„Structures at risk“ während der minimal invasiven Hallux-valgus-Korrektur nach Bösch: eine anatomische Studie

<p class="article-intro">Die perkutane, distale, transversale Osteotomie des Metatarsale 1 (Bösch-Technik) ist ein etabliertes Operationsverfahren zur minimal invasiven (MI) Hallux-valgus-Korrektur. Bis jetzt ist das Risiko der Schädigung periartikulärer anatomischer Strukturen nicht erhoben worden. Daneben ist auch der Einfluss der Erfahrung des Operateurs auf die Komplikationsrate nicht untersucht.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die minimal invasive (MI) Hallux- valgus-Korrektur nach B&ouml;sch birgt eine erh&ouml;hte Gef&auml;hrdung des dorsalen medialen Nervenastes am Gro&szlig;zehengrundgelenk (N. peron. superfic.).</li> <li>Dieses Risiko k&ouml;nnte durch die sorgf&auml;ltige Platzierung des Bohrdrahtes oder Verwendung einer intramedull&auml;ren Stabilisation reduziert werden.</li> <li>Die Erfahrung des Operateurs mit dieser Technik beeinflusst direkt die Komplikationsrate.</li> </ul> </div> <p>Die minimal invasive Korrektur des Hallux valgus ist f&uuml;r viele Fu&szlig;chirurgen mittlerweile ein Standardeingriff. Die perkutane, distale, transversale Osteotomie des Metatarsale 1 (B&ouml;sch-Technik)<sup>1</sup> ist eines der &auml;ltesten minimal invasiven Verfahren und weist bedeutende Vorteile gegen&uuml;ber anderen Techniken auf: Eine geringe Gewebesch&auml;digung, eine kurze Operationszeit, geringe Kosten und zufriedenstellende klinische Ergebnisse sind auch durch unabh&auml;ngige Studien belegt.<sup>2, 3</sup><br /> Dennoch birgt die Technik spezielle Gefahren. Osteotomie, Reposition und Fixierung des Metatarsalek&ouml;pfchens erfolgen ohne direkte Sicht unter Bildwandlerkontrolle. Eine Sch&auml;digung von Sehnen, Gef&auml;&szlig;en und Nerven ist nicht sicher auszuschlie&szlig;en. Daneben bestehen Hinweise, dass gerade minimal invasive Verfahren in der Hand des unerfahrenen Operateurs zu einer erh&ouml;hten Komplikationsrate f&uuml;hren.<sup>4</sup> Das Ziel der pr&auml;sentierten Studie war es daher, das Risiko f&uuml;r die Sch&auml;digung periartikul&auml;rer anatomischer Strukturen w&auml;hrend der Hallux-valgus-Korrektur nach B&ouml;sch sowie den Einfluss der Erfahrung des Operateurs darzustellen.</p> <h2>Methoden</h2> <p>Insgesamt 40 anatomische &bdquo;Fresh frozen&ldquo;-Fu&szlig;pr&auml;parate wurden nach folgenden Einschlusskriterien ausgew&auml;hlt:<br /> &ndash; Hallux-valgus-Fehlstellung mit Halluxvalgus- Winkel &gt;20&deg; und intermetatarsalem Winkel &lt;19&deg; unter&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp;&nbsp; Bildwandlerdurchleuchtung<br /> &ndash; keine Anzeichen f&uuml;r vorbestehendes Malalignment durch Operationen, Frakturen, Tumoren etc.</p> <p>Die 40 Pr&auml;parate wurden in zwei Gruppen geteilt. Alle Pr&auml;parate der Gruppe A (n=20) wurden von einem erfahrenen Fu&szlig;chirurgen und alle Pr&auml;parate der Gruppe B (n=20) von Ausbildungsassistenten mit wenig Erfahrung (&lt;3 minimal invasive Hallux-valgus-Korrekturen) mit der Operationstechnik nach B&ouml;sch versorgt. Die einzelnen Arbeitsschritte sind in Abbildung 1 dargestellt. Danach wurden s&auml;mtliche F&uuml;&szlig;e anatomisch pr&auml;pariert und m&ouml;gliche Verletzungen der anatomischen Strukturen dokumentiert.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Ortho_1901_Weblinks_jatros_ortho_1901_s32_abb1.jpg" alt="" width="2149" height="1203" /></p> <h2>Ergebnisse</h2> <p>Als wichtigstes Ergebnis dieser Studie ist ein genauer &Uuml;berblick &uuml;ber die gesch&auml;digten anatomischen Strukturen in Tabelle 1 dargestellt. Insgesamt wurden 8 F&auml;lle von iatrogenen Durchtrennungen an Nerven&auml;sten dokumentiert. In 7 von 8 F&auml;llen handelte es sich um den dorsalen medialen Nervenast aus dem N. peron. superfic. Hier gab es eine signifikante H&auml;ufung in der Gruppe der unerfahrenen Operateure (Gruppe B, p=0,037). In vielen F&auml;llen verlief dieser Nerv direkt im Bereich der Einbringstelle des stabilisierenden Bohrdrahtes (Abb. 2).<br /> In 2 F&auml;llen der Gruppe B wurde eine Fehlposition (extramedull&auml;re Lage) des Bohrdrahtes festgestellt. Dies f&uuml;hrte auch zu einer signifikant erh&ouml;hten Gesamtkomplikationsrate in der Gruppe B (p=0,043).<br /> In keinem der 40 korrigierten Fu&szlig;pr&auml;parate gab es eine Durchtrennung von Sehnen oder Gef&auml;&szlig;en.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Ortho_1901_Weblinks_jatros_ortho_1901_s33_abb2+tab1.jpg" alt="" width="2149" height="1582" /></p> <h2>Diskussion</h2> <p>Die minimal invasive Hallux-valgus- Korrektur nach B&ouml;sch kann auch f&uuml;r erfahrene Operateure technisch anspruchsvoll sein. Einer der wichtigsten Schritte ist die transversale Durchtrennung des Metatarsale I unter Bildwandlerkontrolle mithilfe einer &bdquo;High speed&ldquo;-Fr&auml;se. Es konnte angenommen werden, dass anatomische Strukturen w&auml;hrend dieses Arbeitsschrittes durch direkte (mechanische) oder indirekte (Hitze-)Sch&auml;digung beeintr&auml;chtigt werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit haben gezeigt, dass fast ausschliesslich der dorsale mediale Nervenast verletzt wird, der hier vor allem auch durch die Platzierung des stabilisierenden Bohrdrahtes gef&auml;hrdet ist.<br /> In dieser Studie kam es in 8 von 40 Pr&auml;paraten zur Durchtrennung eines Nervenastes (20 % ). Dies klingt auf den ersten Blick viel. In der einzigen prospektiven Studie, die sich mit Nervensch&auml;den nach offener Hallux-valgus-Korrektur besch&auml;ftigt, wurde jedoch auch bei 2 von 11 (18 % ) prim&auml;r asymptomatischen Patienten eine postoperative Sensibilit&auml;tsst&ouml;rung beschrieben.<sup>5</sup> Auch hier ist von einem iatrogenen Nervenschaden auszugehen. Hier w&auml;ren Folgestudien mit gr&ouml;&szlig;eren Fallzahlen w&uuml;nschenswert.<br /> Ein weiterer wichtiger Aspekt dieser Studie ist die signifikante Erh&ouml;hung der Gesamtkomplikationsrate in der Gruppe der unerfahrenen Operateure (Gruppe B). Hier zeigt sich trotz systematischer Instruktion doch eine gewisse Lernkurve, die bereits bei anderen Eingriffen in der Fu&szlig;chirurgie (z.B. OSG-Prothetik) hinreichend belegt ist. Eine anhaltende Begleitung w&auml;hrend der ersten Eingriffe durch einen erfahrenen Operateur kann dieses Problem l&ouml;sen und gleichzeitig dazu beitragen, die Gesamtkomplikationsrate zu senken.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Bosch P et al.: Hallux valgus correction by the method of Bosch: a new technique with a seven-to-ten-year followup. Foot Ankle Clin 2000; 5(3): 485-9 <strong>2</strong> Faour-Martin O et al.: Long term results of the retrocapital, metatarsal percutaneous osteotomy of the hallux valgus. Int Orthop 2013; 37(9): 1799-803 <strong>3</strong> Radwan YA, Mansour AM: Percutaneous distal metatarsal osteotomy versus distal chevron osteotomy for correction of mild-to-moderate hallux valgus deformity. Arch Orthop Trauma Surg 2012; 132(11): 1539-46 <strong>4</strong> Trnka HJ et al.: Minimally invasive hallux valgus surgery: a critical review of the evidence. Int Orthop 2013; 37(9): 1731-5 5 Jastifer JR et al.: Sensory nerve dysfunction and hallux valgus correction: a prospective study. Foot Ankle Int 2014; 35(8): 757-63</p> </div> </p>
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