
DERM alpin – über alle Grenzen hinweg
Bericht:
Dr. Christine Dominkus
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Das Präsenzformat überzeugte. Denn das Bedürfnis nach personellem Austausch war nach 1,5 Jahren Durststrecke, bedingt durch die Pandemie, groß: Von den 300 bei DERM alpin angemeldeten Ärzten fanden 250 den Weg in den Kongresssaal. Auch das Interesse der Industrie bestand überproportional, wie die Teilnehmerzahl von 100 Personen bestätigt. Deutsche und österreichische Teilnehmer hielten sich die Waage, neben Dermatologen auch Gynäkologen, Urologen und Allgemeinmediziner. Auch Ärzte aus der Schweiz und Südtirol waren zugegen.
International und überregional
Die Dermatologie hat sich zu einem Motor medizinischer Innovation entwickelt, die viele angrenzende Fachrichtungen berührt. „Fortschritt geht nicht nur über Fachgrenzen, sondern selbstverständlich auch über Landesgrenzen hinweg, auch wenn die Versorgung weiter regional bleibt“, so einer der Veranstalter, Prof. Dr. Klaus Fritz, Präsident der Deutschen Dermatologischen Akademie (DDA). „Fast alle Kongresse sind nicht nur auf die Fachgruppe, sondern auf das jeweilige Land begrenzt. Nur auf internationalen, meist englischsprachigen Kongressen findet ein Austausch mit anderen Nationen statt. Nicht nur die für so manchen fremde Kongresssprache, sondern auch die oft unübersichtliche Größe dieser internationalen Tagungen ist für viele Kollegen weniger attraktiv“, so Prof. Fritz. Aus diesem Grund kooperierte der BVÖD mit der DDA und man organisierte eine Tagung in Deutsch, einer Sprache, die von mehr als einem Viertel der EU-Bürger gesprochen wird, von mehr als 100 Millionen als Muttersprache. Mit Salzburg war ein attraktiver Tagungsort und mit Univ.-Prof. Dr. Johann Bauer der derzeitige Präsident der ÖGDV als Tagungspräsident gewonnen. „Für andere europäische Sprachen existiert Ähnliches durchaus bereits: Es gibt Kongresse in spanischer Sprache, die zusammen mit südamerikanischen Ländern stattfinden, in Französisch ebenso, hier kommen Länder aus Afrika und Asien zusammen“, begründet Prof. Fritz die Rationale, landesübergreifende Fortbildung zu machen. „In diesem Geiste möchten wir mit der Tagung DERM alpin bevorzugt Länder in Zentraleuropa ansprechen, die geografisch im Alpenraum (D-A-CH) liegen.“ DERM alpin ist somit international und überregional.
Keine Berührungsängste
Ziel der Veranstalter war es, sich über die eigene Fachgesellschaft hinweg um eine Verbindung zu anderen Fächern zu bemühen, die sowohl aus Sicht der ärztlichen Versorgung als auch aus Sicht der ganzheitlichen Versorgung des Patienten notwendig ist. Fortschritte und Trends von Rheumatologie bis zu Infektionen, von Onkologie bis Ästhetik, von Allergologie bis Venerologie wurden präsentiert, sowohl innerhalb der Fachgruppe Dermatologie als auch bewusst in angrenzenden Spezialisierungen. „Damit möchten wir den Kenntnisstand über neue Entwicklungen in der Dermatologie unterstützen und die Kooperation untereinander zum Wohl unserer Patienten optimieren“, so Prof. Fritz und nennt ein Beispiel: Laut einer aktuellen Krankenkassenanalyse werden zwei Drittel der Patienten mit Neurodermitis, Psoriasis, Allergien oder verdächtigen Hautveränderungen nicht von einem Hautarzt behandelt, sondern von ihrem Hausarzt. Oft sind aber Neuentwicklungen außerhalb der Grenzen des eigenen Faches weniger bekannt, zahlreiche Fachgruppen sind jedoch täglich mit Fragestellungen zur Haut, Schleimhaut, zu Allergien oder auch ästhetischen Fragen konfrontiert. Chronische immunologische Erkrankungen der Haut werden inzwischen als Systemerkrankungen verstanden und mit Biologika behandelt statt mit Licht und Teer. Komorbiditäten verbinden die Haut mit Rheumatologie, innerer und Allgemeinmedizin. Hausärzte sind oft aufgefordert, Kontrollen im Rahmen solcher Systemtherapien durchzuführen.
Die Hautkrebsfrüherkennung ist ebenfalls zu einer zentralen Aufgabe geworden, die sich in fast allen Fachrichtungen stellt und heute durch neue Gerätschaften verbessert wird, erklärt Fritz. Eine weit entwickelte Dermatochirurgie ist entstanden. Ebenso ist die Allergologie heute Teil mehrerer Fachrichtungen, Gleiches gilt für Hautsymptome bei Infektionen. Oft stammen die Innovationen primär aus der Dermatologie, so der Hautarzt. Eine ähnlich große Gruppe stellt die ästhetische Medizin dar, die, aus Dermatologie und plastischer Chirurgie kommend, mittlerweile auch in anderen Fächern die Subspezialisierung des „ästhetischen Mediziners“ hervorgebracht hat. Bei Adipositastherapie zählen nicht nur Laborparameter wie Blutzucker, HDL und LDL, treibendes Moment sind vielmehr die Lebensqualität mit DLQI und Body Contouring.
Zukunft Telemedizin?
Der Präsident der Salzburger Ärztekammer Univ.-Prof. Dr. Karl Forstner lobte explizit das Präsenzformat, dessen eigene Qualität mit allen technischen Möglichkeiten nicht zu toppen sei. Obwohl die Teledermatologie aus den derzeitigen Prozessen nicht mehr auszuklammern sei und sich weiterentwickeln werde, gelte es viele offene Fragen zu diskutieren, angefangen bei juristischen Aspekten bis zu Honorierungsfragen. Ein großer Vorteil der Telemedizin ist die für beide Seiten bequeme Handhabung, ein großer Nachteil, dass der Patient nicht in seiner Gesamtheit wahrgenommen werden kann. Dr. Johannes Neuhofer warnte vor der Herausforderung für die Kollegenschaft, denn Konzerne wie Google et al. „wittern ein Riesengeschäft“.
Gemeinsam statt einsam
Die ÖGDV steht für Innovationen. Tagungspräsident Univ.-Prof. Bauer drückte in seiner Eröffnungsansprache seine Freude darüber aus, dass die ÖGDV und der BVÖD künftig wieder gemeinsame Wege gehen. „Wir werden auch in Zukunft das Verbindende von wissenschaftlicher und praktizierender Tätigkeit in der Dermatologie fördern und damit unser Fach auf gemeinsame Beine stellen“, freute sich der Vorsitzende des BVÖD, Dr. Johannes Neuhofer.
Tour de Derm
Univ.-Prof. Dr. Martin Laimer, Salzburg, brachte einen Überblick über die Haut als Sozialorgan, hob die Barrierefunktion hervor und warnte vor der Gefahr reiner Blickdiagnosen. Technische Hilfsmittel, diagnostische Algorithmen, Palpation und Geruch sind unverzichtbar für die Diagnose. Diagnostische Akkuratesse wiederum hängt vom Wissen des Untersuchers ab. Prof Laimer: „Oder führen uns künftig die Bildgebung und die künstliche Intelligenz (KI) zur Diagnose? Wird die Gesundheitsversorgung damit leichter verfügbar, vor allem auch in ländlichen Regionen? Wo bleiben wir als Ärzte? Wird die KI unser persönlicher Assistent? Bleibt uns mehr Zeit für das Patientengespräch, rettet uns die Empathie? Und sehen das Gesundheitsökonomen ebenfalls so?“ Letztlich begünstigen Veränderungen diejenigen, die darauf vorbereitet sind, ist Laimer überzeugt.
Ästhetik in der dermatologischen Ausbildung?
Hier spaltete sich einst die Dermatologie und die Gräben sind noch immer nicht überwunden. Die Ästhetik ist ein manipulativer Markt mit teilweise unnatürlichen Idealvorstellungen und übersteigertem Wunsch nach jugendlichem Aussehen. Wollen die Dermatologen diese Patienten betreuen – das ist die Frage. Prof. Dr. Claudia Borreli, Leiterin der Einheit für Ästhetische Dermatologie und Laser der Universitäts-Hautklinik Tübingen, verdeutlichte die Notwendigkeit einer universitären Ausbildung in Kosmetologie. Eine universitäre Ausbildung ist erforderlich, um auch in der niedergelassenen Praxis entsprechende ästhetische Behandlungen anbieten zu können. Denn Aknepatienten leiden laut Borelli fast genauso stark wie Neurodermitispatienten. Diese Patienten „häppchenweise“ zur korrekten täglichen Reinigung und Pflege anzuleiten sei eine Herausforderung, insbesondere im Zeitalter der Blogger und Youtuber. „Wir müssen mehr mit den Patienten reden und sie beraten“, lautet ihre Message.
Gerontodermatologie immer wichtiger
Einer aktuellen Umfrage unter 44000 Personen in der EU zufolge, die im September 2021 bei der EADV präsentiert wurde, wurden bei 48% der Befragten dermatologische Erkrankungen verzeichnet, darunter Pilzerkrankungen, Akne, Alopezie und atopische Dermatitis. Auch die Hauterkrankungen im Alter nehmen zu. Extrinsische und intrinsische Faktoren sind dafür verantwortlich, dass aktinische Keratosen und weißer Hautkrebs (NMSC) häufiger werden, so Prof. Bauer, und dieser Aufgabenbereich wird wachsen.
Buntes Programm
Von Autoinflammationssyndromen über Histopathologie und Haarsprechstunde bis zu Lipödem und Fadenlifting war vieles zu erfahren. Auch dass die Covid-19-Impfstoffe für Allergiker sicher sind, wie Univ.-Prof. Dr. Wolfram Hötzenecker, Linz, Präsident der ÖGAI, bekräftigte. Mit weit mehr als 5 Milliarden verabreichten Impfdosen konnte die anfängliche Besorgnis gegenüber MRNA-Impfstoffen relativiert werden. Es besteht kein erhöhtes Risiko für Impfreaktionen bei Allergikern, so Hötzenecker.
Fortsetzung folgt
Aufgrund der guten Resonanz ist eine Fortführung der Veranstaltung geplant. Die innovative Idee, eine fächerübergreifende Plattform zu schaffen und sich länderübergreifend auszutauschen, wurde so gut angenommen, dass eine jährliche Wiederholung sinnvoll erscheint, bestätigt Dr. Neuhofer. Der nächste Kongress wird vom 28. bis 30. Oktober 2022 im Kongresshaus Salzburg stattfinden, die anwesenden Vertreter der Industrie haben laut Dr. Neuhofer ihre Unterstützung bereits bekundet.
Quelle:
DERM alpin, 30.-31. Oktober 2021, Kongresshaus Salzburg
Das könnte Sie auch interessieren:
Exzision nur bei Melanomverdacht – nicht prophylaktisch?
Wenn sich dysplastische Nävi nicht einfach klassifizieren lassen, kann dies nicht nur bei Betroffenen Besorgnis auslösen, sondern ebenso bei Ärztinnen und Ärzten. In einer Pro-Contra- ...
Update atopische Dermatitis
Die Forschung zur atopischen Dermatitis läuft weiterhin auf Hochtouren. So wurde im vergangenen Jahr wieder eine Vielzahl an Studien zu verschiedenen Aspekten der chronisch-entzündlichen ...
Skin of Color im Praxisalltag
Viele klassische Blickdiagnosen in der Dermatologie präsentieren sich bei unterschiedlichen Hautfarben mit teils variablem Erscheinungsbild, eine Herausforderung für den Kliniker. Die ...