Daumensattelgelenksendoprothesen

Die Bedeutung der richtigen Indikationsstellung

Die operative Versorgung des Daumensattelgelenkes mit Endoprothesen bei Rhizarthrose bleibt ein sehr umstrittenes Thema. Wie auch bei anderen Gelenken entscheidet zu einem sehr großen Teil die richtige Indikationsstellung über das Outcome der Operation. Diese wird jedoch gerade bei der Versorgung des Daumensattelgelenkes oft vernachlässigt.

Die Daumensattelgelenksarthrose ist eine häufige Erkrankung. Die Inzidenz liegt bei 15% beim weiblichen Geschlecht und 7% zwischen 50 und 60 Jahren.1 Radiologische Zeichen einer Rhizarthrose finden sich bei 65% der Menschen über dem 65. Lebensjahr.1

Über die Möglichkeit der operativen Versorgung wurde bereits 1949 von Gervis berichtet. Er behandelte die Rhizarthrose durch eine alleinige Trapezektomie.2 In den folgenden Jahren wurde jedoch immer wieder in Publikationen über den Kraftverlust durch das fehlende Hypomochlion und das Zurücksinken des ersten Strahls nach alleiniger Trapezektomie hingewiesen. Zahlreiche Techniken mit Bandplastiken sollen diesen Kraftverlust adressieren.3

Endoprothesen für das Daumensattelgelenk, die in der Folge entwickelt wurden, sollten dem physiologischen Gelenk am nächsten kommen, die Bewegungsfreiheit optimal erhalten und auch den Kraftverlust minimieren. Bereits 1973 veröffentlichte de la Caffinière die ersten Arbeiten über Daumensattelgelenksendoprothesen.4 Darauf folgten einige weitere Prothesenmodelle nach diesem „Ball and socket“-Prinzip: Elektra (SBi Stryker, Kalamazoo, Michigan, USA), Ivory (Memometal Stryker, Kalamazoo, Michigan, USA – mittlerweile vom Markt genommen), Arpe (Zimmer Biomet, Warsaw, Indiana, USA). Eine weitere Philosophie der Implantattechnik war die inverse „Ball and socket“-Prothese wie die Rubis 2 (3S Ortho, Lyon, Frankreich) oder Moje-Acamo-Prothese (Moje Keramik-Implantate GmbH & Co. KG).5

Weitere, dazu konträre Versorgungsmethoden zielten auf die Notwendigkeit eines Platzhalters im Bereich des ehemaligen Os trapezium ab, wie der Swanson-Platzhalter, der Pyrocardan-Spacer oder das PI2-Trapezium (alle: Wright Medical, Memphis, Tennessee, USA).5

Einige Studien weisen auf gute Langzeitstandzeiten von Daumensattelgelenksprothesen hin. In einer von Martin-Ferrero 2014 publizierten Studie zeigte die Arpe-Prothese bei 64 Patienten eine 10-Jahres-Funktionalität von 93,9%; der VAS-Score nach 10 Jahren lag bei 1,1 und die mittlere Greifkraft bei 5,6kg.6 Bricout und Rezzouk berichteten 2016 über eine 62-Monate-Funktionalität von 91% bei 156 Patienten mit der Maia-Prothese.7 In der 2020 publizierten Studie von Dumartinet-Gibaud et al. betrug die 10-Jahres-Funktionalität bei 60 Arpe-Prothesen 85% nach 10 Jahren.8 Neue Entwicklungen, wie zum Beispiel die „Double mobility“-Philosophie, scheinen die Revisionsrate weiter zu senken.9,10

Grundproblem der Endoprothetik am Daumensattelgelenk

Anders als bei Großgelenken wird die Endoprothetik des Daumensattelgelenkes stark diskutiert. Als Hauptrisikofaktoren für ein schlechtes Outcome der Endoprothetik des Daumensattelgelenkes werden vor allem die suboptimale Position der Pfanne im Os trapezium, vorher bestehende Deformitäten des Os trapezium oder schlechte Knochenqualität des Os trapezium angesehen.8

Der am meisten verbreitete und auch in der Literatur als sehr erfolgreich beschriebene Gelenkersatz ist die Prothese nach dem „Ball and socket“-Prinzip (Abb.1).6–9 Die Prothese hat einen fixen Drehpunkt in einer im Os trapezium liegenden Pfanne. Die komplexe Anatomie des eigentlichen Sattelgelenkes kann hierdurch jedoch nicht optimal rekonstruiert werden. Die Umwandlung eines Sattelgelenkes in ein Kugelgelenk wird immer problembehaftet sein, da die Pfanne enormen Scherkräften ausgesetzt ist (Abb. 2). Außerdem stellt eine ideale Positionierung der Gelenkspfanne in das vergleichsweise kleine und oft dysplastische Os trapezium sehr oft eine Herausforderung dar.6

Abb. 1: Daumensattelgelenksprothese mit Dual-Mobility-Konzept, „Ball and socket“-Prinzip. Prothese Typ Moovis, Firma Stryker Kalamazoo, Michigan, USA

Abb. 2: Schematische Darstellung eines Sattelgelenkes (links). Dieses wird durch Fräsen einer Pfanne in ein Kugelgelenk umgewandelt (rechts). Die Konvertierung eines Sattelgelenkes zu einem Kugelgelenk bringt in Hinblick auf die Weichteilsituation (Bandspannung) wie auch die Verankerung im Knochen (Trabekelstruktur, Knochenphysiologie) Probleme mit sich

Abb. 3: Pfannenlockerung einer Daumensattelgelenksprothese. Falsche Indikationsstellung
bei einem Patienten (über 75 Jahre, zeitweise sehr starke mechanische Beanspruchung beim Holzhacken). Ein Vorteil der Daumensattelgelenksendoprothese ist, dass eine Revision zu einer Aufhängeplastik nach Trapeziumresektion immer möglich ist, umgekehrt ist dies nicht der Fall. a) direkt postoperatives Röntgenbild, b) gelockerte Pfannenkomponente nach 9 Monaten, c) Status post Revision mit Explantation aller Metallteile und Resektion-Suspensionsarthroplastik

Spezielle Herausforderungen in der Indikationsstellung

Endoprothese beim Rheumatiker

Bei Patienten mit gut therapierter chronischer Polyarthritis besteht keine Kontraindikation für die prothetische Versorgung des Daumensattelgelenkes. Sie ist jedoch bei Patienten problematisch, die trotz Dauermedikation eine hohe entzündliche Aktivität aufweisen. Hier kann die aggressive Synovialflüssigkeit eine Lockerung der Prothesenkomponenten erwirken. Rheuma galt früher als klassische Indikation für die endoprothetische Versorgung. Heute wird das kritisch gesehen und in Abhängigkeit der Krankheitsaktivität neu bewertet.

Endoprothese beim Schwerarbeiter

Hohe Beanspruchungen der Prothese durch starke Belastung bei handwerklich sehr aktiven Patienten können speziell bei der Pfannenkomponente zu frühzeitiger Lockerung führen (Abb. 3).

Versorgung mit Daumensattelgelenksprothese im höheren Alter

Im höheren Alter sinkt der Anspruch des Patienten. Auch die eventuell schlechte Knochenqualität kann zu einer höheren Komplikationsrate führen. Auch hier muss die Indikationsstellung individuell sehr kritisch erfolgen.

Endoprothese beim Sportler

Obwohl die meisten Patienten beim Ausführen der jeweiligen Sportart sehr von einer Prothese profitieren, wird bei Sportarten, welche die Hand extrem beanspruchen, sowie bei Sportarten mit erhöhter Luxationsgefahr (Boxen, Tennis, Extremkraftsport usw.) von einer endoprothetischen Versorgung abgeraten.

Endoprothese beim feinmotorisch sehr aktiven Patienten

Obwohl die Prothese bei Musikern, Künstlern, feinmotorischen Handwerksberufen etc. oft einer hohen Belastung ausgesetzt ist, muss man hier abwägen, ob in Hinblick auf die eventuell anschließend verfügbare höhere Kraft und bessere Beweglichkeit das Risiko einer endoprothetischen Versorgung eingegangen werden soll.

Endoprothese beim immunsupprimierten Patienten

Bei der Implantation von Metallteilen ist das Risiko einer Infektion deutlich höher, als wenn auf körperfremdes Material verzichtet werden kann, wenngleich jedoch die periprothetische Infektion nur einen kleinen Anteil der Revisionsgründe ausmacht. Abhängig vom Ausmaß der Immunsuppression ist hier beim Patienten die Indikationsstellung sehr kritisch zu überlegen.

Fazit

Bei Rhizarthrose scheint die Daumensattelgelenksendoprothetik aufgrund der erhaltenen Gelenksphysiologie, der schnelleren Rehabilitation und der besseren Kraftentwicklung bei erhaltener Daumenlänge Vorteile gegenüber einem auf Trapezektomie basierenden operativen Verfahren zu haben.11 Ein Vorteil ist außerdem die gute Revisionsmöglichkeit mit ebendiesen Verfahren, eine umgekehrte Revision nach Trapezektomie ist naturgemäß nicht möglich. Die Langzeitergebnisse in der Literatur sind teilweise vielversprechend, gerade bei älteren Prothesenmodellen jedoch auch mit einer erhöhten Revisionsrate behaftet.

Der entscheidende Faktor für ein gutes Outcome einer endoprothetischen Versorgung bleibt die richtige Indikationsstellung. Faktoren wie Alter, Funktionsanspruch des Patienten, Beanspruchung und Begleiterkrankungen können sich negativ auf das Outcome auswirken. Die genaue Indikationsstellung ist individuell zu beurteilen und bleibt in Diskussion.

1 Dahaghin S et al.: Prevalence and pattern of radiographic hand osteoarthritis and association with pain and disability (the Rotterdam study). Ann Rheum Dis 2005; 64 (5): 682-7 2 Gervis WH: Excision of the trapezium for osteoarthritis of the trapezio-metacarpal joint. J Bone Joint Surg Br 1949; 31B: 537-9 3 Murley AHG: Excision of the trapezium and osteoarthritis of the first carpo-metacarpal joint. J Bone JointSurg 1960; 42-B: 502-7 4 de la Caffinière: Prothèse totale trapézo métcarpienne. Rev Chir Orthop Reparatrice Appar Mot 1973; 59: 299-308 5 Jung M, Unglaub F: Arthroplasty of the TMT1 joint – a critical view. Orthopade 2019; 48(5): 398-401 6 Martin-Ferrero M: Ten-year long-term results of total joint arthroplasties with ARPE® implant in the treatment of trapeziometacarpal osteoarthritis. J Hand Surg Eur 2014; 39(8): 826-32 7 Bricout M, Rezzouk J: Complications and failures of the trapeziometacarpal Maia®prosthesis: A series of 156 cases. Hand Surg Rehabil 2016; 35(3): 190 8 Dumartinet-Gibaud R et al.: Arpe total joint arthroplasty for trapeziometacarpal osteoarthritis: 80 thumbs in 63 patients with a minimum of 10 years follow-up. J Hand Surg Eur 2020; 45(5): 465-9 9 Martins A et al.: The Moovis® implant for trapeziometacarpal osteoarthritis: results after 2 to 6 years. J Hand Surg Eur 2020; 45(5): 477-82 10 Tchurukdichian A et al.: Outcomes of double-mobility prosthesis in trapeziometacarpal joint arthritis with a minimal 3 years of follow-up: an advantage for implant stability. Hand (N Y) 2019; doi: 10.1177/1558944719855690. Online ahead of print 11 Degeorge B et al.: Do trapeziometacarpal prosthesis provide better metacarpophalangeal stability than trapeziectomy and ligamentoplasty? Orthop Traumatol Surg Res 2018; 104(7): 1095-100

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