Die skapholunäre Bandruptur: Möglichkeiten der Behandlung

<p class="article-intro">Verletzungen der skapholunären Bandverbindung entstehen in der Regel durch ein Überstreckungstrauma des supinierten, ulnardeviierten Handgelenkes. Das Verletzungsspektrum reicht von Partialrupturen bis hin zur perilunären Verrenkung.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Genaue Anamnese und klinische Untersuchung</li> <li>Beidseitige Abkl&auml;rung im R&ouml;ntgen (Faustschluss, Stressaufnahmen, Kinematografie)</li> <li>Arthro-MRT</li> <li>Das Ziel der SL-Bandrekonstruktion ist es, stabile Verh&auml;ltnisse wiederherzustellen, Schmerzfreiheit zu erreichen und die Progression arthrotischer Ver&auml;nderungen im Handgelenk zu stoppen.</li> <li>Behandlung je nach Typisierung der Verletzung</li> <li>Selbst bei einer erfolgreichen Rekonstruktion der skapholun&auml;ren Bandverletzung muss mit einem Flexionsdefizit von etwa 20&deg; und einem Kraftverlust von etwa 25 % im Vergleich zur kontralateralen Seite gerechnet werden.</li> </ul> </div> <h2>Kinematik</h2> <p>Bei einem kompletten Riss des skapholun&auml;ren Bandapparates kommt es zu einem zunehmenden Auseinanderweichen von Skaphoid und Lunatum. Hierbei geht das Kahnbein in Flexionsstellung, mit leichter Pronation, wobei das Lunatum mit dem Triquetrum in eine Extensionsstellung wandert, wodurch eine DISI-Fehlstellung entsteht. Diese Gef&uuml;gest&ouml;rung der Handwurzelknochen f&uuml;hrt letztendlich zu irreversiblen arthrotischen Ver&auml;nderungen des Carpus. Schmerzen, Kraftverlust und Bewegungseinschr&auml;nkung des Handgelenkes sind die Folge.</p> <h2>Diagnostik</h2> <p>Die fr&uuml;hzeitige Diagnostik kann schwierig sein, sie ist jedoch entscheidend f&uuml;r den Behandlungserfolg. Vor allem Partialrupturen und dynamische Instabilit&auml;ten (Stadium I) k&ouml;nnen leicht &uuml;bersehen werden. Oft verleiten uns die auff&auml;lligeren Zusatzverletzungen, wie zum Beispiel eine distale Radiusfraktur, dazu, die skapholun&auml;re Bandverletzung zu &uuml;bersehen. Bei der klinischen Untersuchung des Handgelenkes nach Trauma sollte jedoch stets auch an die M&ouml;glichkeit einer SL-Bandverletzung gedacht werden.<br /> Je nach Auspr&auml;gung der Bandverletzung sind Symptome mehr oder weniger stark ausgepr&auml;gt und k&ouml;nnen von verminderter Griffkraft und herabgesetzter Beweglichkeit &uuml;ber Schwellung des radialen Carpus bis hin zu Belastungsschmerz mit zeitweise vorhandenen Klickph&auml;nomenen reichen. Bei der klinischen Untersuchung liefert uns der positive Watson-Test eine richtungsweisende Information: Durch Druck von palmar auf die Tuberositas des Kahnbeines kommt es zur Subluxation des proximalen Kahnbeinpoles nach dorsal und zu einem Schnapp-Ph&auml;nomen bei Nachlassen des Druckes. Die Bewegung in der Frontalebene verursacht hier bei Instabilit&auml;t zus&auml;tzlich Schmerzen.<br /> Im konventionellen Handgelenksr&ouml;ntgen k&ouml;nnen uns mehrere Hinweise auf eine SL-Handverletzung ins Auge stechen: Einerseits kann in fortgeschrittenen Stadien ein deutliches Auseinanderweichen von Kahnbein und Mondbein auffallen, was scherzhaft manchmal als Terry-Thomas- Zeichen bezeichnet wird und auf die pr&auml;gnante Zahnl&uuml;cke dieses englischen Schauspielers anspielt. Besteht bereits eine Verkippung des Skaphoids, so kann sich die Tuberositas des Kahnbeines in der ap. Aufnahme als ringf&ouml;rmige Struktur darstellen. Im seitlichen Strahlengang f&auml;llt manchmal eine bereits vorhandene DISI-Fehlstellung mit einem auf &uuml;ber 45 Grad vergr&ouml;&szlig;erten skapholun&auml;ren Winkel auf.<br /> Einen hohen Stellenwert spreche ich der Videokinematografie, also Bewegungsr&ouml;ntgenaufnahmen, zu. Hier l&auml;sst sich nicht nur das Ausma&szlig; der Instabilit&auml;t dokumentieren, auch ein Schnappen kann gelegentlich sichtbar gemacht werden. In jedem Fall der suspizierten SL-Bandinstabilit&auml;t sollten die R&ouml;ntgenuntersuchungen auch am kontralateralen Handgelenk durchgef&uuml;hrt werden, um seitengleiche angeborene Hypermobilit&auml;ten des skapholun&auml;ren Gelenkes auszuschlie&szlig;en.<br /> Um die Bildgebung zu komplettieren, fertigen wir im Lorenz-B&ouml;hler-Unfallkrankenhaus auch ein Arthro-MRT der Handwurzel an. Das in den mediokarpalen Gelenkspalt injizierte Kontrastmittel erm&ouml;glicht detaillierte Aussagen &uuml;ber den Grad der SL-Bandverletzung. Ein Bonebruise an den Polen von Kahnbein und/ oder Mondbein, angrenzend an den SL-Spalt, weist auf ein rezentes Traum hin. Bereits vorliegende Knorpelsch&auml;den k&ouml;nnen verifiziert und Zusatzverletzungen abgekl&auml;rt werden.</p> <p>&nbsp;</p> <h2>Stadieneinteilung und Therapieoptionen</h2> <p>In einer Vielzahl der Publikationen &uuml;ber die Therapie der SL-Bandl&auml;sionen wird sehr treffend darauf hingewiesen, dass die Behandlung dieser Verletzungen schwierig, die Erfolgsaussichten nicht immer vorhersehbar und das Endergebnis nur selten g&auml;nzlich zufriedenstellend ist. Auch ein prim&auml;r sehr gutes Ergebnis kann sich im Lauf der Zeit sowohl radiologisch als auch klinisch durch die hohe Beanspruchung des SL-Bandapparates wieder verschlechtern. Je nach Verletzungsstadium muss jedoch die geeignetste Therapieoption gew&auml;hlt werden.<br /> Bei akuten Partialrupturen des SL-Bandes, auch Stadium-I-Verletzung benannt, kann eine perkutane Stabilisierung mit Kirschnerdr&auml;hten durchgef&uuml;hrt werden. 1,2mm-Dr&auml;hte werden hierbei nach erfolgter Reposition vom Skaphoid in das Lunatum, vom Skaphoid in das Capitatum und vom Capitatum in das Lunatum gesetzt. Manche Autoren bef&uuml;rworten hier die zus&auml;tzliche Handgelenksarthroskopie, um Bandreste zu resezieren oder zu shrinken. Postoperativ erfolgt eine Ruhigstellung im Unterarmgips f&uuml;r 8 Wochen. Die Kirschnerdr&auml;hte m&uuml;ssen nach der Gipsabnahme entfernt werden. Schwerste manuelle T&auml;tigkeiten sollten f&uuml;r 6 Monate postoperativ unterlassen werden.<br /> Liegt eine komplette SL-Bandruptur vor, so m&uuml;ssen f&uuml;nf verschiedene Auspr&auml;gungsarten der Verletzung (Stadium II bis Stadium VI) unterschieden werden. Beim Stadium II handelt es sich um eine frische komplette SL-Bandruptur bei erhaltenen distalen Stabilisatoren, wie zum Beispiel dem STT-Band und dem skaphokapitalen Band. In diesen F&auml;llen ist die Instabilit&auml;t nur bei Stressaufnahmen oder bei der sogenannten Faustschlussaufnahme im R&ouml;ntgen sichtbar. Man spricht hier auch von einer dynamischen Instabilit&auml;t. Diese Stadium-II-Verletzungen eignen sich sehr gut zur Bandrekonstruktion, wenn auch eine passagere Fixation mit Kirschnerdr&auml;hten durchgef&uuml;hrt werden muss. Die Rekonstruktion des ausschlaggebenden dorsalen SL-Bandes ist jedoch meist nur unter Zuhilfenahme von Fadenankern oder transoss&auml;ren N&auml;hten m&ouml;glich. Es wird empfohlen, die Rekonstruktion des dorsalen SL-Bandes in Oberarm-Blutleere &uuml;ber einen leicht geschwungenen Hautschnitt dorsal &uuml;ber dem SL-Spalt durchzuf&uuml;hren. Die Gelenkskapsel sollte Z-f&ouml;rmig er&ouml;ffnet werden, um nach erfolgter Reposition und Bandrekonstruktion wieder ad&auml;quat verschlossen werden zu k&ouml;nnen. Auch hier wird wieder die Ruhigstellung f&uuml;r 8&ndash;10 Wochen im Unterarmgips empfohlen. Die Drahtentfernung erfolgt bei Gipsabnahme.<br /> Das Stadium III ist durch eine veraltete komplette Ruptur des skapholun&auml;ren B&auml;nder bei erhaltenen distalen Stabilisatoren charakterisiert, wodurch das Kahnbein nicht verrotiert ist.<br /> Eine Bandnaht oder transoss&auml;re N&auml;hte sind hier nicht mehr Erfolg versprechend. Vielmehr muss in diesem Stadium eine offene Kapsulodese von dorsal durchgef&uuml;hrt werden, welche wiederum mit Kirschnerdr&auml;hten gesichert wird. Bei dieser Methode werden entweder proximal am Radius gestielte Kapsellappen mit Fadenankern am distalen Kahnbeinpol fixiert oder es wird die H&auml;lfte des dorsalen interkarpalen Ligaments abgetrennt und proximal an der Speiche verankert. Eine Ruhigstellung sollte bei dieser Methode f&uuml;r 8 Wochen im Unterarmgips mit Daumenring erfolgen. Auch Bone-Tendon- Bone-Techniken werden in der Literatur zur Bandrekonstruktion in diesem Stadium beschrieben.<br /> Das Stadium IV ist durch eine statische SL-Dissoziation gekennzeichnet, d. h., die Fehlstellung ist auch auf dem konventionellen R&ouml;ntgen &ndash; ohne Stressaufnahmen &ndash; sichtbar. Durch die komplette Ruptur s&auml;mtlicher stabilisierenden B&auml;nder ist das Kahnbein verkippt. Die Fehlstellung ist in diesem Stadium jedoch noch reponierbar. Um in diesem Stadium eine erfolgreiche Bandrekonstruktion zu erzielen, sollte eine Bandplastik durchgef&uuml;hrt werden. Eine der g&auml;ngigsten Methoden ist die Bandrekonstruktion in der modifizierten Brunelli- Technik. Hier dient ein distal gestielter Sehnenstreifen der Flexor-carpi-radialis- Sehne als Bandersatz. Der Sehnenstreifen wird nach erfolgter Reposition und Sicherung der Gelenksstellung mit Kirschnerdr&auml;hten durch eine Bohrung im distalen Kahnbeinpol nach dorsal gef&uuml;hrt, wo er in einer gefr&auml;sten Nut an Kahnbein und Mondbein mit Fadenankern fixiert wird. Das verbliebene freie Sehnenende wird nun zus&auml;tzlich, im Sinne einer Kapsulodese, durch das dorsale radiotriquetrale Band geschlungen und lassof&ouml;rmig r&uuml;ckvern&auml;ht. Postoperativ erfolgt die Ruhigstellung im Unterarmgips mit Daumenring f&uuml;r 8 Wochen. Die Dr&auml;hte werden bei Gipsabnahme entfernt. Schwere manuelle T&auml;tigkeiten m&uuml;ssen f&uuml;r 6 Monate vermieden werden.<br /> F&uuml;r das Stadium V, in dem eine veraltete irreponible SLBandruptur besteht, werden in der Literatur mehrere Arthrodesen als Therapieoptionen beschrieben. In &Ouml;sterreich werden bei regelrechtem Knorpel&uuml;berzug im Bereich der Fossa lunati in diesen F&auml;llen die &bdquo;Four corner&ldquo;-Fusion oder die &bdquo;Proximal row&ldquo;-Karpektomie als Therapieoptionen gehandelt. Eine gleichzeitig durchgef&uuml;hrte Denervation mit Durchtrennung des Ramus interosseus dorsalis ist hier obligat.<br /><br /> Das Stadium VI ist mit dem Vollbild des sogenannten SLAC-Wrist gleichzusetzen und durch eine ausgepr&auml;gte Verkippung der Handwurzelknochen bei arthrotischen Ver&auml;nderungen radiokarpal und mediokarpal gekennzeichnet. In diesen F&auml;llen kommt als Therapie nur mehr eine Handgelenksarthrodese infrage.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1702_Weblinks_s33_abb1.jpg" alt="" width="684" height="1004" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1702_Weblinks_s33_abb2.jpg" alt="" width="684" height="794" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1702_Weblinks_s33_abb3.jpg" alt="" width="1417" height="1141" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1702_Weblinks_s33_abb4.jpg" alt="" width="983" height="911" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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