
„Ich spüre die positiven Effekte sofort“
Unsere Gesprächspartnerin:
Nicola Lins
Österreichische Rheumaliga
Landesgruppenleiterin Vorarlberg
E-Mail: linsnicola@gmail.com
Das Interview führte
Dr. Felicitas Witte
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Sport lindert die Entzündung und verbessert das Wohlbefinden von Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA). Doch wie motivieren sich Patienten? Mit Schmerzen und Bewegungseinschränkungen fällt das oft schwer. Wir haben die Rheumabetroffene Nicola Lins gefragt, wie man das beste Sportprogramm findet.
Nicola Lins ist 48 Jahre alt und bekam im Alter von 5 Jahren die Diagnose juvenile RA. Sie arbeitet in einem sozialen Unternehmen in Feldkirch als Projekleiterin für Lehre/Ausbildung und leitet ehrenamtlich die Landesgruppe der Rheumaliga in Vorarlberg.
Machen Sie gerne Sport?
N. Lins: Als RA-Patientin finde ich das unumgänglich! Die Engländer sagen: „If you don’t use it you will lose it.“ So sehe ich das auch. Die Ärzte haben mir schon in meiner Kindheit erklärt, wie wichtig Bewegung ist – auch in akuten Entzündungsschüben, aber dann natürlich mit Maßen. Am Anfang ist es nicht angenehm, sich aufzuraffen. Da muss man sich ein bisschen durchbeißen, das ist nicht immer fein. Ich versuche, mit leichten Bewegungen anzufangen. Es wird dann mit jeder Minute besser: Das Gelenk fühlt sich immer geschmeidiger an, wie geschmiert.
Sie sprechen von Bewegung, nicht von Sport. Was ist für Sie der Unterschied?
N. Lins: Sport ist für mich Ausdauer- oder Kraftsport, z.B. Joggen oder Mountainbiken. Für jemanden wie mich, die schon lange RA hat, ist so ein Sport schwierig. Ich kann lange spazieren gehen oder eine Radtour fahren. Aber so etwas wie Joggen oder Langlauf geht nicht. Auch gewisse Übungen im Yoga oder im Pilates kann ich nicht machen, das schaffen meine Gelenke nicht. Ich habe in jeder Krankheitsphase versucht, mich zu bewegen und auch „richtigen“ Sport zu machen. Ich bin zum Beispiel im Winter viel Schlitten und Ski gefahren. Aber damit habe ich aufgehört. Ich hatte zu sehr Angst, dass ich mich verletzen könnte.
Wie haben Sie die Sportart gefunden, die zu Ihnen passt?
N. Lins: Ich gehe sehr viel spazieren, fahre Fahrrad und einmal pro Woche trainiere ich gemeinsam mit anderen Betroffenen in unserer Turngruppe der Rheumaliga Vorarlberg. Ich spüre die positiven Effekte von Bewegung sofort. Ich fühle mich fitter, mir geht es besser, ich habe Ausdauer.
Was tun Sie, wenn die Schmerzen so stark sind, dass jede Bewegung wehtut?
N. Lins: Es gehört ja zur Natur der Krankheit, dass immer wieder Schmerzen auftreten. Dann trainiere ich eine Weile etwas vorsichtiger. Wenn man – so wie ich – die RA schon Jahrzehnte hat, spürt man genau, wie man das Ausmaß der Bewegung anpassen muss. Schwierig finde ich es manchmal, mir eingestehen zu müssen, dass ich gewisse Bewegungen nicht mehr machen kann, z.B. wenn meine Freunde klettern gehen und ich zu Hause bleiben muss.
Fühlen Sie sich von Ihrem Rheumatologen zum Thema Sport gut beraten?
N. Lins: Ja, sehr. Er hat mir ausführlich erklärt, wie wichtig Sport ist. Wir sind zusammen verschiedene Sportarten durchgegangen. Wir von der Rheumaliga Vorarlberg haben im Mai einen Bewegungstag veranstaltet und meinen Rheumatologen und einen Orthopäden dazu eingeladen. Sie haben sehr verständlich erklärt, warum Bewegung wichtig ist, und der Orthopäde hat konkrete Übungen gezeigt und erklärt, welche Sportarten für RA-Patienten zu bevorzugen sind. Natürlich kann man keinem RA-Patienten vorschreiben, welche Sportart er machen soll. Aber manche gehen halt mit einem höheren Verletzungsrisiko einher – diese sollte man eher vermeiden.
Was wünschen Sie sich von Ärzten?
N. Lins: Mehr Zeit! Wir haben zu wenige Rheumatologen in Österreich und Patienten müssen lange warten, um einen Termin zu bekommen. Ich habe von Mitgliedern der Rheumaliga gehört, dass es selbst in aktuen Fällen wochenlang dauert, einen Termin zu bekommen. Außerdem wäre es wünschenswert, wenn sich die Ärzte in der Praxis mehr Zeit nehmen könnten, um sich die Wünsche und Sorgen der Patienten anzuhören.
Was halten Sie von Flyern mit Turnübungen für RA-Patienten?
N. Lins: Das kann sicherlich einigen helfen. Ich fände eine App besser oder Videos. Ideal wäre natürlich, wenn diese Programme durch Physiotherapeuten geleitet würden. In Vorarlberg haben wir zwei RA-Turngruppen organisiert, jeweils von einem Physiotherapeuten geleitet. Er geht speziell auf die Bedürfnisse von RA-Patienten ein, z.B. mit langsamem Aufwärmen, Sturzprophylaxe und Koordinationsübungen. Rheumatologen in Vorarlberg, die mehr über Sport oder auch andere Patiententhemen wissen möchten oder Informationsmaterial für die Patienten brauchen, können sich übrigens jederzeit gerne an mich wenden!
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