<p class="article-intro">Seit fast einer Dekade haben orale Nicht-Vitamin-K-Antikoagulanzien (NOAKs) gezeigt, dass sie eine verbesserte Antikoagulationstherapie für die Prävention von Schlaganfall und systemisch embolischen Ereignissen (SEE) bei Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern darstellen. Edoxaban ist zugelassen zur Schlaganfallprävention bei Patienten mit nvVHF, basierend auf seiner vergleichbaren Wirksamkeit und überlegenen Sicherheit versus Warfarin, was in der pivotalen randomisierten Studie ENGAGE AF-TIMI 48 gezeigt wurde.</p>
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<p class="article-content"><p>Evidenz aus Real-World-Studien zeigt die Sicherheit verschiedener NOAKs im klinischen Alltag; darüber hinaus werden Real-World-Daten aktuell für Edoxaban erhoben, sie werden die Ergebnisse aus den randomisierten Studien vervollständigen. ETNA-AF-Europe (clinicaltrials.gov: NCT02944019) wird das Nutzen-Risiko- Profil von Edoxaban bei unselektierten VHF-Patienten im klinischen Praxisalltag untersuchen.</p> <h2>Das Adipositas-Paradoxon</h2> <p>Während bei gesunden Menschen Übergewicht die Anfälligkeit für kardiovaskuläre Erkrankungen und Diabetes erhöht und auch mit einer reduzierten Lebenserwartung einhergeht, scheinen bei einigen chronischen Erkrankungen ein paar Kilo mehr auf der Waage die Überlebenschancen eher zu verbessern. Vorteilhaft ist ein leichtes Übergewicht für Menschen mit einer Herzinsuffizienz. Auch ältere Patienten (>80 Jahre) leben länger, wenn sie im Krankheitsfall auf Reserven zurückgreifen können. Das Gleiche trifft auf Dialysepatienten mit einem Body-Mass-Index (BMI) über 25 kg/m<sup>2</sup> zu. Weitere Erkrankungen, die Übergewichtige besser zu verkraften scheinen, sind chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD) und Gelenkrheuma.<br /> Allerdings ist dies vor allem in Beobachtungsstudien zu beobachten. Solche Studien verleiten zu schnellen Rückschlüssen, die zwar korrelativ, nicht aber kausal in ihrem Zusammenhang sind. Chronische Erkrankungen führen zu einer Auszehrung im Sinne einer Kachexie. Zum Beispiel im Endstadium der Herzinsuffizienz oder COPD: Beginnt die krankheitsbedingte Gewichtsabnahme von einem höheren Ausgangswert, ist die Restlebenszeit länger. Auch Knochenbrüche, die eine längere Immobilität in einem hochbetagten Kollektiv bedingen und mit einer hohen Mortalität einhergehen, sind bei Patienten mit hohem BMI aufgrund des Schutzes vor Osteoporose seltener.</p> <h2>Die ETNA-AF-Europe-Studie</h2> <p>ETNA-AF-Europe ist eine multinationale, multizentrische, beobachtende sogenannte Post-Zulassungs-Sicherheitsstudie („post-authorisation safety study“, PASS), die an 825 Studienzentren in 10 europäischen Ländern (Belgien, Deutschland, Irland, Italien, Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien, Schweiz und Vereinigtes Königreich) durchgeführt wurde (Abb. 1).<br /> Eine Gesamtzahl von 13 980 Patienten wurde eingeschlossen, sie werden bis zu 4 Jahre lang nachbeobachtet. ETNA-AF-Europe wurde designt, um die Sicherheit von Edoxaban bei nvVHF-Patienten über 4 Jahre hinweg im klinischen Praxisalltag zu untersuchen. Dabei werden erhoben: Auftreten, Dauer und Schwere von Blutungsereignissen, einschließlich intrakranieller Hämorrhagien; unerwünschte Arzneimittelwirkungen, z. B. auf die Leber; kardiovaskuläre und Gesamtmortalität.<br /> Sekundäre Endpunkte beinhalten Schlaganfall, SEE, transiente ischämische Attacke (TIA), schwere unerwünschte kardiale Ereignisse (nicht tödlicher Myokardinfarkt, nicht tödlicher Schlaganfall, nicht tödliches SEE, Tod aufgrund kardiovaskulärer Ursache oder Blutungsursache), venöse thromboembolische Ereignisse, akutes Koronarsyndrom, Hospitalisierungen aufgrund kardiovaskulärer Ursachen und Compliance zur Edoxaban-Therapie.<br /> Die ETNA-AF-Europe-1-Jahres-Followup- Daten werden dabei mit den Daten der europäischen Länder aus der ENGAGE-AFTIMI- 48-Studie (Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Niederlande, Norwegen, Polen, Portugal, Rumänien, Russland, Serbien, Slowakei, Spanien, Schweden, Schweiz, Tschechische Republik, Ungarn, Ukraine, Vereinigtes Königreich) verglichen.<br /> Der ETNA-AF-Europe-Snapshot, auf dem die vorliegende Analyse beruht, wurde am 22. April 2019 durchgeführt. Gezeigt werden die Baseline- sowie die ersten Outcome- Daten von 12 574 Patienten (89,9 % aller in die Studie eingeschlossenen Patienten), die ihr 1-Jahres-Follow-up abgeschlossen haben (mittlere Follow-up-Zeit: 348 Tage).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Kardio_1905_Weblinks_jatros_kardio_1905_s22_abb1_weiss.jpg" alt="" width="550" height="579" /></p> <h2>Methodik</h2> <p>Diese Subgruppenanalyse betrachtete das Outcome für normalgewichtige (Body-Mass- Index [BMI] 18,5 – Ergebnisse für Patienten mit einem BMI ≤18,5 kg/m<sup>2</sup> wurden aufgrund der geringen Zahl an Patienten in dieser Supgruppe nicht berichtet (105 in ETNA-AF-Europe und 5 in ENGAGE AF-TIMI 48). Die Ergebnisse aus ETNA-AF-Europe wurden mit den Daten aus den europäischen Ländern verglichen, die in der ENGAGE-AF-TIMI- 48-Studie eingeschlossen waren.</p> <h2>Ergebnisse</h2> <p>Die Patientencharakteristika sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Es wurden 12 036 Patientinnen und Patienten in diese Analyse inkludiert, die durchschnittliche Follow-up- Dauer betrug wie erwähnt 348 Tage. Das Durchschnittsalter lag bei 73,6 Jahren, der CHA2DS2-VASc-Score betrug 3,1 ± 1,4 und der HAS-BLED-Score 2,5 ± 1,1. Es gab keinen wesentlichen Unterschied zwischen den unterschiedlichen BMI-Kategorien. Wie zu erwarten, waren Diabetes und Hypertonie seltener bei Patienten mit niedrigerem BMI und auch umgekehrt proportional zum Alter. Im Vergleich zu den Patienten der Zulassungsstudie (ENGAGE AF-TIMI 48) waren die Patienten in der ETNA-AF-Europe-Studie älter, hatten ein geringeres Körpergewicht, eine schlechtere Nierenfunktion, einen niedrigeren CHA2DS2-VASc-Score und einen höheren HAS-BLED-Score (Tab. 1).<br /> ETNA-AF-Europe-Snapshot zeigte Folgendes (Abb. 2): Es gab keine Korrelation zwischen BMI und „efficacy outcomes“, intrakranieller oder lebensbedrohlicher Blutung. Wenn auch nicht statistisch signifikant, gab es numerisch etwas weniger Blutungsereignisse bei Patienten mit höherem BMI. Patienten der ETNA-AF-Europe-Studie hatten weniger „major bleeds“, GI-Blutungen, weniger ischämische Schlaganfälle und weniger kardiovaskuläre Mortalität im Vergleich zur ENGAGE-AF-TIMI-48-Kohorte, unabhängig vom BMI. Gesamtsterblichkeit, intrakranielle Blutungen und hämorrhagische Schlaganfälle waren ähnlich häufig in beiden Studien, unabhängig vom BMI der Patienten. Ein Trend zu geringerer Gesamtsterblichkeit und kardiovaskulärer Mortalität war bei Patienten mit höherem BMI in beiden Studien zu beobachten.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Kardio_1905_Weblinks_jatros_kardio_1905_s22_tab1_weiss.jpg" alt="" width="800" height="505" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Kardio_1905_Weblinks_jatros_kardio_1905_s23_abb2_weiss.jpg" alt="" width="550" height="1117" /></p> <h2>Schlussfolgerungen</h2> <p>Der BMI hatte im Rahmen der erfassten Abstufungen keinen Einfluss auf die 1-Jahres- Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit von Edoxaban bei nvVHF-Patienten in der ETNA-AF-Europe-Studie.<br /> Es gab einen Trend zu einem niedrigeren Risiko für Todesfälle jeglicher Ursache und kardiovaskuläre Todesfälle bei Patienten mit höherem BMI.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: clinicaltrials.gov: NCT02944019
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