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ÖGP 2018: Fall des Jahres

Da ist der Wurm drin …

<p class="article-intro">Wir berichten über eine 43-jährige Patientin, die Anfang 2018 aufgrund von seit zwei Wochen bestehendem, trockenem Reizhusten vorstellig wurde.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Anamnese und Diagnostik</h2> <p>Abgesehen von diesen Beschwerden war die Patientin in ausgezeichnetem Allgemeinzustand und konnte sowohl beruflichen als auch sportlichen Aktivit&auml;ten wie gewohnt nachgehen. Nennenswerte internistische Vorerkrankungen waren nicht zu erheben, jedoch berichtete die Patientin von einer bekannten, ehemals 4 cm messenden thorakalen Raumforderung links apikal. Dabei handelte es sich um einen Zufallsbefund einer Computertomografie (CT) im Jahr 2002. Eine damals vorgenommene Bronchoskopie zur Histologiegewinnung blieb erfolglos und bei v&ouml;lliger Beschwerdefreiheit lehnte die Patientin jede weitere Abkl&auml;rung ab.<br /> Im Februar 2018 zeigte eine neuerliche CT eine nun riesige, &uuml;berwiegend zystisch imponierende Raumforderung links thorakal mit einer Gr&ouml;&szlig;e von 8,6 x 14 x 19 cm. In einer erg&auml;nzenden Sonografie wurde die Raumforderung als semisolide beschrieben, in einer anschlie&szlig;enden Magnetresonanztomografie (MRT) als ausgedehnte, multipel septierte, fl&uuml;ssigkeitsgef&uuml;llte Struktur mit bandf&ouml;rmiger Binnenstruktur im Inneren, einem &bdquo;waterlily sign&ldquo; entsprechend (Abb. 1). Alle drei bildgebenden Verfahren waren daher hochgradig verd&auml;chtig f&uuml;r eine pulmonale Echinokokkose.<sup>1&minus;4</sup><br /> Der h&auml;ufigste Erreger ist mit rund 95 % Echinococcus granulosus, auch bekannt als Hundebandwurm.<sup>5</sup> Nach der Leber mit rund 80 % ist die Lunge beim Erwachsenen mit 10 bis 30 % das am zweith&auml;ufigsten befallene Organ. Klinisch sind betroffene Patienten oftmals lange asymptomatisch aufgrund des langsamen Wachstums von nur 1 bis 5 cm pro Jahr.<sup>2, 3</sup><br /> Ein serologischer Antik&ouml;rper-Nachweis war bei unserer Patientin negativ. Jedoch schlie&szlig;t dies, bei einer Sensitivit&auml;t von 50 bis 65 % bei rein pulmonalem Befall, eine floride Echinococcus-Infektion keinesfalls aus.<sup>2, 6</sup> Ein Erregernachweis zur Sicherung der Diagnose mittels transbronchialer oder transthorakaler Biopsie wird aufgrund der Disseminationsgefahr als obsolet angesehen. Auch ohne Keimnachweis wurde daher aufgrund des pathognomonischen &bdquo;waterlily sign&ldquo; in der Bildgebung und bei positiver Anamnese mit einem J&auml;ger als Ehemann die Diagnose einer pulmonalen Echinokokkose gestellt.<sup>4</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Pneumo_1901_Weblinks_jatros_pneumo_1901_s31_abb1_vogl_2.jpg" alt="" width="250" height="226" /></p> <h2>Chirurgische Therapie</h2> <p>Auf Basis dieser Arbeitshypothese wurde, vor einer operativen Entfernung der Echinococcus-Zyste, eine pr&auml;operative antiparasit&auml;re Therapie mit Albendazol eingeleitet. Bei guter Vertr&auml;glichkeit nahm die Patientin wie verordnet 400 mg zweimal t&auml;glich f&uuml;r zwei Zyklen &agrave; 28 Tage ein, gefolgt von jeweils 14 Tagen Pause.<br /> Im Anschluss an die medikament&ouml;se Therapie erfolgte die geplante chirurgische Sanierung. Mittels anterolateraler Thorakotomie wurde der linke Hemithorax er&ouml;ffnet und es zeigte sich sogleich eine zystische, fluktuierende L&auml;sion. Wider Erwarten lie&szlig; sich jedoch aus der vermeintlichen Zyste keine Fl&uuml;ssigkeit aspirieren. Ein intraoperativer Gefrierschnitt aus einem solide imponierenden Anteil ergab einen myxoiden Tumor.<br /> Somit stand, auch bei unerwarteter &Auml;nderung der Diagnose, weiterhin die Indikation zur vollst&auml;ndigen Resektion. Die Tumormasse wurde komplett entfernt, eine Lymphadenektomie durchgef&uuml;hrt und der Thorax verschlossen. Im endg&uuml;ltigen histologischen Befund wurde das Resektat als &bdquo;Spindelzelllipom mit ausgedehnten myxoiden Ver&auml;nderungen&ldquo; beschrieben, ein myxoides Liposarkom konnte mittels Mutationsanalyse ausgeschlossen werden. Die Prognose bei Spindelzelllipomen ist gut, Therapie der Wahl ist die vollst&auml;ndige Resektion, Lokalrezidive sowie Metastasierung sind selten und engmaschige Verlaufskontrollen werden empfohlen.<br /> Letztlich entpuppte sich also bei unserer Patientin die vermeintliche seltene pulmonale Infektionskrankheit als seltener thorakaler Tumor. In bisherigen Verlaufskontrollen waren sowohl klinischer Zustand als auch CT-Befund der Patientin sehr erfreulich, sodass wir uns weiterhin auf regelm&auml;&szlig;ige ambulante Kontrolltermine beschr&auml;nken k&ouml;nnen.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Zoller T, Suttorp N: Echinokokkose. In: Dietel M, Suttorp N, Zeitz M (editors): Harrisons Innere Medizin. 18. Auflage. Berlin: ABW Verlag, 2012 <strong>2</strong> Morar R, Feldman C: Pulmonary echinococcosis. Eur Respir J 2003; 21: 1069-77 <strong>3</strong> Eichhorn ME et al.: Pulmonale Echinokokkose: chirurgische Aspekte. Zentralbl Chir 2015; 140: S29-35 <strong>4</strong> Hosch W et al.: Bildgebende Verfahren in Diagnostik und Therapie der zystischen Echinokokkose. R&ouml;Fo 2004; 176: 679-87 <strong>5</strong> Craig PS et al.: Prevention and control of cystic echinococcosis. Lancet Infect Dis 2007; 7: 385-94 <strong>6</strong> Brunetti E et al.: Expert consensus for the diagnosis and treatment of cystic and alveolar echinococcosis in humans. Acta Trop 2010; 114: 1-16</p> </div> </p>
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