
Sport von 17 minus bis 70 plus
Jatros
30
Min. Lesezeit
15.09.2016
Weiterempfehlen
<p class="article-intro">„Wir möchten mit unserem Sportkongress die Medizin zum Sport und den Sport zur Medizin bringen, alle Altersgruppen und Ausbildungsniveaus ansprechen und eine optimale Plattform für interessante Vorträge, Diskussionen und Kontakte bieten.“ (Dr. Karl-Heinz Kristen, Wien) </p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Bestmögliche sportmedizinische Betreuung stand auch heuer wieder im Mittelpunkt beim Sportmedizinischen Grundkurs der GOTS, Sektion Österreich, in Podersdorf. Unter dem Motto „Do the right thing“ wurde unter anderem der Frage nachgegangen, wie diese für unterschiedlichste Sportbereiche, Zielgruppen und Altersstufen gewährleistet werden kann.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1605_Weblinks_Seite12.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Sport im Alter</h2> <p>„70 ist das neue 40“, konstatiert Prof. Dr. Stefan Nehrer, Donau-Universität Krems, und meint damit die Ansprüche, die ältere Menschen heutzutage an ihre Mobilität und Lebensqualität stellen. Viele wollen auch noch Sport betreiben. Die allgemeine und sportliche Leistungsfähigkeit eines gesunden Menschen sinkt aber nach dem 60. Lebensjahr rapide ab. Dazu machen sich Abnützungserscheinungen bemerkbar: „Mit 65 ist jeder Dritte bis Vierte von Arthrose betroffen“, so Nehrer. „Mit 80 hat dann jeder von uns in irgendeinem Gelenk Arthrose.“<br /> Die altersbedingte Knorpeldegeneration ist ein geplanter Prozess, der eigentlich nicht aufzuhalten ist, erklärt Nehrer: „Genetische Veränderungen in den Knorpelzellen, die zu Degeneration und Apoptose führen, sind von der Natur vorprogrammiert.“ Beschleunigt wird dieser Vorgang durch Fehlstellungen, Bandinstabilitäten und Gelenksverletzungen, z.B. an Meniskus oder Kreuzband, aber auch durch Stoffwechselerkrankungen und Adipositas. Knorpelgewebe hat keine Gefäßversorgung, d.h., Knorpel heilt nicht: Nach Verletzungen wird lediglich Narbengewebe gebildet. Knorpel hat aber keine Nerven, das bedeutet: Man spürt Schäden nicht. Nehrer rät daher Patienten nach Knieverletzungen, „sorgsam mit ihrem Knorpel umzugehen“, um die Arthroseentwicklung zu verzögern. Dazu gehört, Übergewicht zu vermeiden und auf Sportarten umzusteigen, die weniger gelenksbelastend sind. Hohes Körpergewicht hat nicht nur wegen der Gelenksbelastung einen negativen Einfluss auf Arthroseentstehung und -verlauf: Fettgewebe produziert auch Entzündungsmediatoren, die Arthrose fördern.</p> <h2>Arthrose: Maßnahmen und Therapieansätze</h2> <p>Die Entwicklung von Arthrose wird einerseits durch Überbelastung gefördert (Aktivierung von inflammatorischen Prozessen, enzymatische Degeneration, Apoptose), andererseits aber auch durch Immobilität.<sup>1</sup> Denn „biopositive Reize“, wie Gehen und zyklische Belastungen, stimulieren Syntheseprozesse und hemmen inflammatorische Prozesse und oxidativen Stress. Wie viel Bewegung ist also jetzt anzuraten? „Es scheint einen kritischen Punkt zu geben, ab dem Sport knorpelschädigend wirkt“, sagt Nehrer. Dieser liegt bei 5–7 Stunden pro Woche und 1,5–2 Stunden pro Belastungseinheit. <br /> Als gelenkserhaltende Maßnahmen bei Knorpelschaden und Arthrose stehen zunächst Lebensstilveränderungen hinsichtlich Ernährung, Sport- und Belastungsgewohnheiten im Vordergrund sowie die Reduktion der entzündlichen Reaktion. „Akzeptieren Sie nicht, dass Ihr Patient eine Entzündung hat!“, betont Nehrer. Denn das Entzündungsgeschehen beschleunigt den Knorpelabbau. Für das Einbringen bzw. Bereitstellen von Glucosamin, Chondroitin und Hyaluronat gibt es laut Nehrer nur schwache Evidenz im Sinne eines verzögerten Knorpelabbaus. Ein Therapieversuch sei dennoch anzuraten, denn man müsse bedenken, dass Arthrose eine Erkrankung mit starken Symptomschwankungen ist. Ein signifikanter Wirk­effekt ist somit schwer nachzuweisen: „Bei Arthrosestudien liegt der Placeboeffekt bei 60 bis 70 % . Das ist für ein Medikament schwer zu überbieten.“ Zunehmende Evidenz gibt es laut Nehrer für „platelet-rich plasma“ (PRP). Kortison zeigt eine starke schmerzreduzierende und entzündungshemmende Wirkung bei Arthrose, jedoch hemmt es auch die Chondrozytenaktivität. <br /> In weiterer Folge helfen operative Maßnahmen (Knorpelbehandlung, Korrektur der Gelenkachsen), den Gelenkersatz hinauszuzögern oder sogar zu vermeiden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1605_Weblinks_Seite13.jpg" alt="" width="428" height="444" /></p> <h2>„Arthroseadaptierter“ Sport</h2> <p>Bewegung beeinflusst den Arthroseverlauf positiv, daher soll willigen Patienten nicht prinzipiell vom Sport abgeraten werden. Empfohlene Sportarten sind Wandern, Nordic Walking, Schilanglauf, Radfahren, Schwimmen und isometrische Übungen. Auch Golf und Tennis können ausgeübt werden, wenn die Bewegungen dahingehend adaptiert werden, dass die Gelenke nicht überstreckt und ausgeprägte Rumpf­rotationen vermieden werden. Keinesfalls dürfe der Patient „mit Schmerzmitteln sportfähig“ gemacht werden, wie Nehrer betont.<br /> Krafttraining ist ebenfalls empfehlenswert, weil Ausdauersportarten oft nicht genügen, um die Muskulatur im Alter kräftig zu erhalten. Ähnlich wie bei Osteoporose sollten auch bei Arthrose geführte Bewegungen gegen leichten Widerstand und nicht bis zur Maximalbelastung ausgeführt werden. Die Gelenke dürfen dabei keinen Quer- und Scherkräften ausgesetzt werden. <br /> Vitamin D sollte zumindest in den Wintermonaten substituiert werden. „Vitamin D und kalziumreiche Ernährung dienen nicht nur der Osteoporoseprävention, sondern sind auch bei Arthrose wichtig“, so Nehrer. „Eine Kontrolle der Vitamin-D-Spiegel bei Arthrosepatienten ist jedenfalls anzuraten.“</p> <h2>Die kindliche Wirbelsäule</h2> <p>Rückenschmerzen bei Kindern und Jugendlichen sind laut internationalen Studien im Zunehmen, die Inzidenz steigt mit dem Lebensalter. „Wenn Kinder Rückenschmerzen haben, sollte das immer ein absolutes Warnzeichen sein“, betont Prof. Dr. Petra Krepler, Universitätsklinik für Orthopädie, Wien. Zwar sind etwa zwei Drittel der Beschwerden als unspezifisch einzustufen, ernsthafte Erkrankungen (Entzündungen, Tumoren) oder Traumata müssen aber unbedingt ausgeschlossen werden. <br /> Bei Kindern, die Sport betreiben, tritt Rückenschmerz je nach Sportart zwischen 1 % und 30 % auf. Verletzungsgefahr für die Wirbelsäule bergen vor allem Sportarten wie Geräteturnen, American Football, Gewichtheben und Ringen, aber auch Tanzen, Rudern, Schwimmen und Golf.<br /> Besonders bei Mädchen ist häufig eine Spondylolyse oder Spondylolisthese am lumbosakralen Übergang die Ursache für Rückenschmerz. Zyklisch reklinierende Sportarten (Turnen, Tanzen, Eiskunstlauf, Trampolinspringen), aber auch Judo und Speerwerfen begünstigen Spondylolyse und Spondylolisthese. Morbus Scheuermann und Bandscheibenvorfälle kommen ebenfalls als Schmerzursache infrage.<br /> „Skoliosen werden häufig diagnostiziert und sollten beachtet werden, sie sind aber bei Kindern meist nicht die Ursache von Schmerzen“, so Krepler. „Ebenso verursacht Überbelastung – im Gegensatz zu Erwachsenen – bei Kindern so gut wie nie Rückenschmerzen.“</p> <h2>Verletzungsprävention im Fußball</h2> <p>„Fußball gehört zu den Teamsportarten mit dem höchsten Verletzungsrisiko, 96 % aller Verletzungen entstehen jedoch ohne Körperkontakt“, berichtet Dr. Bernd Hiller vom UKH Salzburg. Präventive Maßnahmen beginnen bei der Ausrüstung: Schmuckverbot, Stollenkontrolle und Schienbeinschonerpflicht sollten nicht nur beim Match, sondern auch beim Training Standard sein. Auch ein strenges Regelwerk kann Verletzungen reduzieren: Seit Ellbogenchecks und das „Hineingrätschen von hinten“ härter bestraft werden, sind solcherart begründete Verletzungen deutlich zurückgegangen. Für Kinder ist es wichtig, dass sie mit kleineren, leichteren Bällen spielen. So kann chronische Überbelastung vermieden werden. <br /> „Im Frauenfußball steigt das Verletzungsrisiko einerseits durch intrinsische Ursachen wie die valgische Beinachse, Bandlaxizität und höhere Gelenksinstabilität“, erklärt Ruth Mechtler vom Orthopädischen Spital Speising, Wien. „Andererseits erfahren Fußballerinnen meist auch weniger Unterstützung, was präsaisonale Vorbereitung und sportliche Ausstattung betrifft.“ Eine Besonderheit des Fußballsports sind die seitendifferenten Belastungsmuster. Die meisten Fußballer haben ein bevorzugtes Schuss- bzw. Standbein, nur wenige sind „beidbeinig“. Seitendifferente Belastungen können zu Komplikationen bis hin zum funktionellen Beckenschiefstand führen. Hiller empfiehlt Fußballern zusätzliche Übungen, welche die einseitige Belastung ausgleichen.</p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Bader DL et al: Biomechanical influence of cartilage homeostasis in health and disease. Arthritis 2011; Article ID 979032</p>
</div>
</p>
Das könnte Sie auch interessieren:
«Auch Patienten mit Demenz profitieren von einer chirurgischen Stabilisierung»
Patienten mit Hüftfraktur und einer leichten, mittelschweren oder schweren Demenz haben ein geringeres Risiko zu sterben, wenn sie operiert werden – vor allem wenn es sich um Kopf-Hals- ...
Management periprothetischer Frakturen am Kniegelenk
Mit steigenden Versorgungszahlen der Knieendoprothetik und dem höheren Lebensalter entsprechend der Alterspyramide nimmt auch die Zahl der periprothetischen Frakturen zu und stellt die ...
Patellofemorale Instabilität
In diesem Übersichtsartikel möchten wir ein Update über die aktuelle Diagnostik und die konservativen wie auch operativen Behandlungsmöglichkeiten der patellofemoralen Instabilität geben.