<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Bei jungen Patienten mit Oberschenkelhalsfraktur steht ein Erhaltungsversuch des eigenen Gelenks im Vordergrund.</li> <li>Sowohl Verschraubung als auch die dynamische Hüftschraube erzielen bei nichtgeriatrischen Patienten zufriedenstellende Ergebnisse.</li> <li>Gerade bei jungen Patienten nach Oberschenkelhalsfraktur ist auf eine Beinlängendifferenz zu achten.</li> <li>Patienten mit einer Beinlängendifferenz von mehr als 1cm haben ein signifikant schlechteres klinisches Outcome nach Oberschenkelhalsfraktur.</li> </ul> </div> <p>In den 1930er-Jahren noch als die „ungelöste Fraktur“ bezeichnet, ist die operative Therapie der medialen Schenkelhalsfraktur, einerseits durch osteosynthetische Verfahren, anderseits durch Hüftgelenks(teil) ersatz, in der unfallchirurgischen Praxis heutzutage etabliert und zeigt zufriedenstellende Ergebnisse. Die osteosynthetische Versorgung kann je nach Frakturtyp, Präferenz des Operateurs sowie Verfügbarkeit an der jeweiligen Klinik entweder durch eine dynamische Hüftschraube (DHS) oder durch Verschraubung erfolgen. Es ist bekannt, dass Frakturen im Allgemeinen mit Verkürzung des betroffenen Knochens verbunden sind. Dies ist einerseits durch Resorption der Bruchenden, andererseits durch Kompression und Einstauchung der Fraktur bedingt. An der unteren Extremität können Verkürzungen zu Beinlängendifferenz führen. Schmerzen im Bereich der Hüfte und der Lendenwirbelsäule sind häufig die Folge von unbehandelten Beinlängendifferenzen.<br /> Da Frakturen des Oberschenkelhalses vorwiegend geriatrische Patienten betreffen, sind in der Literatur größtenteils Daten zu dieser Patientengruppe vorhanden. Jedoch sind Unterschiede zwischen nicht geriatrischen und geriatrischen Patienten mit Oberschenkelhalsfraktur vorhanden, die das klinische Outcome beeinflussen. Im Unterschied zu geriatrischen Patienten, bei denen überwiegend banale Stürze zu Frakturen des Oberschenkelhalses führen, entsteht bei jüngeren Patienten dieser Frakturtyp häufig durch Hochrasanztraumen oder Stürze aus größerer Höhe. Im postoperativen Verlauf sind jüngere Patienten, aufgrund der niedrigeren Prävalenz von Begleiterkrankungen und des höheren Aktivitätsniveaus, größtenteils besser in der Lage, eine langfristige Mobilisierung ohne Belastung der betroffenen unteren Extremität durchzuführen. Um den höheren Ansprüchen jüngerer Verletzter gerecht zu werden, ist der Erhalt des Hüftgelenks das primäre Ziel der unfallchirurgischen Therapie. Dabei stellt die anatomische Reposition und Osteosynthese, entweder durch DHS oder Verschraubung, die Operationsmethode der Wahl dar.<br /> Um Langzeitergebnisse der nicht-geriatrischen Patienten mit medialer Oberschenkelhalsfraktur zu evaluieren, wurde an der Universitätsklinik für Unfallchirurgie der Medizinischen Universität Wien und des Allgemeinen Krankenhauses Wien die folgende Studie durchgeführt.</p> <h2>Material und Methoden</h2> <p>Aus unserem Traumaregister wurden retrospektiv Daten von 119 Patienten ausgehoben, die zwischen 2007 und 2015 in einem Alter =65 Jahren zum Zeitpunkt der Operation mit DHS oder kanülierten Schrauben bei medialer Oberschenkelhalsfraktur an unserer Klinik operativ versorgt wurden. Diese Patienten wurden anschließend kontaktiert. 82 Patienten bzw. deren Angehörige konnten erreicht werden. 10 Patienten waren zwischenzeitlich verstorben. Bei insgesamt 6 Patienten wurde ein Umstieg auf eine Hüfttotalendoprothese oder eine Hüfthemiprothese durchgeführt. Von den kontaktierten Patienten, die keinen Hüftgelenks(teil)ersatz erhalten hatten, willigten 42 Patienten ein, an einer Folgeuntersuchung, inklusive Ganzbein-Röntgenaufnahmen im Stehen, teilzunehmen.</p> <h2>Ergebnisse</h2> <p>Es wurden jeweils 21 Männer und 21 Frauen eingeschlossen. Das mittlere Patientenalter bei der Operation betrug 53 (29 bis 65) Jahre. Insgesamt wurden 8 Patienten (19 % ) mit kanülierten Schrauben und 34 Patienten (81 % ) mit DHS operativ versorgt. Der Nachuntersuchungszeitraum betrug im Mittel mehr als 5 Jahre (68 Monate, 12–114 Monate). Das Nachbehandlungsschema sah bei allen Patienten eine Mobilisierung ohne Belastung der betroffenen Extremität für insgesamt 3 Monate postoperativ vor. Zur Objektivierung der klinischen Ergebnisse wurden der Harris- Hip-Score, der Staffelstein-Score, der Parker- Mobility-Score, der UCLA-Activity- Score und der VAS-Score erhoben.<br /> Beim Harris-Hip-Score wurde ein Mittelwert von 90 Punkten erhoben. Die zusätzlich erhobenen Parameter ergaben die folgenden Mittelwerte: Staffelstein-Score: 109, Parker-Mobility-Score: 8, UCLA-Activity- Score: 7, VAS: 1. Bei insgesamt 12 Patienten (29 % ) konnte radiologisch eine Beinlängendifferenz von mehr als 1cm festgestellt werden. Die Beinlängendifferenz reichte von 0 bis maximal 2,3cm in einem Fall. In der Gruppe der Patienten mit einer Beinlängendifferenz von mehr als 1cm wurde ein signifikant schlechteres Ergebnis im Harris-Hip-Score beobachtet (88 vs. 92, p<0,05). Zwischen den beiden Operationsmethoden Verschraubung und DHS konnte kein Unterschied in den erhobenen Scores und der Beinlängendifferenz gefunden werden.</p> <h2>Diskussion</h2> <p>Frakturen des Oberschenkelhalses betreffen überwiegend ältere Patienten, bei denen es aufgrund der steigenden Prävalenz an Osteoporose im fortgeschrittenen Alter durch banale Stürze zu diesen Frakturen kommt. Im Gegensatz dazu treten Oberschenkelhalsbrüche bei jungen Patienten seltener auf. Verursacht werden können sie zum Beispiel durch Hochgeschwindigkeitstraumen. Auch Begleiterkrankungen, die frühzeitig zu verminderter Knochenqualität führen, erhöhen das Risiko, nach einem Sturz eine hüftgelenksnahe Fraktur zu erleiden. Der Frakturtyp, insbesondere die bestehende Dislokation des Bruches, bestimmt die Entscheidung über die Art der Versorgung. Mit Zunahme der Dislokation steigt das Risiko einer avaskulären Hüftkopfnekrose und sinkt dementsprechend die Erfolgsaussicht einer gelenkserhaltenden Versorgung. Je jünger der Patient, desto liberaler wird im Allgemeinen die Indikation zur gelenkserhaltenden Operation gewählt und desto eher wird das Risiko eines sekundären Hüftgelenkersatzes in Kauf genommen. Die niedrige Zahl an sekundären Hüftgelenksersatzoperationen in unserem Patientenkollektiv unterstützt dieses Vorgehen.<br /> Des Weiteren belegen die Ergebnisse der klinischen Evaluierung, dass die hüftgelenkserhaltende Operation bei jungen Patienten mit Oberschenkelhalsfraktur zu zufriedenstellenden Ergebnissen führt. Trotz generell besserer Knochenqualität und höherer Compliance in Bezug auf die vorgeschriebene Mobilisierung bei jüngeren Patienten fanden wir einen hohen Anteil an Beinlängendifferenz durch Verkürzung des betroffenen Femurs. Bei jungen Patienten mit lange bestehender Beinlängendifferenz können Hüftschmerzen und sekundäre Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule zu eingeschränkter Lebensqualität führen. Es gilt, die klinische Vigilanz für diese Problematik bei jungen Patienten nach Oberschenkelhalsfraktur weiter zu erhöhen. Bei geringen Beinlängendifferenzen können konservative Maßnahmen wie Schuheinlagen einem Beckenschiefstand entgegenwirken. Bei größeren Beinlängendifferenzen, in der Regel ab 2cm, können operative Längenkorrekturen angedacht werden, um Spätfolgen des Beckenschiefstandes zu vermeiden. Die Indikationsstellung muss sorgfältig gewählt und an die individuellen Patientencharakteristika angepasst werden.<br /> Zusammenfassend ist zu sagen, dass die osteosynthetische Versorgung nach anatomischer Reposition den Goldstandard der Therapie der Oberschenkelhalsfraktur, besonders bei jungen Patienten, darstellt. Die Langzeitergebnisse, die in unserer Studie erhoben wurden, bestätigen dies. Auch bei jungen Patienten kommt es im postoperativen Verlauf häufig zu Verkürzungen mit Beinlängendifferenz, auf die im klinischen Alltag zu achten ist und die es bei Bedarf zu korrigieren gilt, um Folgeschäden zu verhindern.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1705_Weblinks_s38_abb1.jpg" alt="" width="2149" height="717" /></p></p>
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