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Neue vielversprechende Therapieansätze beim ASH vorgestellt
Jatros
30
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02.03.2017
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<p class="article-intro">Unter dem Begriff des kutanen T-Zell-Lymphoms (CTCL) wird eine heterogene Gruppe von T-Zell-Lymphomen, die vorwiegend die Haut involvieren, zusammengefasst. Die Erkrankungen sind häufig chronisch und gehen mit Einschränkungen der Lebensqualität, beispielsweise durch Pruritus und häufige Hautinfektionen, einher. Mit der derzeit angewendeten Therapie wird selten verlässliches und/oder dauerhaftes Ansprechen erreicht, neue Therapien sind dringend erforderlich. Beim ASH wurden diverse vielversprechende Therapieansätze mit diversen Substanzen und Wirkmechanismen präsentiert.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Die Mycosis fungoides (MF) und das primäre kutane anaplastische großzellige Lymphom (pcALCL) sind die häufigsten CD30-exprimierenden CTCL. Brentuximab Vedotin ist ein CD30-gerichtetes Antikörper-Wirkstoff-Konjugat, das in zwei Phase-II-Studien klinische Aktivität bei einem akzeptablen Sicherheitsprofil beim CTCL gezeigt hat. Aufgrund dieser Ergebnisse wurde die internationale randomisierte, offene Phase-III-Studie ALCANZA konzipiert, die Brentuximab Vedotin versus Methotrexat oder Bexaroten (nach Wahl des Arztes) bei vorbehandelten Patienten mit CD30-exprimierenden kutanen T-Zell-Lymphomen prüfte.<sup>1</sup></p> <h2>Dauerhaftes Ansprechen unter Brentuximab Vedotin</h2> <p>Der primäre Studienendpunkt der ALCANZA- Studie war das Ansprechen über wenigstens 4 Monate (ORR4). Zu den wichtigsten sekundären Endpunkten gehörten die Rate an Komplettremissionen (CR), das progressionsfreie Überleben (PFS) und die Symptomlast laut Patientenbefragung (Skindex-29). Insgesamt wurden 131 Patienten in die Studie eingeschlossen, von denen drei im Kontrollarm keine Therapie erhielten. Die Sicherheitspopulation enthielt daher 128 Patienten: 50 Patienten mit MF und 16 mit cpALCL im Brentuximab-Vedotin-Arm sowie 49 MF-Patienten und 13 pcALCL-Patienten im Kontrollarm. In der ITT-Population wurden die Daten von zwei Patienten im Brentuximab-Vedotin-Arm und von einem Patienten im Kontrollarm aufgrund der fehlenden CD30-Expression nicht ausgewertet. Die ITT-Population enthielt somit 48 MF- und 16 pcALCL-Patienten im Brentuximab- Vedotin-Arm sowie 49 MF- und 15 pcALCL-Patienten im Kontrollarm.<br /> Die Patienten waren im Median 62 bzw. 59 Jahre alt und waren überwiegend in einem guten bis sehr guten Allgemeinzustand (ECOG PS 0–1). Im Median waren die Patienten vor Studienbeginn mit 3–4 Therapien bzw. 2 systemischen Therapien vorbehandelt worden. Der primäre Endpunkt ORR4 wurde mit einem Unterschied von 43,8 % erreicht: 56,3 % der Patienten im Brentuximab-Vedotin-Arm versus 12,5 % der Patienten im Kontrollarm sprachen für wenigstens 4 Monate auf die Therapie an (p<0,0001). Der Therapievorteil zeigte sich für alle untersuchten Subgruppen. Eine Komplettremission wurde bei 15,6 % versus 1,6 % der Patienten beobachtet (p=0,0046). Das PFS verlängerte sich von 3,5 Monaten mit den Standardtherapien auf 16,7 Monate mit Brentuximab Vedotin (HR: 0,270; p<0,0001) (Abb. 1).<br /> Die Symptomlast verringerte sich hochsignifikant stärker unter Brentuximab Vedotin: Die durchschnittliche maximale Reduktion im Skindex-29 betrug 27,96 versus 8,62 (p<0,0001). Ein Ansprechen der Haut wurde bei 80 % der Patienten unter Brentuximab Vedotin versus 42 % der Patienten unter Methotrexat oder Bexaroten gesehen. Das Sicherheitsprofil war konsistent mit den bekannten Daten. Die Autoren zogen die Schlussfolgerung, dass die Ergebnisse der ALCANZA-Studie die Praxis für CD30-exprimierende CTCLPatienten, die eine systemische Therapie benötigen, verändern werden.</p> <h2>Checkpoint-Blockade beim kutanen T-Zell-Lymphom</h2> <p>PD-1 wird auf T-Zellen exprimiert und reguliert durch Bindung mit den Liganden PD-L1 oder PD-L2 die Aktivität der T-Zelle herunter. Der Tumor nutzt diese Bindung, um die T-Zelle zu inaktivieren. Wird die Bindung an den PD-1-Rezeptor inhibiert, so kann die T-Zelle wieder aktiv werden und die Tumorzelle zerstören. Im Falle des T-Zell-Lymphoms ist allerdings auch der Tumor eine T-Zelle. Diese exprimiert in erhöhtem Maße PD-1. PD-L1 kann auf den MF-/Sézary-Zellen exprimiert und PD-L1 und PD-L2 können translokalisiert sein. Insgesamt scheint die PD-1/PD-L1- Achse eine zentrale Rolle auch bei MF und Sézary-Syndrom (SS) zu spielen.<br /> Die zwei häufigsten Subtypen des kutanen T-Zell-Lymphoms sind die MF und das SS. In einer Phase-II-Studie des Cancer Immunotherapy Trials Network (CITN) wurde Pembrolizumab, ein PD- 1-Antikörper, bei 24 Patienten mit fortgeschrittener MF oder SS geprüft.<sup>2</sup> Patienten im Stadium IB–IVB erhielten 2mg/kg Pembrolizumab, q3w, über bis zu zwei Jahre. Der primäre Endpunkt der Studie war die Ansprechrate.<br /> Die Patienten hatten mehrheitlich eine fortgeschrittene Erkrankung und waren intensiv vortherapiert: 63 % der Patienten waren im Stadium IVA und ebenfalls 63 % hatten bereits vier oder mehr Therapielinien erhalten. Im Ergebnis wurde ein Ansprechen bei 38 % der Patienten beobachtet. Bei acht der neun ansprechenden Patienten war die Remission zur Zeit der Auswertung anhaltend. Die Therapie war gut verträglich. Klinisch relevante Nebenwirkungen traten bei zwei Patienten auf: eine steroidrefraktäre Duodenitis und eine steroidsensitive Pneumonitis. Acht Patienten – alle mit Sézary-Syndrom – zeigten eine Hautreaktion, die nicht mit dem Ansprechen korreliert war. In einer Biomarkeranalyse wurde eine hohe PD-1-Expression in Assoziation mit der Hautreaktion identifiziert. In einer weiteren Studie wird die CITN nun Pembrolizumab in Kombination mit Interferon gamma beim CTCL untersuchen.<br /> Die Phase-I-Studie CheckMate-039 untersuchte die Aktivität des PD-1-Inhibitors Nivolumab bei Patienten mit klassischem Hodgkin-Lymphom (cHL) und mit Non- Hodgkin-Lymphomen (NHL). Mit einer Nivolumab-Monotherapie wurde beim cHL eine klinisch bedeutsame Aktivität der Substanz mit einer Ansprechrate von 87 % beobachtet,<sup>3</sup> während die Ansprechraten bei B-Zell-Lymphomen (26 % ) und T-Zell-Lymphomen (17 % ) eher moderat waren.<sup>4</sup> In einer Kohorte der CheckMate- 039-Studie mit 64 Patienten – darunter elf Patienten mit T-Zell-NHL (kutane sowie periphere T-Zell-Lymphome) – wurde die Kombination von Nivolumab mit dem CTLA4-Inhibitor Ipilimumab geprüft.<sup>5</sup> Nebenwirkungen aller Grade wurden bei allen Patienten mit T-Zell-NHL gesehen, Grad-3/4-Nebenwirkungen bei 45 % der Patienten und klinisch relevante Nebenwirkungen bei 36 % . Zwei Patienten (18 % ) brachen die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen ab. In der Gruppe der Patienten mit T-Zell-NHL erreichte ein Patient (9 % ) ein partielles Ansprechen und bei vier Patienten (36 % ) stabilisierte sich die Erkrankung.</p> <h2>Neuartige Wirksubstanzen in Phase-I-Studien</h2> <p>KIR3DL2 wird in allen Subtypen des CTCL exprimiert, mit der höchsten Expressionsrate bei SS und transformierter MF. Der erste monoklonale Anti-KIR3DL2- Antikörper IPH4102 wird derzeit in einer Phase-I-Studie (NCT02593045) beim rezidivierten/ refraktären CTCL untersucht.<sup>6</sup> Die Rekrutierung der Studie begann im November 2015, bis zur Abstract-Einreichung wurden 13 Patienten (SS: 10, MF: 2) mit IPH4102 in verschiedenen Dosierungen behandelt. Bisher wurden nur Grad-1/2-Nebenwirkungen beobachtet und keine Hautreaktionen oder Infektionen berichtet.<br /> MiR-155-5p ist eine bekannte „oncomicroRNA“ mit starker funktioneller Verbindung zum CTCL. MRG-106 ist ein MiR- 155-5p-Inhibitor, der in präklinischen Modellen eine signifikante pharmakodynamische Aktivität beim MF zeigte. In einer Phase-I-Studie wurden die ersten sechs MF-Patienten mit intraläsionaler Injektion von MRG-106 sowie vier Patienten zusätzlich mit intraläsionaler Salzlösung in einer zweiten Läsion behandelt.<sup>7</sup> Alle Patienten vertrugen die Therapie sehr gut. Ein Patient musste die Studie aufgrund eines aggressiven Tumorprogresses, der nicht mit der Therapie assoziiert war, abbrechen. Alle behandelten Läsionen sprachen auf die Therapie an, mit einer durchschnittlichen maximalen Reduktion von 55 % unter MRG-106 und 39 % mit Salzlösung. Die mit MRG-106 behandelten Läsionen zeigten eine Reduktion im CAILSScore von =50 % , welche bis zum Ende der Studie anhielt, wohingegen nur eine mit Salzlösung behandelte Läsion ein solches Ergebnis aufwies. Die meisten Patienten berichteten von einem systemischen Rückgang des Pruritus.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: ASH 2016 – 58th American Society of Hematology Annual
Meeting and Exposition, 3.–6. Dezember 2016, San Diego
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Kim YH et al: Brentuximab vedotin demonstrates significantly superior clinical outcomes in patients with CD30- expressing cutaneous T-cell lymphoma versus physician’s choice (methotrexate or bexarotene): the phase 3 ALCANZA study. ASH 2016, Abstr. #182 <strong>2</strong> Khodadoust M et al: Pembrolizumab for treatment of relapsed/refractory mycosis fungoides and Sézary syndrome: clinical efficacy in a CITN multicenter phase 2 study. ASH 2016, Abstr. #181 <strong>3</strong> Ansell SM et al: PD-1 blockade with nivolumab in relapsed or refractory Hodgkin’s lymphoma. N Engl J Med 2015; 372: 311-319 <strong>4</strong> Lesokhin AM et al: Nivolumab in patients with relapsed or refractory hematologic malignancy: preliminary results of a phase Ib study. J Clin Oncol 2016; 34: 2698-2704 <strong>5</strong> Ansell SM et al: A phase 1 study of nivolumab in combination with ipilimumab for relapsed or refractory hematologic malignancies (CheckMate 039). ASH 2016, Abstr. #183 <strong>6</strong> Bagot M et al: First-in-human, multicenter phase I study of IPH4102, first-in-class humanized anti-KIR3DL2 monoclonal antibody, in relapsed/refractory cutaneous T-cell lymphomas: preliminary safety, exploratory and clinical activity results. ASH 2016, Abstr. #1826 <strong>7</strong> Querfeld C et al: Preliminary results of a phase I trial evaluating MRG-106, a synthetic microRNA antagonist (LNA antimiR) of microRNA-155, in patients with CTCL. ASH 2016, Abstr. #1829</p>
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