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ÖGDV und BVÖD – mehr Trennendes oder mehr Gemeinsames?

<p class="article-intro">Gesellschaft und Berufsverband – ziehen beide am selben Strang? Brücken zu bauen ist gerade in Zeiten schwieriger gesundheitspolitischer Zeiten ein Muss, und das versuchen o. Univ.-Prof. Dr. Matthias Schmuth, Ordinarius für Dermatologie an der Universitätsklinik Innsbruck und amtierender Präsident der ÖGDV, wie auch sein Kollege MR Dr. Johannes Neuhofer, Bundesfachgruppenobmann und Leiter des jüngst gegründeten Berufsver- bandes, BVDÖ, auf vorbildliche Weise. Wir konnten beide zum Interview gewinnen.</p> <hr /> <p class="article-content"><p><strong>Einigkeit und St&auml;rke innerhalb der Dermatologie zu demonstrieren ist ein von Ihnen beiden deklariertes Ziel. Wie wollen Sie diese Herausforderung bew&auml;ltigen? Welche Geisteshaltung ist daf&uuml;r erforderlich? Welche konkreten Aktionen sind in n&auml;chster Zukunft geplant? Welche Aktivit&auml;ten werden Sie mittelfristig setzen?<br /> M. Schmuth:</strong> Die Aufgabe ist es, komplement&auml;r zu arbeiten und sich nicht durch Duplikationen von Zielen und Aktivit&auml;ten zu verausgaben oder auseinanderdividieren zu lassen &ndash; nur gemeinsam k&ouml;nnen wir stark sein. Die Statuten der &Ouml;GDV und des BV&Ouml;D und ihre Interaktionsstrukturen sollten in n&auml;chster Zukunft so bearbeitet werden, dass sie diese Komplementarit&auml;t widerspiegeln. Mittelfristig k&ouml;nnen wir gemeinsam die Au&szlig;enwirkung und Fremdwahrnehmung verbessern. Dazu geh&ouml;ren gezielte Medienarbeit und Lobbying in der Gesundheitspolitik.<br /> <strong>J. Neuhofer:</strong> Der neu gegr&uuml;ndete BV&Ouml;D fokussiert die niedergelassenen Dermatologen, die er hinsichtlich qualitativ hochwertiger Fortbildung und Tarifverhandlungen mit der &Auml;K bestm&ouml;glich vertreten m&ouml;chte. Das Ziel des Berufsverbandes ist aber dar&uuml;ber hinausgehend die praxisbezogene Fortbildung in Kooperation mit der &Ouml;GDV. Aber auch Stellungnahmen zu aktuell diskutierten Themen wie zum Beispiel Biologika oder neuer Lasertechnologie in der Dermatologie sind notwendig, um die Bev&ouml;lkerung ungef&auml;rbt zu informieren. Wir sind offen f&uuml;r die Kooperation mit allen Playern aus dem Gesundheitsbereich. Die breite Pr&auml;sentation unseres Faches in derzeit turbulenten gesundheitspolitischen Zeiten ist uns beiden, sowohl als Vertreter von &Ouml;GDV als auch BV&Ouml;D, ein wichtiges Anliegen.<br /><br /> <strong>Wie wollen Sie in Ihrer Funktion als Pr&auml;sident der &Ouml;GDV, und Frau Prof. Ratzinger in ihrer Funktion als Generalsekret&auml;rin, die Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Kollegen f&ouml;rdern?<br /> M. Schmuth:</strong> Durch das direkte Gespr&auml;ch, den Austausch &uuml;ber Probleme und Sorgen, gemeinsame Informationsund Medienarbeit zu den Leistungen der Dermatovenerologen, gezieltes Lobbying und durch die Veranstaltung gemeinsamer, praxisrelevanter und topaktueller Fortbildungsveranstaltungen. Neu ist die Rubrik auf der &Ouml;GDV-Homepage, die von niedergelassenen Kollegen bef&uuml;llt werden kann. Besonders wichtig ist die Nachwuchsarbeit. Das von Prof. Norbert Sepp etablierte und von Prof. Michael Binder weiterentwickelte Residents- Forum ist auf die praktischen Bed&uuml;rfnisse der auszubildenden Assistenz&auml;rzte zugeschnitten.<br /><br /> <strong>Gibt es Beispiele aus dem Ausland, wo die Koexistenz zwischen Gesellschaft und Berufsverband reibungslos funktioniert?<br /> J. Neuhofer:</strong> Ja, in Deutschland funktioniert die Zusammenarbeit zwischen den 3500 niedergelassenen Dermatologen, vertreten durch den Berufsverband Deutscher Dermatologen (BVDD), mit der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) seit 60 Jahren sehr gut. Ich bin in regem Kontakt und Austausch mit den deutschen Kollegen, insbesondere mit Dr. Klaus Str&ouml;mer, dem eben wiedergew&auml;hlten Pr&auml;sidenten des BVDD. Mein Ziel war es von Anfang an, bei uns etwaige Startschwierigkeiten zu vermeiden, indem wir uns andere Konzepte anschauen, Gutes annehmen und Pitfalls vermeiden. Durch ver&auml;nderte gesundheitspolitische Rahmenbedingungen m&uuml;ssen alle Haut&auml;rzte, unabh&auml;ngig davon ob sie im Krankenhaus oder im niedergelassenen Bereich arbeiten, ihr Profil sch&auml;rfen und eine gemeinsame Standortbestimmung erarbeiten. In Deutschland haben der Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) und die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) gemeinsam aktuelle Leitgedanken erarbeitet, die eine klare Position des Faches und all seiner Facetten darstellen. Ein gest&auml;rktes Selbstbewusstsein aller Dermatologen in Zeiten wie diesen ist sicher von Vorteil.<br /><br /> <strong>Sind gemeinsame Tagungen oder Fortbildungen geplant oder sind diese in weiter Ferne?<br /> M. Schmuth:</strong> Die OEADF-Tagung im Sommer und die &Ouml;GDV-Jahrestagung im Winter sind Beispiele f&uuml;r gemeinsame Tagungen. Der Bundesfachgruppenobmann (derzeit in Personalunion mit dem Leiter des Berufsverbandes) sitzt in den verantwortlichen Gremien f&uuml;r die Gestaltung beider Tagungen und nat&uuml;rlich sind die niedergelassenen Dermatologen aktiv in der Gestaltung von Fortbildungen seitens der Arbeitsgemeinschaften und Arbeitsgruppen der &Ouml;GDV.<br /> <strong>J. Neuhofer:</strong> Aktuell ist gerade in Deutschland die DDG an den BVDD herangetreten (und nicht umgekehrt), um einen gemeinsamen Kongress zu erarbeiten, den sie &bdquo;Dermatologie kompakt&ldquo; betiteln. Das ist schon ein starkes Signal der gegenseitigen wertsch&auml;tzenden Verbundenheit. F&uuml;r mich ist der BV&Ouml;D nur ein zweites Standbein eines gemeinsamen K&ouml;rpers unseres breiten Fachgebietes und ich w&uuml;nsche und erhoffe mir in &Ouml;sterreich Vergleichbares.<br /><br /> <strong>&Ouml;ffentlichkeitsarbeit ist wichtig. Andere Fachgruppen wie z.B. Neurologen und Unfallchirurgen haben schon vor Jahren verst&auml;rkt an der Au&szlig;enwirkung und Fremdwahrnehmung des Faches gearbeitet, um sich besser zu positionieren. Welche Pl&auml;ne haben Sie?<br /> M. Schmuth:</strong> Dr. Neuhofer und ich sind dabei, eine Brosch&uuml;re zu entwickeln, in der die Dermatologie sich mit ihren Leistungen und Angeboten darstellt, um die Fremdwahrnehmung der Dermatologie und Venerologie in anderen Fachgebieten der Medizin zu verbessern. Au&szlig;erdem arbeiten wir an verschiedenen Medienkonzepten, durch die das Bild unseres Faches in der Bev&ouml;lkerung verbessert werden soll.<br /> <strong>J. Neuhofer:</strong> Auch hier k&ouml;nnen wir von anderen Fachgruppen lernen. Die Orthop&auml;den veranstalten regelm&auml;&szlig;ig Qualit&auml;tszirkel unter den Niedergelassenen; Rundbriefe zu aktuellen Themen, eine Servicestelle oder eine aktuell gehaltene Homepage sind nur einige Dinge, die wir andenken. Nat&uuml;rlich brauchen wir auch die Unterst&uuml;tzung vonseiten der Medien, durch Kolumnen oder die Ver&ouml;ffentlichung von Artikeln zu bestimmten standespolitischen Themen oder auch durch Pressekonferenzen, um die Au&szlig;enwahrnehmung zu st&auml;rken.<br /><br /> <strong>Warum gab es kritische Stimmen bei der Gr&uuml;ndung eines Berufsverbandes der Dermatologen? Hat sich die Situation beruhigt?<br /> M. Schmuth:</strong> Zun&auml;chst einmal war die Idee der Gr&uuml;ndung eines Berufsverbandes nicht neu. Vor dem Hintergrund, dass es einen solchen in Deutschland schon seit vielen Jahren gibt, wurde immer wieder dar&uuml;ber diskutiert, ob die &ouml;sterreichische Dermatologie ebenfalls davon profitieren w&uuml;rde. Hierzu waren die Meinungen geteilt und bislang hat sich immer das Argument durchgesetzt, dass der zus&auml;tzliche Nutzen angesichts der Gefahr einer Fragmentierung begrenzt ist. Nun haben sich aber die Zeiten ge&auml;ndert und aus meiner Sicht ist ein Berufsverband angebracht, wenn er inhaltlich greift und strukturell gut geplant ist.<br /> Nat&uuml;rlich muss man darauf achten, was kritische Stimmen sagen. Darauf zielt ja Ihre Frage ab. Eine Abw&auml;gung kritischer Argumente hilft, die Schlagkraft eines Vorhabens zu fokussieren und zu st&auml;rken. Zu den Kritikpunkten geh&ouml;rte, dass der Vergleich mit Deutschland hinkt, weil wir in &Ouml;sterreich einfach weniger Akteure haben und die Energien f&uuml;r solche Vorhaben enden wollend sind. Zu den Vorschl&auml;gen geh&ouml;rte, dass der Berufsverband nicht nur die Interessen der niedergelassenen Kassen&auml;rzte, sondern auch jene der Wahl&auml;rzte und angestellten Dermatologen vertritt.<br /> <strong>J. Neuhofer:</strong> Ver&auml;nderung ist zwar das einzig Best&auml;ndige im Leben, aber sie sorgt immer f&uuml;r Unruhe, auch wenn dies nicht begr&uuml;ndet ist. Es liegt in unserer Natur, dass wir prim&auml;r mit Unsicherheit und Angst vor dem unbekannten Neuen reagieren. Ich bin davon &uuml;berzeugt, dass die wenigen kritischen bzw. ablehnenden Stimmen bald verhallen werden, denn das, was wir vorhaben, ist sinnvoll. 80 % der Dermatologen sind niedergelassene mit oder ohne Kassenvertrag, viele davon f&uuml;hlen sich vernachl&auml;ssigt. Vor 25 Jahren meinte noch ein gro&szlig;er, inzwischen emeritierter &ouml;sterreichischer Dermatologe, dass niedergelassene Dermatologen &Auml;rzte zweiter Klasse w&auml;ren. Kr&auml;nkungen wie diese haben immer schon Trennendes bewirkt, n&auml;mlich in unserem Fall die Trennung der wissenschaftlich orientierten von den praktizierenden Dermatologen. Mir ist es ein gro&szlig;es Anliegen, eine breite Br&uuml;cke zu bauen als Basis f&uuml;r eine best&auml;ndige dermatologische Familie.<br /><br /> <strong>Wie wollen Sie die Awareness f&uuml;r das &bdquo;kleine&ldquo; Fach Dermatologie bei den gesundheitspolitischen Entscheidungstr&auml;gern st&auml;rken?<br /> M. Schmuth:</strong> Es geht einerseits um den direkten Kontakt und das Gespr&auml;ch mit den Entscheidungstr&auml;gern und nat&uuml;rlich um &ouml;ffentlichkeitswirksame Aktionen: Als Beispiele m&ouml;chte ich &bdquo;Sonne ohne Reue&ldquo; oder den &bdquo;Tag der seltenen Erkrankungen&ldquo; nennen. F&uuml;r 2018 wird ein &bdquo;Tag der Haut&ldquo; angedacht. Andererseits m&uuml;ssen wir valide Daten vorlegen k&ouml;nnen. Wir befinden uns in der Planung eines Projektes, in dem Outcome-Daten f&uuml;r dermatologische Krankheitsbilder systematisch gesammelt werden.<br /> Hierdurch bekommen wir Argumente in die Hand, mit denen wir fundiert und f&uuml;r die Gesundheitspolitik nachvollziehbar aufzeigen, wie gesundheits&ouml;konomisch relevant die kompetente Behandlung von Dermatosen ist.<br /> <strong>J. Neuhofer:</strong> Bei der breiten fachlichen Kompetenz und dem enormen Aufschwung, den unser Fach in den letzten Jahren genommen hat, halte ich die Bezeichnung &bdquo;klein&ldquo; f&uuml;r ein Relikt aus vergangenen Tage und halte die Bezeichnung &bdquo;breites Fach&ldquo; f&uuml;r treffender. Neben weiten Kreisen der Bev&ouml;lkerung haben uns auch die politischen Entscheidungstr&auml;ger l&auml;ngst registriert. Aber st&auml;ndiger Kontakt mit den Gesundheitslandesr&auml;ten, den Landeshauptleuten und den Vertretern der Kassen ist unbedingt erforderlich. Daf&uuml;r ist gro&szlig;es Engagement unserer Kollegenschaft, insbesondere der federf&uuml;hrenden Professoren und der LFGO, notwendig.<br /><br /> <strong>Danke f&uuml;r das Interview!</strong></p></p>
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