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Best of Dermatology 2017

<p class="article-intro">Straff und kompakt wurde eine Auswahl relevanter dermatologischer Themen unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Georg Stingl und Prof. Dr. Franz Trautinger den rund 200 teilnehmenden Dermatologen präsentiert. Die Aufgabe für die acht Referenten bestand darin, rezente Studien und aktuelle Leitlinien vorzutragen. Zu den Themen zählten neben der Dermatoonkologie die UAW, Dermatochirurgie, Rosazea, Psoriasis und Urtikaria.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Unerw&uuml;nschte Arzneimittelwirkungen (UAW)</h2> <p>&bdquo;Nicht jede Arzneimittelreaktion ist eine Allergie&ldquo;, so der Dermatologe und Allergologe PD Dr. Stefan W&ouml;hrl vom FAZ Wien einleitend, im Weiteren berichtete er &uuml;ber die aktuelle Studienlandschaft. Im Rahmen einer An&auml;sthesie k&ouml;nnen Antibiotika eine perioperative Hypersensitivit&auml;t bis hin zur Anaphylaxie ausl&ouml;sen. Wie eine Studie feststellte, kann die allergologische Austestung in 36 % der F&auml;lle einen Ausl&ouml;ser identifizieren, wobei der erh&ouml;hten Tryptase, die bis zu 4 Stunden sp&auml;ter abgenommen werden kann, als Marker f&uuml;r Anaphylaxie ein besonderer Stellenwert zukommt. Die normale Tryptase schlie&szlig;t eine Anaphylaxie aber nicht aus (Kuhlen JL, J Allergy Clin Immunol 2016). Bei Kindern verlaufen fast alle Arzneimittelreaktionen mild. Bei Verdacht auf einen kausalen Zusammenhang zwischen Betalaktamantibiotika und Allergie wurden nur 5,5 % der Verdachtsdiagnosen best&auml;tigt, und bei 22 % der Kinder wurde eine Infektion nachgewiesen; im Falle einer Allergie war sie zumeist auf Amoxicillin beobachtet worden. (Atanaskovic-Markovic M, Pediatric Allergy and Immunology 2016). Penicilline sind nach wie vor die Nummer eins der Ursachen f&uuml;r UAW (Zhou L, Allergy 2016). Vorsicht ist bei der Gabe von Antikonvulsiva gegeben, denn diese sind nach Antibiotika die Nummer zwei der Ausl&ouml;ser f&uuml;r schwere kutane Arzneimittelreaktionen (Dibek Misirlioglu E, J Allergy Clin Immunol Pract 2017). Einen besonders lesenswerten Review zu schweren kutanen Arzneimittelreaktionen (SCAR) empfahl W&ouml;hrl mit der Arbeit von Duong TA, Lancet 2017, in dem ein sehr n&uuml;tzlicher Algorithmus zu finden ist. F&uuml;r die seltenen Todesf&auml;lle beim Stevens-Johnson-Syndrom (SJS) und toxisch epidermaler Nekrolyse (TEN) wurden drei Risikofaktoren identifiziert, n&auml;mlich Grunderkrankung Krebs, eingeschr&auml;nkte Nierenfunktion (BUN &gt;10mg/dl) und SCORTEN &gt;2 (Wang L, Chinese Medical Journal 2017). Dass Allergietests auf Penicillin die nachfolgende Antibiotikabehandlung verbessern und helfen, Kosten zu sparen, belegt die Arbeit einer amerikanischen Versicherung (Macy E, J Allergy Clin Immunol Pract 2017). Auch nicht immunologisch mediierte NSAR-Urtikaria kann sich zur&uuml;ckbilden, das zeigt eine spanische Studie (Dona I, Allergy 2017).</p> <h2>Dermatochirurgie &ndash; alles ist m&ouml;glich</h2> <p>Dermatologen k&ouml;nnen sich gl&uuml;cklich sch&auml;tzen, denn sie werden im Vergleich zu Chirurgen und Gyn&auml;kologen weniger h&auml;ufig geklagt, berichtete PD DDr. Klaus Eisendle, Bozen. Auch Gutachtenanforderungen seien nach dermatochirurgischen Eingriffen seltener. Er spannte den Bogen von den verschiedenen Lappenplastiktechniken &uuml;ber Narbenbehandlung bis zur diskutierten Sentinellymphknotendissektion, die keinen &Uuml;berlebensvorteil bringt. Ein Gentest k&ouml;nnte die SN-Dissektion m&ouml;glicherweise abl&ouml;sen. Um Narbenkeloide zu vermeiden, sind Silikonverb&auml;nde geeignet, Massagen und Auflage von Zwiebelringen hingegen weniger. &bdquo;Porcine xenografts&ldquo; sind als Wundauflagen bei offenen Wunden hilfreich, Statine mit ihrer antientz&uuml;ndlichen Wirkung k&ouml;nnten die Abheilung von Wunden beschleunigen. Mit dem markigen Spruch &bdquo;Die Wahrheit triumphiert nie, nur ihre Gegner sterben aus&ldquo; beendete Eisendle seinen kurzweiligen Ausflug in die Dermatochirurgie.</p> <h2>Rosazea &ndash; neue therapeutische Strategien</h2> <p>Prof. Dr. Thomas Luger, M&uuml;nster, referierte &uuml;ber die Facies Westfalica, wie die Rosazea in Norddeutschland auch genannt wird. Auch die unter angrenzenden F&auml;chern weniger bekannten Sonderformen, wie beispielsweise die Ophtalmorosazea, blieben nicht unerw&auml;hnt. An der mit einer Pr&auml;valenz von 5 bis 10 % vorwiegend bei hellh&auml;utigen Menschen nordeurop&auml;ischer Abstammung vorkommenden chronisch-entz&uuml;ndlichen, vorwiegend zentrofazialen Hautkrankheit leiden vorwiegend Frauen (3:1). Trotz enormer psychischer Belastung suchen 62 % der Patienten nicht nach Behandlungsm&ouml;glichkeiten. Die Symptome sind bekanntlich Brennen, Stechen, Erythem (&bdquo;flushing&ldquo;, persistierend), Papeln und Pusteln, Teleangiektasien bis zu Phyma. Pathogenetisch wird die Rolle des Immunsystems in der Entz&uuml;ndungsphase der Rosazea diskutiert (Hinaufregulierung von Cethelicidin LL-37), aber auch die neuroinflammatorische Beteiligung, wobei es zur Synthese von Neuropeptiden wie Substanz P kommt, die f&uuml;r Vasodilatation, Entz&uuml;ndung, Schmerzen und Juckreiz sorgt. Auch ein Zusammenhang mit dem Darmmikrobiom und der Demodex-Milbe wird diskutiert.<br /> Prof. Luger verwies auf ein Sonderheft der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (JDDG 2016; 14[6]), in dem die symptomorientierte Rosazeatherapie unter seiner Gastherausgeberschaft umfassend publiziert wurde. Das persistierende Erythem ist aufgrund der gro&szlig;en psychischen Belastung f&uuml;r den Betroffenen auf jeden Fall behandlungsbed&uuml;rftig, so Luger. Mit Brimonidin 0,5 % Gel, das an a2- adrenergen Rezeptoren in den Blutgef&auml;&szlig;en bindet, erreicht man bereits nach 30 Minuten einen Wirkungseintritt mit reversibler Vasokonstriktion, das Wirkmaximum ist nach 3 Stunden erreicht, die Wirkdauer betr&auml;gt 9&ndash;12 Stunden. Sein Fazit: &Uuml;berzeugende Wirksamkeit, schneller Wirkeintritt, anhaltende Wirkung, keine Tachykardien und gute Vertr&auml;glichkeit k&ouml;nnen Erscheinungsbild und Lebensqualit&auml;t bei Rosazea deutlich verbessern. Ein potenziell auftretender Rebound-Effekt ist m&ouml;glicherweise durch Begleitmedikation mit vasoaktiven Substanzen (Hormone) oder Triggerfaktoren (Alkohol, UV, Stress, Temperaturschwankungen) verursacht. Tempor&auml;res Absetzen des Gels und k&uuml;hlende Kompressen sind angezeigt. Anfangs sollte die Behandlung mit einer kleinen Menge Gel (erbsengro&szlig;) bis 4x erbsengro&szlig; auftitriert werden.<br /> Topische Therapie umfasst Ivermectin 1 % Creme, Metronidazol 0,75 % und Azelains&auml;ure, wobei sich Ivermectin aufgrund seines dualen antiparasit&auml;ren und antiinflammatorischen Wirkmechanismus in Vergleichsstudien mit Metronidazol als signifikant besser wirksam und vertr&auml;glich herausgestellt hat (Taieb A, Br J Dermatol 2015). Auch die Verl&auml;ngerungsstudie ATTRACT &uuml;ber 36 Wochen belegte bei Patienten mit papulopustul&ouml;ser Rosazea eine signifikant l&auml;ngere Remissionszeit und niedrigere R&uuml;ckfallquoten unter Ivermectin 1x t&auml;glich. Im Vergleich zu Metronidazol waren 60 % der mit Ivermectin Behandelten komplett erscheinungsfrei (IGA 0), auch die gute lokale Vertr&auml;glichkeit blieb erhalten. Das CLEAR-Projekt zeigte, dass Patienten, die unter Ivermectin komplette Remission erreicht hatten, deutlich l&auml;nger erscheinungsfrei blieben als Patienten, die lediglich &bdquo;fast erscheinungsfrei&ldquo; waren, so Luger (rezidivfreies Intervall &gt;5 Monate). F&uuml;r die Kombination aus Brimonidin-Gel und Ivermectin-Creme ist ein synergistischer Effekt der antiinflammatorischen Wirkung bei ausgezeichneter Vertr&auml;glichkeit belegt (MOSAIC 2017, data on file, Galderma).<br /> Systemisch ist Doxycyclin 40mg teilretardiert f&uuml;r die Therapie &uuml;ber 6 bis 12 Wochen zugelassen. Isotretinoin 0,3mg/kg sei f&uuml;r die Behandlung der Stadien II und III eine Alternative, so Prof. Luger abschlie&szlig;end.</p> <h2>Psoriasis &ndash; dynamisch geht es weiter</h2> <p>Eine ungeheure F&uuml;lle von Optionen bereichert die Therapielandschaft der Psoriasis. Derzeit befinden sich 9 Therapeutika in der First-Line- und 5 in der Second-Line-Therapie. Allein die Zunahme der Arzneimittelums&auml;tze bei Psoriasis zwischen 2010 und 2015 ist immens, die Ums&auml;tze sind um 218 % gestiegen, berichtete Prof. Dr. Matthias Augustin, Hamburg. Andererseits bedeute der Zuwachs an Medikationen einen nie zuvor erreichten hohen Versorgungsgrad. Die Studienlage sieht &auml;hnlich aus: Unz&auml;hlige Studien sind geplant, das hohe Aufkommen aktiver Langzeitstudien und neuer Wirkstoffe wie IL-17A-Inhibitoren (Secukinumab, Ixekizumab, Brodalumab) und IL-23-Inhibitoren (Risankizumab, Guselkumab, Tildrakizumab) ist gigantisch. Daneben sind derzeit 14 Biosimilars in Zulassung oder in Phase II&ndash;III des Studienprogramms. Auch bei den niedergelassenen Dermatologen in Deutschland ist die Umsatzentwicklung am Biologikamarkt steigend, sagte Augustin.<br /><br /> <strong>IL-17-Blocker</strong><br /> Obwohl die europ&auml;ische S3-Leitlinie zur systemischen Behandlung von Psoriasis noch nicht so alt ist, ist sie schon wieder obsolet, weil die letzten Behandlungsoptionen nicht enthalten sind, so Augustin. Die Leitfragen bei Anti-IL-17-Antik&ouml;rpern kreisen um Langzeitdaten, Differenzierung und Immunogenit&auml;t der Pr&auml;parate. Secukinumab ist Fumars&auml;ureestern hinsichtlich PASI-75-Response zu Woche 24 hochgradig &uuml;berlegen (Stichling, Br J Dermatol 2017). Secukinumab wirkt bei Kopfhaut-, Nagel- und palmoplantarer Psoriasis sowie Psoriasisarthritis. Auf der diesj&auml;hrigen EADV-Tagung in Genf konnten die 5-Jahres-Daten der SCULPTURE-Studie pr&auml;sentiert werden, welche eine anhaltende Wirksamkeit und ein g&uuml;nstiges Sicherheitsprofil von Secukinumab untermauern. Hier zeigte sich, dass die nach einem Jahr erzielten PASI-75-, PASI-90- und PASI-100-Ansprechraten praktisch unver&auml;ndert bis zum Ende des f&uuml;nften Jahres (nach 260 Wochen) bestanden: So erzielte Secukinumab nach dem ersten Jahr bei 69 % ein PASI-90-Ansprechen (data as observed). Diese hohe Ansprechrate wurde bei Behandlung mit 300mg Secukinumab bis nach dem f&uuml;nften Jahr aufrechterhalten (66 % ). Ein PASI-100-Ansprechen, d.h. eine symptomfreie Haut, konnte dar&uuml;ber hinaus bei 44 % der Studienteilnehmer nach einem Jahr beobachtet werden. Auch dieser Prozentsatz wurde von 41 % aller Patienten bis nach dem f&uuml;nften Jahr gehalten (Bissonette R, Poster 2223, Genf 2017). Da die Behandlung der Psoriasis in der Regel langfristig erfolgen muss, ist nat&uuml;rlich auch die Sicherheit eines Arzneimittels von entscheidender Bedeutung. In der Anschlussstudie zeigte Secukinumab auch &uuml;ber den Zeitraum von f&uuml;nf Jahren ein g&uuml;nstiges und konsistentes Sicherheitsprofil, es kam zu keinen neuen Sicherheitssignalen.<br /> F&uuml;r Ixekizumab ist in den UNCOVER-Studien sein rascher Wirkeintritt belegt; bereits nach 2 Wochen zeigte sich eine mittlere Verbesserung im PASI. Eine direkte Vergleichsstudie mit Ustekinumab zeigte insbesondere in PASI 90 und 100 eine signifikante &Uuml;berlegenheit von Ixekizumab (Reich K, Br J Dermatol, 2017). Fazit zu diesem neuen IL-17-Blocker: gute 2-Jahres-Langzeitdaten, breite klinische Effektivit&auml;t inklusive Juckreiz, Schmerzen, Kopfhaut und Nagelpsoriasis.<br /> Mit Brodalumab steht der dritte IL-17-Hemmer vor der T&uuml;r. Die Leitfragen drehen sich wieder um die Langzeitdaten, aber hier interessieren die Differenzierung zu Secukinumab und Ixekizumab sowie eine potenzielle depressiogene Wirkung, erkl&auml;rte Augustin. Mittlerweile konnte der Verdacht auf ein h&ouml;heres Risiko f&uuml;r Suizidalit&auml;t, die in zwei Studien aufgetreten war, entkr&auml;ftet werden. Augustins Fazit zu Brodalumab: hohe PASI-Response, stabile Langzeitdaten &uuml;ber mehr als 2 Jahre sowie keine Sicherheitssignale.<br /> Was die Immunogenit&auml;t der Anti-IL-17-Antik&ouml;rper betrifft, so scheint sie funktionell nicht bedeutend zu sein, wobei die besten Daten f&uuml;r Secukinumab vorliegen, res&uuml;mierte Augustin (Reich K, Br J Dermatol 2017). Alle drei IL-17-Inhibitoren erreichen eine schnelle und hohe Response (PASI 90/100) und sind bei vielen Manifestationen der Psoriasis effektiv. Eine erste Evidenz scheint sich bez&uuml;glich eines potenziellen kardioprotektiven Effekts abzuzeichnen (Secukinumab).</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Best of Dermatology, Highlights of Dermatology Conferences 2017, 20.–21. Oktober 2017, Wien </p>
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