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Was Medikamente an der Haut anrichten können
DAM
30
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22.03.2018
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<p class="article-intro">Hautreaktionen nach Medikamenteneinnahme können harmlos sein – müssen aber nicht. Schwere kutane Arzneimittelreaktionen können lebensbedrohlich sein. Zu diesen „severe cutaneous adverse reactions“ zählen das DRESS-Syndrom („drug rash with eosinophilia and systemic symptoms“) und das Stevens-Johnson-Syndrom (SJS/TEN – „Stevens-Johnson's syndrome/toxic epidermal necrolysis“).</p>
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<p class="article-content"><p>In der Diagnose dieser Krankheitsbilder hat die Anamnese größte Bedeutung. Dies bedeutet, dass zunächst einmal überhaupt an eine Arzneimittelreaktion gedacht werden muss. Gefragt werden sollte nach früheren Medikationen und unerwünschten Wirkungen, auch nach OTCPräparaten oder „Naturheilmitteln“. Unterlagen wie Arztbriefe, Fieberkurven oder Narkoseprotokolle sind hilfreich. Letztlich erfordert die Diagnose jedoch klinische Erfahrung, da es keinen zuverlässigen Marker oder ein zwingend vorhandenes Symptom gibt, die auf eine der genannten Erkrankungen schließen lassen. „Nur die exakte Zusammenschau der Symptome, Befunde und des Verlaufs kann adäquate Hinweise und Warnzeichen liefern“, so Univ.-Prof. Dr. Birger Kränke von der Grazer Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie.<br /> Die häufigste aller kutanen unerwünschten Arzneireaktionen ist glücklicherweise harmlos. Das makulopapulöse Arzneimittelexanthem fällt durch erythematöse Maculae und Papeln auf, die meist symmetrisch auftreten und am Stamm beginnen. Dies ist hilfreich für die Differenzialdiagnose gegenüber viralen Exanthemen, die zumeist in der Peripherie beginnen. Palmae und Plantae sind häufig, die Schleimhäute nur gelegentlich involviert. Juckreiz ist typisch. Das Exanthem beginnt meist in der ersten Woche der Einnahme des Arzneimittels und kann nach Absetzen ein bis zwei Wochen anhalten. Beim Abheilen wechselt die Farbe, das Exanthem wird dunkler. Häufige Auslöser sind Antibiotika (vor allem Penicilline aufgrund ihres häufigen Einsatzes).<br /> Leider kann ein makulopapulöses Arzneimittelexanthem auch durch Allopurinol oder Carbamazepin verursacht werden. Dies ist insofern ungünstig, als diese Medikamente auch sehr schwere Reaktionen verursachen können und die Differenzialdiagnose damit von größter Bedeutung ist. Dazu gehört das DRESS-Syndrom, bei dem es neben einem Exanthem auch zu hohem Fieber, Eosinophilie, Lymphknotenschwellungen und Beteiligung innerer Organe kommt. Ein Alarmzeichen ist ein polymorphes Bild mit konfluierenden Einzelläsionen. Kränke: „So etwas sollte man immer ernst nehmen.“ Letale Verläufe sind keineswegs selten, die Mortalität ohne Therapie liegt zwischen 10 und 40 % . Ein DRESSSyndrom kann mehrere Wochen nach Beginn einer neuen Medikation einsetzen. Die Therapie erfolgt mit Steroiden, kann relativ lange dauern und muss langsam – in manchen Fällen über viele Wochen – ausgeschlichen werden.<br /> Noch schlechter ist die Prognose beim Stevens-Johnson-Syndrom (SJS/TEN). Es ist charakterisiert durch rasche Verschlechterung des Allgemeinzustandes, Fieber und Schleimhautläsionen bei ausgeprägten (initial makulösen) Hautläsionen, im Sinne von Erythemen, purpurischen Maculae und kleinen Bläschen. Der charakteristische Befund ist die Epidermisablösung. Die Inzidenz von SJS/TEN ist bei HIV-infizierten Patienten deutlich erhöht. Die Mortalität liegt bei 30 % . Eine Abschätzung der individuellen Prognose erlaubt der SCORTENScore anhand des Ausmaßes der Ablösung der Körperoberfläche sowie von Labor und patientenbezogenen Faktoren wie Alter und Grundkrankheit.<br /> Häufige Auslöser sind Allopurinol, Antikonvulsiva und Antibiotika. Allerdings kommen auch Infektionen mit Mykoplasmen als Auslöser infrage. Dies ist wichtig für die Differenzialdiagnose gegenüber einem atypischen Erythema exsudativum multiforme (EEM). Das EEM wird vor allem durch Infekte und nur in seltenen Fällen durch Arzneimittel verursacht. Ein Stevens-Johnson-Syndrom stellt einen absoluten Notfall dar und erfordert sofortiges Handeln. Die Therapie muss in aller Regel auf einer Intensivstation erfolgen. Alarmzeichen sind ein zentrales Ödem mit erythematöser Gesichtsschwellung, erosive Schleimhautläsionen, berührungsempfindliche Haut, große betroffene Hautareale, atypische Targetläsionen, vesikulobullöse Läsionen sowie hämorrhagisch-nekrotisierende Läsionen.<br /> Im Gegensatz zu DRESS und SJS/TEN hat die akute generalisierte exanthematische Pustulose („acute generalized exanthematous pustulosis“ – AGEP) eine sehr gute Prognose. Sie wird ebenfalls durch Arzneimittel ausgelöst und fällt durch zahlreiche stecknadelkopfgroße, nicht follikuläre, sterile Pusteln auf einem leicht ödematösen Erythem auf. Gesichtsschwellung, Fieber und Leukozytose sind typisch.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Dermatologie
und Venerologie, 30. November bis 2. Dezember
2017, Salzburg
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