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Extrakorporaler Zementaustritt bei zementaugmentierten Pedikelschrauben im Rahmen der dorsalen Stabilisierung: vorläufige Ergebnisse
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22.03.2018
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<p class="article-intro">Instabile Wirbelkörperfrakturen, die einer operativen Versorgung bedürfen, stellen im osteoporotischen Knochen eine Herausforderung dar. Kanülierte und fenestrierte Pedikelschrauben, welche mittels Polymethylmethacrylat-Zement augmentiert werden, weisen biomechanisch eine erhöhte Ausreißkraft auf und verringern so das Risiko des Auslockerns der Schrauben (Choma TJ et al.: Spine J 2012). Jedoch birgt die Verwendung von PMMA-Zement das Risiko eines Zementaustritts, welcher neurologische und kardiovaskuläre Komplikationen mit sich bringen kann (Elder BD et al.: Spine J 2015).</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>In der traumatologischen Wirbelsäulenchirurgie zeigt sich seit Jahren eine Tendenz zu älter werdenden Patienten, welche den Operateur immer häufiger vor das Problem der damit verbundenen schlechteren Knochenqualität stellt. Eine frühzeitige Schraubenlockerung und somit eine Reduktion der Stabilität des internen Fixateurs sind beim osteoporotischen Wirbelkörper oft unvermeidlich (Paxinos O et al.: J Neurosurg Spine 2010). Eine daraus resultierende Revisionsoperation würde einerseits für den Patienten ein weiteres Operationstrauma bedeuten, andererseits liegen die technischen Anforderungen an den Operateur meist deutlich höher als bei der Primärversorgung.<br /><br /> Bei Vorliegen von Instabilitätskriterien bei osteoporotischen Wirbelkörperfrakturen ist die Verwendung von zementaugmentierten Pedikelschrauben im Rahmen der dorsalen Stabilisierung die Therapie der Wahl. Zur Auswahl stehen Zemente aus Polymethylmethacrylat (PMMA), Kalziumphosphat sowie Kalziumsulfat. Der PMMA-Zement weist eine höhere biomechanische Festigkeit im Wirbelkörper auf als die beiden anderen Zemente, weswegen er bevorzugt Verwendung findet (Wu XT et al.: Chinese J Trauma 2007).<br /><br /> Ein wichtiger Aspekt ist das Verhalten der zementaugmentierten Schrauben im Rahmen einer Revisionsoperation. Eine Arbeit von Blattert et al. (2009) zeigte in einer In-vitro-Untersuchung, dass die sekundäre Entfernung einer zementaugmentierten Pedikelschraube als unproblematisch anzusehen ist. Demnach sei die Verbindung zwischen der Schraubenoberfläche und der Schraubenumgebung so fragil, dass es bei der Verwendung eines Extraktionsdrehmoments zu keinem Durchdrehen der Konnektion zwischen Schraube und Zement kommt, sondern diese Verbindung bricht und die Schraube entfernt werden kann.</p> <h2>Methode</h2> <p>In dieser Arbeit wurde das Vorliegen eines extrakorporalen Zementaustritts bei kanülierten, fenestrierten polyaxialen Pedikelschrauben untersucht. Die Indikation zur zementaugmentierten Stabilisierung stellte sich in Zusammenschau des Alters der Patienten, des Vorliegens einer Osteoporose sowie der genauen Betrachtung und Einschätzung der präoperativen Bildgebung durch den Operateur zur Beurteilung der Knochenqualität. Wurde intraoperativ im Zuge des Pedikulierens eine schlechtere Knochenqualität vorgefunden als erwartet, wurde in einigen Fällen intraoperativ umentschieden von konventionellen zu zementaugmentierten Schrauben. Verwendet wurde das S4<sup>®</sup> Spinal System der Firma B. Braun.<br /><br /> Auf ein sauberes Einbringen des Führungsdrahtes und aller weiteren Instrumente ohne Überschreitung der Vorderkante wurde besonderes Augenmerk gelegt. Das Einbringen des Zements erfolgte in 0,5ml-Schritten, wobei nach jeder Injektion eine sofortige Kontrolle des Zementverhaltens durch einen Röntgen- Bildwandler in zwei Ebenen (ap und seitlich) erfolgte. Ebenso wurde ein niedriger Injektionsdruck angewendet und vor Implantation die Bildung eines mittelgradig viskösen Zements abgewartet.<br /><br /> Im Rahmen dieser retrospektiven Datenanalyse wurden die postoperativen CTBilder von 53 Patienten begutachtet, bei welchen eine zementaugmentierte dorsale Stabilisierung bei Vorliegen einer instabilen Wirbelkörperfraktur durchgeführt wurde. In einigen Fällen wurden mehrere Etagen instrumentiert, was eine Gesamtzahl von 278 augmentierten Pedikelschrauben ausmacht. Das mögliche Vorliegen eines Extravasats wurde anhand der CT-Bilder für jede Schraube einzeln ermittelt und im Falle einer Zementleckage wurde diese nach der Einteilung von Yeom JS et al. (J Bone Joint Surg 2003) wie folgt unterteilt (Abb. 1): Zementaustritt in den Spinalkanal durch die Vena basivertebralis (Typ B), durch die Vena segmentalis (Typ S) oder direkt durch einen kortikalen Defekt (Typ C).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Ortho_1802_Weblinks_s34_abb1.jpg" alt="" width="685" height="902" /></p> <h2>Ergebnisse</h2> <p>Ein Zementaustritt wurde bei 184 (66,2 % ) der 278 untersuchten Schrauben beobachtet. Am häufigsten konnte ein Zementaustritt entlang einer Vena segmentalis (Typ S) nachgewiesen werden (n= 111; 60,3 % ). Ein Zementaustritt nach Typ C wurde bei 59 Schrauben (32,1 % ) gefunden, eine extrakorporale Zementverteilung im Spinalkanal (Typ B) wurde am seltensten nachgewiesen (n=52; 28,3 % ). Bei 10 Schrauben (0,5 % ) handelte es sich um einen kombinierten Zementaustritt der Typen B und C, bei 28 Schrauben (15,2 % ) um die Typen S und B. Eine Kombination der Typen S und C wurde bei keiner Pedikelschraube beobachtet.</p> <h2>Schlussfolgerung</h2> <p>Ein Zementaustritt kommt häufiger vor, als aufgrund der intraoperativen Bildwandlerbilder vermutet wird. Zahlreiche Studien bestätigen die Ergebnisse unserer Arbeit, dass trotz sorgfältiger Operationstechnik ein Zementaustritt im Großteil der augmentierten Schrauben auftritt.<br /> Eine Zementleckage entlang einer Vena basivertebralis sowie entlang einer Vena segmentalis kann in den zur Verfügung stehenden Strahlengängen des Bildwandlers (ap und seitlich) nicht ausreichend beurteilt werden. Grund ist die konkave Hinterkante der Wirbelkörper im axialen Strahlengang, welche im lateralen Strahlengang als gerade Linie dargestellt wird. Somit sollte bereits bei Verdacht eine weitere Injektion von PMMAZement vermieden werden.<br /> Die Verteilung des Zements innerhalb einer Vene wird als weniger problematisch angesehen.<br /> Eine Perforation der ventralen Wirbelkörperbegrenzung ist mit den Instrumenten tunlichst zu vermeiden, dennoch kann es entsprechend der Frakturmorphologie auch zu einem kaum vermeidbaren Zementaustritt entlang der Fraktur kommen.<br /> Trotz der hohen Rate an Zementaustritten zeigte keiner unserer Patienten klinisch relevante Nebenwirkungen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Ortho_1802_Weblinks_s34_abb2_3.jpg" alt="" width="685" height="1629" /></p></p>
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