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Das schmerzhaft geschwollene Gelenk
Leading Opinions
Autor:
Dr. med. Enrique Sanchez
Leitender Arzt, Rheumatologie und muskuloskelettale Rehabilitation, Departement Medizin, Kantonsspital Winterthur<br> E-Mail: enrique.sanchez@ksw.ch
30
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06.10.2016
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<p class="article-intro">Der Gelenkschmerz stellt einen häufigen Konsultationsgrund in der hausärztlichen Sprechstunde dar. Dabei sind die Ärzte nicht selten mit einer akut aufgetretenen, von einer Schwellung begleiteten, schmerzhaften Gelenksproblematik konfrontiert und müssen über die Dringlichkeit einer mehr oder weniger weitreichenden Diagnostik und Therapie entscheiden. Bereits eine sorgfältige Anamneseerhebung kann dabei sehr hilfreich sein, um über eine erste Weichenstellung hinsichtlich der zu veranlassenden Abklärungsmassnahmen und Therapie zu entscheiden. </p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Bei Verdacht auf eine bakterielle Arthritis ist die lege artis durchgeführte Gelenkspunktion ein Muss bei der Erstabklärung.</li> <li>«Red flags» sind Alarmzeichen und prädisponierende Risikofaktoren einer infektiösen Arthritis.</li> <li>Eine akute Monoarthritis ist stets als septisch zu betrachten, bis zum Beweis des Gegenteils.</li> <li>Die Synoviaanalyse entscheidet über entzündlich versus nicht entzündlich.</li> <li>Aufgepasst bei Gelenken mit vorgängiger Steroidinjektion oder bei TEP-Gelenken.</li> <li>Gegebenenfalls rasch an den Spezialisten weiterweisen.</li> <li>Mehr Zeit für die Aufgleisung der Diagnostik hat der erstbehandelnde Arzt bei einer subakuten Oligo-/Polyarthritis ohne «red flags» und bei einer chronischen Polyarthritis.</li> <li>Eine sorgfältige Anamnese und klinische Untersuchung können helfen, die differenzialdiagnostischen Herausforderungen zu meistern.</li> <li>Zeitlicher Ablauf, Gelenksbefallmuster und extraartikuläre Manifestationsstigmata sind sehr hilfreich bei der nosologischen Einteilung.</li> <li>Enthesitis, Daktylitis, Iritis/Uveitis und Rückenschmerzen von entzündlichem Charakter weisen auf eine Spondyloarthritis hin.</li> <li>Eine symmetrische Polyarthritis der kleinen Gelenke (Hand, Fuss), insbesondere der MCP-Gelenksreihe, und eine Morgensteifigkeit >1h sind suggestiv für das Vorliegen einer rheumatoiden Arthritis.</li> <li>Die Spondyloarthritis und die rheumatoide Arthritis sind die beiden häufigsten entzündlichen chronisch-rheumatischen Systemerkrankungen; sie weisen beide eine Prävalenz von ca. 1 % auf.</li> </ul> </div> <p>Die nachfolgend diskutierten Wegweiser in der Differenzialdiagnostik einer Arthritis können helfen, zielgerichtet, rasch und effizient zu einer Diagnose und einer nosologischen Einteilung der Problematik zu gelangen. Ich empfehle ein strukturiertes Vorgehen in der Anamneseerhebung, gefolgt von einer sorgfältigen klinischen Untersuchung und der labormässigen Abklärung. Der Synoviaanalyse aus dem Gelenkspunktat kommt dabei eine kardinale Bedeutung zu.</p> <h2>Diagnostische Strategie in der Anamneseerhebung</h2> <p><strong>Grundsätzliche Überlegungen und «red flags»</strong> <br />Die Einschätzung der akuten Gefährdung bei einer bakteriellen (septischen) Entzündung oder einer Gelenksproblematik im Rahmen einer Neoplasie entscheidet über die Dringlichkeit einer gezielten Diagnostik und Therapie. Dabei ist es für den Patienten entscheidend, dass eine Gelenkszerstörung vermieden und das Risiko für weitere Organmanifestationen und hiermit assoziierte Läsionen minimiert werden kann.<sup>1</sup> Die «red flags» einer allfällig vorhandenen gefährlichen bis gar lebensbedrohlichen Situation und Krankheitsentwicklung sollten nicht übersehen werden. Die entsprechenden Hinweise leiten uns in der weiteren Priorisierung der Diagnostik, um eine Infektion oder ein Malignom ausschliessen zu können (Tab. 1).<sup>2, 3</sup></p> <p><strong>Der Schmerzcharakter als Wegweiser</strong> <br />Das Auftreten einer schmerzhaften Gelenksschwellung kann verschiedenste Gründe haben und ist per se nicht zwangsläufig mit einer Entzündung im engeren Sinn gleichzusetzen. Nachdem aus den Angaben des Patienten eine traumatische Ursache weitestgehend ausgeschlossen wurde (es gibt aber auch inapperzept verlaufende Läsionen nach «banalen» Traumata), ist der Fokus auf die breite Palette der nicht unfallassoziierten Gesundheitsstörungen zu richten. Dabei helfen jeweils krankheitstypische Stigmata, eine erste Auslegeordnung zu bewerkstelligen.<sup>4</sup> <br />Eine besondere Bedeutung in der Anamneseerhebung kommt dem Schmerzcharakter zu. Dabei kann im Rahmen dieser ersten Weichenstellung bereits relativ konklusiv zwischen entzündlichen, mechanischen und neuropathischen/neoplastischen Schmerzen und einer entsprechenden Problematik differenziert werden.<sup>5</sup> So sind Gelenke mit Anlauf- und Belastungsschmerzen, die sich positionsabhängig bessern, umschrieben und lokalisiert sind sowie ein Derangement oder Blockaden aufweisen, sehr verdächtig auf das Vorliegen einer Arthrose. Ruheschmerzen und eine Morgensteifigkeit von über 30 Minuten weisen auf eine entzündliche Gelenkserkrankung hin. Ist das Befallsmuster polyartikulär, symmetrisch und betrifft es vorwiegend die kleinen Gelenke, ist an eine rheumatoide Arthritis zu denken.<sup>6</sup> Kommen Gelenksbeschwerden in Zusammenhang mit Myalgien am Schulter- und/oder Beckengürtel vor, begleitet von einer Fatigue und mit nachzuweisender BSR-Erhöhung, so ist an eine Polymyalgia rheumatica zu denken. Sind zusätzlich Schmerzen der Kaumuskulatur (Claudicatio masticatoria) oder gar Visusstörungen vorhanden, muss dringlich an eine Arteriitis temporalis gedacht werden.<sup>7</sup> Dies ist als rheumatologischer/ophthalmologischer Notfall zu betrachten, der die unverzügliche Einleitung einer hoch dosierten Steroidbehandlung erfordert. Die weitere Diagnostik mit Duplex-Sonografie und allfälliger Biopsie kann danach zeitnah in die Wege geleitet werden (Tab. 2). <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Ortho_1603_Weblinks_seite49_1.jpg" alt="" width="" height="" /> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Ortho_1603_Weblinks_seite49_2.jpg" alt="" width="" height="" /> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Ortho_1603_Weblinks_seite49_3.jpg" alt="" width="" height="" /> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Ortho_1603_Weblinks_seite50_1.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <p><strong>Chronologie der Krankheitsentwicklung als Wegweiser</strong> <br />Es ist für die Dringlichkeit des weiteren Vorgehens entscheidend, ob eine Arthritis rasch progredient, begleitet von systemischen Entzündungszeichen auftritt oder nicht. Eine akute Monoarthritis ist stets primär als septisch zu betrachten, insbesondere wenn internistische Risikofaktoren (wie Diabetes, Immunsuppression, Drogenkonsum u.a.m.) vorliegen.<sup>3, 8, 14</sup> Typisch für eine akute Kristallarthritis ist der plötzliche Beginn, oftmals über Nacht, allenfalls in Assoziation zu eruierbaren Triggern, wie zum Beispiel ein stattgehab­tes opulentes Mahl bei bekannter Hyper­urikämie oder bei einem Dehydratationszustand im Rahmen einer grippalen Erkrankung. Gar nicht selten ist der plötzliche Entzündungsbeginn nach Traumata oder Operationen zu sehen.<sup>9–11</sup> Gelegentlich kann es schwierig sein, eine Arthritis von einer extraartikulären Weichteilschwellung zu unterscheiden. Insbesondere kann die Beurteilung einer Bursitis Probleme verursachen. Dort kann die Ultraschalluntersuchung wertvolle Hilfe leisten, um aus der Bursa gezielt Flüssigkeit und Material für die weitere labormässige Aufarbeitung zu gewinnen (Abb. 1).</p> <p><strong>Diagnosewahrscheinlichkeit gemäss Gelenksmanifestationsmuster</strong> <br />Die Anzahl und das Verteilungsmuster der betroffenen Gelenke helfen ebenfalls bei der Weichenstellung einer weiterführenden, auf die wahrscheinlichsten Ursachen fokussierten Diagnostik.<sup>12, 13</sup> In Tab. 3 sind die häufigsten Ursachen zusammengefasst. <br />Eine besondere Herausforderung bilden die seltenen Ursachen einer Arthritis. Darunter finden sich Erkrankungen wie die Sarkoidose, die pigmentierte villonoduläre Synovitis, aber auch die Borreliose und weitere infektiöse Ursachen bei Mykobakterien, Brucellen etc.<sup>2 ,8, 14</sup> Typisch für die Borrelien-Arthritis ist das mono- bis oligoartikuläre Auftreten eines grossen, wenig schmerzhaften Ergusses, vorzugsweise des Knie- oder oberen Sprunggelenks (Abb. 2).</p> <p><strong>Diagnosewahrscheinlichkeit in Abhängigkeit vom Alter des Patienten</strong> <br />Nebst dem Schmerzcharakter beeinflusst das Alter des Patienten massgeblich unsere Überlegungen zum differenzialdiagnostischen Bild und zu den sinnvollerweise durchzuführenden Abklärungen. So ist zum Beispiel bei einem sehr jungen Patienten mit synovitischen Fingergelenken primär an eine JIA (juvenile idiopathische Arthritis) oder an eine virale Ursache zu denken (im Rahmen von Kinderkrankheiten, bei Masern, Mumps etc.; insbesondere ist auch an Parvovirus B19 zu denken). Ist beim jungen Patienten hingegen das Kniegelenk betroffen und ist der Patient als Pfadfinder häufig im Wald unterwegs, ist eine Borreliose-assoziierte Arthritis wahrscheinlicher.<sup>13–15</sup> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Ortho_1603_Weblinks_seite50_2.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Klinischer Untersuchungsgang</h2> <p>Den ersten Schritt in der klinischen Untersuchung bildet die Unterscheidung zwischen artikulären und periartikulären Problemen. Die lokoregionären Strukturen, wie Muskeln, Sehnen, Ligamente und Schleimbeutel, müssen in den differenzialdiagnostischen Überlegungen mitberücksichtigt werden.<sup>5, 7, 12, 13</sup> Das Aussehen der Haut, die Trophik und die Beschaffenheit der Hautanhangsgebilde können bei der Beurteilung einer Algodystrophie sehr hilfreich sein.<sup>16</sup> Besonders gesucht werden sollten extraartikuläre Manifestationen bei einer reaktiven Arthritis (z.B. die Augen mit Konjunktivitis), bei einer Psoriasisarthritis (Nagelveränderungen; Psoriasiseffloreszenzen auch in der Rima ani, am Nabel und retroaurikulär) oder bei Spondyloarthritiden (Enthesitis) und Kollagenosen (Erythem, Photosensibilität, Sicca oral und okulär, Effluvium) (Abb. 3). <br />Nicht selten sind nur einzelne, wenig ausgeprägte Befunde zu erheben, wie zum Beispiel ein kleines induriertes Exanthem, kombiniert mit einer Monoarthritis des OSG. In diesem Fall sollte speziell an die Möglichkeit einer Sarkoidose als Ursache gedacht werden (Abb. 4). <br />Selbstverständlich ist ein sorgfältig durchgeführter internistischer Status, inklusive einer orientierenden problemorientierten neurologischen Austestung, ein Muss, um die Tragweite einer Gelenksproblematik erfassen zu können. <br />Die Hauptpfeiler einer stringenten Diagnostik bei einer Arthritis bilden nach wie vor die Arthrozentese mit konsekutiver Synoviaanalyse. Bereits die optische Einschätzung des Punktates, die sogenannte «Leseprobe», kann Rückschlüsse erlauben, ob es sich um eine entzündliche Genese handelt oder nicht. Bei einer nicht entzündlichen Synovia kann die Schrift des hinter dem Röhrchen liegenden Blattes problemlos erkannt werden (Abb. 5).<sup>1–3</sup></p> <h2>Die Bedeutung der Laboruntersuchungen</h2> <p>Seitens der Blutuntersuchungen können Differenzialblutbild und CRP-Bestimmung hilfreich sein, um eine erste Fährte in Richtung einer möglichen bakteriellen Ursache zu erhalten. Dabei ist zu beachten, dass auch akute Kristallarthritiden durchaus CRP-Erhöhungen mit Werten weit über 100mg/L zeigen können. <br />Eine qualitativ gut durchgeführte und kompetent interpretierte Synoviaanalyse bildet den Eckpfeiler der apparativen Untersuchungen. Standardmässig sind drei Untersuchungen in Auftrag zu geben: die Zellzahlzählung aus dem EDTA-Röhrchen, eine Bakteriologie aus dem Nativröhrchen (Gram-Färbung, Kultur, in Spezialfällen ergänzt mit einer eubakteriellen PCR) sowie eine Kristalluntersuchung aus einem zweiten Nativröhrchen. Spezielle Abklärungen wie eine Borrelien-PCR aus dem Punktat, eine Borrelienserologie aus dem Serum oder eine Chlamydien-PCR aus dem Urin sollten nur bei einer genügend hohen Vortestwahrscheinlichkeit (hoch suggestive Indizes aus der Anamnese und/oder bei passenden klinischen Befunden) in Auftrag gegeben werden.<sup>1</sup> <br />Die erste Weichenstellung sollte zwischen einem entzündlichen Erguss und einem nicht entzündlichen Punktat unterscheiden. Je nach Schule (Land) und Literatur (Autor) wird die Grenze bei 1000 oder 2000 Zellen (Leukozyten) pro Mikroliter festgelegt. Im englischen Sprachraum wird die Grenze bei 2000 Zellen/µL gesetzt. Bei uns gilt eine Zellzahl von <1000/µL als sicherlich nicht entzündlich (Reizerguss). Eine Zahl zwischen 1000 und 2000 stellt einen Graubereich dar, ist aber eher einer entzündlichen Genese zuzurechnen. Die Nosologie kann kristallentzündlicher, rheumatologischer (im engeren Sinn bei RA, Kollagenosen etc.) oder bakterieller Natur sein. Zu beachten ist zudem, dass bei Punktaten aus einem voroperierten Gelenk (TEP, Metall in situ) bereits eine viel tiefere Zellzahl, auch unter 1000/µL, mit einem Infekt (bakterielle Besiedelung, DD Low-grade-Infekt) einhergehen kann. Allgemein gibt die Höhe der Zellzahl einen ersten Hinweis auf die Ausprägung der Entzündung und auf die mögliche Ursache. Die höchsten Zellzahlen sehen wir mit Werten von 10 000 bis 100 000/µL und darüber bei infektiösen Arthritiden. Aber auch die reaktive Arthritis und die akute Kristallarthritis können durchaus Zellzahlen von über 30 000, selten einmal bis 100 000/µL aufweisen. Ein weiteres Differenzierungsmerkmal bildet dabei die Differenzialbeurteilung im Gram-Präparat. Bei einem Anteil der polynukleären Zellen (Granulozyten) von über 90 % besteht der Verdacht auf Vorliegen einer Gelenkssepsis, bei einem Anteil >98 % ist es gar sehr wahrscheinlich. Im Zweifelsfall ist dann eine empirische antibiotische Therapie einzuleiten. Nach 24–28 Stunden der Kulturbebrütung können wir uns dann definitiv auf die mikrobiologischen Auswertungen stützen.<sup>2, 3, 8</sup> <br />In geübter Laborantenhand und unter dem aufmerksamen Laborantenauge nimmt die Mikroskopie eine entscheidende Position in der Diagnostik einer Kristallarthropathie ein, insbesondere wenn bezüglich einer akuten Gicht oder Calcium-Pyrophosphat-Arthritis (CPPD) versus Vorliegen einer anderweitigen Genese entschieden werden muss. Das Finden der Calcium-Pyrophosphat-Kristalle stellt eine besondere Herausforderung dar, da diese Kristalle häufig vereinzelt vorkommen und insbesondere intrazellulär zu suchen sind. Die häufig in Haufen vorkommenden, nadelförmigen, sich im Dunkelfeldmikroskop doppelbrechend darstellenden Harnsäurekristalle sind dagegen kaum zu übersehen. Dabei ist zu beachten, dass eine gemischte Kristallarthritis vorkommen kann, wie auch, dass CPP-Kristalle bei einer bakteriellen Arthritis nicht selten als Begleitbefund nachgewiesen werden können, als sogenannte «innocent bystander». Die präformierten Kristalle werden dabei aus den Ablagerungen in den oberflächigen Knorpelschichten im Rahmen des septischen Entzündungsprozesses «herausgewaschen» und gelangen so in die Synovia.<sup>9, 10, 17–20</sup> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Ortho_1603_Weblinks_seite51_1.jpg" alt="" width="" height="" /> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Ortho_1603_Weblinks_seite51_2.jpg" alt="" width="" height="" /> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Ortho_1603_Weblinks_seite51_3.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Die Rolle der Bildgebung</h2> <p>Die Sonografie stellt eine elegante und kostengünstige Methode dar, v.a. bei klinisch schwierig oder nicht konklusiv zu untersuchenden Gelenken (wie Hüfte, Schulter oder OSG) oder Bursitiden einen Gelenkserguss zuverlässig nachzuweisen und konsekutiv ultraschallgesteuert zu punktieren (Abb. 6). Das Röntgenbild lässt uns grobe ossär-artikuläre Strukturveränderungen dokumentieren. Es kann aber auch bei destruktiven Prozessen, zusammen mit dem Gelenksbefallsmuster, entscheiden helfen, ob es sich z.B. um RA, Psoriasisarthritis oder chronische Gicht handeln könnte (Abb. 7). Im konventionellen Röntgenbild ist allenfalls eine sogenannte Chondrokalzinose als fast schon pathognomonisches Zeichen der CPPD zu suchen, typischerweise in Form von Kalzifikationen im TFCC der Handgelenke wie auch in Form von kalkdichten Doppelkonturen entlang der Knorpelschicht und als Einlagerungen um bzw. in den Menisci des Kniegelenkes (Abb. 8 und 9).<sup>21</sup> Das MRI trägt dazu bei, bei einer Monoarthritis traumatische/posttraumatische Läsionen (z.B. freier Gelenkskörper, Flake, Bänder- und Sehnenläsionen) genau zu beurteilen oder eine Bestandsaufnahme bezüglich Strukturveränderungen am Knorpel und Knochen (z.B. bei einer Algodystrophie, einem Knochenmarksödem bei fortgeschrittener aktivierter Arthrose) durchführen zu können. Für eine Beurteilung oligo-/polyartikulärer Probleme ist das MRI weniger geeignet.<sup>22, 23</sup></p> <h2>Quintessenz</h2> <p>Grundlage einer jeglichen Behandlung von Problemen am Bewegungsapparat bildet die sorgfältig durchgeführte Anamneseerhebung. Die eingehende körperliche Untersuchung mitsamt Punktion eines Gelenksergusses ist unerlässlich bei einer Gelenksschwellung. Ein akut hoch entzündetes Gelenk sollte unverzüglich punktiert werden, entweder «blind» unter Zuhilfenahme der anatomischen Landmarker oder sonografisch kontrolliert. Bei schwieriger Situation sollte nicht lange zugewartet und der Patient an den Spezialisten weitergewiesen werden. Die labormässige Aufarbeitung des Synoviaasservates bringt dann oft eine Klärung der Ursache oder zumindest eine Bestätigung des Verdachtes beziehungsweise der Arbeitshypothese. Ergänzende Laboruntersuchungen im Blut, inklusive Serologien, sowie bildgebende Abklärungen können schliesslich auch in schwierigen Fällen zur definitiven Diagnose verhelfen, sodass eine stringente, gezielte Therapie eingeleitet werden kann. <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Ortho_1603_Weblinks_seite52_1.jpg" alt="" width="" height="" /> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Ortho_1603_Weblinks_seite52_2.jpg" alt="" width="" height="" /> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Leading Opinions_Ortho_1603_Weblinks_seite52_3.jpg" alt="" width="" height="" /></p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> ACR Ad Hoc Committe on Clinical Guidelines. Arthritis Rheum 1996; 39: 1 <strong>2</strong> Seitz M: Arthritisabklärung. Rheuma Schweiz Nr. 4, 7/2013; 11-17 <strong>3</strong> Kyburz D: Gelenkschmerzen in der Praxis. Swiss Med Forum 2015; 15(26): 618-622 <strong>4</strong> Sanchez E: Gelenkschmerzen, was steckt dahinter. Differentialdiagnose der Arthritis. Der informierte Arzt 2015; 4: 11-15 <strong>5</strong> Meehan RT: History and physical examination. In: West SG: Rheumatology secrets. Philadelphia: Hanley & Belfus Inc., Mosby Ltd., 2002. Chap. 8 <strong>6</strong> Schmid L: Differentialdiagnose bei früher Arthritis. Der informierte Arzt 2013; 5: 26-28 <strong>7</strong> Liang MH: Evaluation of musculoskeletal symptoms. In: Klippel JH, Dieppe PA: Rheumatology. London: Mosby Ltd., 1994. pp 2.1.1- 2.1.18 <strong>8</strong> Sack K: Monoar­thritis differential diagnosis. Am J Med 1997; 102: 30 <strong>9</strong> Sanchez E: Die CPPD, das Chamäleon unter den entzündlichen rheumatischen Erkrankungen. Der informierte Arzt 2016; 2: 16-20 <strong>10</strong> Baker DG, Schumacher HR: Acute monoarthritis. N Engl J Med 1993; 329(4): 1013-1020 <strong>11</strong> Becker MA et al: Clinical manifestations and diagnosis of calcium pyrophosphate crystal deposition disease. www.uptodate.com, 2015 <strong>12</strong> Hawkins RA: Approach to the patient with polyarticular symptoms. In: West SG: Rheumatology secrets. Philadelphia: Hanley & Belfus Inc., Mosby Ltd., 1996. Chap. 15 <strong>13</strong> Da Silva JAP, Woolf AD: Rheumatology in practice. London: Springer Verlag Ltd., 2010 <strong>14</strong> Boller C: Infektassoziierte Arthritis. Der informierte Arzt 2013; 5: 23-24 <strong>15</strong> Beyeler C: Gelenkschmerzen. Schweiz Med Forum 2003; 49: 1200-1204 <strong>16</strong> Harden R et al: Proposed new diagnostic criteria for complex regional pain syndrome. Pain Med 2007; 8(4): 326-331 <strong>17</strong> Moskowitz RW: Deposition of calcium pyrophosphate or hydroxyapatite. In: Kelley WN et al: Textbook of Rheumatology. 4th ed. Philadelphia: W.B. Saunders, 1993 <strong>18</strong> Pritzker KPH: Calcium pyrophosphate dihydrate crystal deposition and other crystal deposition diseases. Curr Opin Rheumatol 1994; 6(4): 442-447 <strong>19</strong> Reginato AJ et al: CPPD, synovial biopsy, synovium, synovial fluid & arthrocentesis. www.med.upenn.edu <strong>20</strong> Schumacher HR: Pathology of crystal deposition diseases. Rheum Dis Clin North Am 1988; 14: 269-288 <strong>21</strong> Resnick D: Calcium hydroxyapatite crystal deposition disease. In: Resnick D (ed): Diagnosis of bone and joint disorders. 4th ed. Philadelphia: W.B. Saunders, 2002. p. 1619-1657 <strong>22</strong> Schumacher HR: Ultrastructural findings in chondrocalcinosis and pseudogout. Arthritis Rheum 1976; 19: 413-415 <strong>23</strong> Zhang W et al: European League Against Rheumatism recommendations for calcium pyrophosphate deposition. Part I: terminology and diagnosis. Ann Rheum Dis 2011; 70(4): 563-570</p>
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