plaque-Psoriasis erzielte.1 Insgesamt wurden 32 Patienten mit einer leichten bis mittelschweren Psoriasis (Befall von mindestens 3% der Körperoberfläche, Physician’s Global Assessment [PGA] Score von 2/3) 28 Tage lang entweder mit 200mg oder 800mg DC-806 täglich oder Placebo behandelt (2:1-Randomisierung). Parameter zur Beurteilung der Wirksamkeit war die Veränderung des PASI (Psoriasis Activity and Severity Index), zudem wurde die biologische Aktivität von DC-806 durch Messung der Serum-IL-17A- und der Beta-Defensin(BD)-2-Spiegel bestimmt. BD2 ist ein antimikrobielles Peptid, dessen Konzentration bei Psoriasispatienten erhöht ist. Ein Absinken der BD2-Konzentrationen korreliert mit der biologischen Aktivität einer Substanz.

Die mittlere prozentuale Verringerung des PASI-Wertes am Tag 29 gegenüber dem Ausgangswert betrug 43,7% in der 800-mg-Gruppe, 15,1 % bei 200mg bzw. 13,3% in der Placebogruppe. Bei 17 Patienten mit einem Ausgangswert von PASI 6 sank der PASI-Wert gegenüber dem Ausgangswert im Mittel um 47,0% in der Gruppe mit der hohen Dosis und um 31,4% in der Niedrigdosisgruppe im Vergleich zu 11,0 % in der Placebogruppe.

Die Behandlung mit DC-806 führte zu einem raschen Anstieg der Serum-IL-17A-Werte und zu einem Rückgang der Serum-BD-2-Werte. Unter Placebo veränderten sich diese Parameter nicht.

Die häufigsten unerwünschten Ereignisse bei der Behandlung waren Kopfschmerzen, eine leichte Covid-19-Infektion, gastrointestinale Beschwerden und Hautabschürfungen in den Verumgruppen sowie eine Mandelentzündung in der Placebogruppe.

Prof. Richard Warren, Universität Manchester, Grossbritannien, der die Studie präsentierte, schloss, dass DC-806 ein günstiges Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil aufweist und den ersten Nachweis für eine direkte Hemmung von IL-17 durch ein orales kleines Molekül liefert. Diese ersten Wirksamkeitsdaten unterstützen die weitere klinische Entwicklung von DC-806 bei Psoriasis und anderen IL-17-vermittelten Krankheiten. Weitere Studien sind jetzt erforderlich, um die Wirksamkeit und Sicherheit von DC-806 in grösseren Patientenpopulationen zu bestätigen.

Prurigo nodularis: weniger Juckreiz und besserer Schlaf dank IL-31-Blockade

Interleukin (IL)-31 spielt eine zentrale Rolle beim Zustandekommen von Juckreiz. Aus diesem Grund und aufgrund von vielversprechenden frühen Studienergebnissen wurde der IL-31-Rezeptor-α-Antagonist Nemolizumab in der Phase-III-Studie OLYMPIA-2 als Therapeutikum für Prurigo nodularis untersucht.2 Das Studienprotokoll sah eine 2:1-Randomisierung der 274 erwachsenen PN-Patienten vor. Als Behandlung wurde entweder Placebo oder Nemolizumab subkutan in einer Dosierung von 30mg oder 60mg, je nach Körpergewicht ≥ oder <90 kg, alle 4 Wochen verabreicht. Koprimäre Endpunkte waren erstens eine Verbesserung des Juckreizes um mindestens 4 Punkte auf der Peak Pruritus (PP) Numerical Rating Skala (NRS) in Woche 16 und zweitens der Prozentsatz der Teilnehmer mit Therapieerfolg nach Ansicht des Prüfarztes, entsprechend einem Scorewert von 0 oder 1 im Investigator’s Global Assessment (IGA) sowie einer Verringerung um ≥2 Grad seit Studienbeginn.

Die Studienteilnehmer waren im Durchschnitt 52,7 Jahre alt, der Frauenanteil überwog (>60%). Prof. Shawn Kwatra, Johns Hopkins University School of Medicine, Baltimore, USA, hob besonders hervor, dass 37,2% der Patienten mehr als 100 juckende Hautknötchen aufwiesen. Im Vergleich zum Ausgangswert erreichten 56,3% unter Nemolizumab und 20,9% unter Placebo eine Verbesserung der PP-NRS um ≥4 Punkte (p<0,0001). Signifikante Unterschiede diesbezüglich gab es bereits ab der vierten Studienwoche. Auch der Anteil an Patienten mit Erfolg im IGA war in der Nemolizumab-Gruppe signifikant grösser (37,7% im Vergleich zu 11,0 % in der Placebogruppe; p<0,0001). Ausserdem bewirkte Nemolizumab signifikante Verbesserungen bei krankheitsbedingten Schlafstörungen. Einen Rückgang um mindestens 4 Punkte auf der numerischen Rating-Skala erlebten 51,9% gegenüber 20,9% in der Placebogruppe (p<0,0001).

Die Studienmedikation erwies sich als relativ gut verträglich: Insgesamt wurde die Häufigkeit von therapiebedingten Nebenwirkungen in beiden Gruppen als vergleichbar bewertet. Allerdings kam es in der Verumgruppe häufiger zu einer atopischen Dermatitis, überwiegend aber in milder Form, sodass zumeist eine topische Begleitbehandlung ohne Unterbrechung der Studienmedikation ausreichte.

Steroidfreies Topikum bei AD in Aussicht

Schon seit Längerem ist der Phosphodiesterase-4-Hemmer Roflumilast zur Behandlung chronisch-obstruktiver Lungenerkrankungen zugelassen. Jetzt zeigten zwei Phase-III-Studien, dass auch eine lokale Behandlung mit Roflumilast als wasserbasierte Creme bei atopischer Dermatitis (AD) wirkt.3 Die Studien INTEGUMENT-1 und -2 schlossen 1337 Patienten ein, die vier Wochen lang randomisiert einmal täglich Roflumilast 0,15% Creme oder ein Vehikel applizierten. Alle Patienten waren mindestens sechs Jahre alt und die atopische Dermatitis war von leichter oder mittelschwerer Ausprägung. Die Ergebnisse wurden von Prof. Lawrence Eichenfield, UC San Diego, La Jolla, USA, vorgestellt, der zu Beginn unterstrich, dass fast die Hälfte der Teilnehmer pädiatrische Patienten im Alter von 5 bis 17 Jahren waren. Etwa drei Viertel der Teilnehmer beider Studien wiesen zu Studienbeginn einen Wert von 3 im 5-stufigen validierten IGA (vIGA) Score auf, die mittleren Werte im Eczema Area and Severity Index (EASI) lagen zwischen 9,8 und 10,3. Zudem litten die Studienteilnehmer unter starkem Juckreiz, sie erreichten auf der numerischen Skala für den schlimmsten Juckreiz (WI-NRS) zwischen 5,9 und 6,2 Punkte. Per definitionem bestand der primäre Endpunkt im Erreichen eines vollständig abgeheilten oder fast vollständig abgeheilten Hautbildes, entsprechend einem vIGA von 0/1, bei gleichzeitiger Verbesserung um zwei Stufen.

Am Ende der vierwöchigen Therapie erreichte in der INTEGUMENT-1-Studie in der Roflumilastgruppe fast ein Drittel der Patienten (32%) einen vIGA-Score von 0/1 (versus 15,5% in der Placebogruppe). Die Ergebnisse der INTEGUMENT-2-Studie waren ähnlich (28,9% zu 12,0% bei der Vehikelcreme). Beide Unterschiede waren zugunsten Roflumilast statistisch signifikant (p<0,0001). Auch die EASI75-Ergebnisse zeugten in beiden INTEGUMENT-Studien von der positiven Wirkung der Roflumilast-Creme: 43,2% gegenüber 22,0% und 42,0% gegenüber 19,7% (p<0,0001 im Vergleich zu Placebo). In INTEGUMENT-1 wurde bereits nach der ersten Studienwoche ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Studienarmen ermittelt.

Der Einfluss auf den Juckreiz wurde als sekundärer Endpunkt bestimmt, bewertet als eine Reduzierung um ≥4 Punkte auf der WI-NRS. Die diesbezüglichen Ergebnisse waren 33,6% gegenüber 20,7%, p=0,0089 (Studie 1), und 30,2% versus 12,4%, p=0,0014 (Studie 2). Bereits 24 Stunden nach der ersten Anwendung von Roflumilast konnte eine Juckreizverbesserung beobachtet werden.

Die Studienautoren beurteilten das Sicherheitsprofil von Roflumilast als günstig. Die häufigsten Nebenwirkungen – Kopfschmerzen, Übelkeit und Schmerzen an der Applikationsstelle – wurden in einer Häufigkeit von ≤3,5% gemeldet.

Dupilumab – bald auch bei AD an Händen und Füssen indiziert?

LIBERTY-AD-HAFT ist eine Phase-III- Studie, die Dupilumab als Behandlung der oft schwer zu kontrollierenden atopischen Dermatitis (AD) an Händen und Füssen untersuchte.4 Prof. Eric Simpson, Oregon Health & Science University, Portland, USA, stellte die positiven Ergebnisse vor. Für die 16-wöchige Studie mit dem IL-4/IL-13-Blocker oder Placebo wurden 133 Patienten mit IGA von 3 oder 4 an Händen und/oder Füssen randomisiert auf zwei Gruppen verteilt.

Bei einem Mindestalter von 12 für die Teilnahme lag das mittlere Alter im Verum- und Placeboarm bei 35,8 bzw. 33,4 Jahren, ungefähr ein Fünftel der Patienten war unter 18 Jahre alt. Der Anteil der Männer betrug 32,8 % bzw. 42,4 %, Hand- bzw. Fuss-AD bestand im Durchschnitt seit etwa 15,5 Jahren, mindestens 70% der Patienten hatten ausserdem eine mittelschwere oder schwere AD am restlichen Körper.

Den primären Endpunkt eines Hand- und Fuss-IGA von 0/1 erreichten 40,3% der Patienten in der Dupilumab- gegenüber 16,7% in der Placebogruppe (p<0,01). Statistisch signifikant unterschiedlich (p<0,0001) waren die Gruppen auch im Anteil der Patienten, deren Pruritus sich um ≥4 Punkte auf der Peak Pruritus NRS verbesserte: 52,2% unter Dupilumabtherapie gegenüber 13,6% bei Placebo. Auch die Lebensqualität verbesserte sich in der Verumgruppe signifikant. In der Auswertung der Sicherheit von Dupilumab gab es im Vergleich zum bekannten Profil des Wirkstoffes keine Überraschungen.

«Hoffentlich erhalten wir bald Zugang zu solch einem Medikament, das die Lebensqualität unserer Patienten erheblich verbessern wird», war der Wunsch von Prof. Simpson zum Abschluss seines Vortrags.

2023 AAD Annual Meeting, 17.–21. März 2023, New Orleans

1 Warren RB et al: DC-806, an oral IL-17A inhibitor: Proof-of-concept in adults with mild-to-moderate psoriasis. S042, American Academy of Dermatology, 17-21 March 2023, New Orleans, USA 2 Kwatra S: Nemolizumab monotherapy improves itch, skin lesions, and sleep disturbance in patients with prurigo nodularis: Results from a phase 3 trial (OLYMPIA 2). S025, AAD Annual Meeting 2023, 17-21 March, New Orleans, USA 3 Eichenfield L: Efficacy and safety of roflumilast cream 0.15% in adults and children aged ≥6 with mild to moderate atopic dermatitis in two phase 3 trials (INTEGUMENT-1 and INTEGUMENT-2). S025, American Academy of Dermatology, 17-21 March 2023, New Orleans, USA 4 Simpson EL: Dupilumab treatment in patients with hand and foot atopic dermatitis: results from a phase 3, randomised, double-blind, placebo-controlled trial. S025, American Academy of Dermatology, 17-21 March 2023, New Orleans, USA

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