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Das schmerzhaft geschwollene Gelenk

<p class="article-intro">Der Gelenkschmerz stellt einen häufigen Konsultationsgrund in der hausärztlichen Sprechstunde dar. Dabei sind die Ärzte nicht selten mit einer akut aufgetretenen, von einer Schwellung begleiteten, schmerzhaften Gelenksproblematik konfrontiert und müssen über die Dringlichkeit einer mehr oder weniger weitreichenden Diagnostik und Therapie entscheiden. Bereits eine sorgfältige Anamneseerhebung kann dabei sehr hilfreich sein, um über eine erste Weichenstellung hinsichtlich der zu veranlassenden Abklärungsmassnahmen und Therapie zu entscheiden. </p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Bei Verdacht auf eine bakterielle Arthritis ist die lege artis durchgef&uuml;hrte Gelenkspunktion ein Muss bei der Erstabkl&auml;rung.</li> <li>&laquo;Red flags&raquo; sind Alarmzeichen und pr&auml;disponierende Risikofaktoren einer infekti&ouml;sen Arthritis.</li> <li>Eine akute Monoarthritis ist stets als septisch zu betrachten, bis zum Beweis des Gegenteils.</li> <li>Die Synoviaanalyse entscheidet &uuml;ber entz&uuml;ndlich versus nicht entz&uuml;ndlich.</li> <li>Aufgepasst bei Gelenken mit vorg&auml;ngiger Steroidinjektion oder bei TEP-Gelenken.</li> <li>Gegebenenfalls rasch an den Spezialisten weiterweisen.</li> <li>Mehr Zeit f&uuml;r die Aufgleisung der Diagnostik hat der erstbehandelnde Arzt bei einer subakuten Oligo-/Polyarthritis ohne &laquo;red flags&raquo; und bei einer chronischen Polyarthritis.</li> <li>Eine sorgf&auml;ltige Anamnese und klinische Untersuchung k&ouml;nnen helfen, die differenzialdiagnostischen Herausforderungen zu meistern.</li> <li>Zeitlicher Ablauf, Gelenksbefallmuster und extraartikul&auml;re Manifestationsstigmata sind sehr hilfreich bei der nosologischen Einteilung.</li> <li>Enthesitis, Daktylitis, Iritis/Uveitis und R&uuml;ckenschmerzen von entz&uuml;ndlichem Charakter weisen auf eine Spondyloarthritis hin.</li> <li>Eine symmetrische Polyarthritis der kleinen Gelenke (Hand, Fuss), insbesondere der MCP-Gelenksreihe, und eine Morgensteifigkeit &gt;1h sind suggestiv f&uuml;r das Vorliegen einer rheumatoiden Arthritis.</li> <li>Die Spondyloarthritis und die rheumatoide Arthritis sind die beiden h&auml;ufigsten entz&uuml;ndlichen chronisch-rheumatischen Systemerkrankungen; sie weisen beide eine Pr&auml;valenz von ca. 1 % auf.</li> </ul> </div> <p>Die nachfolgend diskutierten Wegweiser in der Differenzialdiagnostik einer Arthritis k&ouml;nnen helfen, zielgerichtet, rasch und effizient zu einer Diagnose und einer nosologischen Einteilung der Problematik zu gelangen. Ich empfehle ein strukturiertes Vorgehen in der Anamneseerhebung, gefolgt von einer sorgf&auml;ltigen klinischen Untersuchung und der laborm&auml;ssigen Abkl&auml;rung. Der Synoviaanalyse aus dem Gelenkspunktat kommt dabei eine kardinale Bedeutung zu.</p> <h2>Diagnostische Strategie in der Anamneseerhebung</h2> <p><strong>Grunds&auml;tzliche &Uuml;berlegungen und &laquo;red flags&raquo;</strong> <br />Die Einsch&auml;tzung der akuten Gef&auml;hrdung bei einer bakteriellen (septischen) Entz&uuml;ndung oder einer Gelenksproblematik im Rahmen einer Neoplasie entscheidet &uuml;ber die Dringlichkeit einer gezielten Diagnostik und Therapie. Dabei ist es f&uuml;r den Patienten entscheidend, dass eine Gelenkszerst&ouml;rung vermieden und das Risiko f&uuml;r weitere Organmanifestationen und hiermit assoziierte L&auml;sionen minimiert werden kann.<sup>1</sup> Die &laquo;red flags&raquo; einer allf&auml;llig vorhandenen gef&auml;hrlichen bis gar lebensbedrohlichen Situation und Krankheitsentwicklung sollten nicht &uuml;bersehen werden. Die entsprechenden Hinweise leiten uns in der weiteren Priorisierung der Diagnostik, um eine Infektion oder ein Malignom ausschliessen zu k&ouml;nnen (Tab. 1).<sup>2, 3</sup></p> <p><strong>Der Schmerzcharakter als Wegweiser</strong> <br />Das Auftreten einer schmerzhaften Gelenksschwellung kann verschiedenste Gr&uuml;nde haben und ist per se nicht zwangsl&auml;ufig mit einer Entz&uuml;ndung im engeren Sinn gleichzusetzen. Nachdem aus den Angaben des Patienten eine traumatische Ursache weitestgehend ausgeschlossen wurde (es gibt aber auch inapperzept verlaufende L&auml;sionen nach &laquo;banalen&raquo; Traumata), ist der Fokus auf die breite Palette der nicht unfallassoziierten Gesundheitsst&ouml;rungen zu richten. Dabei helfen jeweils krankheitstypische Stigmata, eine erste Auslegeordnung zu bewerkstelligen.<sup>4</sup> <br />Eine besondere Bedeutung in der Anamneseerhebung kommt dem Schmerzcharakter zu. Dabei kann im Rahmen dieser ersten Weichenstellung bereits relativ konklusiv zwischen entz&uuml;ndlichen, mechanischen und neuropathischen/neoplastischen Schmerzen und einer entsprechenden Problematik differenziert werden.<sup>5</sup> So sind Gelenke mit Anlauf- und Belastungsschmerzen, die sich positionsabh&auml;ngig bessern, umschrieben und lokalisiert sind sowie ein Derangement oder Blockaden aufweisen, sehr verd&auml;chtig auf das Vorliegen einer Arthrose. Ruheschmerzen und eine Morgensteifigkeit von &uuml;ber 30 Minuten weisen auf eine entz&uuml;ndliche Gelenkserkrankung hin. Ist das Befallsmuster polyartikul&auml;r, symmetrisch und betrifft es vorwiegend die kleinen Gelenke, ist an eine rheumatoide Arthritis zu denken.<sup>6</sup> Kommen Gelenksbeschwerden in Zusammenhang mit Myalgien am Schulter- und/oder Beckeng&uuml;rtel vor, begleitet von einer Fatigue und mit nachzuweisender BSR-Erh&ouml;hung, so ist an eine Polymyalgia rheumatica zu denken. Sind zus&auml;tzlich Schmerzen der Kaumuskulatur (Claudicatio masticatoria) oder gar Visusst&ouml;rungen vorhanden, muss dringlich an eine Arteriitis temporalis gedacht werden.<sup>7</sup> Dies ist als rheumatologischer/ophthalmologischer Notfall zu betrachten, der die unverz&uuml;gliche Einleitung einer hoch dosierten Steroidbehandlung erfordert. Die weitere Diagnostik mit Duplex-Sonografie und allf&auml;lliger Biopsie kann danach zeitnah in die Wege geleitet werden (Tab. 2). <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Ortho_1603_Weblinks_seite49_1.jpg" alt="" width="" height="" /> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Ortho_1603_Weblinks_seite49_2.jpg" alt="" width="" height="" /> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Ortho_1603_Weblinks_seite49_3.jpg" alt="" width="" height="" /> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Ortho_1603_Weblinks_seite50_1.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <p><strong>Chronologie der Krankheitsentwicklung als Wegweiser</strong> <br />Es ist f&uuml;r die Dringlichkeit des weiteren Vorgehens entscheidend, ob eine Arthritis rasch progredient, begleitet von systemischen Entz&uuml;ndungszeichen auftritt oder nicht. Eine akute Monoarthritis ist stets prim&auml;r als septisch zu betrachten, insbesondere wenn internistische Risikofaktoren (wie Diabetes, Immunsuppression, Drogenkonsum u.a.m.) vorliegen.<sup>3, 8, 14</sup> Typisch f&uuml;r eine akute Kristallarthritis ist der pl&ouml;tzliche Beginn, oftmals &uuml;ber Nacht, allenfalls in Assoziation zu eruierbaren Triggern, wie zum Beispiel ein stattgehab&shy;tes opulentes Mahl bei bekannter Hyper&shy;urik&auml;mie oder bei einem Dehydratationszustand im Rahmen einer grippalen Erkrankung. Gar nicht selten ist der pl&ouml;tzliche Entz&uuml;ndungsbeginn nach Traumata oder Operationen zu sehen.<sup>9&ndash;11</sup> Gelegentlich kann es schwierig sein, eine Arthritis von einer extraartikul&auml;ren Weichteilschwellung zu unterscheiden. Insbesondere kann die Beurteilung einer Bursitis Probleme verursachen. Dort kann die Ultraschalluntersuchung wertvolle Hilfe leisten, um aus der Bursa gezielt Fl&uuml;ssigkeit und Material f&uuml;r die weitere laborm&auml;ssige Aufarbeitung zu gewinnen (Abb. 1).</p> <p><strong>Diagnosewahrscheinlichkeit gem&auml;ss Gelenksmanifestationsmuster</strong> <br />Die Anzahl und das Verteilungsmuster der betroffenen Gelenke helfen ebenfalls bei der Weichenstellung einer weiterf&uuml;hrenden, auf die wahrscheinlichsten Ursachen fokussierten Diagnostik.<sup>12, 13</sup> In Tab. 3 sind die h&auml;ufigsten Ursachen zusammengefasst. <br />Eine besondere Herausforderung bilden die seltenen Ursachen einer Arthritis. Darunter finden sich Erkrankungen wie die Sarkoidose, die pigmentierte villonodul&auml;re Synovitis, aber auch die Borreliose und weitere infekti&ouml;se Ursachen bei Mykobakterien, Brucellen etc.<sup>2 ,8, 14</sup> Typisch f&uuml;r die Borrelien-Arthritis ist das mono- bis oligoartikul&auml;re Auftreten eines grossen, wenig schmerzhaften Ergusses, vorzugsweise des Knie- oder oberen Sprunggelenks (Abb. 2).</p> <p><strong>Diagnosewahrscheinlichkeit in Abh&auml;ngigkeit vom Alter des Patienten</strong> <br />Nebst dem Schmerzcharakter beeinflusst das Alter des Patienten massgeblich unsere &Uuml;berlegungen zum differenzialdiagnostischen Bild und zu den sinnvollerweise durchzuf&uuml;hrenden Abkl&auml;rungen. So ist zum Beispiel bei einem sehr jungen Patienten mit synovitischen Fingergelenken prim&auml;r an eine JIA (juvenile idiopathische Arthritis) oder an eine virale Ursache zu denken (im Rahmen von Kinderkrankheiten, bei Masern, Mumps etc.; insbesondere ist auch an Parvovirus B19 zu denken). Ist beim jungen Patienten hingegen das Kniegelenk betroffen und ist der Patient als Pfadfinder h&auml;ufig im Wald unterwegs, ist eine Borreliose-assoziierte Arthritis wahrscheinlicher.<sup>13&ndash;15</sup> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Ortho_1603_Weblinks_seite50_2.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Klinischer Untersuchungsgang</h2> <p>Den ersten Schritt in der klinischen Untersuchung bildet die Unterscheidung zwischen artikul&auml;ren und periartikul&auml;ren Problemen. Die lokoregion&auml;ren Strukturen, wie Muskeln, Sehnen, Ligamente und Schleimbeutel, m&uuml;ssen in den differenzialdiagnostischen &Uuml;berlegungen mitber&uuml;cksichtigt werden.<sup>5, 7, 12, 13</sup> Das Aussehen der Haut, die Trophik und die Beschaffenheit der Hautanhangsgebilde k&ouml;nnen bei der Beurteilung einer Algodystrophie sehr hilfreich sein.<sup>16</sup> Besonders gesucht werden sollten extraartikul&auml;re Manifestationen bei einer reaktiven Arthritis (z.B. die Augen mit Konjunktivitis), bei einer Psoriasisarthritis (Nagelver&auml;nderungen; Psoriasiseffloreszenzen auch in der Rima ani, am Nabel und retroaurikul&auml;r) oder bei Spondyloarthritiden (Enthesitis) und Kollagenosen (Erythem, Photosensibilit&auml;t, Sicca oral und okul&auml;r, Effluvium) (Abb. 3). <br />Nicht selten sind nur einzelne, wenig ausgepr&auml;gte Befunde zu erheben, wie zum Beispiel ein kleines induriertes Exanthem, kombiniert mit einer Monoarthritis des OSG. In diesem Fall sollte speziell an die M&ouml;glichkeit einer Sarkoidose als Ursache gedacht werden (Abb. 4). <br />Selbstverst&auml;ndlich ist ein sorgf&auml;ltig durchgef&uuml;hrter internistischer Status, inklusive einer orientierenden problemorientierten neurologischen Austestung, ein Muss, um die Tragweite einer Gelenksproblematik erfassen zu k&ouml;nnen. <br />Die Hauptpfeiler einer stringenten Diagnostik bei einer Arthritis bilden nach wie vor die Arthrozentese mit konsekutiver Synoviaanalyse. Bereits die optische Einsch&auml;tzung des Punktates, die sogenannte &laquo;Leseprobe&raquo;, kann R&uuml;ckschl&uuml;sse erlauben, ob es sich um eine entz&uuml;ndliche Genese handelt oder nicht. Bei einer nicht entz&uuml;ndlichen Synovia kann die Schrift des hinter dem R&ouml;hrchen liegenden Blattes problemlos erkannt werden (Abb. 5).<sup>1&ndash;3</sup></p> <h2>Die Bedeutung der Laboruntersuchungen</h2> <p>Seitens der Blutuntersuchungen k&ouml;nnen Differenzialblutbild und CRP-Bestimmung hilfreich sein, um eine erste F&auml;hrte in Richtung einer m&ouml;glichen bakteriellen Ursache zu erhalten. Dabei ist zu beachten, dass auch akute Kristallarthritiden durchaus CRP-Erh&ouml;hungen mit Werten weit &uuml;ber 100mg/L zeigen k&ouml;nnen. <br />Eine qualitativ gut durchgef&uuml;hrte und kompetent interpretierte Synoviaanalyse bildet den Eckpfeiler der apparativen Untersuchungen. Standardm&auml;ssig sind drei Untersuchungen in Auftrag zu geben: die Zellzahlz&auml;hlung aus dem EDTA-R&ouml;hrchen, eine Bakteriologie aus dem Nativr&ouml;hrchen (Gram-F&auml;rbung, Kultur, in Spezialf&auml;llen erg&auml;nzt mit einer eubakteriellen PCR) sowie eine Kristalluntersuchung aus einem zweiten Nativr&ouml;hrchen. Spezielle Abkl&auml;rungen wie eine Borrelien-PCR aus dem Punktat, eine Borrelienserologie aus dem Serum oder eine Chlamydien-PCR aus dem Urin sollten nur bei einer gen&uuml;gend hohen Vortestwahrscheinlichkeit (hoch suggestive Indizes aus der Anamnese und/oder bei passenden klinischen Befunden) in Auftrag gegeben werden.<sup>1</sup> <br />Die erste Weichenstellung sollte zwischen einem entz&uuml;ndlichen Erguss und einem nicht entz&uuml;ndlichen Punktat unterscheiden. Je nach Schule (Land) und Literatur (Autor) wird die Grenze bei 1000 oder 2000 Zellen (Leukozyten) pro Mikroliter festgelegt. Im englischen Sprachraum wird die Grenze bei 2000 Zellen/&micro;L gesetzt. Bei uns gilt eine Zellzahl von &lt;1000/&micro;L als sicherlich nicht entz&uuml;ndlich (Reizerguss). Eine Zahl zwischen 1000 und 2000 stellt einen Graubereich dar, ist aber eher einer entz&uuml;ndlichen Genese zuzurechnen. Die Nosologie kann kristallentz&uuml;ndlicher, rheumatologischer (im engeren Sinn bei RA, Kollagenosen etc.) oder bakterieller Natur sein. Zu beachten ist zudem, dass bei Punktaten aus einem voroperierten Gelenk (TEP, Metall in situ) bereits eine viel tiefere Zellzahl, auch unter 1000/&micro;L, mit einem Infekt (bakterielle Besiedelung, DD Low-grade-Infekt) einhergehen kann. Allgemein gibt die H&ouml;he der Zellzahl einen ersten Hinweis auf die Auspr&auml;gung der Entz&uuml;ndung und auf die m&ouml;gliche Ursache. Die h&ouml;chsten Zellzahlen sehen wir mit Werten von 10 000 bis 100 000/&micro;L und dar&uuml;ber bei infekti&ouml;sen Arthritiden. Aber auch die reaktive Arthritis und die akute Kristallarthritis k&ouml;nnen durchaus Zellzahlen von &uuml;ber 30 000, selten einmal bis 100 000/&micro;L aufweisen. Ein weiteres Differenzierungsmerkmal bildet dabei die Differenzialbeurteilung im Gram-Pr&auml;parat. Bei einem Anteil der polynukle&auml;ren Zellen (Granulozyten) von &uuml;ber 90 % besteht der Verdacht auf Vorliegen einer Gelenkssepsis, bei einem Anteil &gt;98 % ist es gar sehr wahrscheinlich. Im Zweifelsfall ist dann eine empirische antibiotische Therapie einzuleiten. Nach 24&ndash;28 Stunden der Kulturbebr&uuml;tung k&ouml;nnen wir uns dann definitiv auf die mikrobiologischen Auswertungen st&uuml;tzen.<sup>2, 3, 8</sup> <br />In ge&uuml;bter Laborantenhand und unter dem aufmerksamen Laborantenauge nimmt die Mikroskopie eine entscheidende Position in der Diagnostik einer Kristallarthropathie ein, insbesondere wenn bez&uuml;glich einer akuten Gicht oder Calcium-Pyrophosphat-Arthritis (CPPD) versus Vorliegen einer anderweitigen Genese entschieden werden muss. Das Finden der Calcium-Pyrophosphat-Kristalle stellt eine besondere Herausforderung dar, da diese Kristalle h&auml;ufig vereinzelt vorkommen und insbesondere intrazellul&auml;r zu suchen sind. Die h&auml;ufig in Haufen vorkommenden, nadelf&ouml;rmigen, sich im Dunkelfeldmikroskop doppelbrechend darstellenden Harns&auml;urekristalle sind dagegen kaum zu &uuml;bersehen. Dabei ist zu beachten, dass eine gemischte Kristallarthritis vorkommen kann, wie auch, dass CPP-Kristalle bei einer bakteriellen Arthritis nicht selten als Begleitbefund nachgewiesen werden k&ouml;nnen, als sogenannte &laquo;innocent bystander&raquo;. Die pr&auml;formierten Kristalle werden dabei aus den Ablagerungen in den oberfl&auml;chigen Knorpelschichten im Rahmen des septischen Entz&uuml;ndungsprozesses &laquo;herausgewaschen&raquo; und gelangen so in die Synovia.<sup>9, 10, 17&ndash;20</sup> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Ortho_1603_Weblinks_seite51_1.jpg" alt="" width="" height="" /> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Ortho_1603_Weblinks_seite51_2.jpg" alt="" width="" height="" /> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Ortho_1603_Weblinks_seite51_3.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Die Rolle der Bildgebung</h2> <p>Die Sonografie stellt eine elegante und kosteng&uuml;nstige Methode dar, v.a. bei klinisch schwierig oder nicht konklusiv zu untersuchenden Gelenken (wie H&uuml;fte, Schulter oder OSG) oder Bursitiden einen Gelenkserguss zuverl&auml;ssig nachzuweisen und konsekutiv ultraschallgesteuert zu punktieren (Abb. 6). Das R&ouml;ntgenbild l&auml;sst uns grobe oss&auml;r-artikul&auml;re Strukturver&auml;nderungen dokumentieren. Es kann aber auch bei destruktiven Prozessen, zusammen mit dem Gelenksbefallsmuster, entscheiden helfen, ob es sich z.B. um RA, Psoriasisarthritis oder chronische Gicht handeln k&ouml;nnte (Abb. 7). Im konventionellen R&ouml;ntgenbild ist allenfalls eine sogenannte Chondrokalzinose als fast schon pathognomonisches Zeichen der CPPD zu suchen, typischerweise in Form von Kalzifikationen im TFCC der Handgelenke wie auch in Form von kalkdichten Doppelkonturen entlang der Knorpelschicht und als Einlagerungen um bzw. in den Menisci des Kniegelenkes (Abb. 8 und 9).<sup>21</sup> Das MRI tr&auml;gt dazu bei, bei einer Monoarthritis traumatische/posttraumatische L&auml;sionen (z.B. freier Gelenksk&ouml;rper, Flake, B&auml;nder- und Sehnenl&auml;sionen) genau zu beurteilen oder eine Bestandsaufnahme bez&uuml;glich Strukturver&auml;nderungen am Knorpel und Knochen (z.B. bei einer Algodystrophie, einem Knochenmarks&ouml;dem bei fortgeschrittener aktivierter Arthrose) durchf&uuml;hren zu k&ouml;nnen. F&uuml;r eine Beurteilung oligo-/polyartikul&auml;rer Probleme ist das MRI weniger geeignet.<sup>22, 23</sup></p> <h2>Quintessenz</h2> <p>Grundlage einer jeglichen Behandlung von Problemen am Bewegungsapparat bildet die sorgf&auml;ltig durchgef&uuml;hrte Anamneseerhebung. Die eingehende k&ouml;rperliche Untersuchung mitsamt Punktion eines Gelenksergusses ist unerl&auml;sslich bei einer Gelenksschwellung. Ein akut hoch entz&uuml;ndetes Gelenk sollte unverz&uuml;glich punktiert werden, entweder &laquo;blind&raquo; unter Zuhilfenahme der anatomischen Landmarker oder sonografisch kontrolliert. Bei schwieriger Situation sollte nicht lange zugewartet und der Patient an den Spezialisten weitergewiesen werden. Die laborm&auml;ssige Aufarbeitung des Synoviaasservates bringt dann oft eine Kl&auml;rung der Ursache oder zumindest eine Best&auml;tigung des Verdachtes beziehungsweise der Arbeitshypothese. Erg&auml;nzende Laboruntersuchungen im Blut, inklusive Serologien, sowie bildgebende Abkl&auml;rungen k&ouml;nnen schliesslich auch in schwierigen F&auml;llen zur definitiven Diagnose verhelfen, sodass eine stringente, gezielte Therapie eingeleitet werden kann. <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Ortho_1603_Weblinks_seite52_1.jpg" alt="" width="" height="" /> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Ortho_1603_Weblinks_seite52_2.jpg" alt="" width="" height="" /> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Ortho_1603_Weblinks_seite52_3.jpg" alt="" width="" height="" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> ACR Ad Hoc Committe on Clinical Guidelines. Arthritis Rheum 1996; 39: 1 <strong>2</strong> Seitz M: Arthritisabkl&auml;rung. Rheuma Schweiz Nr. 4, 7/2013; 11-17 <strong>3</strong> Kyburz D: Gelenkschmerzen in der Praxis. Swiss Med Forum 2015; 15(26): 618-622 <strong>4</strong> Sanchez E: Gelenkschmerzen, was steckt dahinter. Differentialdiagnose der Arthritis. Der informierte Arzt 2015; 4: 11-15 <strong>5</strong> Meehan RT: History and physical examination. In: West SG: Rheumatology secrets. Philadelphia: Hanley &amp; Belfus Inc., Mosby Ltd., 2002. Chap. 8 <strong>6</strong> Schmid L: Differentialdiagnose bei fr&uuml;her Arthritis. Der informierte Arzt 2013; 5: 26-28 <strong>7</strong> Liang MH: Evaluation of musculoskeletal symptoms. In: Klippel JH, Dieppe PA: Rheumatology. London: Mosby Ltd., 1994. pp 2.1.1- 2.1.18 <strong>8</strong> Sack K: Monoar&shy;thritis differential diagnosis. Am J Med 1997; 102: 30 <strong>9</strong> Sanchez E: Die CPPD, das Cham&auml;leon unter den entz&uuml;ndlichen rheumatischen Erkrankungen. Der informierte Arzt 2016; 2: 16-20 <strong>10</strong> Baker DG, Schumacher HR: Acute monoarthritis. N Engl J Med 1993; 329(4): 1013-1020 <strong>11</strong> Becker MA et al: Clinical manifestations and diagnosis of calcium pyrophosphate crystal deposition disease. www.uptodate.com, 2015 <strong>12</strong> Hawkins RA: Approach to the patient with polyarticular symptoms. In: West SG: Rheumatology secrets. Philadelphia: Hanley &amp; Belfus Inc., Mosby Ltd., 1996. Chap. 15 <strong>13</strong> Da Silva JAP, Woolf AD: Rheumatology in practice. London: Springer Verlag Ltd., 2010 <strong>14</strong> Boller C: Infektassoziierte Arthritis. Der informierte Arzt 2013; 5: 23-24 <strong>15</strong> Beyeler C: Gelenkschmerzen. Schweiz Med Forum 2003; 49: 1200-1204 <strong>16</strong> Harden R et al: Proposed new diagnostic criteria for complex regional pain syndrome. Pain Med 2007; 8(4): 326-331 <strong>17</strong> Moskowitz RW: Deposition of calcium pyrophosphate or hydroxyapatite. 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