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In die Lipidsenkung ist Bewegung gekommen
Leading Opinions
30
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02.03.2017
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<p class="article-intro">Mit der Markteinführung einer neuen Klasse von Lipidsenkern hat das Thema Lipide einen neuen Aufschwung erfahren und durfte 2016 deshalb in keinem Kongressprogramm fehlen. Die AGLA sah sich aufgrund dieses neu erwachten Interesses veranlasst, die vor einigen Jahren eingestellte Tradition der herbstlichen Update-Veranstaltungen für Praxis und Spital wieder aufzunehmen, wie der AGLAPräsident, Prof. Dr. med. Arnold von Eckardstein, Zürich, in Bern erklärte.</p>
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<p class="article-content"><p>Auch wenn der Stellenwert der Cholesterinsenkung in den Medien immer wieder infrage gestellt wird, besteht kein Zweifel am Zusammenhang zwischen dem LDL-Cholesterin (LDL-C) und dem kardiovaskulären (CV) Risiko», so die einleitenden Worte von Dr. med. David Nanchen, Lausanne. Neben Beobachtungsstudien<sup>1, 2</sup> und genetischen Untersuchungen<sup>3</sup> liefern auch Interventionsstudien robuste Evidenz für diesen Zusammenhang. In einer kürzlich publizierten Metaregressions- Analyse zeigten Silverman et al, dass es sowohl in der Primär- als auch der Sekundärprävention einen linearen Zusammenhang zwischen der Reduktion des LDL-C-Spiegels mittels Statinen oder anderer lipidsenkender Therapien und dem CV Risiko gibt.<sup>4</sup><br /> Die Empfehlungen für die lipidsenkende Therapie (Tab. 1) beruhen auf dem CV Risiko, das mithilfe des AGLA-Risikorechners einfach ermittelt werden kann (www.agla.ch/risikoberechnung/agla-risikorechner). Zwar ist die relative Risikoreduktion für die Statinbehandlung unabhängig von der Höhe des CV Risikos zu Beginn der Therapie immer etwa gleich hoch, die absolute Risikoreduktion ist jedoch bei den Patienten mit dem höchsten Ausgangsrisiko am höchsten: Bei einem CV Risiko von 40 % beträgt die «number needed to treat» (NNT) 10; liegt das Risiko nur bei 5 % , müssen 80 bis 100 Patienten behandelt werden, um ein CV Ereignis pro Jahr zu verhindern.<sup>5</sup> «Dies ist der Grund, weshalb alle Guidelines darauf pochen, die Hochrisikopatienten zu identifizieren », so Nanchen. Die Angabe von LDL-C-Zielwerten in den Leitlinien beruht auf der Beobachtung, dass der Nutzen der lipidsenkenden Therapie von der absoluten Reduktion des LDL-C-Spiegels abhängt. Pro 1mmol/l LDL-C-Reduktion nimmt das Risiko für ein CV Ereignis um 20 % ab.<sup>6</sup> «Deshalb gilt: je niedriger, desto besser», betonte Nanchen.<br /> In erster Linie werden für die Reduktion des LDL-C-Spiegels Statine eingesetzt. Bei ungenügender Wirksamkeit unter Statinen in der maximal tolerierbaren Dosis empfehlen die Leitlinien zusätzlich Ezetimib. 7 Bei Statinunverträglichkeit oder Kontraindikationen für Statine kann Ezetimib auch als Monotherapie gegeben werden. Die neuen PCSK9-Hemmer kommen zum Einsatz, wenn die Zielwerte unter einer maximal tolerierbaren Statindosis mit oder ohne weitere lipidsenkende Therapie nicht erreicht werden.<sup>7</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Innere_1701_Weblinks_s31_tab1.jpg" alt="" width="1417" height="674" /></p> <h2>PCSK9-Hemmer: News vom AHA-Kongress 2016</h2> <p>Zu den Meilensteinen in der Lipidforschung gehört zweifellos die am AHA-Kongress im November 2016 präsentierte GLAGOV-Studie. In dieser klinischen Outcome- Studie mit dem PCSK9-Hemmer Evolocumab konnte nachgewiesen werden, dass die signifikante LDL-C-Reduktion mit einer signifikanten Abnahme der atheromatösen Plaques einhergeht.<sup>8</sup> «Wichtig ist auch die Erkenntnis, dass das atheromatöse Volumen auch bei einer Reduktion des LDL-C unter 1,8mmol/l praktisch linear weiter abnimmt (Abb. 1)», sagte Prof. Dr. med. François Mach, Genf. «Einmal mehr wurde also gezeigt: ‹the lower, the better›!» Mit Spannung werden nun die Resultate der FOURIER-Studie, der zweiten klinischen Outcome-Studie mit Evolocumab, erwartet, die am ACC-Kongress im März 2017 präsentiert werden sollen (siehe auch Kasten "Breaking News"). Bei 23 500 Patienten mit einer kardiovaskulären Erkrankung wird die Rate der CV Ereignisse unter Evolocumab im Vergleich zu Placebo untersucht. Vielversprechend ist auch die Interimsanalyse der ORION-1-Studie, welche von Kausik et al in New Orleans präsentiert wurde.<sup>9</sup> In dieser Phase-II-Studie kam es unter Inclisiran, einer neuen Substanz, welche die PCSK9-Synthese intrazellulär über RNA-Interferenz hemmt, also kein Antikörper ist, zu einer signifikanten Reduktion von LDL-C um 51 % nach einer Injektion und um 57 % nach 2 Injektionen.<br /> «Viel Beachtung fand am AHA-Kongress auch die Präsentation von David Nanchen, in welcher er zeigte, dass sich bei jungen Patienten mit einem prämaturen akuten Koronarsyndrom das Risiko, innerhalb eines Jahres ein weiteres koronares Ereignis zu erleiden, verdoppelt, wenn sie eine familiäre Hypercholesterinämie haben»<sup>10</sup>, so Mach. Dies, obwohl >95 % dieser Patienten mit Statinen, mehr als drei Viertel sogar mit hoch dosierten Statinen behandelt wurden. «Diese Patienten sind auf jeden Fall Kandidaten für einen PCSK9-Hemmer», schloss Mach.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Innere_1701_Weblinks_s31_abb1.jpg" alt="" width="1416" height="734" /></p> <h2>Triglyzeride</h2> <p>Wie Prof. von Eckardstein und Prof. Dr. med. Dirk Müller-Wieland, Hamburg, erläuterten, wird auch auf dem Gebiet der Triglyzeride (TG) intensiv geforscht. Der Zusammenhang zwischen erhöhten TG und dem CV Risiko ist nicht so eindeutig wie beim LDL-C. Von Bedeutung sind erhöhte TG als Indikator für erhöhtes Remnant- Cholesterin, das nachweislich mit einem erhöhten CV Risiko assoziiert ist,<sup>11</sup> sowie als Bestandteil des metabolischen Syndroms.<br /> Es wird auch nach neuen Substanzen für die Therapie der Hypertriglyzeridämie geforscht. Bereits in klinischer Erprobung sind die beiden PPAR(«peroxisome proliferator- activated receptors»)-Agonisten Pemafibrat und Elafibranor sowie der selektive APOC3-Antisense-Hemmer Volanesorsen (ISIS 304801).</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: AGLA Update Praxis und Spital, 7. Dezember 2016, Bern
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Prospective Studies Collaboration et al: Blood cholesterol and vascular mortality by age, sex, and blood pressure: a meta-analysis of individual data from 61 prospective studies with 55,000 vascular deaths. Lancet 2007; 370: 1829-39 <strong>2</strong> Collins R et al: Interpretation of the evidence for the efficacy and safety of statin therapy. Lancet 2016; 388: 2532-61 <strong>3</strong> Ference BA et al: Effect of long-term exposure to lower low-density lipoprotein cholesterol beginning early in life on the risk of coronary heart disease: a Mendelian randomization analysis. J Am Coll Cardiol 2012; 60: 2631-9 <strong>4</strong> Silverman MG et al: Association between lowering LDL-C and cardiovascular risk reduction among different therapeutic interventions: a systematic review and meta-analysis. JAMA 2016; 316: 1289-97 <strong>5</strong> Cholesterol Treatment Trialists’ (CTT) Collaborators et al: The effects of lowering LDL cholesterol with statin therapy in people at low risk of vascular disease: meta-analysis of individual data from 27 randomised trials. Lancet 2012; 380: 581-90 <strong>6</strong> Cannon CP et al: Ezetimibe added to statin therapy after acute coronary syndromes. N Engl J Med 2015; 372: 2387-97 <strong>7</strong> Catapano AL et al: 2016 ESC/ EAS guidelines for the management of dyslipidaemias. Eur Heart J 2016; 37: 2999-3058 <strong>8</strong> Nicholls SJ et al: Effect of evolocumab on progression of coronary disease in statin- treated patients: the GLAGOV randomized clinical trial. JAMA 2016; 316: 2373-84 <strong>9</strong> Kausik KR et al: ORION-1: Inclisiran inhibits PCSK9 synthesis by RNA interference. Planned interim analysis of a multi-center randomized controlled dose-finding trial. AHA Scientific Sessions 2016, New Orleans <strong>10</strong> Nanchen D et al: Prognosis of patients with familial hypercholesterolemia after acute coronary syndromes. Circulation 2016; 134: 698-709 <strong>11</strong> Nordestgaard BG, Varbo A: Triglycerides and cardiovascular disease. Lancet 2014; 384: 626-35</p>
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