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Knochenverlust in der Revisionsendoprothetik des Kniegelenks

<p class="article-intro">Viele Details machen die Revision einer Knietotalendoprothese zu einem komplexen Unterfangen – nur bei adäquater Adressierung sämtlicher Faktoren sind optimale Voraussetzungen für ein gutes Outcome gegeben. Einen Hauptfaktor stellt der epi- und metaphysäre Knochenverlust dar, insbesondere nach multiplen Voroperationen.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Ein f&uuml;hrendes Problem der KTEP-Revision sind Knochendefekte und die damit verbundene erschwerte Verankerung der Komponenten. Eine Fixierung in 2 von 3 Zonen ist anzustreben.</li> <li>Pr&auml;operative Defektanalyse mittels Bildgebung und Planung der Behandlungsstrategie sind entscheidend f&uuml;r den langfristigen Therapieerfolg. Die Defektgr&ouml;&szlig;e wird eher unter- als &uuml;bersch&auml;tzt.</li> <li>Metaphys&auml;re Sleeves kommen in AORI-Grad II&ndash;III zum Einsatz, sorgen in Kombination mit STEMs f&uuml;r eine verbesserte Kraft&uuml;bertragung in Epi-, Metaund Diaphyse sowie f&uuml;r Langzeitstabilit&auml;t via Osseointegration.</li> <li>Bei ausgepr&auml;gten Grad-IIIDefekten spielt die Erfahrung des Chirurgen in Planung und Anwendung der beschriebenen Techniken (auch kombiniert) eine entscheidende Rolle.</li> </ul> </div> <p>Trotz der Erfolgsgeschichte der Knietotalendoprothetik (KTEP) ist in rund 6,5 % der F&auml;lle nach 5 Jahren ein Revisionseingriff notwendig.<sup>1</sup> Die Gr&uuml;nde daf&uuml;r sind vielf&auml;ltig; zwei Hauptursachen einer KTEPRevision sind die periprothetische Infektion (PJI, ca. 15 % ) und die aseptische Lockerung (ca. 30 % ).<sup>2</sup> Insbesondere im Falle einer PJI ist mit erh&ouml;htem epi- und metaphys&auml;rem Knochenverlust aufgrund eines zweizeitigen Wechsels mit tempor&auml;rem Zementspacer bzw. wegen oft multipler Voroperationen zu rechnen. Dies kann die suffiziente Verankerung einer Revisionsendoprothese deutlich erschweren und muss vom Operateur entsprechend ber&uuml;cksichtigt werden.</p> <h2>Klassifikation</h2> <p>Im Zuge der pr&auml;operativen Planung werden die ersten Einsch&auml;tzungen der zu erwartenden Knochendefekte bereits pr&auml;operativ mittels Bildgebung (R&ouml;ntgen, CT) gewonnen. Zumeist wird das tats&auml;chliche, intraoperativ ersichtliche Defektausma&szlig; jedoch etwas untersch&auml;tzt.<sup>3</sup> Es existieren mehrere Klassifikationen zur Einteilung der heterogenen Gruppe der metaphys&auml;ren Knochendefekte. Die meistgenutzte ist die Klassifikation des Anderson Orthopaedic Research Institute (AORI) nach Engh (Abb. 1, Tab. 1).<sup>4</sup> Diese Klassifikation unterscheidet 4 Gruppen unterschiedlicher Defektausma&szlig;e.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Ortho_1904_Weblinks_jatros_ortho_1904_s17_abb1_klim.jpg" alt="" width="425" height="395" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Ortho_1904_Weblinks_jatros_ortho_1904_s16_tab1_klim.jpg" alt="" width="550" height="413" /></p> <h2>Behandlung</h2> <p>Um die in der Revisionsendoprothetik anzustrebende Fixierung in 2 von 3 Zonen zu erreichen (Epi-, Meta- und Diaphyse, Konzept der Zonen-Fixierung<sup>5</sup>) ist bei vorhandenen Defekten zun&auml;chst auf die Behandlung dieser zu achten. Die Methoden reichen vom Einbringen kleinerer Mengen Knochenzements bis hin zu Knochengrafts, Metallaugmenten und metaphys&auml;ren Sleeves und Cones. Die empfohlenen Methoden sind im Folgenden nach dem Defektgrad gelistet.</p> <p><strong>Grad I</strong><br /> Bei in sich geschlossenen Defekten kann eine schlichte Auff&uuml;llung mit Knochenzement erfolgen &ndash; diese Technik ist jedoch aufgrund der unterlegenen Kraft&uuml;bertragung im Vergleich zu spongi&ouml;sem Knochen sowie der Erm&uuml;dungseigenschaften des Zements in erster Linie auf kleinere Defekte bei Patienten mit niedrigem Leistungsanspruch beschr&auml;nkt. Eigen- oder Fremdtransplantate von spongi&ouml;sem Knochen k&ouml;nnen mit dem St&ouml;&szlig;el eingeschlagen werden und bieten im Vergleich zu Knochenzement verschiedene Vorund Nachteile. Oftmals k&ouml;nnen in der postoperativen Bildgebung eine Integration sowie Remodellierung des eingebrachten Knochens beobachtet werden. Es besteht jedoch auch die Gefahr der Resorption und Malunion dieser je nach Defektgr&ouml;&szlig;e mit betr&auml;chtlichem Aufwand verbundenen Technik.<sup>6, 7</sup></p> <p><strong>Grad IIa/IIb</strong><br /> Ausgepr&auml;gte epi- und metaphys&auml;re Defekte m&uuml;ssen auf unterschiedliche Art und Weise, je nach Lokalisation und Ausma&szlig;, adressiert werden. Prothesenaugmente in Form von Bl&ouml;cken und Keilen (ca. 5&ndash;15 mm) erlauben es dem Operateur, die Revisionsprothese individuell an die intraoperativen Gegebenheiten anzupassen und so eine m&ouml;glichst gro&szlig;e Auflagefl&auml;che zu schaffen. Weiters k&ouml;nnen die H&ouml;he des Gelenksspalts (sowie Beuge- und Streckspalt-Balancierung) und das Alignment wiederhergestellt werden. Strukturelle (Bulk-)Knochentransplantate bieten die M&ouml;glichkeit des Wiederaufbaus des Patientenknochens und minimieren somit den Knochenverlust. Die Vorteile dieser Technik umfassen die hohe Flexibilit&auml;t und die M&ouml;glichkeit, auch gr&ouml;&szlig;ere, die Corticalis betreffende Defekte aufzuf&uuml;llen. Die Nachteile sind, neben den wie bereits bei spongi&ouml;sen Transplantaten beschriebenen, die notwendige Erfahrung mit dieser komplexen Rekonstruktionsmethode wie auch die oft schlechte Verf&uuml;gbarkeit geeigneter Fremdknochen.<sup>7, 8</sup></p> <p><em>Metaphys&auml;re Sleeves und Cones</em><br /> Einen anderen Behandlungsansatz bieten die in verschiedenen Gr&ouml;&szlig;en erh&auml;ltlichen metaphys&auml;ren Sleeves und por&ouml;sen Cones. Diese werden nach entsprechender Pr&auml;paration (Nachteil: Knochenverlust), welche sich im Vergleich zu anderen Techniken einfacher gestaltet, in die Metaphyse eingebracht. Mittels gleichm&auml;&szlig;iger Verteilung der biomechanischen Kr&auml;fte (in Kombination mit STEMs auf 3 Zonen) ist die unmittelbar postoperative Vollbelastung die Regel. Die Osseointegration im Bereich der por&ouml;sen Oberfl&auml;che sorgt laut rezenten mittelfristigen Studienergebnissen beider Techniken f&uuml;r niedrige aseptische Lockerungsraten (0&ndash;3 % ).<sup>9&ndash;12</sup> In einer retrospektiv untersuchten Patientenkohorte, welche an der Universit&auml;tsklinik f&uuml;r Orthop&auml;die und Traumatologie Graz im Zeitraum zwischen 2005 und 2015 eine KTEP-Revision mittels metaphys&auml;rer Sleeve-Verankerung erhielt, konnten diese Ergebnisse best&auml;tigt werden. Die Untersuchung umfasste 92 Patienten und zeigte bei einem mittleren Follow-up von 6,3 Jahren 0 % aseptische Lockerungen, zufriedenstellende Scores (Knee Society Score, WOMAC, SF-36) sowie radiologische Zeichen der Osseointegration an der Knochen-Sleeve-Oberfl&auml;che in 97 % .<sup>13</sup></p> <p><strong>Grad III</strong><br /> Aufgrund der ein- oder beidseitigen Kollateralbandinsuffizienz ist bei Knochendefekten Grad III nach AORI ein (teil-)gekoppeltes bzw. achsengef&uuml;hrtes Prothesendesign zu w&auml;hlen. Zur Behandlung der ausgepr&auml;gten Knochendefekte und suffizienten oss&auml;ren Prothesenverankerung erweisen sich wiederum die bereits beschriebenen Methoden (Bulk- Knochentransplantate, Augmente, metaphys&auml;re Sleeves und Cones) als Mittel der Wahl. Diese k&ouml;nnen auch in Kombination angewandt werden. Speziell angefertigte Komponenten und/oder Tumorprothesen kommen in F&auml;llen zum Einsatz, in denen die bereits beschriebenen Methoden nicht ausreichen, um einen suffizienten Halt zu gew&auml;hrleisten.<sup>14</sup> Die exakte pr&auml;operative Bildgebung zur Erhebung der kn&ouml;chernen Verh&auml;ltnisse (D&uuml;nnschicht- CT distales Femur, proximale Tibia) und die individuelle Fallplanung spielen in diesen F&auml;llen eine wichtige Rolle.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Labek G et al.: Revision rates after total joint replacement: cumulative results from worldwide joint register datasets. J Bone Joint Surg Br 2011; 93(3): 293-7 <strong>2</strong> Sadoghi P et al.: Revision surgery after total joint arthroplasty: a complicationbased analysis using worldwide arthroplasty registers. J Arthroplasty 2013; 28(8): 1329-32 <strong>3</strong> Mulhall KJ et al.: Radiographic prediction of intraoperative bone loss in knee arthroplasty revision. Clin Orthop Relat Res 2006; 446: 51-8 <strong>4</strong> Engh GA, Ammeen DJ: Bone loss with revision total knee arthroplasty: defect classification and alternatives for reconstruction. Instr Course Lect 1999; 48: 167-75 <strong>5</strong> Morgan-Jones R et al.: Zonal fixation in revision total knee arthroplasty. Bone Joint J 2015; 97-B(2): 147-9 <strong>6</strong> Huff TW, Sculco TP: Management of bone loss in revision total knee arthroplasty. J Arthroplasty 2007; 22(7 Suppl 3): 32-6 <strong>7</strong> Sculco PK et al.: The management of bone loss in revision total knee arthroplasty: rebuild, reinforce, and augment. Bone Joint J 2016; 98-B(1 Suppl A): 120-4 <strong>8</strong> Cuckler JM: Bone loss in total knee arthroplasty: graft augment and options. J Arthroplasty 2004; 19(4 Suppl 1): 56-8 <strong>9</strong> Graichen H et al.: Direct, cementless, metaphyseal fixation in knee revision arthroplasty with sleeves - short-term results. J Arthroplasty 2015; 30(12): 2256-9 <strong>10</strong> Martin-Hernandez C et al.: Mid-term results for metaphyseal sleeves in revision knee surgery. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 2017; 25(12): 3779-85 <strong>11</strong> Kamath AF et al.: Porous tantalum metaphyseal cones for severe tibial bone loss in revision knee arthroplasty: a five to nine-year follow-up. J Bone Joint Surg Am 2015; 97(3): 216-23 <strong>12</strong> Lachiewicz PF, Watters TS: Porous metal metaphyseal cones for severe bone loss: when only metal will do. Bone Joint J 2014; 96-B(11 Supple A): p. 118-21 <strong>13</strong> Klim SM et al.: Septic revision total knee arthroplasty: treatment of metaphyseal bone defects using metaphyseal sleeves. J Arthroplasty 2018; 33(12): 3734-8 14 Ponzio DY, Austin MS: Metaphyseal bone loss in revision knee arthroplasty. Curr Rev Musculoskelet Med 2015; 8(4): 361-7</p> </div> </p>
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