Der direkte vordere Zugang zum Hüftgelenk unter Verwendung der «Bikini-Inzision»

<p class="article-intro">In der modernen Endoprothetik des Hüftgelenkes erfreut sich der direkte vordere Zugang nach Hueter zunehmender Beliebtheit. Es handelt sich dabei um den einzigen internervalen und intermuskulären Zugang zum Hüftgelenk. In diesem Artikel beschreiben wir die Modifikation der Hautinzision, welche der Inguinalfalte und somit den Langer’schen Hautspaltlinien folgt.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Bei dem direkten vorderen Zugang handelt es sich um einen intermuskul&auml;ren und internervalen Zugang zum H&uuml;ftgelenk.</li> <li>Die hier beschriebene Bikini- Inzision ist quer zur klassisch longitudinalen Inzision orientiert und folgt den Hautspaltlinien.</li> <li>Dies f&uuml;hrt zu einer verbesserten Wundheilung und einer h&ouml;heren Patientenzufriedenheit.</li> <li>Das kosmetische Resultat ist besser, ohne dass hierf&uuml;r Risiken in Kauf genommen werden m&uuml;ssen.</li> </ul> </div> <p>Die Coxarthrose stellt die h&auml;ufigste Pathologie des H&uuml;ftgelenkes dar und eine endoprothetische Versorgung gilt als etablierter Standard. Aufgrund der zunehmenden Alterung der Bev&ouml;lkerung ist zuk&uuml;nftig mit einem steigenden Interventionsbedarf zu rechnen.<br /> Die Endoprothetik des H&uuml;ftgelenkes hat seit ihren Anf&auml;ngen in der Mitte des letzten Jahrhunderts eine eindr&uuml;ckliche Entwicklung durchlaufen und kann heute mit herausragenden Resultaten betreffend Patientenzufriedenheit, Funktion und Langlebigkeit aufwarten. Es haben sich verschiedene operative Zugangswege etabliert, diese variieren regional.<br /> Der direkte vordere Zugang wurde erstmals 1882 von Hueter zur Behandlung von Kriegsverletzungen am H&uuml;ftgelenk beschrieben, eine weitere Verbreitung und die erste Implantation einer Prothese erfolgten in den 1950er-Jahren durch die Br&uuml;der Judet in Frankreich.<sup>1</sup> In der Schweiz wurden 2016 gem&auml;ss dem Nationalen Prothesenregister SIRIS 44 % aller prim&auml;ren H&uuml;fttotalprothesen durch diesen Zugang implantiert, zudem wurden 15 % der Revisionen durch diesen Zugang vorgenommen.<sup>2</sup></p> <p>Bei der Verwendung des direkten vorderen Zuganges kann die Anatomie respektiert werden, da es sich hierbei um den einzigen Zugang zum H&uuml;ftgelenk handelt, der intermuskul&auml;r und internerval erfolgt. Auch wenn langfristige Ergebnisse des direkten vorderen Zuganges vergleichbare Resultate mit anderen Zug&auml;ngen zeigten, entsteht im Vergleich zu den h&auml;ufig verwendeten dorsalen oder transglutealen Zug&auml;ngen ein geringerer Weichteilschaden.<sup>3&ndash;5</sup> In den ersten postoperativen Wochen und Monaten wurden von verschiedenen Autoren weniger Schmerzen und eine schnellere Mobilisation beschrieben, was k&uuml;rzere Hospitalisationszeiten und geringere Kosten erm&ouml;glicht.<sup>6&ndash;8</sup> In Vergleichen mit anderen Zug&auml;ngen werden niedrige Luxationsraten angegeben.<sup>9, 10</sup><br /> F&uuml;r den direkten vorderen Zugang wurden verschiedene Techniken beschrieben. Wir f&uuml;hren die Operation in R&uuml;ckenlage ohne Traktionstisch durch.<sup>11, 12</sup> Es wird lediglich die zu operierende H&uuml;fte desinfiziert und mit einem sterilen Tuch mit transparenter Folie abgedeckt (Abb. 1).<br /> Bei dem klassischen direkten vorderen Zugang erfolgt eine L&auml;ngsinzision der Haut direkt &uuml;ber dem Intervall zwischen dem M. tensor fasciae latae und M. rectus femoris. Die Inzision erfolgt dabei quer zu den Hautspaltlinien und somit quer zu den Kollagenfasern der Haut. Es resultiert eine vermehrte Spannung auf die Wundr&auml;nder und Ecken, welche sich ung&uuml;nstig auf die prim&auml;re Wundheilung auswirkt. Durch die Verwendung eines schr&auml;g orientierten Schnittes entlang der Leistenbeugefalte, welche wir als &laquo;Bikini-Inzision&raquo; publizierten, folgt die Inzision den Langer&rsquo;schen Hautspaltlinien. Seit unserem Originalbeschrieb<sup>11</sup> haben wir die Technik etwas modifiziert, indem wir die Inzision nun komplett lateral der Spina iliaca anterior superior platzieren (Abb. 2), nicht wie initial beschrieben 1/3 medial und 2/3 lateral.<br /> Grunds&auml;tzliche Bedenken vor Etablierung der Bikini-Inzision waren, dass es zu h&auml;ufigeren Verletzungen des N. cutaneus femoris lateralis kommt.<sup>13</sup> Die Inzision erfolgt im Leistengebiet, sodass wir eine erh&ouml;hte Zahl an Fr&uuml;hinfekten bef&uuml;rchteten. Aufgrund der etwas schlechteren &Uuml;bersicht bef&uuml;rchteten wir eine schlechtere Positionierung der eingebrachten Implantate. Initial war auch unklar, ob das Einbringen von femoralen Cerclagen bei der Schaftsprengung m&ouml;glich ist.<sup>14</sup> Diese Bedenken haben sich nicht best&auml;tigt. Ein Nachteil der Bikini-Inzision ist sicher, dass eine proximale oder distale Erweiterung nicht m&ouml;glich ist.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Ortho_1804_Weblinks_lo_ortho_1804_s18_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="1349" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Ortho_1804_Weblinks_lo_ortho_1804_s19_abb2.jpg" alt="" width="1418" height="1183" /></p> <h2>Unsere Erfahrungen</h2> <p>Die Auswertung einer initialen Fallserie mit 26 Patienten zeigte schmalere und k&uuml;rzere Narben. An einem Kollektiv von 964 Patienten konnten wir in einer retrospektiven Folgestudie zeigen, dass die Verwendung der Bikini-Inzision keinen Einfluss auf die Implantatpositionierung hat und auch nicht zu einer erh&ouml;hten Revisionsrate f&uuml;hrt. Die Patienten zeigten sich zufriedener mit dem kosmetischen Ergebnis und wiesen weniger Taubheitsgef&uuml;hl im Versorgungsgebiet des N. cutaneus femoris lateralis auf.<br /> Die Verwendung der Bikini-Inzision f&uuml;hrte weder zu h&ouml;heren Komplikationsraten noch zu einem h&ouml;heren Blutverlust, sodass die Operationsmethode als sicher bezeichnet werden kann.<sup>15</sup> Initial wurde der Bikini-Zugang nur bei ausgew&auml;hlten, schlanken Patienten durchgef&uuml;hrt. Inzwischen haben wir die Indikation auf adip&ouml;se Patienten erweitert, da gerade bei dieser Patientengruppe mit einer Bikini-Inzision die sonst erh&ouml;hten Zug- und Scherkr&auml;ften, die auf die Hautinzision einwirken, reduziert werden k&ouml;nnen.<br /> Bei Revisionseingriffen durch einen direkten anterioren Zugang verwenden wir die klassische longitudinale Inzision, da diese sowohl nach proximal (z.B. Abl&ouml;sen des M. tensor fasciae latae oder Osteotomie der Spina iliaca anterior superior zur besseren Darstellung der Vorderwand) wie auch limitiert nach distal erweitert werden kann. In einigen F&auml;llen haben wir aus diesen Gr&uuml;nden nach Bikini-Inzision bei der Prim&auml;rimplantation dann eine kreuzende longitudinale Inzision vorgenommen, ohne dass es zu Hautnekrosen gekommen ist (Abb. 3). Das Einbringen einer Cerclage bei Kalkarfissuren ist durch eine Bikini-Inzision bei Bedarf m&ouml;glich (Abb. 4).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Ortho_1804_Weblinks_lo_ortho_1804_s19_abb3.jpg" alt="" width="2150" height="838" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Ortho_1804_Weblinks_lo_ortho_1804_s20_abb4.jpg" alt="" width="350" height="773" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Rachbauer F et al.: Orthop Clin North Am 2009; 40(3): 311-20 <strong>2</strong> SIRIS so, ANQ, SwissRDL: SIRIS Report 2012&ndash; 2016. Annual Report of the Swiss National Joint Registry, Hip and Knee, 2018 <strong>3</strong> Bremer AK et al.: J Bone Joint Surg Br 2011; 93(7): 886-9 <strong>4</strong> Lanting BA et al.: Hip Int 2017; 27(4): 397-400 <strong>5</strong> Barnett SL et al.: J Arthroplasty 2016; 31(10): 2291-4 <strong>6</strong> Goebel S et al.: Int Orthop 2012; 36(3): 491-8 <strong>7</strong> Zawadsky MW et al.: J Arthroplasty 2014; 29(6): 1256-60 <strong>8</strong> Wang Z et al.: J Orthop Surg Res 2018; 13(1): 229 <strong>9</strong> Sheth D et al.: Clin Orthop Relat Res 2015; 473(11): 3401-8 <strong>10</strong> Miller LE et al.: Acta Orthop 2018; 89(3): 289-94 <strong>11</strong> Leunig M et al.: Clin Orthop Relat Res 2013; 4 71(7): 2245-52 <strong>12</strong> Jewett BA, Collis DK: Clin Orthop Relat Res 2011; 469(2): 503-7 <strong>13</strong> Goulding K et al.: Clin Orthop Relat Res 2010; 468(9): 2397-404 <strong>14</strong> Grob K et al.: J Bone Joint Surg Am 2015; 97(2): 126-32 <strong>15</strong> Leunig M et al.: Bone Joint J 2018; 100-B(7): 853-61</p> </div> </p>
Back to top