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Plattenosteosynthese versus Kirschner-Draht-Osteosynthese
Jatros
Autor:
Prim. Dr. Andreas Pachucki
Autor:
Dr. Maximilian Binder
Abteilung für Unfallchirurgie, Landesklinikum Mostviertel Amstetten<br> E-Mail: maximilian.binder@gmail.com
30
Min. Lesezeit
10.05.2018
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<p class="article-intro">Frakturen der Mittelhandknochen sowie der Phalangen der Langfinger stellen eine Domäne der konservativen Behandlung dar. Typische Komplikationen wie Verklebungen des Sehnenapparates, Lockerung eingebrachter Implantate und Infektionen können damit vermieden werden, und im Regelfall werden damit gute klinische Ergebnisse erzielt. Falls eine Operationsindikation vorliegt, stellen die offene Reposition mit Plattenosteosynthese sowie die gedeckte oder offene Fixierung mittels Kirschner- Drähten konkurrierende Verfahren dar. Ziel unserer Arbeit ist es, die Vor- bzw. Nachteile der beiden Operationsverfahren darzustellen.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Tabelle 1 zeigt die maximal akzeptable Achsenfehlstellung im Rahmen der Primärtherapie, aus welcher sich eine Operationsindikation ableiten lässt. Bis zum 6. Lebensjahr kann eine Achsenfehlstellung nach radial/ulnar bzw. palmar/ dorsal bis zu 30° akzeptiert werden. Ab dem 14. Lebensjahr gelten dieselben Indikationen wie für Erwachsene, sodass in dieser Patientengruppe letztlich keine Achsenfehlstellung toleriert werden kann. Ebenso stellt ein bestehender Rotationsfehler in jedem Lebensalter eine Operationsindikation dar.</p> <p>Für die Wahl des Operationsverfahrens ist, abgesehen von der Möglichkeit einer gedeckten Reposition, der Frakturtyp von Bedeutung. Nach der AO-Fraktureinteilung sind Frakturen des Typ A1 bis A3 sowie Frakturen vom metaphysären Typ B1 und B2 gut für eine Plattenosteosynthese geeignet. Gelenkfrakturen vom Typ C1 und C3 sind im Regelfall nicht für eine Plattenosteosynthese geeignet, da eine ausreichende Fixierung der kleinen gelenktragenden Fragmente nicht möglich ist. Die klassischen Y-Frakturen können sowohl mittels Plattenosteosynthese als auch mit Bohrdrähten bzw. kombinierten Bohrdraht- und Schraubenosteosynthesen versorgt werden.</p> <p>Bei Defekt-, Trümmer- sowie offenen Frakturen ist hingegen an die Möglichkeit einer Plattenosteosynthese zu denken. Diese kommt auch bei komplexen Kombinationsverletzungen infrage. Im Einzelfall sind jedoch Faktoren wie Alter des Patienten, Haut- und Weichteilverhältnisse, Knochenqualität sowie die Mitverletzung von Sehnen und neurovaskulären Strukturen zu berücksichtigen; sie machen eine individuelle, fallbezogene Vorgehensweise erforderlich. Kommt es beispielsweise im Rahmen einer Schaftfraktur auch zu einer Verletzung der Beugesehnen, so ist eine übungsstabile Plattenosteosynthese zur postoperativen dynamischen Nachbehandlung der Sehnenverletzung durchzuführen.</p> <p>In den letzten Jahren wurde die Lage der Platten, insbesondere bei Osteosynthesen der Grundglieder, kontroversiell diskutiert. Die über Jahrzehnte bewährte dorsale Plattenlage führt bei einem hohen Prozentsatz zu Adhäsionen des Streckapparates und damit verbundenen funktionellen Defiziten, weshalb von einigen Arbeitsgruppen eine seitliche Plattenlage empfohlen wurde. Wenngleich die dorsale Lage biomechanisch günstiger ist, so ist sie doch häufig mit Adhäsionen des Streckapparates verbunden. Bei der seitlichen Einbringung ist die Irritation von Beuge- bzw. Streckapparat deutlich geringer, was die Biomechanik betrifft, ist sie aber ungünstiger. Auch kann es bei der seitlichen Lage an den proximalen Phalangen zu Adhäsionen der M. lumbricales oder M. interossei kommen. Guang Li et al. (2015) bzw. Robinson et al. (2017) konnten jedoch zeigen, dass die Lage der Platte keinen wesentlichen Einfluss auf das klinische Ergebnis hat.<sup>1, 2</sup></p> <p>Takigami et al. (2010) konnten in einer Studie mit 78 Patienten, darunter 39 Plattenosteosynthesen bzw. 39 Kirschner- Drähte, zeigen, dass durch die Möglichkeit der Frühmobilisation bei Plattenosteosynthese innerhalb der ersten 3 Monate ein besseres funktionelles Outcome zu erwarten ist als bei Kirschner-Draht-Osteosynthese.<sup>3</sup> Nach 6 Monaten ist allerdings kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Verfahren zu beobachten. An Komplikationen gab es in der Plattengruppe dreimal einen Platten- bzw. Schraubenbruch und eine verzögerte Wundheilung. Bei näherer Betrachtung der angeführten Implantatbrüche empfehlen wir, so wie auch Tomaino und King (2002), die Verwendung von Schrauben mit einem Durchmesser von mehr als 2mm.<sup>4</sup></p> <p>In der angeführten Literatur zeigten Plattenosteosynthesen eine geringere Komplikationsrate und kürzere Behandlungsdauer. Die durchschnittliche postoperative Immobilisationsdauer betrug bei Plattenosteosynthese 1 Woche, bei Kirschner- Draht-Osteosynthese 4 Wochen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Ortho_1803_Weblinks_ortho_1803_s18_tab1.jpg" alt="" width="1419" height="530" /></p> <h2>Fazit</h2> <p>Fingerfrakturen stellen eine Domäne der konservativen Therapien dar. Falls eine Operationsindikation vorliegt, kann eine Plattenosteosynthese oder Kirschner- Draht-Osteosynthese indiziert sein. Die Entscheidung ist individuell zu treffen. Die vorliegenden Studien zeigen, dass nach 6 Monaten in Bezug auf die funktionellen Ergebnisse keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Operationsverfahren bestehen. Für die Plattenosteosynthese zeigen sich jedoch im Vergleich kürzere Krankenstände und eine geringere Komplikationsrate.</p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Li G et al.: Comparison of clinical outcomes of phalangeal fractures treated with dorsolateral approach or postmiddle approach using AO mini titanium plate. Indian J Surg 2015; 77(Suppl 2): 657-61 <strong>2</strong> Robinson LP et al.: Dorsal versus lateral plate fixation of finger proximal phalangeal fractures: a retrospective study. Arch Orthop Trauma Surg 2017; 137(4): 567-72 <strong>3</strong> Takigami H et al.: Internal fixation with the low profile plate system compared with Kirschner wire fixation: clinical results of treatment for metacarpal and phalangeal fractures. Hand Surg 2010; 15(1): 1-6 <strong>4</strong> Tomaino MM, King J: Breaking of a 1.3-mm AO/ASIF titanium plate after phalangeal osteotomy in two patients. Am J Orthop 2002; 31(6): 353-5</p>
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