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Was nehmen wir aus dem Jahr 2017 mit?
Jatros
30
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15.03.2018
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<p class="article-intro">In der 2017 publizierten 8. Ausgabe der AJCC(American Joint Committee on Cancer)- Guidelines zum Melanom-Staging finden sich im Vergleich mit der 7. Ausgabe einige wesentliche Änderungen. Neuere Daten zur Lymphadenektomie vs. Observation bringen zwar etwas Licht ins Dunkel, der Stellenwert dieser Strategie wird aber noch immer heftig diskutiert. Erfreulich ist, dass aus Langzeitdaten ein Anhalten des Therapieeffekts von Checkpointinhibitoren hervorgeht, und gemäß den vorliegenden Studienergebnissen könnte auch die adjuvante Therapie zukünftig eine Option darstellen.</p>
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<p class="article-content"><h2>AJCC-Guidelines und Stellenwert der Lymphadenektomie</h2> <p>Im Jahr 2017 wurden die neuen Guidelines zum Melanom-Staging des AJCC1 (American Joint Committee on Cancer) publiziert, die die 7. Ausgabe<sup>2</sup> aus dem Jahr 2009 ersetzen und sich durch mehrere Änderungen gegenüber der Vorgängerausgabe auszeichnen. Wesentliche Änderungen sind in Tabelle 1 zusammengefasst.<br /> Der Stellenwert einer kompletten Lymphknoten(LN)-Dissektion bei positivem Sentinellymphknoten (SLN) in Hinsicht auf eine Verbesserung der Prognose wird kontroversiell diskutiert. In den vergangenen Jahren wurden die Ergebnisse von drei randomisierten Studien<sup>3–5</sup> zur Durchführung dieser Methode bei Detektion eines SLN-Befalls vs. Observation publiziert: Morton et al<sup>3</sup> evaluierten die Outcomes von 2001 Patienten mit primär kutanem Melanom. Dabei fand sich in der melanomspezifischen 10-Jahres-Überlebensrate in der Gesamtpopulation kein signifikanter therapieassoziierter Unterschied zwischen den Gruppen. Jedoch wiesen im Kollektiv, bei dem nach Nachweis eines positiven SLN die Lymphadenektomie durchgeführt wurde, Patienten mit einer Melanomdicke von 1,2–3,5mm und jene mit einer Melanomdicke >3,5mm gegenüber der Beobachtungsgruppe (keine SLNBiopsie!) einen signifikanten Vorteil im krankheitsfreien Überleben (DFS) über 10 Jahre auf (p=0,01 bzw. p=0,03).<sup>3</sup><br /> In der Studie DeCOG-LT4 wurden nur Patienten mit positivem SLN einer Randomisierung zur Observation vs. LK-Dissektion zugeführt. Wenn auch die Studie unzureichend gepowert war, um die erforderliche Anzahl an Events nachzuweisen (n=55 im Observations- vs. n=54 im Behandlungsarm nach einem medianen Follow-up von 35 Monaten; bei 311 Patienten lagen LN-Mikrometastasen =1mm vor), wurde durch die chirurgische Intervention keine Verbesserung der Rate des fernmetastasenfreien 3-Jahres-Überlebens erzielt (77,0 vs. 77,4 % ). Die Autoren sprachen aus diesem Grund bei Patienten mit LN-Mikrometastasen =1mm keine Empfehlung für die Durchführung einer Lymphadenektomie aus.<sup>4</sup><br /> Auch in der Studie MSCT II wurde im melanomspezifischen 3-Jahres-Überleben kein Unterschied zwischen der Observations- und der LN-Dissektionsgruppe festgestellt (beide Gruppen: 86 % ).<sup>5</sup><br /> Basierend auf diesen Ergebnissen kann die Frage nach dem Stellenwert der Lymphadenektomie noch immer nicht eindeutig beantwortet werden. Zwar ist nach drei Jahren kein Benefit nachweisbar,<sup>4, 5</sup> möglicherweise aber gibt es eine Subgruppe mit einer definierten Melanomdicke, die nach 10 Jahren von der LN-Dissektion hinsichtlich des DFS profitiert.3 Immuntherapie: vielversprechende Langzeitdaten zur Response Am EADO-Kongress 2017 wurden die 4-Jahres-Daten zur Studie KEYNOTE-001 mit Pembrolizumab (Pembro) bei Patienten mit weit fortgeschrittenem Melanom präsentiert. Bei den Ipilimumab(IPI)- naiven Patienten (24 % ) waren zu diesem Zeitpunkt (medianes FU: 43 Monate) noch 48 % , bei den IPI-vorbehandelten Patienten (52 % ) noch 38 % am Leben. Bei 16 % der Patienten wurde eine komplette Response (CR) erzielt, wobei die mediane Zeitspanne bis zum Erreichen der CR 13 Monate betrug und zum Zeitpunkt der 4-Jahres- Analyse bei 91 % der Patienten noch anhielt. Insgesamt zeigte Pembro kontinuierlich ein günstiges Verträglichkeits- und Sicherheitsprofil – gegenüber der 3-Jahres- Analyse wurde kein Anstieg an AE der Grade 3/4 verzeichnet.<sup>6</sup><br /> In der Phase-III-Studie KEYNOTE-006 wurden IPI-naive Patienten mit fortgeschrittenem Melanom im 1:1:1-Schema zum Erhalt von IPI 3mg q3w für 4 Dosen bzw. Pembro 10mg alle 3 Wochen (q3w) bzw. Pembro 10mg q2w randomisiert, wobei die Pembro-Therapie für zwei Jahre fortgesetzt wurde. Die OS-Rate nach 33 Monaten betrug in den gepoolten Pembro- Armen 50 % (vs. 39 % im IPI-Arm), die PFS-Rate 31 % (vs. 14 % im IPI-Arm). Unter Pembro wurde bei 23 % eine CR, bei 65 % eine partielle Remission und bei 12 % eine stabile Erkrankung erzielt. In den Pembro- Gruppen hielt das Ansprechen bei 68 % =30 Monate an. 104 der insgesamt 556 Patienten in den Pembro-Armen standen protokollgemäß 24 Monate unter Pembro. Nach einem medianen FU von 9 Monaten nach Therapiebeendigung waren noch 98 % dieser Patienten am Leben. Die Autoren konkludierten, dass Pembro nach protokollgemäßem Therapiestopp mit einer anhaltenden Response einhergeht – das berechnete Risiko für Progression oder Tod knapp 10 Monate nach Therapiebeendigung betrug 9 % .<sup>7</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Derma_1801_Weblinks_s32_tab1.jpg" alt="" width="1419" height="909" /></p> <h2>Adjuvante Melanomtherapien</h2> <p>Seit einigen Jahren werden zielgerichtete Therapien und Immuntherapie auch im adjuvanten Setting nach Resektion des Primärtumors untersucht.<br /> So wurde in der doppelblinden Phase- III-Studie COMBI-AD die Gabe von Dabrafenib + Trametinib (D + T) bei Patienten mit BRAF-<sup>V600E</sup>- oder BRAF-<sup>V600K</sup>-mutierten Stadium-III-Melanomen mit Placebo für 12 Monate verglichen.<br /> Als primärer Endpunkt war das rezidivfreie Überleben (RFS) definiert. Die Ergebnisse nach einem medianen FU von 2,8 Jahren zeigen eine signifikante Überlegenheit der dualen BRAF/MEK-Inhibition: Das berechnete mediane RFS vs. Placebo lag bei 58 vs. 39 % (p<0,001). Auch hinsichtlich des 3-Jahres-OS zeichnete sich ein klarer Benefit zugunsten der Kombination vs. Placebo ab (86 vs. 77 % ). Auch die Raten an fernmetastasenfreiem Überleben waren unter D + T niedriger als unter Placebo. Eine Subgruppenanalyse ergab, dass alle Patienten hinsichtlich des Risikos für ein Rezidiv oder den Tod von der dualen Therapie profitieren (Abb. 1). Im Vergleich zum metastasierten Melanom wurden unter D + T keine neuen AE dokumentiert.<sup>8</sup><br /> Auch für die Checkpointinhibitoren wurde bereits die Effektivität im adjuvanten Setting nachgewiesen, wobei der PD- 1-Inhibitor Nivolumab (Nivo) dem CTLA- 4-Inhibitor IPI überlegen zu sein scheint: In der Phase-III-Studie CheckMate 238 wurden 906 Patienten mit Melanom in den Stadien IIIB, IIIC bzw. IV zum Erhalt von Nivo (3mg/kg q2w) bzw. IPI (10mg/ kg q3w für vier Dosen und danach q12w) für insgesamt ein Jahr randomisiert.<br /> Den primären Endpunkt bildete das RFS in der Intent-to-treat-Population. Nach einem Follow-up von mindestens 18 Monaten lag das RFS unter Nivo bei 70,5 % und unter IPI bei 60,8 % (p<0,001). Auch hinsichtlich der Verträglichkeit erwies sich Nivo als der Vergleichssubstanz überlegen: Die Rate an AE der Grade 3/4 lag bei 14,4 vs. 45,9 % . In der IPI-Gruppe wurden zwei Todesfälle aufgrund von substanzassoziierten toxischen Effekten dokumentiert.<sup>9</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Derma_1801_Weblinks_s33_abb1.jpg" alt="" width="1455" height="1584" /></p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Vortrag Dr. Igor Vujic, Best of Dermatology, Highlights of
Dermatology Conferences 2017, Wien
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<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Balch CM et al.: J Clin Oncol 2009; 27: 6199-6206 <strong>2</strong> Gershenwald JE et al.: CA Cancer J Clin 2017; 67: 472-492 <strong>3</strong> Morton DL et al.: Morton DL N Engl J 2014; 370: 599-609 <strong>4</strong> Leiter U et al.: Lancet Oncol 2016; 17: 757-767 5 Faries MB: N Engl J Med 2017; 376: 2211-2222 <strong>6</strong> Robert C et al.: EADO 2017; Abstract #8 <strong>7</strong> Robert C et al.: ASCO 2017; Abstract #9504 <strong>8</strong> Long GV et al.: N Engl J Med 2017; 377: 1813-1823 <strong>9</strong> Weber J et al.: N Engl J Med 2017; 377: 1824- 1835</p>
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