
Osteoporose bei rheumatologischen Erkrankungen
Jatros
Autor:
Priv.-Doz. Dr. Roland Kocijan
II. Medizinische Abteilung, Krankenhaus der<br> Barmherzigen Schwestern Wien<br> E-Mail: roland.kocijan@bhs.at
30
Min. Lesezeit
30.03.2017
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<p class="article-intro">Rheumatologische Gelenkserkrankungen sind mit lokalem und systemischem Knochenverlust und erhöhtem Frakturrisiko assoziiert. Frühzeitige diagnostische Abklärung und therapeutische Intervention sind daher angezeigt. Die DVO-Leitlinien sowie internationale Fachgesellschaften geben klare Empfehlungen zum Osteoporosemanagement ab.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Rheumatologische Gelenkserkrankungen sind mit einem erhöhten Frakturrisiko verbunden.</li> <li>Klare Empfehlungen gibt es für die rheumatoide Arthritis und die axialen Spondylarthropathien.</li> <li>Die Leitlinien der DVO, EULAR und ACR sind hilfreich im Management der sekundären Osteoporose bei rheumatologischen Erkrankungen und der GIOP.</li> <li>Zur Therapie stehen die peroralen und intravenösen Bisphosphonate, Denosumab sowie das osteoanabole Teriparatid zur Verfügung.</li> </ul> </div> <p>Rheumatologische Erkrankungen wie die rheumatoide Arthritis (RA) oder die Spondylarthropathien (SpA) zeichnen sich durch chronische Inflammation aus. Folglich kommt es einerseits zu lokalen entzündlichen Veränderungen wie Knochenerosionen oder Syndesmophyten, andererseits zu systemischem Knochenverlust und sekundärer Osteoporose. Abgesehen von einer niedrigen Knochenmineraldichte sind rheumatologische Erkrankungen auch mit trabekulären und kortikalen Knochenmikrostrukturdefekten vergesellschaftet. Niedrigtraumatische periphere und vertebrale Frakturen sind die Folge.<br /> Die österreichischen und deutschen Gesellschaften für Osteologie beziehungsweise Rheumatologie (ÖGR, ÖGKM, DGRH) orientieren sich weitgehend an den Osteoporose-Empfehlungen des Dachverbandes für Osteologie (DVO, www.dvosteologie. org).</p> <h2>Rheumatoide Arthritis</h2> <p>Zytokine wie TNF-a, Interleukin IL-1 oder IL-6 aktivieren bei RA-Patienten über das RANKL(„receptor activator of NF-?B ligand“)-System, M-CSF („macrophage colony-stimulating factor“) oder direkt über den TR1-Rezeptor knochenresorbierende Osteoklasten. Eine entscheidende Rolle spielen aber auch Autoantikörper gegen citrullinierte Proteine (ACPA oder Anti-CCP). Diese können, ganz unabhängig von Inflammation, zur osteoklastären Differenzierung, Knochenresorption und damit zu systemischem Knochenverlust führen. ACPA sind nicht nur ein ungünstiger prognostischer Marker für lokale Knochenerosionen, sondern auch für systemischen Knochenverlust. Ein signifikant stärkerer trabekulärer und kortikaler Knochenmikrostrukturdefekt wurde bei ACPApositiven RA-Patienten verglichen mit ACPA-negativen RA-Patienten gefunden.<br /> In den DVO-Leitlinien von 2014 werden klare Empfehlungen zu Diagnose, Prävention und Therapie der Osteoporose bei RA gegeben. So wird RA von der DVO als mäßiger Risikofaktor für Frakturen angesehen (relatives Risiko 1,4 für alle osteoporotischen Frakturen und 1,7 für proximale Femurfrakturen). Aufgrund der häufigen Assoziation mit zusätzlichen Risiken wie Immobilität und Glukokortikoidtherapie empfiehlt die Leitliniengruppe der DVO bei allen RA-Patienten eine Basisdiagnostik und die Durchführung einer Knochendichtemessung mittels DXA. Eine spezifische Osteoporosetherapie soll dann mit Anhebung der Therapiegrenze um +0,5 (T-Score) erfolgen. Die ACPAs werden in den Leitlinien nicht als zusätzlicher Risikofaktor erwähnt.</p> <h2>Psoriasisarthritis und axiale Spondylarthropathien</h2> <p>Im Gegensatz zur RA sind die Daten zu Psoriasisarthritis (PsA) und systemischem Knochenverlust widersprüchlich. Niedrige, normale oder sogar hohe Knochendichtewerte wurden bei PsA-Patienten beschrieben. Die Ursache dürften periosteale Knochenneubildungen sein, die zu einer falsch hohen Knochenmineraldichte – gemessen mittels 2-dimensionaler DXA – führen. Hochauflösende 3-dimensionale Strukturanalysen wie die HR-pQCT-Technik zeigten jedoch bei PsA-Patienten einen vor allem trabekulären Strukturdefekt und Mineraldichteverlust. Ein erhöhtes Risiko für vertebrale und periphere Frakturen wurde bei PsA-Patienten beschrieben. Trotz nachgewiesenen erhöhten Frakturrisikos ist eine spezifische Empfehlung zum Osteoporosemanagement bei PsAPatienten in den nationalen und internationalen Leitlinien aber nicht zu finden.<br /><br /> Auch die axiale SpA (ankylosierende Spondylitis) ist mit einem mäßig erhöhten Frakturrisiko (relatives Risiko 1,5) assoziiert und wird in den DVO-Leitlinien erwähnt. Eine generelle Diagnostik wird für Frauen erst ab dem 60. Lebensjahr und für Männer ab dem 70. Lebensjahr empfohlen. Die European League Against Rheumatism (EULAR) empfiehlt bei Patienten mit axialer SpA ohne Syndesmophyten die Diagnostik mittels DXA der Hüfte und LWS. Bei Patienten mit Syndesmophyten im konventionellen Röntgen sollte eine DXA-Messung der Hüfte erfolgen, ergänzt durch ein QCT oder durch eine DXA der LWS in Lateralaufnahme. Letztere Methode hat sich hierzulande nicht durchgesetzt und scheint unpraktisch. Wie bei der RA soll auch bei den axialen Spondylarthropathien eine spezifische Osteoporosetherapie bereits bei um +0,5 höherem T-Score begonnen werden.</p> <h2>Systemischer Lupus erythematodes (SLE)</h2> <p>Strukturdefekte und eine hochgradig reduzierte Knochenmineraldichte wurden auch bei Patienten mit SLE beobachtet. Da es sich bei SLE um eine äußerst inhomogene Erkrankung handelt und in den durchgeführten Studien beinahe alle Patienten unter einer Glukokortikoid(GC)-Therapie standen, ist der Einfluss der Entzündung nur schwer zu trennen vom Einfluss der GC-Therapie. Fest steht jedoch, dass es bei SLE-Patienten unter GC-Therapie zu einem rasanten trabekulären Knochenverlust und raschen Anstieg der kortikalen Porosität kommt. Der SLE ist in den Osteoporoseleitlinien nicht explizit erwähnt, aber im „QFracture Score“, einem rein klinischen Frakturvorhersagemodell, berücksichtigt.</p> <h2>Glukokortikoid-induzierte Osteoporose (GIOP)</h2> <p>Die GC-Therapie ist ein wesentlicher zusätzlicher Risikofaktor für systemischen Knochenverlust und niedrigtraumatische Frakturen bei Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen. Eine GC-Therapie (Aprednislonäquivalent >5mg/d über mehr als 3 Monate) ist somit ein wesentlicher Risikofaktor für Osteoporose sowie niedrigtraumatische Frakturen und sollte frühzeitig berücksichtigt werden. Das Frakturrisiko ist dosisabhängig, von Geschlecht, Alter und Knochendichte jedoch weitgehend unabhängig. Zur Therapie der GIOP stehen nach den Guidelines des American College of Rheumatology (ACR) orale und intravenöse Bisphosphonate sowie das osteoanabole Teriparatid zur Verfügung. Teriparatid führt nicht nur zu einer Reduktion von vertebralen und peripheren Frakturen, sondern hat ebenso einen positiven Einfluss auf Schmerzverhalten, Mobilität und Depression. Teriparatid scheint daher bei Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen vorteilhaft zu sein.<br /> Kürzlich wurden die ersten Ergebnisse einer zweijährigen Phase-III-Studie zum RANKL-Antikörper Denosumab bei Patienten mit GIOP veröffentlicht (ClinicalTrials. gov Identifier: NCT01575873). Denosumab führte nach 12 Monaten sowohl bei Patienten mit neu initiierter als auch bei Patienten mit bereits laufender GC-Therapie zu einem signifikanten Knochendichtezugewinn, verglichen mit dem peroralen Bisphosphonat Risedronat. Ein mögliches erhöhtes Infektionsrisiko durch die Kombination von Denosumab mit biologischen DMARDs („disease modifying anti-rheumatic drugs“) wie TNF- a-Blockern wurde in den letzten Jahren wiederholt diskutiert. Aktuelle Studien belegen nun, dass schwere Infektionen bei Patienten unter biologischer DMARD-Therapie mit und jenen ohne Denosumab gleich häufig auftreten. In einer weiteren Studie traten unter der Kombination Denosumab + biologisches DMARD nicht mehr Infektionen auf als unter der Kombination des i.v. verabreichten Bisphosphonats Zoledronsäure + biologisches DMARD. Denosumab scheint somit eine sichere Alternative für Patienten mit rheumatologischen Gelenkserkrankungen und Osteoporose zu sein.</p></p>
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