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Psoriasisarthritis – think of it!
Jatros
30
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22.11.2018
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<p class="article-intro">Am 18. Oktober 2018 fand zum 6. Mal die vor sieben Jahren von zwei Rheumatologen ins Leben gerufene interdisziplinäre Veranstaltung „Ortho-Rheuma-Derma special“ in Wien statt. Auf Einladung von Universimed diskutierten Rheumatologen und Orthopäden heuer erstmalig mit Dermatologen zum Thema Psoriasisarthritis (PsA).</p>
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<p class="article-content"><p>Dr. Hannes Trattner, Psoriasisambulanz, Medizinische Universität Wien, versuchte mehr Klarheit in das vielschichtige klinische Bild der PsA zu bringen und einige klassische Merkmale in Abgrenzung zur Arthose gemeinsam mit den Gelenksspezialisten herauszuarbeiten. Welcher Facharzt sieht Patienten mit PsA? Wer behandelt sie? Welche Therapie wird eingeleitet? Wie lange dauert es bis zur Diagnosestellung? Wie sieht die optimale Überweisungsschiene aus? Diese und ähnliche Fragen wurden in kleinem Kreis diskutiert.</p> <h2>Interdisziplinäre Sprechstunde</h2> <p>Jeder 10. Patient mit Plaque-Psoriasis hat eine nicht diagnostizierte PsA, so Dr. Trattner über die Prävalenz der PsA.<sup>1</sup> Und es dauert laut dem MAPP-Survey, in den 3426 Patienten eingeschlossen wurden, immerhin 5 Jahre bis zur Diagnosestellung. Von diesen Patienten erhalten 59 % keine systemische Therapie, so Trattner weiter.<sup>2</sup> „Auch wir Dermatologen müssen uns an der Nase nehmen“, meinte er. Dem Dermatologen kommt eine Schlüsselfunktion in der Früherkennung zu, weil sich 70 % der PsA-Patienten initial mit Hautveränderungen präsentieren, so der Hautarzt, der gemeinsam mit dem Rheumatologen Stephan Blüml an der MUW eine Derma-Rheuma-Sprechstunde führt, um Patienten mit PsA frühzeitig zu identifizieren. Trattner: „Auch wir Dermatologen können erlernen, wie man ein druckschmerzhaftes, teigig geschwollenes Gelenk untersucht, und den Patienten im Bedarfsfall an einen Rheumatologen überweisen.“ Die Kooperation funktioniert zumindest an der MUW sehr gut. „Rheumatologen und Dermatologen haben teils unterschiedliche Zugänge. Jeder kann vom anderen etwas lernen, und wer letztendlich davon profitiert, ist der Patient, nicht zuletzt, weil die Psoriasis eine Multisystemerkrankung ist.“ Das Psoriasis and Psoriatic Arthritis Clinics Multicenter Advancement Network Consortium (PPACMAN) führte eine Online-Befragung von Dermatologen und Rheumatologen zum Thema multidisziplinäre Sprechstunden durch. Die Befragten gaben positive Effekte auf die fächerübergreifende Kommunikation, das Teaching von Studenten und Assistenzärzten und die frühzeitige Diagnose von PsA an. Als Herausforderung wurden die Terminplanung und damit einhergehend die richtige Auslastung von Dermatologen und Rheumatologen angesehen.<sup>3</sup> Eigene Daten belegen, dass 26 von 36 Patienten mit PsA (72 % ) in der Vergangenheit medizinische Beratung wegen ihrer Gelenksbeschwerden gesucht hatten. 22 dieser 26 Patienten wurden von Gelenksspezialisten, in der Mehrzahl von Orthopäden, doch auch einigen Rheumatologen, begutachtet, ohne dass die PsA diagnostiziert wurde. Daher sind Aufklärung und interdisziplinäre Meetings so wichtig. Denn entgegen der gängigen Meinung, dass die PsA wenig gelenksdestruierend ist und man Zeit habe, bevor es zu Gelenkserosionen kommt, sei eine rechtzeitige Diagnose mit einem günstigeren Krankheitsverlauf verbunden, meinte der Dermatologe. Die frühzeitige Diagnose der PsA geht nachweislich mit einer besseren Prognose und weniger Gelenkserosionen im weiteren Verlauf einher.<sup>4</sup> Eine multizentrische epidemiologische Studie von Reich et al. zeigte, dass vornehmlich die kleinen Fingergelenke (DIP und PIP) und Knie betroffen sind. Krankheitsspezifisch sind die Entzündung der Sehnenansätze (Enthesitis, z.B. Achillessehne), Daktylitis (Wurstfinger/Wurstzehe) und die Beteiligung der distalen Interphalangealgelenke (DIP). In 5–10 % kann es auch zu einer Sakroiliitis und/oder Spondylitis kommen (axiale Beteiligung).<sup>5</sup> Es besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Befall der Analfalte (inverse Psoriasis), der Kopfhaut oder Nägel und dem Auftreten von PsA.<sup>6</sup></p> <h2>Differenzialdiagnose Arthrose</h2> <p>Die Arthrose stellt die wichtigste Differenzialdiagnose dar, mit einem sehr ähnlichen Befallsmuster (Interphalangealgelenke, Daumengrundgelenk, Knie, Hüfte). Während die PsA einen Erkrankungsgipfel zwischen 35 und 45 Jahren hat, sind von der Arthrose zumeist ältere Patienten ab 45 Jahren betroffen. Zwar können Gelenke ebenso druckschmerzhaft sein, jedoch fehlen entzündliche, teigige Gelenksschwellungen. Heberdenund Bouchard-Knoten im Bereich der Interphalangealgelenke der Finger fühlen sich knöchern an. Folgende Merkmale der Arthrose unterscheiden sie von der PsA: Verschlechterung durch Bewegung, keine Daktylitis oder Enthesitis, keine Erosionen oder Periostitis im Röntgen, kürzer anhaltende Morgensteifigkeit (7 Evidenzbasierte dermatologische Empfehlungen reichen über das alleinige Screening hinaus.<sup>8</sup> Demnach sollen Dermatologen Patienten mit Gelenksbeschwerden bereits zum Röntgen von Händen, Vorfüßen und etwaiger weiterer betroffener Gelenke überweisen. Bei Verdacht auf axiale Beteiligung können auch die Bestimmung von HLA B27 und ein MRT der Sakroiliakalregion aufschlussreich sein.<br /> Trattner zeigte anschauliche „case reports“, unter anderem den Fall eines Mannes mittleren Alters, der seit 2 Jahren wegen seiner Plaque-Psoriasis erfolgreich auf Secukinumab eingestellt war. Trotz Erscheinungsfreiheit an der Haut (PASI- 100-Antwort) kam es plötzlich zu einer Synovitis eines proximalen Interphalangeal( PIP)-Gelenkes (Abb. 1, 2). Es kam also zu einer Verlagerung der Erkrankung von der Haut hin zu den Gelenken. Überraschend ist das Neuauftreten einer PsA unter einem Biologikum, das auch für PsA zugelassen ist. Dieses Phänomen ist jedoch nicht spezifisch für Secukinumab und wurde in unserem Kollektiv im Zusammenhang mit sämtlichen Biologikaklassen beobachtet. Ein Zytokin auszuschalten, egal ob IL-17A, IL-12/23 oder TNF-a, scheint nicht für alle Patienten ausreichend zu sein. Die Diversität zwischen PsA und Psoriasis spiegelt sich auch darin wider, dass die Haut wesentlich besser auf Biologikatherapien anspricht als die Gelenke. Was dieser Fall ebenfalls demonstriert, ist, dass nicht zwangsläufig die DIP-Gelenke betroffen sein müssen, wenngleich dies sehr spezifisch für eine PsA ist. Der Patient wurde zusätzlich auf ein NSAR eingestellt. Secukinumab wurde aufgrund des exzellenten Ansprechens an der Haut beibehalten. Auch Methotrexat (MTX) 20mg/Woche als Add-on zu Secukinumab wäre eine Option, wie die anwesenden Rheumatologen bestätigten. Während Dermatologen die Therapie mit MTX häufig einschleichend beginnen, mit einer initialen Testdosis von 10mg/Woche, beginnen viele Rheumatologen gleich mit 20mg/Woche.<br /> Da nichtsteroidale Antirheumatika die Erstlinientherapie der PsA darstellen, können Dermatologen diese bereits vor einer rheumatologischen Begutachtung verschreiben. Weiter reichende Therapieentscheidungen, wie die Einleitung oder Umstellung einer Systemtherapie, sollten in jedem Fall interdisziplinär getroffen werden, im besten Fall gemeinsam mit einem Rheumatologen und einem Dermatologen, so der allgemeine Konsensus. Orthopäden sollten Awareness für die PsA haben bei Patienten mit Psoriasis und Gelenksbeschwerden. Die Erfahrung zeigt, dass viele Patienten mit Gelenksbeschwerden initial zum Orthopäden überwiesen werden. Somit kommt neben den Dermatologen auch den Orthopäden eine wichtige Rolle in der Früherkennung zu.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Derma_1804_Weblinks_s42_abb1+2.jpg" alt="" width="2150" height="724" /></p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Ortho-Rheuma-Derma special, 18. Oktober 2018, Wien
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Villani AP et al.: Prevalence of undiagnosed psoriatric arthritis among psoriasis patients: Systematic review and meta-analasis. JAAD 2015; 73: 242-8 <strong>2</strong> Lebwohl MG et al.: Multinational Assessment of Psoriasis and Psoriatic Arthritis (MAPP) Survey. JAAD 2014; 70; 871-81 <strong>3</strong> Okhovat JP et al.: Psoriasis and Psoriatic Arthritis Clinics Multicenter Advancement Network Consortium (PPACMAN) Survey: Benefits and challenges of combined rheumatology-dermatology clinics. J Rheumatol 2017; 44; 693-4 <strong>4</strong> Haroon M et al.: Diagnostic delay of more than 6 months contributes to poor radiographic and functional outcome in psoriatic arthritis. Ann Rheum Dis 2015; 74: 1045-50 <strong>5</strong> Reich K et al.: Epidemiology and clinical pattern of psoriatic arthritis in Germany: a prospective interdisciplinary epidemiological study of 1511 patients with plaque-type psoriasis. Br J Dermatol 2009; 160: 1040-7 <strong>6</strong> Wilson FC et al.: Incidence and clinical predictors of psoriatic arthritis in patients with psoriasis: a population-based study. Arthritis Rheum 2009; 61: 233-9 <strong>7</strong> Garg A, Gladman D: Recognizing psoriatic arthritis in the dermatology clinic. J Am Acad Dermatol 2010; 63: 733-48; quiz 49-50 <strong>8</strong> Richard MA et al.: Evidence- based recommendations on the role of dermatologists in the diagnosis and management of psoriatic arthritis: systematic review and expert opinion. J Eur Acad Dermatol Venereol 2014; 28 Suppl 5: 3-12</p>
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