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Daumensattelgelenk

Endoprothese versus Suspensionsarthroplastik: mittelfristige Ergebnisse

<p class="article-intro">Die Implantation von Daumensattelgelenksprothesen zeigt einen deutlichen Aufwärtstrend. Trotzdem wird dieser Methode mit großer Skepsis begegnet. Die Resultate unserer retrospektiven Vergleichsstudie zeigen, dass DSG-Prothese und Arthroplastik in den klinischen Resultaten gleichwertig abschneiden.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die operative Versorgung der Rhizarthrose bietet mehrere M&ouml;glichkeiten. Neben dem Goldstandard der Resektionsarthroplastik, die in einer Vielzahl von unterschiedlichen Techniken Anwendung findet, sind die Arthrodese und die Implantation einer Daumensattelgelenks(DSG)-Endoprothese zu nennen.<br /> Die Arthrodese wird wegen ihrer funktionell m&auml;&szlig;igen Resultate und der Gefahr einer Pseudarthrose praktisch nicht mehr verwendet. Hingegen zeigt die Implantation einer DSG-Endoprothese einen deutlichen Aufw&auml;rtstrend. Dennoch wird dieser Methode in der handchirurgischen Gesellschaft mit gro&szlig;er Skepsis begegnet. Die Gr&uuml;nde sind vielf&auml;ltig. So wurden verschiedene Materialien und sehr unterschiedliche Designs getestet, die hohe Lockerungsraten und schlechte kurzfristige Resultate zeigten.<sup>1&ndash;3</sup><br /> Die derzeit am h&auml;ufigsten verwendeten und sicher auch erfolgreichsten Prothesenmodelle basieren alle auf modularen Systemen, die aus einer Kombination aus unterschiedlichen Schaftgr&ouml;&szlig;en mit geraden und inklinierten Hals-Kopf-Teilen und einer Pfanne aufgebaut sind. Die Implantation erfolgt vergleichbar mit der einer H&uuml;ftprothese.<sup>4</sup> Auch von diesen Endoprothesentypen gibt es derzeit eine gro&szlig;e Anzahl am Markt. Sie unterscheiden sich in der Art der Pfannenfixierung und der Gleitpaarung. Die Sch&auml;fte werden in der Regel mit einer Beschichtung zur besseren oss&auml;ren Integration angeboten und sind sich hinsichtlich Design und Pr&auml;paration sehr &auml;hnlich.<br /> Die Frage, die sich stellt, ist: Kann die Endoprothese im mittelfristigen Verlauf die Resultate der Arthroplastik erreichen? Ziel unserer retrospektiven Untersuchung war der klinische und radiologische Vergleich zweier Gruppen im Verlauf, wobei eine Gruppe mit einer DSG-Endoprothese und die andere mit einer Arthroplastik versorgt wurde.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1605_Weblinks_Seite72_1.jpg" alt="" width="382" height="934" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1605_Weblinks_Seite72_2.jpg" alt="" width="381" height="658" /></p> <h2>Patienten und Methode</h2> <p>Im Zeitraum von Mai 2007 bis Mai 2011 wurden 32 zementfreie DSG-Endoprothesen und 32 Arthroplastiken bei 52 weiblichen Patienten implantiert. In der Gruppe der DSG-Endoprothesen wurden 7 Patientinnen beidseits, in der Arthroplastik-Gruppe 5 Patientinnen beidseits versorgt. Das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Operation betrug in der DSG-Endoprothesen-Gruppe 59,2 Jahre, in der anderen Gruppe 63,1 Jahre. Die erste Nachuntersuchung wurde nach durchschnittlich 2 Jahren, die letzte Kontrolle nach durchschnittlich 6,7 Jahren durchgef&uuml;hrt.<br /> Die verwendete DSG-Endoprothese Typ Ivory (Firma Memometal, Styker, Medberg Solutions) wurde &uuml;ber einen dorsoradialen Zugang implantiert (Abb. 1). Die Nachbehandlung erfolgte in Form von zweiw&ouml;chiger Ruhigstellung mit einem Daumeneinschlussgips, danach erhielten die Patientinnen eine Ergoschiene f&uuml;r weitere 2 Wochen, eine Ergotherapie wurde nach Abnahme des Gipses begonnen. Die andere Gruppe wurde mit einer modifizierten Hammock-Plastik, einer Resektions-Suspensionsplastik, behandelt (Abb. 2).<sup>5</sup> Die postoperative Gips- und Schienenversorgung dauerte jeweils 1 Woche l&auml;nger.<br /> Die Nachuntersuchung beider Gruppen umfasste die Erhebung folgender klinischer Parameter: der Bewegungsumfang in radialer und palmarer Abduktion sowie Flexion und die Bewegungspr&uuml;fung nach Kapandji, die Kraftpr&uuml;fung hinsichtlich des Key-, des Pinch- und des Jamartests sowie die &Uuml;berpr&uuml;fung der Hyperextension des ersten Strahls. Zus&auml;tzlich wurden das Schmerzempfinden nach der VAS und der DASH-Score erhoben. Die radiologische Auswertung umfasste Handr&ouml;ntgen in zwei Ebenen zur Beurteilung der Prothese und der Stellung des Daumens nach durchgef&uuml;hrter Arthroplastik.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1605_Weblinks_Seite72_3.jpg" alt="" width="380" height="660" /></p> <h2>Resultate</h2> <p>Die Ergebnisse der VAS zeigten pr&auml;operativ und nach beiden Kontrollen der Gruppen einen &auml;hnlichen Verlauf. Gegen&uuml;ber dem pr&auml;operativen Zustand ergab sich eine signifikante Verbesserung der Schmerzsituation zu beiden postoperativen Zeitpunkten, jedoch kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen zu einem postoperativen Zeitpunkt (Tab. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1605_Weblinks_Seite70.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <p>Hinsichtlich der ROM zeigten die Gruppen zu beiden Nachkontrollen nur minimale Abweichungen voneinander (Tab. 2). Als einzig auffallend und signifikant h&ouml;her erwies sich die Hyperextension in der Gruppe der Arthroplastiken gegen&uuml;ber den Prothesen bei beiden Nachuntersuchungen.<br /> Der DASH zeigte einen Mittelwert von 18,78 nach 2 Jahren und einen Mittelwert von 21,04 nach 6,7 Jahren. Die entsprechenden Werte in der Prothesengruppe waren 19,84 und 21,21. So ergab sich auch in diesem Fall kein signifikanter Unterschied beider Gruppen.<br /> Die Auswertung der R&ouml;ntgenbilder der Prothesengruppe zeigte eine minimale Verl&auml;ngerung des Daumens um durchschnittlich 2mm. Die Auswertung zeigte keine Lockerung der Pfanne und des Schaftes. 5 Sch&auml;fte waren valgisch oder varisch implantiert, die restlichen zeigten eine orthograde Implantation. 13 Pfannen wiesen eine dezentrierte Lage auf. In der Arthroplastikgruppe kam es nach 2 Jahren zu einer Verk&uuml;rzung des Daumens um durchschnittlich 3mm, nach der letzten Untersuchung um 4mm. Nach 2 Jahren wiesen 2 Patienten und nach 6,7 Jahren 12 Patienten eine Hyperextension im Daumengrundgelenk auf.<br /> An Komplikationen gaben 6 Patienten beider Gruppen ein st&ouml;rendes Taubheitsgef&uuml;hl im Bereich des OP-Gebietes an. 1 Patient (3 % ) der Arthroplastikgruppe ben&ouml;tigte wegen einer Instabilit&auml;t eine Revision, in der Prothesengruppe wurden 4 Patienten (12,5 % ) einer Revision unterzogen. 1 Patient hatte eine Luxation, 3 weitere eine Vernarbung im Bereich des Ramus superficialis n. radii, die mittels Neurolyse behandelt wurde.<br /> Auf die Frage, ob die Patienten die gleiche OP nochmals durchf&uuml;hren lassen w&uuml;rden, antworteten 85 % der Arthroplastikgruppe und 94 % der Prothesengruppe mit &bdquo;Ja&ldquo;.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1605_Weblinks_Seite71.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Diskussion und Schlussfolgerung</h2> <p>Die Resultate unserer retrospektiven Vergleichsstudie zeigen, dass DSG-Prothese und Arthroplastik in den klinischen Resultaten gleichwertig abschneiden. Keine der beiden Methoden zeigt statistisch einen Vorteil, die Zufriedenheit ist in beiden Gruppen sehr hoch. Einzig die Hyperextension war signifikant unterschiedlich zwischen beiden Gruppen. Der Grund ist die vermehrte Beweglichkeit bei Streckung in der Arthroplastikgruppe, die teilweise als eine Instabilit&auml;t zu werten ist und als nicht erw&uuml;nscht angesehen werden kann. Beide Methoden f&uuml;hren zu einer sehr zufriedenstellenden Schmerzreduktion und einem guten funktionellen Ergebnis.<br /> Der h&auml;ufig ge&auml;u&szlig;erten Meinung, dass die DSG-Prothesen nur eine kurze Standzeit haben, kann widersprochen werden. Es zeigen verschiedene Berichte ein Versagen in der Fr&uuml;hphase nach einer Implantation, wobei dies haupts&auml;chlich auf Problemen im Pfannenbereich beruht.<sup>6&ndash;8</sup> So werden fr&uuml;he Pfannenlockerungen und auch Br&uuml;che des Trapeziums beschrieben, die nicht selten durch die fehlende chirurgische Erfahrung entstehen. So f&uuml;hrt ein zu tiefes und dezentriertes Pr&auml;parieren des Pfannenlagers unweigerlich zu einer schlechten prim&auml;ren Fixierung der Pfanne. Nur ein Prothesentyp zeigte wegen der verwendeten Gleitpaarung (MoM) ein Versagen im Verlauf mit dem typischen Bild einer Metallose und verschiedenen Folgekomplikationen. Dieses Produkt ist nicht mehr am Markt.<sup>7</sup> <br /> Aber auch die Arthroplastiken sind nicht ohne Probleme f&uuml;r den Patienten. Neben der Proximalisierung des ersten Strahls kommt es zu Instabilit&auml;ten, Nerven&shy;irritationen im OP-Gebiet, unangenehmen und therapieresistenten Narbenschmerzen und Schmerzen in der Zone der gewonnenen Sehne bei den Aufh&auml;ngeplastiken.<sup>9, 10</sup> Zus&auml;tzlich ist die postoperative Rehabilitation l&auml;nger und aufwendiger, ein Faktum, das besonders f&uuml;r berufst&auml;tige Personen &auml;lter als 50 Jahre in der heutigen Arbeitswelt ein wichtiges Entscheidungskriterium in Hinsicht auf die Behandlung darstellt.<br /> Die Entscheidung, welche der beiden Methoden verwendet wird, sollte sich aus folgenden Kriterien zusammensetzen: Alter, Alltagsaktivit&auml;ten und Berufsbild des Patienten sowie Form und Qualit&auml;t des Trapeziums. &Auml;lteren Patienten sollte wegen des geringeren Anspruchs und der wahrscheinlich schlechteren Knochenqualit&auml;t eine Arthroplastik angeboten werden, bei manuell schwer arbeitenden Personen zeigte sich in den Studien eine h&ouml;here Versagensrate bei den Prothesen. Neben der Knochenqualit&auml;t ist auch die Gr&ouml;&szlig;e des Trapeziums ein Entscheidungskriterium f&uuml;r die Verwendung einer Prothese: Ist die geforderte Tiefe des Knochens von mindestens 9mm nicht gegeben, kann die Pfanne nicht sicher implantiert werden. W&auml;hrend der OP ist neben einer sparsamen kn&ouml;chernen Resektion an den Gelenkspartnern und einem ausgiebigen Kapselrelease vor allem auf eine optimale zentrierte Implantation der Pfanne unter Verwendung eines Bildwandlers zu achten.<br /> Die Indikationsstellung zur Implantation einer Daumensattelgelenksprothese sollte stets kritisch gesehen werden und unter Beachtung der oben genannten Kriterien erfolgen. Diese Tatsache kennen wir auch von anderen Teilbereichen in der Endoprothetik, wie an der Schulter, dem Ellbogen oder dem Sprunggelenk. Sollten Zweifel bestehen, so steht uns mit der Arthroplastik immer noch eine verl&auml;ssliche Alternative zur Verf&uuml;gung, die gute klinische Resultate garantiert.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Szalay G et al: Handchir Mikrochir Plast Chir 2009; 41: 300-305 <strong>2</strong> Kaszap B et al: J Hand Surg Eur 2012; 37E(7): 610-616 <strong>3</strong> Martinez de Aragon JS et al: J Hand Surg Am 2009; 34: 205-212 <strong>4</strong> Eecken SV et al: Acta Orthop Belg 2012; 78: 724-729 <strong>5</strong> Mathoulin C et al: J Hand Surg Eur 2008; 33: 292-297 <strong>6</strong> Chakrabarti AJ et al: J Hand Surg Eur 1997; 22: 695-698 <strong>7</strong> Regnard J-P: J Hand Surg Eur 2006; 31: 621-628 <strong>8</strong> Skytt&auml; ET et al: J Hand Surg Eur 2005; 30: 395-400 <strong>9</strong> Belcher HJCR et al: J Hand Surg Eur 2000; 25B: 350-356 <strong>10</strong> Downing ND et al: J Hand Surg Am 2001; 26A: 862-868</p> </div> </p>
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