
Indikationsstellung zum Totalfemurersatz bei periprothetischen Frakturen
Jatros
Autor:
Prim. Prof. Dr. Mag. Bernd Stöckl
Abteilung für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, Klinikum Klagenfurt am Wörthersee
30
Min. Lesezeit
17.11.2016
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<p class="article-intro">Häufige Prothesenwechsel und mangelnde Qualität der Knochensubstanz machen den Einsatz von Megaprothesen und Totalfemursystemen notwendig. Bei sorgfältiger Planung der Operation und mit einem gut eingespielten Team (OP-Schwestern, Assistenten und Anästhesie) sind die Ergebnisse von Totalfemurversorgungen in diesen Grenzfällen als sehr zufriedenstellend bis zufriedenstellend zu betrachten.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>In Anbetracht der demografischen Entwicklung in Europa wird es bis zum Jahr 2050 zu einer Zunahme der Altersgruppe über 65 Jahre um 12,3 % kommen. Somit wird die Zahl der primären Endoprothesen um den gleichen Faktor zunehmen, ebenso die der Revisionen. Die Rate der periprothetischen Frakturen schwankt zwischen 3,0 % in Finnland und 15 % in den USA und wird sich ebenfalls um den obigen Faktor erhöhen. Laut Registerergebnissen sinkt die 10-Jahres-Überlebensrate nach der ersten Revision auf 74 % und nach der zweiten Revision auf 62 % , sodass die Knochensubstanz für jeden weiteren Wechsel der Prothese immer schlechter wird und auch aus diesem Grund die periprothetischen Frakturen zunehmen werden. Diese Prothesenwechselsituation führt zum immer stärkeren Einsatz von Megaprothesensystemen bis hin zum Einsatz von Totalfemursystemen als Ultima Ratio.</p> <h2>Indikationsstellung zum Totalfemur</h2> <p>Für eine suffiziente Prothesenverankerung benötigt man eine diaphysäre Verankerung über mindestens 6cm für den Schaft einer Revisionsprothese. Ist die Knochensituation schlecht wie bei massiver Osteoporose, sehr weitem Markraum, extrem dünner Kortikalis und bei intraoperativ zu erwartenden größeren Knochendefekten, so treten Versorgungen mit Totalfemursystemen in den Vordergrund. Ebenso wichtig für die Indikationsstellung sind der medizinische Status des Patienten, sein Alter und die Möglichkeit einer allfälligen Entlastung des zu operierenden Beins, wobei dies bei alten Patienten kaum mehr geht.</p> <p>Die Indikationsstellung muss einhergehen mit einer umfänglichen Anamnese und Abklärung betreffend liegendes Implantat, Infektion, Weichteilgewebe und Narben, medizinischen Status, Entzündungslabor und Bakteriologie (Histologie), Knochenscan und Granulozytenscan usw. Am wichtigsten erscheinen neben der umfänglichen Abklärung ein guter Plan für die Revision und ein Plan B für unliebsame intraoperative Überraschungen.</p> <p> </p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1606_Weblinks_s28.jpg" alt="Abb. 1,2" width="2159" height="768" /></p> <h2>Operationstechnik</h2> <p>Das Credo für solche Versorgungen sollte sein: „So viel wie notwendig und so wenig wie möglich!“, damit unsere Patienten den größten Nutzen aus unserem Vorgehen ziehen können. Das von mir verwendete Revisionssystem ist das Megasystem-C der Fa. Link, Hamburg, welches intraoperativ den Aufbau der Prothese in Zentimeterschritten erlaubt. Der Zugang erfolgt von lateral durch Vorklappen des Vastus lateralis, sodass eine Erweiterung nach oben und unten jederzeit möglich ist. Um Luxation zu vermeiden, verwenden wir an der Hüfte Tricups oder Großköpfe, je nach Situation.</p> <h2>Patienten</h2> <p>Zwischen Oktober 2002 und Februar 2014 implantierte ich in Innsbruck an der Universitätsklinik für Orthopädie und ab 2009 an der Abteilung für Orthopädie im Klinikum Klagenfurt insgesamt 30 Totalfemursysteme. Es wurden 22 Frauen und 7 Männer operiert mit einem mittleren Alter von 76 Jahren (45–88). Die Indikationen waren: Lockerung von Megaprothesen der Hüfte in 15 Fällen, wobei 4 massiv nach distal wanderten – teils mit Penetration in das Knie, und 14 periprothetische Frakturen (Abb. 1 und 2).</p> <h2>Ergebnisse</h2> <p>Wir konnten 19 Patienten nachuntersuchen, 8 waren nicht auffindbar und 2 waren verstorben (fulminante Pulmonalembolien, 1x postoperativ, 1x nach 4 Jahren). Ein Totalfemur wurde wegen Infektion nach 1 Jahr auf einen Totalfemurersatz gewechselt. In drei Fällen wurde eine Revision des Systems durchgeführt, in zwei Fällen wegen Hüftluxation und in einem Fall wegen o.g. Infektion. Der Bewegungsumfang der Hüften betrug im Mittel 85° Flexion (30–90) und derjenige der Knie 92° (30–110). Fast alle Fälle gingen mit einer Beinverlängerung einher. Das allgemeine Resultat war für die Patienten gut. 2 Patienten benützten als Gehhilfe eine Krücke, 3 zwei Krücken und einer benutzt einen Rollator.</p></p>
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