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Stellenwert der Arthroskopie bei Bandinstabilität des OSG

<p class="article-intro">Bandläsionen des oberen Sprunggelenks (OSG) stellen ein häufiges Krankheitsbild insbesondere bei sportlich aktiven Patienten dar. Die Arthroskopie im Bereich des OSG erfuhr in den letzten Jahren eine deutliche Weiterentwicklung. Im Rahmen dieses Artikels wird ihr aktueller Stellenwert bei der Behandlung von Bandinstabilitäten erläutert.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die Arthroskopie des OSG ist ein hilfreiches und verl&auml;ssliches Instrument zur Diagnostik von Bandinstabilit&auml;ten im Bereich des OSG.</li> <li>Die Arthroskopie dient zur Erkennung und Therapie artikul&auml;rer Begleitpathologien.</li> <li>In den letzten Jahren wurden arthroskopische Bandrekonstruktionstechniken popularisiert.</li> </ul> </div> <p>Durch die Weiterentwicklung von Technik und Instrumentarien kam es im vergangenen Jahrzehnt zu einer Zunahme des Stellenwerts der Arthroskopie im Bereich des Sprunggelenks und R&uuml;ckfu&szlig;es. Dies betrifft sowohl diagnostische als auch therapeutische Aspekte. Ein differenzierteres Verst&auml;ndnis diverser Krankheitsbilder in diesem Bereich f&uuml;hrte auch zu einer Erweiterung der Indikationen arthroskopischer Eingriffe.<br /> Ligament&auml;re Instabilit&auml;ten im Bereich des OSG sind insbesondere bei sportlich aktiven Patienten ein sehr h&auml;ufiges Krankheitsbild. Je nach betroffener Struktur kann nach medialer Instabilit&auml;t, lateraler Instabilit&auml;t (bei Kombination rotatorischer Instabilit&auml;t) und Syndesmoseninstabilit&auml;t unterschieden werden. Die jeweiligen Krankheitsbilder k&ouml;nnen isoliert oder in Kombination auftreten. Ausschlaggebend f&uuml;r die Entwicklung von Instabilit&auml;ten im Bereich des OSG ist ein ausl&ouml;sendes traumatisches Ereignis. Bei insuffizienter Narbenheilung oder der Unm&ouml;glichkeit, durch propriozeptive F&auml;higkeiten die mechanische Instabilit&auml;t zu kompensieren, kommt es zur Situation der chronischen Instabilit&auml;t. Diese ist vor allem durch artikul&auml;ren Schmerz und eine Instabilit&auml;tssymptomatik (&bdquo;giving way&ldquo;) charakterisiert. Durch die Instabilit&auml;t besteht in vielen F&auml;llen eine deutliche Beeintr&auml;chtigung der sportlichen Aktivit&auml;t. Bei Fehlschlagen konservativer Therapiema&szlig;nahmen stellen operative Verfahren die Methode der Wahl dar.<br /> Oftmals sind Bandinstabilit&auml;ten im Bereich des OSG mit Begleitverletzungen assoziiert. Diese werden oftmals in schichtbildgebenden Verfahren nicht suffizient abgebildet. Dementsprechend stellt die Arthroskopie neben den entsprechenden therapeutischen Optionen auch ein wichtiges Verfahren zur Diagnostik artikul&auml;rer Pathologien dar.</p> <h2>Chronische laterale Instabilit&auml;t</h2> <p>Die chronische Instabilit&auml;t des lateralen Bandapparats, welcher aus Lig. fibulotalare anterius (LTFA), Lig. fibulocalcaneare (LFC) und Lig. talofibulare posterius (LTFP) besteht, stellt die h&auml;ufigste Form ligament&auml;rer Instabilit&auml;ten des OSG dar. Die akute Sprunggelenksdistorsion betrifft zu 85 % den lateralen Bandapparat. Insbesondere sportlich aktive Patienten, die &bdquo;Stop and go&ldquo;-Sportarten betreiben, sind vom Krankheitsbild betroffen. Die Hauptrisikosportarten diesbez&uuml;glich stellen Fu&szlig;ball, Tennis und Volleyball dar. In der sportlich aktiven Population liegt die Chronifizierungsrate nach neuesten Erkenntnissen bei bis zu 60 % . Neben der Beeintr&auml;chtigung der Lebensqualit&auml;t stellt das Krankheitsbild auch eine Pr&auml;arthrose dar, aus der sich eine ligament&auml;re Varusarthrose des OSG entwickeln kann. Dementsprechend sind die ad&auml;quate Diagnostik und Therapie von entscheidender Bedeutung.<br /> Als diagnostische Ma&szlig;nahme steht an erster Stelle die klinische Untersuchung. Aus apparativer Sicht sind zur &Uuml;berblicksdarstellung Projektionsr&ouml;ntgenaufnahmen m&ouml;glich. Die Sinnhaftigkeit von Stressaufnahmen wird gegenw&auml;rtig diskutiert. Die Bedeutung des Ultraschalls ist sehr ger&auml;tund untersucherabh&auml;ngig, er erlaubt allerdings eine dynamische Bewertung. Schichtbildgebend ist vor allem die Magnetresonanzsonografie (MRT) hilfreich, wobei deren Sensitivit&auml;t und Spezifit&auml;t nur bedingt zufriedenstellend ist.<br /> Die Anzahl von Begleitverletzungen bei chronischer lateraler Instabilit&auml;t ist sehr hoch. So fanden Hua et al. bei Arthroskopien von 87 Patienten mit chronischer lateraler Instabilit&auml;t in 86,2 % der F&auml;lle Synovitis mit konsekutivem Weichteilimpingement, in 37,9 % Knorpelsch&auml;den, in 26,4 % ventrale tibiale Osteophyten mit konsekutivem oss&auml;rem Impingement und in 6,9 % der F&auml;lle begleitende Syndesmosenverletzungen. Die Sensitivit&auml;t der MRT zur Detektion der Begleitverletzungen ist dabei relativ gering. So liegt sie bei freien Gelenksk&ouml;rpern, Knorpell&auml;sionen und Pathologien der Peronealsehnen bei 40&ndash; 89 % . In einer eigenen Studie zeigte sich bei 30 Patienten mit chronischer lateraler Instabilit&auml;t des OSG, welche einer Arthroskopie und lateralen Bandrekonstruktion unterzogen wurden, insgesamt 72 (arthroskopisch) und 73 (MRT) artikul&auml;re Begleitverletzungen. S&auml;mtliche Patienten wurden durchschnittlich 3,9 Monate pr&auml;operativ einer MRT unterzogen und die arthroskopischen Befunde hinsichtlich Begleitverletzungen mit den bildgebenden Befunden verglichen. Die Sensitivit&auml;t der MRT reichte von 89 % f&uuml;r Peronealsehnenverletzungen bis lediglich 28 % f&uuml;r zus&auml;tzliche L&auml;sionen am Bandapparat des OSG. Insbesondere f&uuml;r Knorpell&auml;sionen und anterolaterales Impingement bestand eine sehr schwache Korrelation zwischen intraoperativem Arthroskopiebefund und der MRT, wobei Letztere vor allem das Ausma&szlig; unterbewertete.<br /> Aus diesen Gr&uuml;nden stellt die Arthroskopie bei chronischer lateraler Instabilit&auml;t das diagnostische Verfahren der Wahl dar, um einerseits die Bandpathologie und Instabilit&auml;t unter relaxierten Verh&auml;ltnissen de facto zu beurteilen und andererseits artikul&auml;re Begleitpathologien zu detektieren. Letztere k&ouml;nnen im Gro&szlig;teil der F&auml;lle arthroskopisch adressiert werden (z.B. Mikrofrakturierung/retrograde Bohrung bei Knorpell&auml;sionen, Entfernung freier Gelenksk&ouml;rper, Synovektomie, Osteophytenabtragung etc.).<br /> Neben der diagnostischen Relevanz sowie jener in der Behandlung von Begleitverletzungen bei chronischer lateraler Instabilit&auml;t wurden in den letzten Jahren auch arthroskopische respektive arthroskopisch assistierte Rekonstruktionsverfahren popularisiert. Dabei k&ouml;nnen die Operationsverfahren in anatomische Reparationstechniken und Rekonstruktionstechniken unterteilt werden.<br /> Erstere orientieren sich an dem in offener Technik am h&auml;ufigsten angewandten Brostr&ouml;m-Verfahren mit seinen Modifikationen. Die 1966 erstmals beschriebene Technik stellt eine Raffung der narbigen Anteile des LTFA dar. 1980 wurde durch Gould die Technik um eine Augmentation mittels inferioren Extensorretinakulums erweitert. Die jeweiligen Techniken werden mit Standard-Kleingelenksarthroskopieinstrumentarien durchgef&uuml;hrt. Als Zug&auml;nge dienen das anteromediale, anterolaterale und gegebenenfalls akzessorische anteriore Portal.<br /> Bei rein arthroskopischen Reparationsverfahren werden die narbigen Anteile des LFTA mittels Faden armiert und in weiterer Folge an den naiven Footprint oder leicht kranial davon mit einem Fadenanker fixiert. Dies erm&ouml;glicht eine Raffung des LFTA. Voraussetzung f&uuml;r die Anwendbarkeit dieser Technik sind allerdings ad&auml;quate Remnants des LFTA.<br /> Auch das Brostr&ouml;m-Gould-Verfahren kann rein arthroskopisch/endoskopisch durchgef&uuml;hrt werden. Es erfolgt die Raffung des LFTA mit Fadenankern. Ferner wird &uuml;ber ein zus&auml;tzliches Portal das inferiore Extensorretinakulum endoskopisch dargestellt und unter direkter Sicht armiert. In weiterer Folge erfolgt die Fixation mit Fadenankern Footprint-nahe.<br /> Ein technisch einfacheres, allerdings anatomisch weniger exaktes Verfahren stellt die arthroskopisch assistierte Brostr&ouml;m- Gould-Operation dar. Diese Technik ist eine Kombination aus arthroskopischem und perkutanem Verfahren. Nach arthroskopischer Darstellung des LFTAFootprints und Platzierung zweier Fadenanker wird das inferiore Extensorretinakulum von artikul&auml;rseitig mittels Hohlnadel durchstochen. Zuvor ist eine Markierung der ad&auml;quaten Ausstichstelle erforderlich. Die exakte Kenntnis der Anatomie ist bei diesem Schritt von gro&szlig;er Bedeutung, da einerseits das Retinakulum nicht direkt visualisiert wird und andererseits eine enge Lagebeziehung zum lateralen Ast des Nervus peroneus superficialis besteht. In weiterer Folge werden die F&auml;den aus den zuvor platzierten Ankern perkutan geshuttelt und verkn&uuml;pft.<br /> Neben den Reparationsverfahren k&ouml;nnen auch Rekonstruktionsverfahren arthroskopisch oder arthroskopisch assistiert durchgef&uuml;hrt werden. Hierbei wird ein homologes/autologes Sehnengraft als Ersatz f&uuml;r LFTA und LFC herangezogen. Es werden die Bohrkan&auml;le an den entsprechenden Footprints gesetzt. In weiterer Folge wird das armierte Sehnengraft eingezogen und mit Interferenzschrauben oder &bdquo;suture button&ldquo; fixiert.<br /> Vergleichende klinische Studien zwischen offenen und arthroskopischen Verfahren zur lateralen Bandstabilisation am OSG sind derzeit in geringer Anzahl vorhanden. Yeo et al. fanden 2016 in einer prospektiven, randomisiert kontrollierten Studie bei 48 Patienten hinsichtlich klinischer Parameter und Stabilit&auml;t ein Jahr nach der Operation keinen signifikanten Unterschied zwischen offenem und arthroskopischem &bdquo;All inside&ldquo;- Verfahren. Guelfi et al. fanden 2018 in einem systematischen Review zu 505 Patienten (offene Technik) gegen&uuml;ber 216 Patienten (arthroskopische Technik) ebenfalls keine signifikanten Unterschiede.</p> <h2>Syndesmoseninstabilit&auml;t</h2> <p>Verletzungen der Syndesmose werden zum gr&ouml;&szlig;ten Teil durch Eversionstraumata verursacht. Dieser Verletzungsmechanismus stellt 1 % der Sprunggelenksdistorsionen dar. Grunds&auml;tzlich kann zwischen isolierten Syndesmosenl&auml;sionen und solchen in Verbindung mit Sprunggelenksfrakturen unterschieden werden. Aus einer nicht entsprechend behandelten akuten L&auml;sion kann eine chronische Instabilit&auml;t resultieren. Eine Dysfunktion der Syndesmose f&uuml;hrt zu intraartikul&auml;ren Druckspitzen und hohen Scherkr&auml;ften und damit zu rascher Degeneration des Gelenkknorpels.<br /> Insbesondere die Diagnostik der isolierten und chronischen Syndesmosenl&auml;sionen ist aufgrund des dynamischen Charakters der Pathologie herausfordernd. Neben der klinischen Untersuchung stellen auch hier belastete Projektionsaufnahmen die Grundlage dar. Schichtbildgebende Verfahren (v.a. MRT) sind hilfreich, aber nicht zwingend beweisend. Stressuntersuchungen (Fluoroskopie, Ultraschall) k&ouml;nnen in diesem Fall aufschlussreicher sein.<br /> Im Rahmen der Diagnostik erlaubt die Arthroskopie eine direkte Visualisierung und Stressuntersuchung. Hierbei findet der &bdquo;Hook-Test&ldquo; Anwendung. Dabei wird die Spitze des Tasth&auml;kchens in den tibiofibul&auml;ren Gelenksspalt eingef&uuml;hrt und gewendet. Ist dies m&ouml;glich und ist eine Diastase von &gt;3mm provozierbar, gilt die Syndesmoseninstabilit&auml;t als gesichert.<br /> Als Stabilisationsmethoden bei akuter und chronischer Instabilit&auml;t stehen je nach Ausma&szlig; diverse Stabilisationsverfahren zur Verf&uuml;gung. Kommt es bei grunds&auml;tzlich stabilen Verh&auml;ltnissen (Hook-Test negativ) lediglich zu einer Impingementproblematik durch Narbengewebe, ist das alleinige arthroskopische D&eacute;bridement ausreichend. Bei Instabilit&auml;t werden Narbenanteile arthroskopisch reseziert und der tibiofibul&auml;re Gelenksaspekt wird angefrischt. Die Stabilisation kann mit &bdquo;suture button&ldquo; oder Stellschraube erfolgen. Rezente Studien haben gezeigt, dass Ersterer biomechanische und klinische Vorteile bietet.</p> <h2>Mediale Instabilit&auml;t</h2> <p>Die mediale Instabilit&auml;t des OSG kann isoliert, jedoch h&auml;ufiger in Kombination mit lateraler Instabilit&auml;t (rotatorisch) auftreten. Die H&auml;ufigkeit ist wesentlich geringer als jene der bereits genannten Instabilit&auml;ten. Hinsichtlich Diagnostik und Therapie ist der Stellenwert der Arthroskopie mit jenem bei lateraler Instabilit&auml;t vergleichbar. Auch hier besteht die M&ouml;glichkeit der arthroskopischen Bandrekonstruktion (tibiotalarer Anteil des Lig. deltoideum). Studien zu arthroskopischen Rekonstruktionsverfahren sind allerdings nur vereinzelt vorhanden. Vergleichende Studien fehlen gegenw&auml;rtig noch.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Ortho_1803_Weblinks_ortho_1803_s28_abb1.jpg" alt="" width="2149" height="629" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Ortho_1803_Weblinks_ortho_1803_s29_abb2.jpg" alt="" width="2149" height="591" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Ortho_1803_Weblinks_ortho_1803_s30_abb3.jpg" alt="" width="1417" height="636" /></p> <h2>Zusammenfassung</h2> <p>Die Arthroskopie ist bei operativer Therapie von Bandl&auml;sionen im Bereich des OSG aktuell von immanenter Bedeutung. Dies bezieht sich einerseits auf diagnostische Aspekte, andererseits auf die Behandlung von artikul&auml;ren Begleitverletzungen. Zus&auml;tzlich wurden in den letzten Jahren auch arthroskopische Rekonstruktionstechniken popul&auml;r. Direkte Vergleiche der klinischen Ergebnisse mit offenen Verfahren sollten noch intensiviert werden.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>&bull; Anderson RB et al.: Management of common sports-related injuries about the foot and ankle. J Am Acad Orthop Surg 2010; 18(9): 546-56 &bull; Attenborough AS et al.: Chronic ankle instability in sporting populations. Sports Med 2014; 44(11): 1545-56 &bull; Guelfi M et al.: Open and arthroscopic lateral ligament repair for treatment of chronic ankle instability: a systematic review. Foot Ankle Surg 2018; 24(1): 11-8 &bull; Hua Y et al.: Combination of modified Brostr&ouml;m procedure with ankle arthroscopy for chronic ankle instability accompanied by intra-articular symptoms. Arthroscopy 2010; 26(4): 524-8 &bull; Staats K et al.: Preoperative MRI is helpful but not sufficient to detect associated lesions in patients with chronic ankle instability. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 2017 [Epub ahead of print] &bull; Vega J et al.: Combined arthroscopic all-inside repair of lateral and medial ankle ligaments is an effective treatment for rotational ankle instability. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 2017 [Epub ahead of print] &bull; Yeo ED et al.: Comparison of all-inside arthroscopic and open techniques for the modified Brostr&ouml;m procedure for ankle instability. Foot Ankle Int 2016; 37(10): 1037-45</p> </div> </p>
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