
Genmutationen sind mit erhöhtem Risiko für Visusverlust assoziiert
Bericht:
Dr. Felicitas Witte
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Im Gegensatz zur Onkologie stecken in der Rheumatologie molekularbasierte Diagnostik und daran individuell angepasste Therapien noch in den Kinderschuhen – vor allem bei seltenen rheumatischen Erkrankungen. Forscher aus Boston haben jetzt gezeigt, dass Mutationen im TET2-Gen eine Rolle für die Entstehung und den Verlauf einer Riesenzellarteriitis spielen könnten.1 Das böte die Möglichkeit frühzeitiger genetischer Diagnostik und gezielter Therapien in der Zukunft.
Keypoints
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CHIP und CCUS (Formen klonaler Hämatopoese) erhöhen einer Studie zufolge das Risiko für die Entwicklung einer Riesenzellarteriitis.
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Das Risiko war am höchsten, wenn gleichzeitig eine Zytopenie oder Mutationen im TET2-Gen bestanden.
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Bei Patienten mit Riesenzellarteriitis waren TET2-Mutationen mit einem erhöhten Risiko für Visusverlust assoziiert.
Wird eine Riesenzellarteriitis nicht rechtzeitig erkannt und die Therapie mit Glukokortikoiden nicht sehr rasch gestartet, droht eine permanente Erblindung. Studien weisen darauf hin, dass eine Aktivierung der myeoliden Zellen eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Riesenzellarteriitis spielt.
Es wurde gezeigt, dass die Monozyten erhöhte Spiegel von Interleukin 6 und Interleukin 1B exprimieren, und myeloide Neoplasien scheinen mit der Gefäßkrankheit im Zusammenhang zu stehen. Bei Patienten mit entzündlich geprägtem myelodysplastischem Syndrom und chronischer myelomonozytärer Leukämie (CMML) ist Vaskulitis eine häufige Begleitdiagnose; eine Riesenzellarteriitis ist der häufigste Subtyp.
Klonale Hämatopoese: CHIP, CCUS
Bisher ist unklar, ob somatische Mutationen und Chromosomenveränderungen – zusammengefasst unter dem Begriff „klonale Hämatopoese“ – die Entwicklung hämatologischer Neoplasien bei Riesenzellarteriitis fördern und inwiefern diese den Krankheitsverlauf beeinflussen. Abhängig vom Vorliegen einer Zytopenie wird zwischen klonaler Hämatopoese unbestimmtem Potenzials („clonal hematopoiesis of indeterminant potential“, CHIP) sowie klonaler Zytopenie unsicherer Signifikanz („clonal cytopenia of uncertain significance“, CCUS) unterschieden. CHIP und CCUS bergen ein unterschiedlich hohes Risiko, sich irgendwann zu myeloiden Neoplasien (myelodysplastisches Syndrom, CMML, akute myeloide Leukämie u.a.) zu entwickeln.
Den Zusammenhang zwischen klonaler Hämatopoese, hämatologischen Neoplasien und Riesenzellarteriitis hat eine Forschergruppe um Michelle Robinette aus Boston, Massachusetts, untersucht.1 Daten von 470960 Patienten der UK Biobank sowie von 114 Patienten mit Riesenzellarteriitis aus dem Bostoner Krankenhaus Massachusetts General Brigham wurden analysiert. Das Vorliegen von klonalen Hämatopoesen wurde mittels Sequenzierung aus Blutproben untersucht.
Patienten der UK-Biobank mit klonaler Hämatopoese hatten ein 1,48-fach höheres Risiko, eine Riesenzellarteriitis zu bekommen als diejenigen ohne klonale Hämatopoese. Das Risiko war am höchsten, wenn die Betroffenen gleichzeitig eine Zytopenie (HR 2,98, p=0,00178) oder Mutationen im TET2-Gen (HR 2,02, p=0,00116) hatten. Das TET2-Gen ist vermutlich ein Tumorsuppressor-Gen.
Bei den 114 Patienten aus dem Bostoner Spital bestätigte sich die Beobachtung: 31 (27,2%) wiesen TET2-Mutationen auf, 3 davon hatten zum Zeitpunkt der Diagnose eine hämatologische Neoplasie. Das Vorliegen einer TET2-Mutation erhöhte das Risiko für einen Visusverlust um mehr als das Vierfache (OR 4,33, p=0,047).
„Die Ergebnisse öffnen die Tür, um das Risiko für einen schlechteren Verlauf besser zu verstehen und möglicherweise gezielt intervenieren zu können“, sagt Doz. Dr. Christina Duftner, Universitätsklinik für Innere Medizin II, Medizinische Universität Innsbruck. „Bisher sind die Auslöser der Riesenzellarteriitis noch gänzlich unbekannt. Endlich besteht Hoffnung, dass wir irgendwann den Patienten den furchtbaren Visusverlust ersparen können.“ Die Studienautoren schlagen vor, zukünftig Gentests in die Diagnostik der Riesenzellarteriitis einzuschließen.1
Literatur:
1 Robinette ML et al.: Association of somatic TET2 mutations with giant cell arteritis. Arthritis Rheumatol 2024; 76(3): 438-43
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