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Fadenlifting – die richtige Indikationsstellung ist essenziell
Jatros
30
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15.09.2016
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<p class="article-intro">Schon länger werden Fadenliftings im großen Stil in Russland und im Fernen Osten gemacht – ein Kerngebiet der Fadenbehandlung in Kreisen der ästhetischen Chirurgie. Nun hat die Welle auch Europa und Österreich erreicht. Welche Vor- und Nachteile Fadenliftings haben und wo die Limitationen liegen, erfuhren wir von Univ.-Doz. Dr. Rafic Kuzbari, Wien. </p>
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<p class="article-content"><p><strong>Herr Dozent Kuzbari, das Thema Fadenlifting beherrscht derzeit die Kongresse zur ästhetischen Medizin. Wie viel Erfahrung benötigt man für die Anwendung?</strong> <br /> <strong>R. Kuzbari:</strong> Meiner Meinung nach ist keine bestimmte Geschicklichkeit oder Erfahrung für ein Fadenlifting erforderlich. Die Herausforderung ist weniger die Technik – denn die ist leicht erlernbar – als vielmehr die richtige Indikationsstellung. Denn die Indikation ist meiner Ansicht nach relativ eng gesteckt. Auch sollte man wissen, welche Fäden in welcher Region am besten geeignet sind. Ein Fadenlift ist sicherlich nicht mit einer komplexen Operation zu vergleichen, welche eine genaue Kenntnis der Anatomie voraussetzt. Die meisten derzeit bei uns gebräuchlichen Fäden werden eher oberflächlich in die Subkutis eingesetzt. Man geht nicht in tiefere Schichten, daher ist es relativ simpel und die Technik kann durch den Besuch von Workshops erlernt werden. Doch man muss zwischen den einzelnen Fäden differenzieren. Das österreichische Unternehmen Croma Pharma beispielsweise bietet Fäden aus Polydioxanon (PDO) für die Hautverjüngung und Volumenvermehrung und das „Happy Lift“ für einen stärkeren Straffungseffekt an. Je tiefer man verankert, desto genauere anatomische Kennnisse sind erforderlich, wie beim Verankern im Bereich der Fascia temporalis profunda.<br /> <br /><strong> Wann entstand das Konzept des Fadenliftings?</strong><br /> <strong>R. Kuzbari:</strong> Das Konzept des Fadenliftings ist nicht neu. Bereits in den 1960er- Jahren wurden chirurgische Fäden mit Widerhaken patentiert und das Design wurde im Laufe der Jahre verbessert. <br /> 2001 entwickelte der georgische Chirurg Dr. Marlen A. Sulamanidze die Aptos-Fäden für eine minimal invasive Gesichtsverjüngung. Mit den Aptos-Fäden kamen erstmals nicht resorbierbare Fäden für diese Indikation auf den Markt. Die Bezeichnung Aptos ist eine Ableitung von „antiptosis“, dem Hängen entgegenwirkend. Das Aptos-Lifting erlaubte die bis dahin nicht mögliche Straffung des Gesichtes ohne chirurgische Operation. Die Fäden werden mit Nadelstichen bogenförmig in die Haut eingebracht und durch kleine Widerhaken dort verankert. Aptos-Fäden werden bis heute verwendet. Zusätzlich zum Sofortstraffungseffekt wird propagiert, dass sich in der Heilungsphase nach dem Fadenlifting neues Bindegewebe über den Fäden bildet, wodurch ein zusätzlicher Straffungseffekt eintritt. Zu Beginn dieses Jahrtausends gab es einen regelrechten Hype um die Aptos-Fäden. Die Frage der Haltbarkeit – die Aptos-Methode wurde mit einer Haltbarkeit von 2–3 Jahren propagiert – beantwortete Sulamanidze einmal öffentlich bei einem Kongress mit bestenfalls einem Jahr. Daher war ich skeptisch.<br /> Ein weiterer Vorreiter des Fadenliftings ist der plastische Chirurg Dr. Woffles Wu aus Singapur, der mit eigenen Fäden sehr gute Ergebnisse bei geringer Ausfallszeit erzielt. Einschränkend muss man aber sagen, dass seine Fäden sehr teuer sind und nur bei einem bestimmten Upper-Class-Kollektiv zum Einsatz kommen. Man kann pro Seite mehrere Fäden einziehen. Mich hat die Methode jedoch aufgrund der sehr hohen Kosten nicht überzeugt, und irgendwann ist man dann mit nicht resorbierbaren Fäden vollgespickt. Meine Zurückhaltung resultiert aus der Erfahrung mit etlichen Patienten, die mit nicht resorbierbaren Fäden versorgt wurden und später ein klassisches Lifting wollten. Das Gewebe war komplett fibrosiert und bei der OP bekamen wir die Fäden kaum aus dem vernarbten Gewebe heraus.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Derma_1603_Weblinks_Seite65.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <p><strong>Warum haben Sie sich jetzt für das Fadenlifting entschieden?</strong><br /> <strong>R. Kuzbari:</strong> Wir erleben jetzt ein Revival des Fadenlifts mit resorbierbaren subkutanen Fäden. Ich war anfangs sehr reserviert, denn bis zu einem gewissen Grad wurde in der Öffentlichkeit eine künstliche Euphorie geschaffen. Jetzt wollen viele Patienten die Fäden haben, dieser Wunsch wird von der Industrie entsprechend gefördert und intensiv beworben. Ein wichtiger Punkt ist die einfache Handhabung. Fadenliftings sind für jeden Arzt anwendbar, nicht nur für plastische Chirurgen oder Dermatologen. Das Problem ist wie gesagt die richtige Indikationsstellung. Ich selektiere sehr stark, bevor ich mich für ein Fadenlifting entscheide.<br /> <br /><strong> Wovon hängt die richtige Indikationsstellung ab?</strong><br /> <strong>R. Kuzbari:</strong> Die Patientengruppe, die davon profitiert, ist sehr begrenzt. Das ist weniger eine Frage des Alters, sondern hängt vielmehr vom Zustand des Gewebes ab. PDO-Fäden bringen nichts, wenn das Gewebe zu sehr erschlafft ist. Das Zuviel an Haut kann ich mit den Fäden nicht wegzaubern. Auch für ein klassisches chirurgisches Lifting stellen Frauen mit schwerem subkutanem Gewebe eine gewisse Herausforderung dar. Fäden sind jedoch in einem solchen Fall sicher nicht geeignet. Aber natürlich bietet jeder Arzt das an, was er kann und was er darf. Wenn ich in meinem Werkzeugkasten nur einen Hammer habe, sehe ich überall Nägel.<br /> Lehnt die Patientin das chirurgische Lifting ab, muss man sich den Hautzustand genau ansehen und abwägen, welche Vorteile und Nachteile die Fäden bringen. Umfassende Aufklärung und das ausführliche Beratungsgespräch sind wesentlich.<br /> <br /><strong> Welche Methode bevorzugen Sie als plastischer Chirurg?</strong><br /> <strong>R. Kuzbari:</strong> Alles kommt auf die Indikation an. Es gibt Patientinnen, die eine sehr niedrige Schwelle für ästhetische Eingriffe haben. Sie wollen schon ein klassisches Lifting, wenn das Gewebe beim Abwärtsschauen nur ein bisschen hängt. In solchen Fällen muss ich das chirurgische Lifting ablehnen und der Patientin eher ein Fadenlifting anbieten. Wir bieten alles unter einem Dach an. Das ist unser Vorteil.<br /> <br /><strong> Die neue Generation der Fäden besteht aus Polydioxanon(PDO)-Nahtmaterial. Welche Vorteile hat dieses Material?</strong><br /> <strong>R. Kuzbari:</strong> PDO ist zwar einerseits nicht die Wundersubstanz, um die kollagene Faserbildung anzuregen, andererseits haben PDO-Fäden den Vorteil, dass sie wenig allergische Reaktionen hervorrufen. Sie sind resorbierbar, die Ausfallszeit beträgt maximal 1–2 Tage, nicht viel anders als bei einer Fillerbehandlung. Bei richtiger Aufklärung und Steuerung der Erwartungshaltung erreicht man zufriedenstellende Ergebnisse. <br /> <br /><strong> Welche Komplikationen können bei Fadenliftings auftreten?</strong><br /> <strong>R. Kuzbari:</strong> Es können sich Hämatome an der Einstichstelle bilden, nicht selten kleine Einziehungen an der Haut, die nach ein paar Tagen verschwinden. An den Einstichstellen können auch kleine Granulome entstehen. Bei richtiger Technik ist das jedoch weitgehend vermeidbar. Asymmetrien können auftreten, auch Infektionen und natürlich Lockerungen. Mit dicken Fäden, die man falsch platziert, kann man auch einen Nerv anstechen, aber das ist ganz selten. Personen, die zu Keloidbildung neigen, würde ich davon abraten. <br /> <br /><strong> Und für welche Fäden haben Sie sich entschieden?</strong><br /> <strong>R. Kuzbari:</strong> Ich verwende Silhouette soft der Firma Sinclair. Es handelt sich um von der FDA in Amerika zugelassene Fäden aus Polymilchsäure, die über Deutschland vertrieben werden. Die Fäden von Sinclair sind durch Studien bestens belegt, die Ergebnisse sind objektivierbar. Ich habe mich auch deshalb dafür entschieden, weil ich gerne vor der Anwendung am Patienten Daten sehe. Es wird so viel angeboten und versprochen, und meist sind es Methoden, die kommen und gehen und nach zwei Jahren verschwunden sind.<br /> Meine Fäden haben keine Widerhaken, sondern Kegel aus Polyglycol, die sich aufgrund der dreidimensionalen Form im Gewebe besser verankern. Was die Spannungskraft angeht, liegen sie etwa zwischen den PDO-Fäden und Happy Lift. Mit einer geringen Ausfallszeit von 1–3 Tagen bis maximal einer Woche und einer Haltbarkeit von bis zu 18 Monaten bieten sie ein gutes Nutzen-Risiko-Verhältnis. Man sollte als ästhetischer Chirurg auch immer Kosten und Nutzen in Relation setzen. <br /> <br /><strong> Wie hoch sind die Kosten?</strong><br /> <strong>R. Kuzbari:</strong> Die Kosten hängen von Preis und Anzahl der verwendeten Fäden ab. Die Silhouette-soft-Fäden sind zwar teurer als die PDO-Fäden, doch Effektivität und Haltbarkeit sind besser. Wir erstellen vor der Behandlung einen Kostenvoranschlag. Die Kosten der Behandlung sollten im Rahmen einer aufwendigen Fillerbehandlung liegen. Diese kostet circa zwischen 800 und 3.200 Euro, je nachdem welche Regionen ich behandle: Halsbereich, untere Wangen, Kinnlinie, Maxilla, Nasolabialfalte oder Augenbrauen. <br /> <br /><strong> Welches sind die Limitationen des Fadenlifts?</strong><br /> <strong>R. Kuzbari:</strong> 1. Kein Faden hält wirklich lange. Die Haltbarkeit liegt zwischen 6 und 18 Monaten. Meist halten die Fäden bis zu einem Jahr. Das hat weniger mit der Resorbierbarkeit der Fäden zu tun als mit der natürlichen Veränderung des Gewebes. Kollagene Fasern bilden sich zwar um Fäden und Widerhaken, aber auch dieses Bindegewebe unterliegt Umbauvorgängen und daher halten sie nur begrenzt. Das sind zwei Konzepte, die oft verwechselt werden.<br /> 2. Ich will die kollagene Faserbildung anregen, um Volumen aufzubauen. Volumen zu erzielen gelingt aber viel effektiver mit Hyaluronsäure. Die Intention, einen Faden durchzuziehen, um die kollagene Faserbildung anzuregen und Volumen zu erzeugen, ist für mich nicht nachvollziehbar. Hier sollte man lieber auf die Filler zurückgreifen.<br /> Daher sind die Fäden für mich eine Art Nischenprodukt, mit dem eine Festigung des Gewebes zu erreichen ist. Ich finde die Bezeichnung „Fadenlifting“ etwas irreführend, denn längerfristig liftet man recht wenig. <br /> <br /><strong> Welche Anästhesie verwenden Sie?</strong><br /> <strong>R. Kuzbari:</strong> Lokalanästhesie, außer bei Patienten mit Nadelphobie, diese werden in Sedierung oder Allgemeinanästhesie behandelt.<br /> <br /><strong> Wie erfolgt die Nachbehandlung? Schlafen auf dem Rücken, Sport, Massagen, Sauna, …?</strong><br /> <strong>R. Kuzbari:</strong> Das Nachbehandlungsschema ist enorm wichtig und in der ersten Woche nach dem Eingriff mitunter mühsam. Jede Art von mechanischer Belastung sollte vermieden werden. Die Patientin darf möglichst nicht auf der Wange, sondern soll mindestens 5 Tage, idealerweise eine Woche, auf dem Rücken schlafen. Gesichtsmassagen sind für mindestens 3 Wochen zu vermeiden, um die Verankerung der Fäden in der Haut nicht zu lockern. Dasselbe gilt für sportliche Tätigkeiten, bei denen es zu Drehbewegungen des Kopfes kommt, wie bei Yoga oder Zumba. Sauna sollte man so lange meiden, solange Schwellungen bestehen. <br /> <br /><strong> Vielen Dank für das Gespräch!</strong></p></p>
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