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Intramedulläre Verlängerung trotz Femurpseudoarthrose

<p class="article-intro">Bei einem 48-jährigen Patienten bei Zustand nach Motorradunfall mit Femurpseudoarthrose und Achsenfehlstellung in 2 Ebenen wurde alternativ zur Behandlung mit Fixateur externe eine Achsenkorrektur und Pseudoarthrosenbehandlung mittels Osteosynthesenplatte und anschließender intramedullärer Verlängerung (Typ Precice<sup>®</sup>) durchgeführt.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Der Patient hatte sich im Rahmen eines Motorradunfalls eine komplexe drittgradig offene Oberschenkeltr&uuml;mmerfraktur mit begleitender Patellafraktur zugezogen. Er wurde prim&auml;r in einem ausw&auml;rtigen Krankenhaus behandelt und kam zur Verlaufskontrolle 4 Monate nach dem Trauma in unsere Ambulanz, da sich die Schmerzen seit der Operation nicht reduziert hatten. Ein erster Therapieversuch durch den Patienten selbst war eine Behandlung mit einem niederenergetisch gepulsten Ultraschallger&auml;t f&uuml;r zu Hause. Der erwartete Effekt einer schnelleren Knochenheilung blieb jedoch aus.</p> <p>Beim Erstgespr&auml;ch und der klinischen Untersuchung pr&auml;sentierte sich der Patient mit St&uuml;tzkr&uuml;cken und einer Schuherh&ouml;hung um 7cm auf der rechten Seite. Die Kniebeweglichkeit war mit S 0-0-30 eingeschr&auml;nkt. Die Schmerzen fokussierten sich vorwiegend auf den Bereich der Oberschenkelmuskulatur. Im ersten Kontrollr&ouml;ntgen zeigte sich eine laterale Oberschenkelplatte mit deutlicher Tr&uuml;mmerzone und Retrokurvation von 20 Grad. Die kan&uuml;lierte Verschraubung der Patella war bereits kn&ouml;chern konsolidiert.<br /> Zur Beurteilung der Frakturheilung wurde nach 6 Monaten eine CT-Untersuchung durchgef&uuml;hrt. Es zeigte sich keine kn&ouml;cherne Durchbauung bei unver&auml;nderter Schmerzsymptomatik des Patienten, sodass eine Operation oder eine Ossatronbehandlung indiziert war.</p> <p>Aufgrund der zunehmenden Varisierung entschieden wir uns f&uuml;r eine operative Sanierung. Bei der Operation erfolgten eine Entfernung des gesamten Osteosynthesematerials am distalen Oberschenkel sowie die Entfernung der kan&uuml;lierten Schrauben aus der Kniescheibe. Die Pseudoarthrose wurde reseziert und 4 x 14mm bikortikale Zylinder aus dem kontralateralen Beckenkamm als Spongiosaplastik eingebracht. Eine neuerliche Reposition mit Varusaufhebung und Retrokurvationsverbesserung wurde durchgef&uuml;hrt und eine laterale Oberschenkelplatte (&bdquo;less invasive stabilization system&ldquo;, LISS) implantiert. Abschlie&szlig;end wurde mit Spongiosa und aktivierten Thrombozyten (GPS) aufgef&uuml;llt.</p> <p>Das Nachbehandlungskonzept wurde mit 10kg Teilbelastung f&uuml;r 6 Wochen und 30kg Teilbelastung bis zur 9. postoperativen Woche festgelegt. Motorschiene, Heilgymnastik und Lymphdrainagen kamen ab dem 3. postoperativen Tag zum Einsatz.<br /> Die CT-Kontrolle 5 Monate postoperativ zeigte eine zunehmende &Uuml;berbr&uuml;ckung der Fraktur und sichtbare Kallusbildung. Der Patient berichtete &uuml;ber eine Schmerzreduktion und es wurde eine Kniebeweglichkeit von S 0-0-80 Grad festgestellt.</p> <p>Aufgrund der kortikalen Durchbauung und der Schmerzreduktion wurde beim Patienten eine Folgeoperation mit Verl&auml;ngerung des Femurs intramedull&auml;r vom Typ Precice<sup>&reg;</sup> geplant und 2 Monate sp&auml;ter durchgef&uuml;hrt. Pr&auml;operativ erfolgte eine Ganzbeinaufnahme zur Bestimmung der auszugleichenden L&auml;ngenverh&auml;ltnisse.</p> <p>Bei dieser Operation wurde die laterale Femurplatte entfernt. Nachfolgend wurde eine intraoperative Stabilit&auml;ts&uuml;berpr&uuml;fung durchgef&uuml;hrt. Des Weiteren erfolgten eine Osteotomie und Aufbohrung des Markraumes von proximal bis auf 14,5mm. Ein 245mm langer und 12,5mm starker Precice<sup>&reg;</sup>-Verl&auml;ngerungsmarknagel wurde eingebracht. Proximal und distal wurde der Marknagel mit jeweils 2 gut sitzenden Verriegelungsschrauben verankert. Beim Einf&uuml;hren wurde die Osteotomie komplettiert. Am Ende der Operation wurde eine Probedistraktion von 1mm vorgenommen, um die Funktion des Nagels zu pr&uuml;fen.</p> <p>Die Nachbehandlung begann mit einer 10kg Teilbelastung und wurde nach 6 wochen auf maximal 20kg Teilbelastung bis zum Abschluss der Konsolidierungsphase gesteigert. Eine Vollbelastung konnte ab Woche 3 nach Beendigung der Distraktion erfolgen. Der Patient wurde instruiert, die Verl&auml;ngerung t&auml;glich bis 1mm selbstst&auml;ndig durchzuf&uuml;hren. Zuerst wurden w&ouml;chentliche R&ouml;ntgenkontrollen durchgef&uuml;hrt, danach wurde das Intervall auf 2 Wochen verl&auml;ngert.</p> <h2>Diskussion</h2> <p>Bei vorliegender Pseudoarthrose und Achsenfehlstellung eines R&ouml;hrenknochens wird h&auml;ufig eine Verl&auml;ngerung mit einem externen Fixateur nach Ilizarov durchgef&uuml;hrt. Aufgrund vieler m&ouml;glicher Komplikationen wie Pinlockerung und Infektion und, nicht zu vergessen, auch wegen der psychischen Belastung f&uuml;r den Patienten haben wir uns f&uuml;r zwei Folgeoperationen mit einer intramedull&auml;ren Verl&auml;ngerungsmethode entschieden. Bei der letzten klinischen Kontrolle zeigte sich der Patient ohne St&uuml;tzkr&uuml;cken mit einem unauff&auml;lligen Gangbild und einer Kniebeweglichkeit von S 0-0-105. Insgesamt verlief die Therapie f&uuml;r den Patienten sehr zufriedenstellend, da die Schmerzen auf ein Minimum reduziert waren und ein Tragen von Schuherh&ouml;hungen nicht mehr erforderlich war.</p> <p>In bereits vorausgegangenen Operationen einschlie&szlig;lich des hier dargestellten Falls mit dem intramedull&auml;ren Precice<sup>&reg;</sup>- Verl&auml;ngerungsmarknagel fiel bei der Distraktionsphase und Nachbehandlung dasselbe Schmerzmuster auf. Alle Patienten tolerierten die ersten 2,5cm Verl&auml;ngerung ohne nennenswerte Schmerz&auml;u&szlig;erungen. Eine dar&uuml;ber hinausgehende Verl&auml;ngerung f&uuml;hrte kontinuierlich zu einer Steigerung des Schmerzempfindens. Welche Faktoren (Knochen, Sehnen-, Nervenund/ oder Gef&auml;&szlig;dehnung) diesem Anstieg der Schmerzen zugrunde liegen, konnte bis dato nicht eruiert werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1704_Weblinks_ortho_1704__s66_abb1+2+3+4.jpg" alt="" width="2150" height="1570" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1704_Weblinks_ortho_1704__s67_abb5+6+7.jpg" alt="" width="2150" height="1361" /></p></p>
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