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OSG-Prothetik via transfibulären Zugang

<p class="article-intro">Der Artikel berichtet über die ersten eigenen klinischen Erfahrungen und Ergebnisse einer erst vor ca. drei Jahren in Europa eingeführten neuen OSG-Prothese, welche über einen transfibulären Zugang implantiert wird. Die OP-Technik ist zwar gewöhnungsbedürftig und zeitaufwendiger als bei bisherigen Prothesendesigns, die ersten Ergebnisse sind aber vielversprechend.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die TM-Zimmer-OSG-Prothese ist ein neuer, &uuml;ber eine Fibulaosteotomie von lateral her eingebrachter 3-Komponenten- &laquo;Fixed-bearing&raquo;-Gelenkersatz mit &laquo;Trabecular metal&raquo;-Oberfl&auml;chenbeschichtung.</li> <li>Der transfibul&auml;re Zugang bietet einige wesentliche Vorteile, die bef&uuml;rchteten Nachteile haben sich bisher nicht best&auml;tigt.</li> <li>Die Operation ben&ouml;tigt mehr Zeit als andere Prothesendesigns, f&uuml;r das Zusammensetzen des Ausrichtungsrahmens ist in der Regel ein Repr&auml;sentant des Herstellers erforderlich.</li> <li>Die bisherigen nationalen und internationalen, allerdings lediglich kurzfristigen Ergebnisse sind vielversprechend.</li> </ul> </div> <p>Die TM-Zimmer-OSG-Prothese kam 2011 in den USA und 2014 in Europa auf den Markt. Sie hat ein &laquo;Fixed-bearing&raquo;- 3-Komponenten-Design, ist an den Oberfl&auml;chen mit &laquo;trabecular metal&raquo; beschichtet und wird via Fibulaosteotomie von lateral her implantiert. Um der von der FDA vorgeschriebenen Zementierung zu gen&uuml;gen, verwenden die meisten amerikanischen Fusschirurgen lediglich einen PMMA-Streifen auf den querverlaufenden Schienen (&laquo;rails&raquo;) beider metallischer Komponenten. In Europa wird die Prothese in der Regel unzementiert eingesetzt.<br /> Der transfibul&auml;re Zugang bietet gem&auml;ss Prothesenhersteller gegen&uuml;ber dem anterioren Zugang Vorteile. Gerade bei voroperierten Patienten mit posttraumatischen OSG-Arthrosen sei die Wiederverwendung des anterioren Zugangs hinsichtlich Verletzungen der Gef&auml;ss-Nerven-Versorgung und Wundheilungsst&ouml;rungen mit einer h&ouml;heren Komplikationsrate vergesellschaftet. Der laterale Zugang erlaube eine direkte Aufsicht und Definierung des OSG-Rotationszentrums und damit eine akkurate Rekonstruktion des tibiotalaren Alignments in der Sagittalebene. Nur von lateral her k&ouml;nne die konkav-konvexe Anatomie des Tibiotalargelenkes bei der Knochenresektion ber&uuml;cksichtigt und so eine Minimierung des zu resezierenden Teils des Knochens erzielt werden. Das kurvierte Design f&uuml;hre gegen&uuml;ber dem geraden Design zu einer insgesamt gr&ouml;sseren Auflagefl&auml;che der Komponenten auf einem &ndash; wegen der sparsamen Resektion &ndash; allseits festeren subchondralen Knochen. &Uuml;ber Verl&auml;ngerungen und Verk&uuml;rzungen der osteotomierten Fibula k&ouml;nne ein zus&auml;tzliches Realignment von Deformit&auml;ten in der Sagittal- und Koronarebene erreicht werden.<br /> Potenzielle Nachteile seien die Notwendigkeit der Fibulaosteotomie und die Durchtrennung von Lig. fibulotalare anterius (ATFL) und Syndesmose, die vor einer kompletten Wiederaufnahme aller Belastungen und T&auml;tigkeiten stabil verheilt sein m&uuml;sste.</p> <h2>Erfahrungsbericht</h2> <p>Der Erfahrungsbericht basiert auf 22 haupt- und mitverantwortlichen Implantationen von TM-Zimmer-OSG-Prothesen. Alle Patienten wurden in R&uuml;ckenlage mit angelegter Oberschenkelblutsperre und zumeist in Vollnarkose operiert.<br /> Die grossen Bedenken, dass die Durchtrennung der Syndesmose beim transfibul&auml;ren Zugang zur Instabilit&auml;t der Sprunggabel und verz&ouml;gerten Knochenheilung der Fibula (v.a. bei valgischem R&uuml;ckfussalignment) f&uuml;hren k&ouml;nnte, haben sich bisher nicht best&auml;tigt. Nachdem anf&auml;nglich noch eine Stellschraubenstabilisation bzw. eine Refixation eines osteotomierten Chaput- Fragments durchgef&uuml;hrt worden ist, ist nun eine m&ouml;glichst distale Fibulaosteotomie, die aber gerade noch die Resektion des tibialen Knochens erlaubt, die Methode der Wahl, um eine ausreichende Syndesmosenstabilit&auml;t zu gew&auml;hrleisten (Abb. 1). Die sp&auml;rliche Durchblutung der distalen Fibula &uuml;ber die Ligg. fibulocalcaneare und fibulotalare posterius, die als einzige Weichteile nach der vollen Exposition noch am Knochen haften, scheint f&uuml;r eine Knochenheilung ausreichend zu sein.<br /> F&uuml;r das Setzen eines 3,5cm breiten Hebels, der von posterior bis um den medialen Malleolus platziert wird, um beim Fr&auml;sen das tibiale Gef&auml;ss-Nerven-B&uuml;ndel zu sch&uuml;tzen, ist der Chirurg gezwungen, einen ausgiebigen posterioren Release durchzuf&uuml;hren. Sehr wahrscheinlich tr&auml;gt dieser unausweichliche Release, der via anterioren Zugang in diesem Ausmass unm&ouml;glich ist, zu der generell guten bis sehr guten postoperativen OSG-Dorsalflexion bei.<br /> Die Applikation des Operationsrahmens ist zeitaufwendig und etwas m&uuml;hsam, aber f&uuml;r das exakte Fr&auml;sen der talaren und tibialen Gelenkoberfl&auml;chen unabdingbar. F&uuml;r das korrekte Zusammensetzen des Rahmens ist in der Regel die Anwesenheit eines Repr&auml;sentanten des Herstellers oder einer f&uuml;r diese Operation speziell ausgebildeten konstanten OP-Pflegeperson erforderlich.<br /> Unterschenkel und Fuss werden dreidimensional im Rahmen ausgerichtet und stabil &uuml;ber Schanzschrauben fixiert. Insbesondere die Einstellung der Rotation, vornehmlich durch Positionieren des Fusses auf der medial 10&deg; angulierten Bodenplatte, ist etwas vage, relevante Rotationsfehler traten bisher jedoch nicht auf. Die Sagittalebene wird anhand der Parallelit&auml;t der Tibiavorderkante zu L&auml;ngsstangen des Rahmens per Augenmass eingestellt, dies f&uuml;hrte bei lediglich einem der ersten F&auml;lle zu einem negativen Slope (zu wenig Extension) mit st&ouml;rendem anteriorem Impingement. Die bislang problemlose Ausrichtung in der Koronarebene erfolgt bildwandlergesteuert &uuml;ber eine Stange am Rahmen, die sich auf das Zentrum des OSG und des Kniegelenkes projizieren sollte. &Uuml;ber je eine Schanzschraube werden Kalkaneus und Talus und &uuml;ber zwei Schanzschrauben die Tibia am Rahmen fixiert. Varus-Valgus-Korrekturen sowie ein nach anterior oder posterior subluxierender Talus k&ouml;nnen durch Manipulation an den Schanzschrauben bildwandlerkontrolliert korrigiert werden.<br /> Nachdem die endg&uuml;ltige Implantatgr&ouml;sse anhand des sagittalen Gelenkverlaufes mittels Schablonen gew&auml;hlt worden ist (5 unterschiedliche Gr&ouml;ssen vorhanden), wird recht einfach, aber exakt die ebenfalls am Rahmen kontrolliert gleitende korrespondierende Resektionslehre am anatomischen Rotationszentrum platziert. Die Manipulation an den Schanzschrauben, die Bestimmung des Rotationszentrums unter guter Aufsicht und das in der Sagittalebene kurvierte Prothesendesign tragen erheblich dazu bei, dass bisher immer ein gutes Alignment in der Sagittalebene ohne Persistenz eines subluxierenden Talus erreicht wurde.<br /> Der subchondral h&auml;ufig sehr harte Knochen wird vor dem eigentlichen Fr&auml;svorgang mit einem Bohrer unter st&auml;ndiger Wasserk&uuml;hlung perforiert und anschliessend mit einer Hochgeschwindigkeitsfr&auml;se &auml;usserst exakt reseziert. Die vorgesehene Limitierung des halbkreisf&ouml;rmigen Fr&auml;sradius, insbesondere nach anterior, muss unbedingt korrekt eingestellt werden, da ein Fr&auml;sen in den Talushals in Kombination mit dem Bohrloch f&uuml;r die Schanzschraube zur Talushalsfraktur f&uuml;hren k&ouml;nnte. Trotz Vergessen der Limitierung und Schw&auml;chung des Talushalses um mehr als ein Drittel w&auml;hrend einer Operation kam es bislang nicht zu dieser Komplikation.<br /> Das Prothesendesign ist mit je zwei Oberfl&auml;chenschienen in der Koronarebene ausger&uuml;stet, die f&uuml;r eine Prim&auml;rstabilit&auml;t sorgen. Nachdem die Probekomponenten in der Koronar- und v.a. in der Sagittalebene bildwandlergesteuert f&uuml;r eine optimale Abdeckung der kn&ouml;chernen Oberfl&auml;chen korrekt ausgerichtet worden sind, werden die L&ouml;cher f&uuml;r die Schienen der Komponenten gebohrt. Durch L&ouml;sen der Bodenplatte k&ouml;nnen mediale Aufklappbarkeit, OSGBeweglichkeit und die Dicke des hochvernetzten Polyethylens bestimmt werden.<br /> Die definitiven Implantate und das auf der Tibiaplatte montierte Polyethylen werden &uuml;ber das asph&auml;rische Design der Oberfl&auml;chenschienen &laquo;press-fit&raquo; in die runden vorgebohrten Knochenl&ouml;cher seitlich eingeschlagen und erlauben so meist eine gute Prim&auml;rstabilit&auml;t. Zuletzt wird die osteotomierte Fibula anatomisch oder korrigierend fixiert. Der Hersteller empfiehlt dazu eine Verriegelungsplatte, eine 3,5mm-Synthes- Drittelrohrplatte war aber bisher f&uuml;r eine ad&auml;quate Knochenheilung stets ausreichend (Abb. 2a&ndash;d). Die Operationsdauer betrug im Mittel ca. 2:45 Stunden (2:15 bis 3:45 Stunden).<br /> Um Fibulapseudarthrosen und Syndesmoseninsuffizienzen vorzubeugen, aber auch eine gute Osteointegration des &laquo;trabecular metal&raquo; zu erm&ouml;glichen, ist die Ruhigstellung deutlich l&auml;nger und vorsichtiger zu w&auml;hlen als vom Hersteller empfohlen. Ein negativer Einfluss auf die ausnahmslos &uuml;berraschend gute OSG-Beweglichkeit wurde jedoch nicht gesehen. Je nach intraoperativ erreichter Stabilit&auml;t der Fibulaosteotomie umfasst die Nachbehandlung daher eine Gipsruhigstellung von 4&ndash;6 Wochen mit Teilbelastung nach Wundheilung, gefolgt von einer 10&ndash;20kg-Teilbelastung im hohen K&uuml;nzli-Stabilschuh mit Bewegungs&uuml;bungen &uuml;ber weitere 4 Wochen. M&ouml;glicherweise w&uuml;rde eine Verriegelungsplatte eine fr&uuml;here Mobilisation erlauben, die Notwendigkeit erscheint jedoch zum jetzigen Zeitpunkt nicht evident.<br /> Leider steht bislang kein TM-Zimmer- Revisionsimplantat zur Verf&uuml;gung. Der Hersteller ist sich dessen bewusst und verspricht, nach dem bisherigen Erfolg des Prim&auml;rimplantates, die Entwicklung als ein vordringliches Projekt.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Ortho_1701_Weblinks_lo_ortho_1701_s50_abb1.jpg" alt="" width="685" height="1134" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Ortho_1701_Weblinks_lo_ortho_1701_s51_abb2.jpg" alt="" width="2150" height="2006" /></p> <h2>Ergebnisse</h2> <p>In der Schweiz &uuml;berblicken wir seit Januar 2015 bis Januar 2017 26 prim&auml;re TMZimmer- OSG-Prothesen aus dem Inselspital Bern (12), Spital STS AG Thun (7), Kantonsspital Winterthur (3), Lindenhofspital Bern (2), Spitalzentrum Biel (1) und H&ocirc;pital Riviera-Chablais Monthey (1). An Komplikationen sind intraoperative mediale Malleolarfrakturen mit komplikationsloser Osteosynthese (2), posteriore tibiale Komponentensinterung bei schwerer rheumatoider Arthritis mit Komponentenwechsel und Knochen- bzw. Zementaugmentation (1), anteriores Impingement bei zu wenig Extension der tibialen Komponente, bisher ohne Revision (1), oberfl&auml;chlicher Wundinfekt mit D&eacute;bridement (1), tiefer Infekt bei Wundheilungsst&ouml;rung mit D&eacute;bridements und zweizeitigem Komponentenwechsel (1), Nachresektion des medialen Gelenkspaltes bei Impingement (1) und Metallentfernung Fibula (1) zu nennen. Ber&uuml;cksichtigt man die steile Lernkurve, sind Anzahl und Umfang der Komplikationen vergleichbar mit anderen Prothesendesigns. Alle Fibulaosteotomien sind in einem Zeitraum zwischen 6 Wochen und 3 Monaten verheilt. Ligament&auml;re Instabilit&auml;ten, insbesondere der Syndesmose, oder relevante radiologische Lyses&auml;ume wurden im allerdings noch kurzen Beobachtungszeitraum nicht dokumentiert.<br /> Es liegen auch erste internationale kurzfristige Ergebnisse nach Implantation einer gr&ouml;sseren Anzahl von TM-Zimmer-OSGProthesen vor. Usuelli et al pr&auml;sentierten im August 2016 die Ergebnisse von 67 Patienten mindestens 12 Monate nach prim&auml;rer OSG-TP, welche zwischen Mai 2013 und Mai 2015 operiert wurden. Der mittlere American Orthopaedic Foot &amp; Ankle Score (AOFAS) stieg von 33 auf 85 Punkte (max. 100) signifikant an, die mittlere VAS (0&ndash;10) f&uuml;r Schmerzen fiel signifikant von 8 auf 2 Punkte und im SF 12 stieg die physikalische Komponente von 32 auf 43 und die mentale Komponente von 45 auf 54 Punkte im Mittel jeweils signifikant an.<br /> Ebenfalls aus dem letzten Jahr, ver&ouml;ffentlicht von Tan et al, stammen die Ergebnisse von 20 OSG-Prothesen-Implantationen durchschnittlich 18 Monate postoperativ (Januar 2013 bis Juni 2014). 12 Monate postoperativ lagen weder eine Fibulapseudarthrose noch ein Implantatversagen vor, eine leichte tibiale Lysezone wurde verzeichnet und 4 Patienten mussten ein weiteres Mal wegen anterioren OSG-Impingements (1), tiefen Infekts und st&ouml;renden Fibulaimplantats (1) bzw. nur wegen st&ouml;render Fibulaimplantate (2) operiert werden. Die mittlere VAS f&uuml;r Schmerzen (0&ndash; 10) fiel signifikant von 8 auf 2 Punkte, w&auml;hrend die VAS f&uuml;r Funktion (0&ndash;10) signifikant von 3 auf 7 anstieg.<br /> Auf dem amerikanischen Kongress f&uuml;r Fusschirurgie 2016 berichteten Barg et al von 56 Patienten durchschnittlich 20 Monate nach TM-Zimmer-OSG-Prothesen- Implantation, die zwischen Oktober 2012 und November 2014 operiert worden waren. In der 1-Jahres-Kontrolle gab es keine Fibulapseudarthrosen, 2 Patienten ben&ouml;tigten einen Wechsel der tibialen Prothesenkomponente wegen schmerzhafter Lockerung. Leichte und asymptomatische Lyses&auml;ume wurden je nach Zone, vor allem tibial, in bis zu einem Drittel der F&auml;lle radiologisch dokumentiert.</p> <h2>Zusammenfassung</h2> <p>Der transfibul&auml;re Zugang bietet Vorteile f&uuml;r die korrekte Platzierung der Prothesenkomponenten, minimiert die Knochenresektion und ist nicht mit einer h&ouml;heren Komplikationsrate vergesellschaftet. Ber&uuml;cksichtigt man die steile Lernkurve, sind Anzahl und Ausmass der Komplikationen vergleichbar mit anderen Prothesendesigns. Langzeitergebnisse hinsichtlich Patientenzufriedenheit und Prothesenstandzeiten stehen noch aus.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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