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Osteoporose und Endoprothetik
Jatros
Autor:
Priv.-Doz. DDr. Lukas Holzer
AUVA-Unfallkrankenhaus Klagenfurt<br> Universitätsklinik für Orthopädie und Traumatologie<br>Medizinische Universität Graz<br>E-Mail: lukas.holzer@auva.at
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22.03.2018
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<p class="article-intro">Viele Patienten mit Osteoporose benötigen orthopädisch-chirurgische Inter­ventionen wie beispielsweise endoprothetischen Gelenksersatz. Wegen der Grunderkrankung sieht man bei osteoporotischen Patienten gehäuft Kompli­ka­tionen wie beispielsweise intraoperative periprothetische Frakturen, peripro­thetische Osteolysen, Implantatmigra<span>­</span>tion oder postoperative peripro­thetische Frakturen. Die Evaluation der Knochenqualität scheint daher ein wesentlicher Punkt im Patientenmanagement zu sein, um Patienten bestmöglich zu versorgen und um chirurgische Ergebnisse langfristig zu optimieren.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Im Lauf der letzten Dekaden hat die Zahl der implantierten Endoprothesen stetig zugenommen. Viele Patienten, die eine Endoprothese benötigen, sind höheren Alters und haben unter Umständen eine geringere Knochenmasse. Dies zeigt beispielsweise eine Studie von Lingard et al.: Bei 199 Patienten mit einem Alter zwischen 65 und 80 Jahren, die für endoprothetischen Gelenksersatz (Hüft- oder Knietotalendoprothesen; HTEP, KTEP) vorgemerkt waren, wurde eine Knochendichtemessung mittels Dual-Energy-X-Ray-Absorptiometrie (DEXA) durchgeführt. Die Inzidenz der Osteoporose (gemessen an Hüfte oder LWS) im untersuchten Kollektiv war 23 % . Weitere 43 % der Patienten hatten eine Osteopenie. Eine andere Studie (n=53) untersuchte die Prävalenz von Osteoporose bei Frauen, die für eine zementfreie HTEP vorgemerkt waren. 28 % von ihnen hatten Osteoporose und 45 % hatten eine Osteopenie. Diese Daten weisen darauf hin, dass die Prävalenz geringer Knochendichte in dieser Patientenpopulation hoch ist (>2/3). In diesem Überblick wird daher auf die Auswirkungen der Knochengesundheit in Bezug auf die Endoprothetik eingegangen.</p> <h2>Implantatverankerung: zementiert versus zementfrei</h2> <p>Ein wesentlicher Diskussionspunkt bezüglich der zuvor genannten Problematik ist die Frage der Prothesenverankerung, nämlich zementiert versus zementfrei. Der aktuelle Konsens besteht darin, primär eine zementfreie Verankerung bei allen Patienten mit normaler Knochenqualität anzustreben, da sich der Knochen in der porösen Struktur des Implantats integriert. Zementierte Prothesen werden zumeist für ältere Patienten verwendet. Dies ist ein Ansatz, der auf der Annahme beruht, dass ältere Patienten eine schlechtere Knochenqualität und ein höheres Risiko für eine Implantatmigration haben (vor der ossären Integration) und somit von einer zementierten Prothese profitieren würden. Die Evaluation der Knochenqualität bei geplanter Implantation einer Endoprothese hat daher an Bedeutung gewonnen. Diesen Aspekt beleuchtete eine rezente Studie, bei der die intertrochantäre Knochenqualität der Spongiosa als Prädiktor für die Migration des Prothesenschaftes bei HTEP untersucht wurde. Biopsien wurden intertrochantär im Bereich des proximalen Femurs an der Stelle des zukünftigen Prothesenschaftes entnommen und mittels Micro-CT und biomechanischer Tests untersucht. Entgegen der Hypothese hatte die Qualität der Spongiosa nur einen geringen Einfluss auf die Migration des Prothesenschafts. <br />Dieser Aspekt ist besonders wichtig bei der Versorgung osteoporotischer Schenkelhalsfrakturen. Eine rezente Metaanalyse untersuchte die Ergebnisse zementierter versus zementfreier Kopfendoprothesen (KEP) bei osteoporotischen Schenkelhalsfrakturen. Dabei wurden fünf prospektive randomisierte Studien mit insgesamt 950 Patienten eingeschlossen. Zementfreie KEPs wiesen verglichen zu den zementierten KEPs eine signifikant höhere implantatassoziierte Komplikationsrate (postoperative periprothetische Frakturen) auf. Die Operationsdauer war bei zementfreien KEPs signifikant kürzer. Hinsichtlich kardiovaskulären Ereignissen, Mortalität und funktionellen Ergebnissen zeigten sich keine Unterschiede. Aufgrund der geringeren Komplikationsrate favorisieren die Studienautoren zementierte Kopfendoprothesen bei Patienten mit osteoporotischen Schenkelhalsfrakturen. <br />Diese Daten wurden in einer rezenten randomisierten prospektiven Studie bestätigt. Bei 69 Patienten der 140 geplant einzuschließenden Patienten wurde die Studie aufgrund der signifikanten Unterschiede in der Komplikationsrate abgebrochen. In der Gruppe der zementfreien Prothesenverankerung (n=34) ereigneten sich 9 Komplikationen (3 Luxationen, 3 intraoperative periprothetische Frakturen, 1 postoperative periprothetische Fraktur, 1 postoperative Schaftlockerung, 1 periprothetischer Protheseninfekt) innerhalb von 2 Jahren nach Implantation. Demgegenüber stand nur eine Luxation in der Gruppe der Patienten mit zementierten Prothesenverankerung (n=35).<br />Die vorliegende Literatur scheint uneins hinsichtlich der Empfehlung zementiert versus zementfrei und lässt den Chirurgen ohne eindeutige Richtlinien alleine. Weitere qualitativ hochwertige prospektive Studien sind erforderlich, um mehr Evidenz für dieses klinische wichtige Thema zu generieren.</p> <h2>Periprothetische Frakturen</h2> <p>Periprothetische Frakturen führen oftmals zu schwerwiegenden Konsequenzen, da sie unter Umständen schwierig zu rekonstruieren sind und sich der Genesungsprozess der betroffenen Patienten langwierig gestaltet. Darüber hinaus erreichen viele dieser Patienten das frühere Aktivitätsniveau nicht mehr. Eine relativ große Studie aus Großbritannien untersuchte das Risiko für periprothetische Frakturen 5 Jahre nach Implantation von HTEP oder KTEP. Die Inzidenz von Frakturen nach primärer HTEP war 0,9 % , nach Revision einer HTEP 4,2 % , nach primärer KTEP 0,6 % und nach Revision einer KTEP 1,7 % . Die Inzidenz der Frakturen war bei weiblichen Patienten im Alter von über 70 Jahren höher.<br />Periprothetische Frakturen im Bereich des Femurs bei liegenden HTEP sind im klinischen Alltag häufig zu sehen und grundsätzlich schwer zu behandeln. Der typische Patient, der eine solche Fraktur erleidet, ist älter, generell gebrechlich und hat Osteoporose. Hinsichtlich der Versorgung dieser Frakturen besteht kein klarer Konsens, da es an qualitativ hochwertigen Studien mangelt. Darüber hinaus gibt es rezente Fallberichte über Bisphosphonat-induzierte periprothetische Frakturen. Solche Frakturen haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Pseudoarthrosen und sind aufgrund der pathologisch veränderten Knochenqualität besonders schwer zu behandeln. <br />Niedrige Knochenqualität erhöht das Risiko, eine periprothetische Fraktur zu erleiden. Die klinische Bedeutung einer generalisiert reduzierten Knochenqua­lität zeigt sich auch durch eine lokal reduzierte Knochenmasse im Bereich des Knochen-Implantat-Interfaces oder Knochen-Zement-Interfaces. Aus diesem Grund untersuchte eine Gruppe die periprothetische Knochendichte bei Patienten mit zementierten und zementfreien KTEP. In beiden Gruppen zeigte sich im Median 4 Jahre nach Implantation eine Abnahme der periprothetischen Knochendichte unabhängig von der Verankerungsmethode. Als Schlussfolgerung wurde vermutet, dass eine geringe Belastung oder Mobilität für den Knochenabbau verantwortlich sei.</p> <h2>Periprothetische Osteolysen</h2> <p>Die Osteolyse ist eine lokale Reaktion, die bei liegendem Implantat zur Reduktion von Knochen am Interface zwischen Knochen und Implantat führen kann. Die klinische Konsequenz dieses lokalen Knochenverlusts ist eine aseptische Implantatlockerung, ein vorrangiger Grund für Revisionen. Diverse Studien zeigten, dass eine Bisphosphonattherapie osteolytische Prozesse reduzieren kann und/oder bei ihrer Behandlung nützlich sein könnte. Darüber hinaus wurden einige Fallberichte publiziert, die einen positiven Effekt von Teriparatid auf periprothetische Osteolysen zeigen konnte. Generell sind die Daten in diesem Bereich jedoch eher gering. Insbesondere mangelt es in der Literatur an hochwertigen Studien.</p> <h2>Vitamin D und Endoprothetik</h2> <p>Vitamin D ist essenziell für die Knochenentwicklung, das „bone remodeling“, die physiologische Frakturheilung und möglicherweise auch für die Muskelkraft.<br />Hinsichtlich des optimalen Vitamin-D-Spiegels bei orthopädisch-chirurgischen Eingriffen, einschließlich der Endoprothetik, gibt es viele Fragen. Diese beziehen sich nicht nur auf die Knochenstoffwechsel-assoziierten Effekte von Vitamin D, sondern auch auf dessen generelle Auswirkung auf die postoperative Funktion bei den zuvor genannten Eingriffen. Ein positiver Einfluss von Vitamin D auf Remobilisierung und Sturzprävention wird vermutet. Der vermutete positive Effekt von Vitamin D ist durch die hohe Prävalenz eines Vitamin-D-Defizits in diversen Beobachtungsstudien begründet. Eine retrospektive Studie mit 723 Patienten, die sich diversen orthopädisch-chirurgischen Eingriffen unterzogen, zeigte, dass 40 % dieser Patienten ein Vitamin-D-Defizit hatten (nach „Institute of Medicine“-Standards 25-OH-Vitamin-D Spiegel ≤20 ng/mL). <br />Eine Studie mit einem kleineren Kollektiv an Patienten, bei denen eine HTEP oder KTEP implantiert wurde, untersuchte den Zusammenhang zwischen Knochendichte, Vitamin D und Arthrose. 84,7 % der Patienten hatten einen Vitamin-D-Spiegel ≤30ng/mL, 20 % der Männer und 23,2 % der Frauen hatten einen T-Score unter –2,5 als Hinweis auf Osteoporose. <br />In einer großen prospektiven Studie zum Einfluss von Vitamin-D-Status und Knochendichte auf die Entwicklung einer nativradiologischen Gonarthrose zeigte sich, dass bei denjenigen Patienten, die zu Beginn der Studie den niedrigsten Vitamin-D-Spiegel hatten, die Gonarthrose am schnellsten fortschritt. <br />In einer Studie, die den Einfluss des Vitamin-D-Spiegels auf diverse funktionelle Parameter nach Implantation einer HTEP analysierte, zeigte sich jedoch, dass niedrige Vitamin-D-Spiegel (≤20 ng/mL) die kurzfristige Funktionalität nicht beeinflussten. Die Autoren schlussfolgerten daraus, dass eine Operation wegen niedriger präoperativer Vitamin-D-Spiegel nicht verschoben werden sollte, diese jedoch postoperativ korrigiert werden sollten.</p> <h2>Bisphosphonate und Endoprothetik</h2> <p>Bisphosphonate sind zur Prävention und Behandlung der Osteoporose zugelassen. Sie hemmen die Aktivierung von Osteoklasten und reduzieren dadurch die Knochenresorption. Diverse Studien belegen die Reduktion des Frakturrisikos bei Patienten mit niedriger Knochendichte unter Bisphosphonattherapie.<br />Tierstudien, bei denen Allografts oder Implantate vor der Implantation in Bisphosphonatlösungen eingelegt worden waren, zeigten, dass die knöcherne Integration und mechanische Stabilität des Implantats oder Allografts dadurch verstärkt wurden. Dieser Effekt wurde jedoch in einigen anderen Studien widerlegt.<br />Mit der Anwendung von Ibandronat, Alendronat, Risedronat, Pamidronat und Zoledronsäure konnte bei zementfreien HTEP der periprothetische Knochenverlust nachweislich reduziert werden. Die meisten Studien hatten ein Follow-up bis zu 5 Jahre nach Implantation. Daten mit einem längeren Nachuntersuchungsintervall fehlen.<br />Eine randomisierte, prospektive Studie untersuchte den Effekt einer einmaligen Zoledronsäure-Infusion auf die Pfannen- und Schaftmigration nach Implantation einer zementfreien HTEP. Zoledronsäure oder Placebo wurde den Patienten am ersten postoperativen Tag verabreicht. Nach 2 Jahren konnte in der Gruppe mit Zoledronsäure eine signifikant geringere Pfannenmigration, verglichen mit der Placebokontrolle, gesehen werden, wohingegen sich bei der Schaftmigration lediglich ein Trend abzeichnete. <br />Eine Studiengruppe aus Skandinavien untersuchte die Migration der Pfannenkomponente nach Implantation von HTEP. Im Rahmen dieser Studie wurde nach Auffräsen des Acetabulums ein Tupfer, der zuvor in einer Ibandronatlösung eingelegt war, vor der Implantation des definitiven Implantates eingebracht. Mit dieser Methode konnte die Pfannenmigration gegenüber der Vergleichsgruppe signifikant reduziert werden. Darüber hinaus wurde die Rate des periprothetischen Lockerungssaums („radiolucent lines“) ebenfalls signifikant reduziert.<br />Eine Registerstudie aus Dänemark untersuchte den Effekt von Bisphosphonaten auf die Inzidenz von Revisionen nach Implantation einer HTEP. Bei Langzeiteinnahme von Bisphosphonaten konnte das Risiko für eine Revision (alle Ursachen miteingeschlossen) reduziert werden, jedoch war das Risiko einer Revision aufgrund eines periprothetischen Infekts erhöht. Andere Studien zeigten keine erhöhte Infektrate unter Bisphosphonattherapie.<br />Patienten mit HTEP unter Bisphosphonattherapie zeigen ein niedrigeres Frakturrisiko verglichen mit Patienten ohne Therapie. Auch bei Patienten mit KTEP konnte gezeigt werden, dass die Einnahme von Alendronat 6 Monate postoperativ zu einem geringeren periprothetischen Knochenverlust ein Jahr nach Operation führte. Dieser Unterschied konnte jedoch nach 3 Jahren nicht mehr nachgewiesen werden. Patienten, die Bisphosphonate einnehmen, haben eine längere Standzeit der implantierten KTEP verglichen mit Patienten ohne Therapie, wobei dieser Effekt nicht in allen Studien gezeigt werden konnte. Patienten unter Bisphosphonattherapie haben auch ein niedrigeres Frakturrisiko als jene ohne Therapie.<br />Die Mehrheit der vorliegenden Studien deutet darauf hin, dass Bisphos­pho­nat­therapie die knöcherne Integration von Implantaten verbessert, zu längeren Standzeiten und weniger postoperativen Frakturen führt. Daher kann eine Fortsetzung der Bisphosphonattherapie bei geplanter Endoprothetik empfohlen werden.</p> <h2>Teriparatid und Endoprothetik</h2> <p>Teriparatid ist ein rekombinantes humanes Derivat des Parathormons und hat einen osteoanabolen Effekt. Es ist zur Therapie der postmenopausalen, der Steroid-induzierten und der männlichen hypogonadalen Osteoporose zugelassen. Teriparatid wird täglich als subkutane Injektion verabreicht. Off-label kommt Teriparatid auch zur Unterstützung der Knochenheilung zur Anwendung. <br />In einer experimentellen Studie an Hunden verbesserte sich durch die Anwendung von Teriparatid die Integration des Implantates bei Press-fit-Technik und die Einheilung des Implantats in den umliegenden Knochen.<br />Zwei Fallberichte beschreiben eine Verbesserung des radiologischen Verlaufs bei aseptischen Lockerungen von HTEP, ein weiterer bei aseptischer Lockerung einer KTEP.<br />Eine Studie aus Taiwan untersuchte den Effekt einer Teriparatidtherapie bei osteoporotischen Schenkelhalsfrakturen, die mit zementfreien Kopfendoprothesen versorgt wurden. In der Interventionsgruppe zeigte sich eine signifikant geringere Schaftmigration 6 sowie 12 Wochen nach Implantation verglichen mit der Kontrollgruppe. <br />Eine andere Studie untersuchte die Auswirkung von Teriparatid auf die periprothetische Knochendichte bei HTEP, verglichen mit Alendronat sowie Placebo. In der Teriparatidgruppe zeigte sich eine signifikant erhöhte Knochendichte im Vergleich zu Placebo, jedoch waren die Werte vergleichbar mit Alendronat. Dieser Effekt konnte in einer rezenten Studie auch bei Patienten mit KTEP bestätigt werden. Ein Jahr nach Implantation zeigte sich in der Interventionsgruppe eine signifikant höhere Knochendichte in den untersuchten periprothetischen Arealen sowohl femoral als auch tibial, verglichen mit der Kontrollgruppe.<br />Der Effekt von Teriparatid auf die tibiale Implantatmigration bei KTEP wurde in einer randomisierten Studie an 50 Patienten untersucht. Die Patienten in der Interventionsgruppe erhielten ab dem ersten postoperativen Tag einmal täglich eine subkutane Injektion von 20µg Teriparatid über 2 Monate postoperativ. Primärer Endpunkt war die Migration 1 bzw. 2 Jahre postoperativ. Es konnte jedoch kein signifikanter Unterschied in den beiden Studiengruppen festgestellt werden.<br />Die vorliegenden Daten sprechen dafür, dass Teriparatid als Adjuvans zur Unterstützung der ossären Integration bei zementfreien Implantaten sowie zum Erhalt der periprothetischen Knochendichte verwendet werden kann. Dies gilt insbesondere für Patienten mit Osteoporose und schlechter Knochenqualität.</p> <h2>Denosumab und Endoprothetik</h2> <p>Denosumab ist ein IgG2-Anti-RANKL-Antikörper, der im Knochenstoffwechsel die Effekte von Osteoprotegerin (OPG) imitiert, mit hoher Affinität am „receptor activator of nuclear factor kappa B ligand“ (RANKL) bindet und so dessen Interaktion mit dem „receptor activator of nuclear factor kappa B“ (RANK) hemmt. Somit werden die Osteoklastendifferenzierung und in weiterer Folge die Knochenresorption reduziert. Die Datenlage hinsichtlich des Effekts von Denosumab auf HTEP oder KTEP ist gering.<br />Eine rezente Studie aus Skandinavien untersuchte den Effekt von Denosumab auf die tibiale Implantatmigration bei KTEP in einer randomisierten Studie an 50 Patienten. Die Patienten erhielten eine Denosumabinjektion am ersten postoperativen Tag sowie ein weiteres Mal 6 Monate postoperativ. Primärer Endpunkt war die Migration 1 bzw. 2 Jahre postoperativ. In der Gruppe mit Denosumabtherapie zeigte sich eine signifikant geringere Migration gegenüber Placebo nach einem sowie zwei Jahren. Da die Studienautoren auch die zuvor beschriebene Studie hinsichtlich der Prothesenmigration und Teriparatid durchgeführt hatten, schlussfolgerten sie, dass vermutlich die Hemmung der Knochenresorption von größerer Bedeutung ist als die osteoanabole Stimulierung im postoperativen Verlauf bei KTEP. <br />Aufgrund der geringen Daten kann man bezüglich Denosumab zum aktuellen Zeitpunkt keine Empfehlungen hinsichtlich Endoprothesen aussprechen.</p> <h2>Heterotope Ossifikationen</h2> <p>Heterotope Ossifikationen, also die Bildung von periartikulärem Knochen, sind häufige Komplikationen nach Trauma, aber auch als Folge der Implantation von Endoprothesen zu sehen. Im Regelfall ist die Formation einer heterotopen Ossifikation klinisch nicht relevant, sie kann jedoch im Einzelfall Schmerzen und funktionelle Einschränkungen bewirken. Häufig sieht man heterotope Ossifikationen bei Männern und bei Patienten mit bestimmten rheumatischen Erkrankungen, wie beispielsweise der ankylosierenden Spondylitis. <br />Eine klinische Studie untersuchte das Auftreten von heterotopen Ossifikationen 6 Monate nach Implantation von HTEP und den Einfluss der Gabe von Etidronat versus Indomethacin auf die Formation. Zwischen den beiden Präparaten konnte kein Unterschied festgestellt werden.<br />Eine weitere kleinere Studie zeigte, dass Pamidronat heterotope Ossifikationen nach HTEP reduzieren kann.</p> <h2>Empfehlungen</h2> <p>Wie diese Übersicht zeigt, ist der Anteil von Patienten mit reduzierter Knochenqualität unter den endoprothetisch zu versorgenden Patienten hoch. Daher erscheint es sinnvoll, die Knochenqualität von Patienten bei geplanter Endoprothesenimplantation präoperativ zu evaluieren. Bei Bedarf sollten Patienten über eine notwendige Kalzium- und Vitamin-D-Supplementation unterrichtet werden. Darüber hinaus erscheint es sinnvoll, perioperativ physiologische Vitamin-D-Spiegel anzustreben. Medikamente, die bekannte negative Auswirkungen auf die Knochenqualität haben, wie beispielweise Protonenpumpeninhibitoren oder Glukokortikoide, sollten pausiert oder zumindest in niedrigstmöglicher therapeutischer Dosis verabreicht werden. Bei postmenopausalen Frauen, Männern über 70 Jahre und Frauen und Männern mit einem erhöhten Risiko für Osteo­porose sollte innerhalb von 2 Jahren nach Implantation einer HTEP oder KTEP eine Knochendichtemessung durchgeführt werden. Ein weiteres Instrument, das zur individuellen Frakturrisikoeinschätzung verwendet werden kann, ist das „Fracture Risk Assessment Tool“ (FRAX). FRAX ermöglicht es, anhand diverser patientenbezogener Faktoren das 10-Jahres-Frakturrisiko zu bestimmen. FRAX kann mit der Knochendichtemessung kombiniert und somit präzisiert werden.<br />Bei Patienten mit reduzierter Knochenqualität sollte eine Therapie mit Bisphosphonaten oder Teriparatid in Betracht gezogen werden, weil damit die ossäre Integration zementfreier Implantate und die Standzeit der Implantate erhöht sowie periprothetische Frakturen und Frakturen im Allgemeinen reduziert werden können. Bei Patienten mit manifester Osteoporose kann die Zementierung von Prothesenkomponenten (im Speziellen bei HTEP und KEP) in individuellen Fällen erforderlich werden. Diese Entscheidung obliegt beim aktuellen Wissensstand dem Chirurgen.</p></p>
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<p>Beim Verfasser</p>
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