
Therapieoptimierung beim Prostatakarzinom mittels Biomarkern
Bericht:
Dr. Ine Schmale
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Die Standards für die Behandlung des Prostatakarzinoms (PCa) sind die Androgendeprivationstherapie (ADT), Androgen-Rezeptor-Inhibitoren (ARPI), Chemotherapie und gegebenenfalls zielgerichtete Therapien. Wie diese mit Biomarkeruntersuchungen individuell optimiert werden können, wurde beim ASCO gezeigt.
PSA hat prognostischen Stellenwert
Patienten mit metastasiertem hormonsensitivem Prostatakarzinom (mHSPC) entscheiden mit den Behandlern meist in den ersten 6 Monaten nach Beginn der ADT, ob zusätzlich ein ARPI oder eine Chemotherapie gegeben werden sollte. Der Therapieerfolg ist heterogen: Manche Patienten zeigen einen schnellen PSA-Abfall und keinen Progress, während andere trotz intensiver Therapie eine frühe Resistenz entwickeln. In Studien wurde der absolute PSA-Wert als prognostische Hilfe für eine personalisierte Therapie identifiziert. Real-World-Daten sind rar. Im prospektiven IRONMAN-Register wurden international mehr als 4500 Patienten mit mHSPC und kastrationsresistentem PCa eingeschlossen.1 Von diesen konnten 1219 zur Frage nach dem prognostischen PSA-Wert ausgewertet werden. Die Patienten waren median 70 Jahre alt und hatten in 58% der Fälle einen Gleason-Score 8–10. 75% der Patienten wurden mit de novo mHSPC diagnostiziert. Bei 27% wurde der Primarius prostatektomiert oder bestrahlt. Der PSA-Wert betrug zu Beginn der ADT ≤20ng/ml bei 15% der Patienten und >20ng/ml bei 46% der Patienten. 88% der Erkrankten wurden mit ADT + ARPI und 12% außerdem mit Docetaxel behandelt.
Nach 6 Monaten wiesen 48% einen PSA-Wert ≥0,2ng/ml auf, nach 12 Monaten 32% der Patienten. Einen PSA-Wert von 0,1 bis <0,2ng/ml zeigten 17% nach 6 und 18% nach 12 Monaten. 35% hatten nach 6 und 50% nach 12 Monaten einen PSA-Wert <0,1ng/ml. Es wurde kein Unterschied bezüglich der Behandlung von Patienten der verschiedenen PSA-Gruppen gesehen.
Die Gesamtüberlebensrate (OS-Rate) nach 3 Jahren unterschied sich signifikant für die drei PSA-Kohorten und lag in der Analyse der 12-Monats-PSA-Werte bei 84% (PSA <0,1ng/ml), 79% (PSA 0,1–0,19ng/ml) und 45% (PSA ≥0,2ng/ml) (p<0,001) (Abb. 1). Für das progressionsfreie Überleben (PFS) wurde eine signifikant unterschiedliche 3-Jahres-Rate von 80%, 62% und 41% beobachtet (p<0,001) (Abb. 1). Der gleiche prognostische Effekt des PSA-Werts wurde auch nach 6 Monaten bestätigt. Bei einem PSA-Wert <0,1ng/ml lagen die OS- und PFS-3-Jahres-Raten bei 88% bzw. 84%, für die Gruppe mit einem PSA-Wert ≥0,2 ng/ml bei 61% bzw. 49%. Der prognostische Wert war unabhängig sowohl von der ARPI-Substanzklasse als auch von der zusätzlichen Docetaxel-Gabe. Die Analyse verschiedener Risikofaktoren zeigte nur für den PSA-Wert ≥0,2ng/ml nach 12 Monaten ein etwa fünffaches Mortalitätsrisiko.
Abb. 1: Gesamtüberleben (OS) und progressionsfreies Überleben (PFS) in Abhängigkeit vom PSA-Wert nach 12 Monaten Therapie1
Fazit: Der absolute PSA-Wert 6–12 Monate nach Beginn der ADT ist bei mHSPC-Patienten unter ADT-+-ARPI-Therapie ein prognostischer Marker. Liegt ein PSA-Wert ≥0,2ng/ml vor, sollte die Teilnahme an einer Studie mit intensivierter Therapie, z.B. TRIPLE-SWITCH-Studie, erwogen werden. Liegt der PSA-Wert nach 6–12 Monaten bei <0,2 oder sogar <0,1ng/ml, besteht eine gute Prognose; die Therapie könnte im Rahmen einer klinischen Studie, z.B. EORTC-2238-Studie, deeskaliert werden.
PTEN-Aktivität ist prädiktiv für Docetaxel-Therapie
Die STAMPEDE-Studie untersuchte, welche Patienten von der zusätzlichen Gabe von Docetaxel zur ADT profitieren.2 Es nahmen 3909 Patienten mit metastasiertem PCa und mindestens einer Metastasenlokalisation sowie mit lokalem Lymphknoten-positivem Hochrisiko-Tumor (≥2 Risikofaktoren: T3/4, PSA ≥40ng/ml und/oder Gleason Score 8–10) teil, die in die Studienarme mit ADT vs. ADT + Docetaxel oder ADT vs. ADT + Abirateron eingeschlossen wurden. Für 1523 der Patienten lagen molekulargenetische Informationen und Überlebensdaten mit einem Follow-up von 14 Jahren vor.
Es zeigte sich, dass die PTEN-Inaktivität mit einem kürzeren OS unter ADT + Abirateron vs. ADT + Docetaxel vs. alleinige ADT assoziiert war. Dabei wurden unterschiedliche Ergebnisse für die PTEN-Proteinexpression (IHC) oder das PTEN-Transkriptom beobachtet. Etwa 30% der positiven IHC-Tests wurden mittels Transkriptomanalyse als inaktiv klassifiziert. Bei Metastasierung und inaktivem PTEN zeigte sich ein Vorteil von Docetaxel + ADT vs. alleinige ADT (HR: 0,57; 95%CI:0,42–0,76). Der Nutzen von Docetaxel wurde nicht bei aktivem PTEN beobachtet (HR: 1,05; 95% CI: 0,77–1,43). Der prädiktive Effekt der PTEN-Inaktivität für die Sensitivität gegenüber der Docetaxel-Therapie bestätigte sich bei Patienten mit niedrigem (HR: 0,53; 95% CI: 0,33–0,86) und mit hohem Progressionsrisiko (HR: 0,59; 95% CI: 0,39–0,88). Die Defizienz der PTEN-Proteinexpression war nicht prädiktiv für die Docetaxel-Sensitivität.
Bei 539 Patienten konnte der Zusammenhang von niedrigem oder hohem Decipher-Score mit der Docetaxel-Sensitivität untersucht werden. Es zeigte sich eine Reduktion des Sterberisikos um 45%, wenn Patienten mit PTEN-inaktivem Prostatakarzinom und hohem Decipher-Score mit Docetaxel behandelt wurden (Abb. 2).
Abb. 2: Hazard-Ratio für das Gesamtüberleben (OS) unter Docetaxel in Abhängigkeit vom Decipher-Score und von der PTEN-Aktivität (modifiziert nach Grist E et al. 2025)2
Fazit: Die Messung der PTEN-Inaktivität ist genauer mit der Transkriptomanalyse im Vergleich zur IHC. Die PTEN-Inaktivität ist prädiktiv für ein kürzeres OS bei Behandlung mit ADT plus Abirateron und für ein längeres OS mit Docetaxel. PTEN-inaktive Tumoren mit hohem Decipher-Score zeigen die höchste Sensibilität bei Docetaxel.
Niraparib und Abirateron bei mHSPC
Patienten mit mHSPC und BRCA-Mutationen können zusätzlich zu ADT/ARPI (±Docetaxel) Niraparib, einen hochselektiven PARP-1/2-Inhibitor erhalten. Die Phase-III-Studie AMPLITUDE wurde initiiert, um die Kombination von Abirateron und Niraparib bei mHSPC-Patienten und Mutation des homologen Rekombinationsreparaturgens (HRRm) zu prüfen.3 In der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie erhielten Patienten Niraparib + Abirateron + ADT vs. Placebo + Abirateron + ADT. Primärer Endpunkt war das radiologische progressionsfreie Überleben (rPFS). Die Patienten waren median 67–68 Jahre alt und wiesen bei Erstdiagnose im Median einen PSA-Wert von 112 bzw. 102ng/ml auf. Der Gleason-Score betrug bei drei Viertel der Patienten ≥8. 55–56% der Patienten hatten eine BRCA-Alteration. Bei 16% der Patienten wurde bereits Docetaxel gegeben.
Bei einem medianen Follow-up von 30,8 Monaten war das mediane PFS für die HRRm(ITT)-Population im Niraparib-Arm nicht erreicht und lag im Placeboarm bei 29,5 Monaten. Das Risiko für einen Progress wurde mit Niraparib um 37% reduziert (HR: 0,63; 95% CI: 0,49–0,80; p=0,0001). Für die BRCA-mutierte Population wurde eine 48%ige Reduktion des Progressionsrisikos festgestellt (HR: 0,52; 95% CI: 0,37–0,72; p<0,0001). Der Median wurde im Niraparib-Arm nicht erreicht und betrug im Kontrollarm 26,0 Monate. Das Risiko für einen symptomatischen Krankheitsprogress wurde im Niraparib-Arm vs. den Kontrollarm für die HRRm-Population um 50% (HR: 0,50; 95% CI: 0,36–0,69; p<0,0001) und für die BRCAm-Population um 56% (HR: 0,44; 95% CI: 0,29–0,68; p<0,0001) signifikant reduziert. Das Mortalitätsrisiko wurde laut erster Zwischenanalyse mit einer Reife für den sekundären Endpunkt OS von ca. 50% um 21% bzw. 25% verringert.
Bis zur präsentierten Auswertung brachen 27% der Patienten im Niraparib- vs. 43% der Patienten im Kontrollarm die Studienmedikation aufgrund der Krankheitsprogression ab. Davon erhielten 77% vs. 81% eine nachfolgende Therapie, meist eine Chemotherapie, aber in 11% vs. 36% der Fälle auch einen PARP-Inhibitor. Aufgrund von therapieassoziierten Nebenwirkungen brachen 15% vs. 10% der Patienten die Studienmedikation ab. Therapieassoziierte Nebenwirkungen Grad 3–4 wurden für 75% vs. 59% der Patienten berichtet.
Fazit: Die AMPLITUDE-Studie erreichte den primären Endpunkt (Verlängerung des rPFS) mit einem Nutzen besonders für Patienten mit BRCA-Alterationen. Eine frühe Testung auf HRR-Genalterationen ist wichtig, um Niraparib + Abirateron als neue Therapieoption anbieten zu können.
Quelle:
Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO), 30. Mai – 3. Juni 2025, Chicago und online
Literatur:
1 Ong M et al.: Prognostic significance of PSA>0.2 after 6-12 months treatment for metastatic hormone-sensitive prostate cancer (mHSPC) intensified by androgen-receptor pathway inhibitors (ARPI): a multinational real-world analysis of the IRONMAN registry. ASCO 2025; Abstr. #5002 2 Grist E et al.: Transcriptome classification of PTEN inactivation to predict survival benefit from docetaxel at start of androgen deprivation therapy (ADT) for metastatic prostate cancer: an ancillary study of the STAMPEDE trials. ASCO 2025; Abstr. #5003 3 Attard G et al.: Phase 3 AMPLITUDE trial: niraparib (NIRA) and abiraterone acetate plus prednisone (AAP) for metastatic castration-sensitive prostate cancer (mCSPC) patients with alterations in homologous recombination repair (HRR) genes. ASCO 2025; Abstr. #LBA5006
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