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Besonderheiten der Diagnostik und Therapie
Leading Opinions
Autor:
Dr. med. Thomas Rothe
Leitender Arzt Pneumologie, Spital Davos<br> Leitender Arzt Pneumologie, Kantonsspital Graubünden<br> Loestrasse 170, 7000 Chur<br> E-Mail: thomas.rothe@ksgr.ch
30
Min. Lesezeit
10.05.2018
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<p class="article-intro">Im Unterschied zum primären allergischen Asthma (meist «early-onset» Asthma) ist beim intrinsischen Asthma (oft als eosinophiles «adult-onset» Asthma bezeichnet) die bronchiale Hyperreaktivität teilweise sehr gering ausgeprägt, obwohl die eosinophile Entzündung massiv sein kann. Oft wird bei diesen Patienten fälschlicherweise eine COPD diagnostiziert. Im Folgenden wird beschrieben, wie dies vermieden werden kann und wie das eosinophile «adult-onset» Asthma behandelt wird.</p>
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<p class="article-content"><h2>Die beiden Haupt-Phänotypen des Asthmas</h2> <p>Bereits im 19. Jahrhundert publizierte Henry Salter wesentliche Erkenntnisse zum allergischen Asthma, unter dem er selber litt.<sup>1</sup> Genau vor 100 Jahren definierte dann Francis Rackemann in den USA aufgrund der Beobachtung von 150 Patienten einen neuen Asthmaphänotyp, der sich von der bis dahin bekannten Form des allergischen Asthmas wesentlich unterschied.<sup>2</sup> Mit dem neuen Begriff «intrinsic » Asthma bezeichnete er die Krankheit bei Menschen, bei denen sich das Asthma erst im Erwachsenenalter manifestiert: ein Asthma, das sofort ganzjährig auftritt, nicht durch Allergenkontakt unterhalten wird und eine ausgeprägte eosinophile Entzündung aufweist.<br /> Im Gegensatz zum primär allergischen, meist «early-onset» Asthma ist beim «intrinsic» Asthma, das heute oft eosinophiles «adult-onset» Asthma genannt wird, die bronchiale Hyperreaktivität teilweise sehr gering ausgeprägt. Dies bestätigte sich in einer aktuellen Clusteranalyse zur Erforschung der Asthmaphänotypen.<sup>3</sup> In dieser Analyse zeigte sich eine grosse Gruppe von Patienten mit primär allergischem Asthma, bei denen die Intensität der eosinophilen Entzündung und das Ausmass typischer Asthmasymptome korrelieren. Zu diesen Symptomen gehören nächtlicher Husten, nächtliches Erwachen mit Husten bzw. Atemnot sowie Anstrengungsasthma. Die Autoren identifizierten aber auch einen Cluster mit massiver eosinophiler Entzündung, aber nur wenigen typischen Asthmasymptomen, d.h. teilweise fehlender bronchialer Hyperreaktivität.<br /> Der akute Bronchospasmus spielt hier oft nur eine marginale Rolle. Stattdessen kommt es durch die intrinsische eosinophile Entzündung zu einer zunehmenden Schwellung der Mukosa. Daraus resultiert eine Belastungsdyspnoe, also kein Anstrengungsasthma! Im Bereich der oberen Atemwege können sich eosinophile Polypen bilden. Durch die Zunahme der Schleimhautdicke nimmt das Riechvermögen ab. Mit einem systemischen Steroidstoss verschwindet die bronchiale Obstruktion wieder; auch das verminderte Riechvermögen bessert sich, im Sinne einer steroidsensitiven Anosmie. Exazerbationen werden nicht durch Allergenkontakt, oft auch nicht durch virale Infekte ausgelöst, sondern treten spontan auf, wenn die eosinophile Entzündung nicht in genügendem Masse durch therapeutische Kortikosteroide unterdrückt wird. Mit einer Intoleranzreaktion auf Acetylsalicylsäure und NSAR (Morbus Widal) muss hier viel häufiger als beim allergischen Asthma gerechnet werden.<sup>4</sup><br /> In den letzten Jahren ist die Pathophysiologie dieses Asthmaphänotyps besser untersucht worden. Vermutlich wird die Entzündungskaskade (Abb. 1),<sup>5</sup> die zum nicht allergischen eosinophilen «adult-onset » Asthma führt, durch Luftverschmutzung und das Rauchen ausgelöst. Das Rauchen erhöht die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Asthma in der Adoleszenz und im Erwachsenenalter.<sup>6</sup></p> <h2>Asthma-COPD-Overlap-Syndrom</h2> <p>Patienten können sowohl die Kriterien eines Asthmas als auch einer COPD erfüllen. GINA, die internationalen Asthma- Guidelines, wie auch die GOLD-Kriterien der COPD haben deshalb vor wenigen Jahren das <em>Asthma-COPD-Overlap-Syndrom</em> definiert. Zum einen betrifft es Patienten, die in der Kindheit an Asthma litten, das sich in der Pubertät «auswuchs », und später mit dem Rauchen begannen. Gerade bei diesen ist das Risiko einer COPD-Manifestation deutlich höher als bei Rauchern ohne vorbestehendes Asthma. In der 2. Lebenshälfte kommt es dann zur COPD. Die Spirometrie lässt aber oft auch eine signifikante Teilreversibilität der Obstruktion im Sinne einer Asthmakomponente erkennen.<br /> Zum anderen gibt es Patienten, die ohne die Anamnese eines frühkindlichen Asthmas durch Nikotinkonsum eine COPD erwerben und bei denen sich im Verlauf plötzlich eine Bluteosinophilie einstellt und häufige Exazerbationen auftreten. Beträgt die Bluteosinophilie >2 % , spricht man von <em>eosinophiler COPD</em>.<sup>7</sup> Diese Patienten profitieren von einer Therapie mit inhalativen Steroiden, in Einzelfällen sogar von der täglichen Gabe oraler Kortikosteroide bzw. einer Therapie mit Mepolizumab, analog zum Asthma.<sup>8</sup> Vermutlich hat sich hier auf die vorbestehende COPD ein eosinophiles «adult-onset» Asthma aufgepfropft. Warum sollte auch die COPD einen Schutz gegen die Neumanifestation eines Asthmas darstellen?</p> <h2>Diagnostik und Therapie beim eosinophilen «adult-onset» Asthma</h2> <p>Bei der Erstmanifestation eines eosinophilen «adult-onset» Asthmas besteht oft die Gefahr, dass fälschlicherweise die Diagnose COPD gestellt wird. Die Patienten befinden sich meist schon in der 2. Lebenshälfte, haben oft früher einmal geraucht bzw. rauchen noch immer und weisen eine auf Salbutamol nicht reversible Obstruktion mit konsekutiver Belastungsdyspnoe auf – d.h., es fehlen typische Asthmasymptome.<br /> Wenn in diesem Augenblick aktiv eine Bluteosinophilie gesucht wird und beim Nachweis einer solchen ein oraler Steroidversuch mit ca. 40mg Prednisolonäquivalent über 7 bis 10 Tage erfolgt, bildet sich die eosinophile Entzündung zurück. Zwingend ist dabei, dass vor und nach dem Steroidstoss eine Spirometrie erfolgt. Nur so kann der Nachweis erbracht werden, dass keine COPD, sondern aufgrund der vollständigen bzw. teilweisen Reversibilität der Obstruktion ein Asthma oder ein Asthma-COPD-Overlap-Syndrom vorliegt.<br /> Zur Asthmadiagnose gehört immer auch ein Allergietest dazu. Findet sich aber bei Neumanifestation eines ganzjährigen eosinophilen Asthmas im Erwachsenenalter eine Sensibilisierung auf Gräserpollen, ohne dass saisonal ein Symptommaximum vorliegt, darf die Erkrankung nicht als Pollenasthma diagnostiziert werden. Die Sensibilisierung ist entweder latent<sup>9</sup> oder kann aber auch Ausdruck einer allergischen saisonalen Rhinokonjunktivitis sein, die völlig unabhängig vom Asthma besteht.<br /> Abbildung 2 zeigt die Behandlungsstrategien beim eosinophilen Asthma in Abhängigkeit vom Phänotyp und Schweregrad der Symptomatik. Beim <em>schweren Asthma</em>,<sup>10</sup> bei dem zur Kontrolle der Symptomatik eine Therapie der GINA-Stufe 4 und 5 erforderlich ist, kommen auch Biologika zum Zug. Beim allergischen Asthma ist dies seit über 10 Jahren Omalizumab (Xolair<sup>®</sup>). Seit knapp 2 Jahren befindet sich für das eosinophile «adult-onset» Asthma der Anti-IL-5-Antikörper Mepolizumab (Nucala<sup>®</sup>)<sup>11</sup> auf dem Markt. Damit gelingt es bei vielen Patienten, die bisher hoch dosierte Steroide – mit den entsprechenden Nebenwirkungen – benötigt haben, die Dosis der systemischen Kortikosteroide massiv zu reduzieren. Vor Kurzem wurde ein weiterer Anti-IL-5- Antikörper zugelassen (Reslizumab, Cinquero<sup>®</sup>)<sup>12</sup> und noch 2018 wird ein Anti-IL-5-Rezeptorantikörper auf den Markt kommen (Benralizumab).<sup>13</sup> Die Therapien sind allerdings sehr teuer, sodass die Kostenübernahme durch die Krankenkasse mit einer strengen Limitatio verbunden ist.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Innere_1802_Weblinks_lo_innere_medizin_1802_s14_abb1+2.jpg" alt="" width="2150" height="1192" /></p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Salter HH: Asthma: Its pathology and treatment. 2nd ed. London: John Churchill and Son, 1868 <strong>2</strong> Rackemann FM: A clinical study of one hundred and fifty cases of bronchial asthma. Arch Intern Med 1918; 2: 517-22 <strong>3</strong> Haldar P et al.: Cluster analysis and clinical asthma phenotypes. Am J Respir Crit Care Med 2008; 178: 218-24 <strong>4</strong> Amelink M et al.: Severe adult-onset asthma: A distinct phenotype. J Allergy Clin Immunol 2013; 132: 336-41 <strong>5</strong> Brusselle G et al.: Eosinophils in the spotlight: eosinophilic airway inflammation in nonallergic asthma. Nat Med 2013; 19: 977 <strong>6</strong> Coogan PF et al.: Active and passive smoking and the incidence of asthma in the black women’s health study. Am J Respir Crit Care Med 2015; 191: 168-76 <strong>7</strong> Bafadhel M et al.: Blood eosinophils and outcomes in severe hospitalized exacerbations of COPD. Chest 2016; 150: 320-8 <strong>8</strong> Pavord ID et al.: Mepolizumab for eosinophilic chronic obstructive pulmonary disease. N Engl J Med 2017; 377: 1613-29 <strong>9</strong> Wüthrich B et al.: Prevalence of atopy and pollinosis in the adult population of Switzerland (SAPALDIA study). Int Arch Allergy Immunol 1995; 106: 149-56 <strong>10</strong> Rothe T et al.: Therapie-refraktäre Asthmasymptome. Schweiz Med Forum 2015; 15: 573-9 <strong>11</strong> Bel EH et al.: Oral glucocorticoid sparing effect of mepolizumab in eosinophilic asthma. N Engl J Med 2014; 371: 1189-97 <strong>12</strong> Bjermer L et al.: Reslizumab for inadequately controlled asthma with elevated blood eosinophil levels: a randomized phase 3 study. Chest 2016; 150: 789-98 <strong>13</strong> Nair P et al.: Oral glucocorticoid-sparing effect of Benralizumab in severe asthma. N Engl J Med 2017; 376: 2448-58</p>
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