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Die Chirurgie der Adoleszentenskoliose im Wandel der Zeit

<p class="article-intro">Die Skoliose ist ein orthopädischer «Klassiker». Obwohl auch die moderne Chirurgie der idiopathischen Adoleszentenskoliose noch immer dem Prinzip der instrumentierten Fusion folgt, wurden darin in den letzten Jahrzehnten enorme Fortschritte erzielt. Das zunehmende biomechanische Verständnis der komplexen dreidimensionalen Deformitäten, die möglichst kurzen Fusionsstrecken, die unmittelbar erreichte hohe Stabilität mit fast uneingeschränkter Frühmobilisation sowie die mittels bildgestützter Instrumentierung und multimodaler Rückenmarksüberwachung erzielte hohe Sicherheit münden in minimierten Blutverlusten, niedrigen Komplikationsraten und kurzen Rehabilitationszeiten.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>In der kurzen, rund 60-j&auml;hrigen Geschichte der instrumentierten Aufrichtung von Skoliosen wurden in Hinblick auf das biomechanische Verst&auml;ndnis, Korrekturoptionen und die Patientensicherheit grosse Fortschritte erzielt.</li> <li>Moderne polysegmentale Pedikelschraubeninstrumentierungen und Osteotomietechniken erlauben effiziente dreidimensionale, fast ausschliesslich einzeitig von dorsal durchgef&uuml;hrte Korrekturen.</li> <li>Skoliosechirurgie ist heute voraussehbar und dank intraoperativer Bildunterst&uuml;tzung und des multimodalen intraoperativen R&uuml;ckenmarksmonitorings sicher.</li> <li>Stabile Fixierungen erm&ouml;glichen schnelle postoperative Mobilisationen, kurze Hospitalisationen sowie die rasche korsettfreie R&uuml;ckkehr zu Schule und Sport.</li> </ul> </div> <p>Die idiopathische Adoleszentenskoliose, nach der SRS (Scoliosis Research Society) definiert als seitliche strukturelle Wirbels&auml;ulenverkr&uuml;mmung unklarer Ursache mit einem Cobbwinkel von &gt;10&deg;, kommt bei 0,5&ndash;5 % der Jugendlichen vor. M&auml;dchen sind etwa dreimal so h&auml;ufig betroffen. Je ausgepr&auml;gter die Kr&uuml;mmung, desto mehr verschiebt sich dieses Verh&auml;ltnis, bei einem Cobbwinkel &gt;40&deg; ist es gar 7:1.<sup>2, 3</sup><br /> Die Skoliose z&auml;hlt wie der Klumpfuss und die H&uuml;ftdysplasie zu den klassischen Krankheitsbildern der Orthop&auml;die. Bei der Klumpfusstherapie hat die zuvor lange ignorierte Redressionsbehandlung nach Ponseti in den letzten zehn Jahren die chirurgische Therapie fast vollst&auml;ndig verdr&auml;ngt.<sup>4</sup> Auch bei der kongenitalen H&uuml;ftdysplasie ist man dank Ultraschalldiagnostik und fr&uuml;her Abspreizbehandlung oder geschlossener Reposition und Retentionsbehandlung &auml;hnlich erfolgreich.<sup>5</sup> In der Korsettbehandlung der idiopathischen Adoleszentenskoliose und mit der Intensivbehandlung nach Schroth wurden zwar bei der konservativen Skoliosebehandlung auch Fortschritte erzielt, allerdings bisher ohne erkennbaren Einfluss auf die Operationsrate. Dies liegt an der begrenzten Patientencompliance bei der Korsetttherapie, aber auch an der Tatsache, dass viele Patienten bereits bei Erstkonsultation unter fortgeschrittenen Kr&uuml;mmungen leiden.<sup>6, 7</sup> Ab einem Cobbwinkel von 40&deg; besteht n&auml;mlich &ndash; aufgrund des biomechanisch zunehmenden Einflusses der Schwerkraft &ndash; sogar nach Wachstumsabschluss ein Progressionsrisiko.<br /> Eine Indikation zur operativen Therapie ergibt sich daher aus Kr&uuml;mmungszunahme, Lotverlust, Rumpfasymmetrie (Taillen&laquo;trunk shift&raquo;, Rippenbuckel, Lendenwulst), Schulterdysbalance und einer sagittalen Profilst&ouml;rung. Bei progressiver thorakaler Kr&uuml;mmung ist zudem zu beachten, dass auch die kompensatorische lumbale Kr&uuml;mmung zunimmt und daher bei langem Zuwarten die Fusionsstrecke nach lumbal erweitert werden muss, was funktionell relevant ist.<sup>8</sup> Ab einem Cobbwinkel von 90&deg; droht zudem eine kardiopulmonale Beeintr&auml;chtigung.<sup>9, 10</sup> Schmerz hingegen ist nur in Ausnahmef&auml;llen der Grund f&uuml;r eine Operation.</p> <h2>Meilensteine in der Skoliosechirurgie</h2> <p>Die Geschichte der Skoliosechirurgie ist nur etwas mehr als 100 Jahre alt. Die erste Publikation stammt vom Amerikaner Russell A. Hibbs, der 1911 eine Serie von drei Patienten publizierte und sp&auml;ter durch eine Analyse von 52 F&auml;llen erg&auml;nzte, bei denen er eine uninstrumentierte Fusion durchgef&uuml;hrt hatte.<sup>11, 12</sup> W&auml;hrend der beiden Weltkriege und w&auml;hrend der Wiederaufbauphase nach 1945 fand keine weitere Entwicklung statt. So kam es, dass dieses Verfahren bis Ende der 1950er- Jahre die einzige chirurgische Option darstellte. Im besten Fall konnte die Stellung gehalten werden, die man zuvor durch serielle Gipse erreicht hatte. Doch auch lange Liege- und Ruhigstellungszeiten garantierten keine kn&ouml;cherne Fusion, sodass sekund&auml;re Deformit&auml;ten durch Pseudarthrosen und Verbiegung der Fusionsmasse h&auml;ufig vorkamen.<br /> Erst unter dem Druck der Polioepidemien und angesichts unz&auml;hliger Patienten mit lebensbedrohlichen Skoliosen fand der entscheidende Durchbruch zur instrumentierten Korrektur und Stabilisierung statt. Paul Harrington instrumentierte die ersten Patienten Ende der 1950er-Jahre und publizierte seine Daten zu Anfang der 1960er-Jahre.<sup>13, 14</sup> Das Grundprinzip der hakenbasierten konkaven Distraktion von Endwirbel zu Endwirbel &uuml;ber einen geraden Stab in Kombination mit konvexer Kompression erzielte bei den ausgepr&auml;gten Kr&uuml;mmungen in der Koronarebene eine gute Korrektur, provozierte jedoch auch eine Abflachung des sagittalen Profils mit oft schmerzhaftem Flachr&uuml;cken (&laquo;flatback syndrome&raquo;).<sup>15</sup> Biomechanisch sind Distraktionskr&auml;fte bei &uuml;ber 60&deg; Kr&uuml;mmung wirksam. Dieses Prinzip wird auch heute noch bei schweren Skoliosen pr&auml;operativ (&laquo;halotraction&raquo;) und intraoperativ (&laquo;skullfemoral traction&raquo;) erfolgreich angewandt.<sup>16&ndash;18</sup><br /> F&uuml;r Korrekturen bei einem Cobbwinkel &lt;60&deg; sind Transversalkr&auml;fte n&ouml;tig, die zum ersten Mal mit segmentalen sublamin&auml;ren Dr&auml;hten, welche kontinuierlich &uuml;ber einen Stab verquirlt wurden, ausge&uuml;bt wurden (Luque, 1970er-Jahre). Sublamin&auml;re Dr&auml;hte stellen noch immer eine effiziente und kosteng&uuml;nstige Option dar, bedingen allerdings die Er&ouml;ffnung des Spinalkanals und das Durchschieben der Dr&auml;hte zwischen R&uuml;ckenmark und Laminae. Heutzutage k&ouml;nnen anstelle von Dr&auml;hten gewobene Polyesterb&auml;nder (&laquo;universal clamps<sup>&reg;</sup>&raquo;) verwendet werden, die deutlich weniger Kontaktstress an der Lamina verursachen und damit h&ouml;here Korrekturkr&auml;fte aus&uuml;ben. Dies erm&ouml;glicht vor allem in Kombination mit harten CoCr- St&auml;ben auch effiziente Korrekturen von thorakalen Lordosen (Abb. 1).<sup>19&ndash;21</sup> Das Prinzip der Transversalkorrektur wurde mit dem durch spezielle Pedikelhaken mit Fixationsschr&auml;ubchen, Laminahaken und Pedikelschrauben versatil gestalteten &laquo;Universal Spine System<sup>&reg;</sup>&raquo; (USS, 1990er- Jahre) weiter verfeinert. Zus&auml;tzlicher Anwenderkomfort sollte mit &laquo;side loading&raquo; erreicht werden: Dabei wird der Stab nicht von oben in den Haken oder die Schraube gebracht, sondern in eine seitliche &Ouml;ffnung. Hinsichtlich Kr&uuml;mmungskorrektur, Komplikationen und Patientenzufriedenheit differiert das USS jedoch nicht von dem in den 1980er-Jahren von Yves Cotrel und Jean Dubousset eingef&uuml;hrten CD-System.<sup>21</sup> Mit der CD-Strategie wurde die Skoliose erstmals als dreidimensionale Deformit&auml;t wahrgenommen und eine simultane Korrektur in allen Raumebenen angestrebt.<sup>22</sup> Die St&auml;be werden in die Deformit&auml;t gebogen, an strategisch platzierten Lamina- und Pedikelhaken fixiert und anschliessend mit Stabhaltern in die Sagittalebene zur&uuml;ckgedreht (Derotationsman&ouml;ver). Obwohl in der Transversalebene im Vergleich zu den heutigen Pedikelschraubensystemen signifikant weniger apikale Derotation nachgewiesen werden kann,<sup>23</sup> stellte die CD-Methode aufgrund der Stabilit&auml;t der Konstruktion mit korsettfreier Nachbehandlung, Verminderung des neurologischen Risikos und des Blutverlustes sowie des biomechanischen Verst&auml;ndnisses einen grossen Fortschritt dar und war lange Zeit die Referenztechnik.<br /> Die letzten 20 Jahre waren gepr&auml;gt von einer weiteren Senkung der Komplikationsrate und einer Verbesserung der Resultate, wie eine k&uuml;rzlich publizierte Studie belegt, die 1819 Patienten mit idiopathischer Adoleszentenskoliose eingeschlossen hat (Tab. 1):<sup>3</sup></p> <ul> <li>Operationszeit, Blutverlust pro operiertes Niveau und Hospitalisationszeit haben abgenommen.</li> <li>Der Anteil ventraler instrumentierter Fusionen hat abgenommen; dies betrifft auch die fr&uuml;her fast nur von ventral operierten thorakolumbalen Skoliosen (Lenke-Typ V).</li> <li>Die Komplikationsrate hat von 18,7 % auf 5,1 % abgenommen.</li> <li>Der Anteil von Konstrukten mit alleiniger Verwendung von Pedikelschrauben nahm von 0 auf 98 % zu.</li> <li>Thorakoplastiken (Korrekturen des Rippenbuckels) konnten von 76 % auf 20,3 % reduziert werden.</li> <li>Die Patientenzufriedenheit (SRS-Scores) verbesserte sich global und in den Dom&auml;nen Schmerz, Selbstwahrnehmung und Funktion signifikant.</li> </ul> <h2><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Ortho_1704_Weblinks_lo_ortho_1704__s29_abb1.jpg" alt="" width="2149" height="854" /></h2> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Ortho_1704_Weblinks_lo_ortho_1704__s30_tab1.jpg" alt="" width="1417" height="2475" /></p> <h2>Komplikationen</h2> <p>Bedeutende Komplikationen f&uuml;hren zu einer Reoperation, sind lebensbedrohend oder haben eine R&uuml;ckenmarks- oder Nervenl&auml;sion zur Folge. Bei mehr als 2000 Patienten, welche zwischen 1995 und 2014 wegen einer Skoliose von durchschnittlich 56&deg; operiert wurden, traten in 2,6 % der F&auml;lle perioperative und in 4,1 % postoperative Komplikationen auf, wobei diese Raten &uuml;ber den 20-j&auml;hrigen Zeitraum abnahmen. Bei 5 % der Patienten mit hinterer Instrumentierung wurde zuerst ein sogenanntes &laquo;anterior release&raquo;, das heisst eine Diskusentfernung &uuml;ber einen transthorakalen Zugang zur Verbesserung der Beweglichkeit, durchgef&uuml;hrt. Damit verdoppelt sich die Komplikationsrate auf &uuml;ber 5 % . Mit den heutigen Pedikelschraubenfixationen und Osteotomietechniken ist dies nur noch in Ausnahmef&auml;llen indiziert, was die Komplikationen deutlich verringert.<sup>24</sup><br /> Perioperative Probleme sind vor allem Wundheilungsst&ouml;rungen und tiefe implantatassoziierte Infekte (1 % ), neurologische Ausf&auml;lle (0,5 % ), Implantatlockerungen und -fehllagen (0,4 % ) sowie pulmonale und gastrointestinale Probleme (0,6 % ). Stabbr&uuml;che und sekund&auml;re Korrekturverluste waren in den Anfangsjahren der Skoliosechirurgie ohne Instrumentierung mit 19&ndash;44 % fast die Regel und kamen auch nach Harrington-Instrumentierungen noch h&auml;ufig vor (1,6&ndash;9 % ). Mit den heutigen Techniken sind sie jedoch sehr selten geworden.<br /> Die meisten Probleme haben mit der Verbreitung der Pedikelschraubenfixationen abgenommen, jedoch k&ouml;nnen auch neue beobachtet werden: Die sogenannte &laquo;proximal junctional kyphosis&raquo; (PJK) beschreibt eine postoperativ zunehmende Kyphosierung im ersten kranialen Anschlusssegment. Risikofaktoren, die zur Entstehung beitragen, sind: ausgepr&auml;gte vorbestehende Kyphose der Brustwirbels&auml;ule, zu ehrgeizige Korrektur derselben, oberster instrumentierter Wirbel (UIV) kaudal des oberen Endwirbels der Kr&uuml;mmung (UEV) und zu wenig Stabbiegung kranial.<sup>25</sup> Pr&auml;ventiv wirken die Erhaltung der Ligg. supra- und interspinalia sowie der Facettengelenke im obersten instrumentierten Segment. M&ouml;glicherweise ist auch die Verwendung einer Pedikelhaken- Transversushakenklammer (&laquo;soft landing &raquo;) von Vorteil, da sie im Gegensatz zu winkelstabilen Pedikelschrauben im obersten instrumentierten Segment etwas Kyphosierung zul&auml;sst. In unserer eigenen Serie mit derartigen Hybridkonstruktionen haben wir bei idiopathischen Skoliosen nie eine PJK beobachtet.<br /> Ein &auml;hnliches Ph&auml;nomen wird in der Frontalebene im kaudalen Anschlusssegment beobachtet und &laquo;adding-on&raquo; genannt. Beides, PJK und &laquo;adding-on&raquo;, sind wohl Tribute an die effizienteren Korrekturen und die rigideren Konstrukte, f&uuml;hren jedoch selten zu Reoperationen.<br /> Moderne Skoliosechirurgie muss alle Bereiche der Rumpfmorphologie inklusive Schultern und Becken adressieren und die potenten Instrumente, Implantate und Operationstechniken &laquo;&agrave; la carte&raquo; einsetzen, um eine optimale, statisch und funktionell ergonomische, dreidimensionale Rumpfbalance und -&auml;sthetik zu generieren. Selbstredend muss daher der Patient pr&auml;operativ in all seinen Facetten, inklusive der psychosozialen Aspekte, seiner Bed&uuml;rfnisse in Beruf und Sport, des Muskel- und Bandstatus etc., erfasst werden.<br /> Aus biomechanischer Sicht ist es erstrebenswert, die Belastung der kaudalen, nicht instrumentierten Segmente indirekt mit der Korrektur der Prim&auml;rkr&uuml;mmung zu normalisieren. MRT-Untersuchungen durchschnittlich 36 Jahre nach Harrington- Instrumentierung belegen die Korrelation zwischen dem Ausmass der lumbalen Restkr&uuml;mmung und dem Auftreten von degenerativen Ver&auml;nderungen.<sup>26</sup> Studien nach Korrektur mit moderneren, stabileren Systemen geben Hinweise darauf, dass die Disci unter der postoperativen Horizontalisierung des ersten kaudalen Anschlusssegmentes besser hydriert sind als bei nicht operierten fortgeschrittenen Skoliosen.<sup>27, 28</sup> Degenerative Ver&auml;nderungen wurden nach Harrington-Instrumentierung tats&auml;chlich h&auml;ufiger beobachtet als nach Instrumentierung mit neueren Systemen (CD, USS), wobei noch nicht klar ist, ob nur der unterschiedliche Beobachtungszeitraum (23 vs. 8&ndash;13 Jahre) oder die Technik per se ausschlaggebend ist.<sup>21, 29, 30</sup></p> <h2>Resultate und Patientenzufriedenheit nach Skolioseoperationen</h2> <p>Bis vor Kurzem standen das Ausmass der Korrektur in der Frontalebene und die Zahl der Komplikationen im Vordergrund der Evaluation. Mit der zunehmenden Erfassung der assoziierten Lebensqualit&auml;t mittels sogenannter &laquo;health related quality of life scores&raquo; (HrQoL) wie des skoliosespezifischen SRS-22 hat eine l&auml;ngst f&auml;llige Erweiterung um die Sicht der Patienten stattgefunden. Damit kann im Vergleich zum pr&auml;operativen Status zwei Jahre nach Skolioseoperationen eine signifikante Verbesserung des Gesamtscores nachgewiesen werden.<sup>31</sup> Die gr&ouml;sste Ver&auml;nderung l&auml;sst sich in den Bereichen Selbstwahrnehmung und &auml;ussere Erscheinung erzielen.<sup>32</sup> R&uuml;ckenschmerzen scheinen mehr als 20 Jahre postoperativ kein Problem darzustellen. Es besteht zudem keine Korrelation zwischen degenerativen Ver&auml;nderungen in der Bildgebung und Schmerzen. Weniger als 2 % der Operierten f&uuml;hlen sich in ihren Aktivit&auml;ten stark beeintr&auml;chtigt, bei den &Uuml;brigen war die Lebensqualit&auml;t vergleichbar mit jener der &uuml;brigen Bev&ouml;lkerung.<sup>33</sup> Es gilt allerdings zu bedenken, dass in diesen Langzeitstudien Daten von Patienten eingeflossen sind, welche in den 1970er-Jahren nach nicht mehr praktizierten Methoden behandelt wurden, und dass ein Beobachtungszeitraum von 20 Jahren bei einer durchschnittlichen weiteren Lebenserwartung von circa 70 Jahren nach einer Skolioseoperation immer noch relativ kurz ist.<sup>33&ndash;35</sup><br /> Es l&auml;sst sich keine klare Korrelation zwischen dem Ausmass der Restdeformit&auml;t, den Komplikationen, dem kosmetischen Resultat und der Sicht der Patienten (Funktion, Beruf, Sport, &auml;sthetisches Empfinden, Schmerz etc.) nachweisen.<sup>36, 37</sup><br /> Der gew&auml;hlte Score, das Alter, aber auch das Geschlecht beeinflussen das Resultat. So diskriminiert zum Beispiel der &laquo;spinal appearance questionnaire&raquo; (SAQ) differenzierter, indem sich eine Korrelation zwischen dem Ausmass der Restkr&uuml;mmung und der Wahrnehmung der Patienten manifestiert.<sup>38</sup><br /> Grunds&auml;tzlich ist unklar, inwiefern es sich bei den Ergebnissen bez&uuml;glich Lebensqualit&auml;t um direkte chirurgische Therapieeffekte oder allenfalls auch um Coping- Effekte handelt, welche sich aus dem individuellen biopsychosozialen Muster und dem zeitspezifischen gesellschaftlichen Kontext ergeben.<sup>39</sup> Die Tatsache, dass es heute keine Verl&auml;ufe nicht operierter Patienten mit progressiver Skoliose mehr zu beobachten gibt, stellt eine weitere Einschr&auml;nkung dar. Angesichts der gesteigerten &auml;sthetischen und funktionellen Anspr&uuml;che der heutigen Patienten d&uuml;rfen wir jedoch annehmen, dass der nat&uuml;rliche Verlauf einer zunehmenden Skoliose heute noch weniger akzeptabel w&auml;re als fr&uuml;her.<sup>9</sup></p> <h2>Schlussfolgerungen</h2> <p>Vieles hat sich gewandelt, aber Rippsteins Feststellung, dass es sich bei der idiopathischen Skoliose um ein interessantes und schwieriges Problem handelt, gilt uneingeschr&auml;nkt weiter.<sup>1</sup> Die in den letzten beiden Jahrzehnten erzielten Fortschritte erm&ouml;glichen ein besseres Verst&auml;ndnis der dreidimensionalen skoliotischen Deformit&auml;t sowie der ver&auml;nderten Statik und Biomechanik sowie eine multiplanare, sichere Korrektur unter Verwendung moderner Pedikelschraubensysteme und eines multimodalen intraoperativen Monitorings. Zuk&uuml;nftige Themen wie Bedeutung und Korrektur des meist lordotischen sagittalen Profils, Erkenntnisse &uuml;ber Ver&auml;nderungen der Biomechanik der operierten Wirbels&auml;ule w&auml;hrend des Alterungsprozesses sowie verbesserte Kenntnisse &uuml;ber Patientenbed&uuml;rfnisse und Lebensqualit&auml;t werden weitere Fortschritte bringen (Abb. 2).<br /> Es bleibt aber letztlich die Hoffnung, dass kurative Massnahmen (Gentherapie, Medikamente) zur Verf&uuml;gung stehen werden, welche &ndash; im Gegensatz zur operativen Versteifung grosser Teile der Wirbels&auml;ule &ndash; die Funktion vollumf&auml;nglich erhalten k&ouml;nnen. Aktuell ist dies allerdings leider noch nicht der Fall, da selbst die vor wenigen Jahren mit grossem Enthusiasmus eingef&uuml;hrten Gentests zur Voraussage des Progressionsrisikos keinen Durchbruch gebracht haben.<sup>40, 41</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Ortho_1704_Weblinks_lo_ortho_1704__s31_abb2.jpg" alt="" width="1417" height="1191" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Rippstein J: Rev Med Suisse Romande 1963; 83(4): 372- 99 <strong>2</strong> Konieczny MR et al.: J Child Orthop 2013; 7(1): 3-9 <strong>3</strong> Lonner BS et al.: Spine 2017 Jul 18 [Epub ahead of print] <strong>4</strong> &Scaron;vehlik M et al.: Gait Posture 2017; 58: 346-51 <strong>5</strong> Schams M et al.: Eur J Pediatr 2017 Jul 17 [Epub ahead of print] <strong>6</strong> Thompson RM et al.: J Bone Joint Surg Am 2017; 99(11): 923-8 <strong>7</strong> Hasler CC et al.: J Child Orthop 2010; 4(3): 211-8 <strong>8</strong> Lee MC et al.: Spine 2013; 38(22): E1405-10 <strong>9</strong> Nachemson A: Acta Orthop Scand 1968; 39(4): 466-76 <strong>10</strong> Pehrsson K et al.: Thorax 1991; 46(7): 474-8 <strong>11</strong> Hibbs RA: Ann Surg 1911; 53(3): 404-7 <strong>12</strong> J&oacute;nsson B: Acta Orthop Scand Suppl 1953; 14: 1-139 <strong>13</strong> Harrington PR: J Bone Joint Surg Am 1962; 44-A: 591-610 <strong>14</strong> Harrington PR: South Med J 1963; 56: 1367-77 <strong>15</strong> Farcy JP, Schwab FJ: Spine 1997; 22(20): 2452-7 <strong>16</strong> Da Cunha RJ et al.: Spine 2015; 40(3): E154-60 <strong>17</strong> Jhaveri SN et al.: Eur Spine J 2009; 18(3): 352-6 <strong>18</strong> Yang C et al.: Eur J Spine 2017; 26(7): 1810-6 <strong>19</strong> Luque ER: Clin Orthop Relat Res 1982; (163): 192-8 <strong>20</strong> Ilharreborde B et al.: Spine 2010; 35(3): 306-14 <strong>21</strong> Remes V et al.: Spine 2004; 29(18): 2024-30 <strong>22</strong> Cotrel Y, Dubousset J: Rev Chir Orthop Reparatrice Appar Mot 1984; 70(6): 489-94 <strong>23</strong> Wajanavisit W et al.: J Med Assoc Thai 2009; 92( Suppl 5): S95-101 <strong>24</strong> Bartley CE et al.: J Bone Joint Surg Am 2017; 99(14): 1206-12 <strong>25</strong> Lonner BS et al.: Spine Deform 2017; 5(3): 181-8 <strong>26</strong> Akazawa T et al.: Spine 2017 [Epub ahead of print] <strong>27</strong> Nohara A et al.: Spine 2017 [Epub ahead of print] <strong>28</strong> Nohara A et al.: Spine Deform 2015; 3(5): 462-8 <strong>29</strong> Helenius I et al.: Spine 2002; 27(2): 176-80 <strong>30</strong> Mariconda M et al.: Eur J Spine 2005; 14(9): 854-61 <strong>31</strong> Carreon LY et al.: Spine 2011; 36(12): 965-8 <strong>32</strong> Roberts DW et al.: Spine 2011; 36(1): E53-9 <strong>33</strong> Danielsson AJ et al.: Eur J Spine 2001; 10(4): 278-88 <strong>34</strong> Danielsson AJ, Nachemson AL: Spine 2003; 28(18): E373-83 <strong>35</strong> Poitras B et al.: Spine 1994; 19(14): 1582-8 <strong>36</strong> Wilson PL et al.: Spine 2002; 27(18): 2036-40 <strong>37</strong> Gotze C et al.: Spine 2002; 27(13): 1456-63; discussion 63-4 <strong>38</strong> Carreon LY et al.: Spine 2011; 36(18): E1240-4 <strong>39</strong> Mayo NE et al.: Spine 1994; 19(14): 1573-81 <strong>40</strong> Tang QL et al.: Spine 2015; 40(8): 537-43 <strong>41</strong> Burger EL, Perry J: Spine Deform 2014; 2(4): 239-40</p> </div> </p>
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