Periimplantäre Infektionen nach Hüftfrakturen

Die Behandlung der Implantatinfektion nach Hüftfraktur ist schwierig und verlangt konsequentes Handeln. Verschiedene Therapiekonzepte sind möglich und müssen individuell sowie interdisziplinär erarbeitet werden.

Keypoints

  • Das rechtzeitige Erkennen der Infektion und die Bereitschaft zu deren konsequenter Therapiesind entscheidend für den weiteren Verlauf der Behandlung.

  • Die Therapiekonzepte müssen interdisziplinär abgestimmt werden.

  • Ein radikales Debridement und resistenzgerechte Antibiotikatherapie sind Voraussetzungen für die erfolgreiche Infektberuhigung.

  • Der gefäßgestielte M.-vastus-lateralis-Muskellappen ist bei chronisch infizierter Girdlestone-Resektionsarthroplastik eine gute Therapieoption.

Hüftgelenknahe Frakturen gehören zu den häufigsten Knochenbrüchen des älteren Menschen. Die Versorgungsstrategie legt besonderen Wert auf die frühzeitige Mobilisierungsfähigkeit und umgehende Vollbelastung, weshalb stabile Nagelosteosynthesen oder (Teil-)Hüftgelenkersatzoperationen Anwendung finden sollen.1,2 Die Rate an postoperativen Infektionen liegt für hüftgelenknahe Osteosynthesen und für den Gelenkersatz nach hüftgelenknaher Fraktur signifikant höher als nach elektiven Hüfteingriffen.3–5 Insbesondere bei älteren Menschen finden sich Risikofaktoren wie Diabetes, Malnutrition und andere, welche die Infektionsrate steigen lassen.6,7

Im Falle einer postoperativen Implantatinfektion muss diese zuerst als solche erkannt und frühzeitig ein Therapiekonzept erarbeitet werden. Insbesondere die über mehrere Tage postoperativ sezernierende Wunde mit gleichzeitig erhöhten Entzündungsparametern steigert den Behandlungs- und Entscheidungsdruck. Neben diesen eindeutigen klinischen Zeichen einer Infektion kann hier eine (nuklearmedizinische) Bildgebung in dieser frühen Phase nicht entscheidend helfen und ist der chronischen Infektion vorbehalten. Zwar ist die Keimgewinnung von größter Bedeutung, eine Abstrichentnahme aus der Fistel ist jedoch nicht aussagekräftig genug und sollte ebenfalls nicht erfolgen. Es sollte frühzeitig eine Revisionsoperation angestrebt und nicht länger als 5 Tage postoperativ zugewartet werden, wenn die klinische und laborchemische Konstellation eindeutig ist.8 Eine Verzögerung der Revision führt letztlich sicher zum Implantatverlust.

Nach der Festlegung auf die Revision sind nun verschiedene Wege gangbar. In diesem Beitrag sollen die gängigen Therapiekonzepte zur Behandlung der periimplantären Infektion nach Hüftfraktur vorgestellt werden.

Implantaterhalt

Beim Frühinfekt einer Endoprothese können ein ausgiebiges Debridement, das technisch anspruchsvoll ist und gewissen Algorithmen folgt, sowie ein Austausch der mobilen Teile (Kopf, Inlay) zur Infektberuhigung führen.9–12 Bei der Nagelosteosynthese ist dies nicht möglich, ohne die Stabilität nachhaltig zu beeinflussen.

Es kann Gründe geben, die eine Implantatentfernung unmöglich machen: das OP-Risiko bei multimorbiden Patienten oder der Patientenwunsch. In solchen Fällen kann entweder eine Instillationstherapie mit einem Biguanid unter Verwendung eines Systems zur Vakuumversiegelung oder die Anlage einer Dauerfistel eine Option darstellen, um eine Sepsis zu vermeiden. Die Instillationstherapie muss über 2 Wochen geführt werden, bedeutet mehrere Revisionseingriffe, zeigt aber akzeptable Ergebnisse und kann in ausgewählten Fällen zur Anwendung kommen.13,14 Die Fistelanlage bedeutet auch die Anlage eines Sekret-Sammelbeutels, der die Pflegbarkeit sicherstellt – eine Infektionsbehandlung bedeutet dieses Verfahren jedoch nicht und sollte nur als letzte Option versucht werden.

Implantatentfernung – einzeitiger Wechsel

Die Entfernung des infizierten Implantats neben der resistenzgerechten Antibiotikatherapie ist obligat, um eine Infektberuhigung erreichen zu können. Dabei können intraoperativ ausreichend Gewebeproben gewonnen werden, um den Keim korrekt zu identifizieren. PCR-basierte Methoden spielen hier eine immer größere Rolle, intraoperative Testmethoden wie die Bestimmung des Alfa-Defensins mittels Schnelltest zeigen sich jedoch nicht so verlässlich.15,16 Wird ein radikales Debridement durchgeführt und besteht ausreichend Erfahrung in der OP-Technik, kann ein einzeitiger Wechsel des Implantates durchgeführt werden – das gilt für Nägel ebenso wie für Platten oder Endoprothesen und die Ergebnisse sind zufriedenstellend. Dem entgegen steht eine deutlich längere OP-Zeit mit Erhöhung des Komplikationsrisikos für den Patienten.17–19

Implantatentfernung – zweizeitiger Wechsel

Abb. 1: Spacereinlage nach Entfernen eines septischen Implantats

Diese vom Autor favorisierte Therapieoption umfasst zunächst die Entfernung des infizierten Implantates, die Gewebeprobengewinnung, das radikale Debridement und die Einlage eines antibiotikumtragenden Platzhalters (Abb. 1). Nach erfolgreicher Infektsanierung und -beruhigung (Spacerwechsel können notwendig sein) wird auf eine Punktion des Gelenkes aufgrund unverlässlicher Ergebnisse verzichtet.20 Danach kann die Wiedereinbau-Operation erfolgen; 6–8 Wochen zu warten ist hier nicht zwingend notwendig. Bei der Wiedereinbau-Operation erfolgt erneut ein technisch anspruchsvolles radikales Debridement mit Probengewinnung. Zementierte Implantate sind hier nicht unbedingt zu bevorzugen, es sollte bei der Implantatwahl vor allem die Stabilität im Vordergrund stehen. Die Datenlage zeigt eine Gleichwertigkeit des einzeitigen Vorgehens hinsichtlich Reinfektionsrate, Patientenkontextfaktoren spielen hier aber eine große Rolle, sodass dieses Verfahren nicht für alle Patienten geeignet zu sein scheint.21–24

Implantatentfernung – Girdlestone-Resektionsarthroplastik

Ist ein Wiedereinbau eines Implantates nicht möglich oder sinnvoll, kann die Girdlestone-Resektionsarthroplastik eine gute Option sein, eine Infektberuhigung dauerhaft erreichen zu können. Die Lebensqualität nach diesem Eingriff ist akzeptabel und in Abwesenheit von Fremdmaterial ist die Gefahr einer Rezidivinfektion deutlich reduziert.25–27

Infektberuhigung – M.-vastus-lateralis-Muskellappen

Führt auch die Girdlestone-Resektionsarthroplastik nicht zur Infektberuhigung und zeigen sich rezidivierende Infektionen, muss das „Totraummanagement“ der Hüftkavität optimiert werden. Hierzu eignet sich eine gefäßgestielte Muskellappenplastik des M. vastus lateralis: ein langer Muskel mit verlässlicher proximaler Blutversorgung, der nach Lappenhebung die gesamte Hüftkavität ausfüllt und Durchblutung an den Ort der chronischen Infektion bringt (Abb. 2).

Abb. 2: Gehobener M.-vastus-lateralis-Muskellappen

Der Hebedefekt des Lappens ist signifikant, die Ergebnisse nach diesem Eingriff sind aber sehr zufriedenstellend und führen in den meisten Fällen zu einer völligen Infektberuhigung bei gleichzeitig schmerzarmer Fortbewegungsfähigkeit.28

Fazit

Abb. 3: Sezernierende Hüfte bei septischem Implantat

Zur Behandlung periimplantärer Infektionen nach Hüftfrakturen stehen verschiedene Behandlungsoptionen zur Verfügung. Der entscheidende Schritt ist das Erkennen der Infektion und die Bereitschaft, diese konsequent und radikal zu behandeln (Abb. 3). Den Patienten muss die ganze Bandbreite an notwendigen Schritten und Risiken vermittelt werden, um gemeinsam die jeweils passende und gewünschte Therapieform erfolgreich anwenden zu können. In diesem Zusammenhang hat die interdisziplinäre Behandlung durch Orthopäden/Unfallchirurgen mit Anästhesisten, plastischen Chirurgen, Infektiologen, Mikrobiologen, Pathologen, Radiologen, Internisten und Geriatern einen großen Stellenwert. Ist diese nicht möglich, sollte der Patient in ein Zentrum verlegt werden, in dem diese Optionen vorhanden sind, um das bestmögliche Ergebnis erreichen zu können.

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