
Attune – eine Knieendoprothese mit vielen Designvorteilen
Jatros
30
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07.07.2016
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<p class="article-intro">Auf der 17. Tagung der ESSKA (European Society of Sports Traumatology, Knee Surgery and Arthroscopy) wurden drei Papers zum Attune®-Knieendoprothesensystem präsentiert. Obwohl sich die Tochtergesellschaft der ESSKA, nämlich die EKA (European Knee Associates), viel mehr mit Knieendoprothetik beschäftigt als die Muttergesellschaft, ist das neue Kniesystem von DePuy Synthes auch zunehmend auf rein sportorthopädischen Kongressen ein Thema. Wir haben mit Prim. Univ.-Doz. Dr. Thomas Müllner über die wesentlichen Designfeatures gesprochen. </p>
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<p class="article-content"><p><strong>Herr Dozent Müllner, seit wann verwenden Sie das Attune®-Kniesystem und wie viele Prothesen haben Sie bereits implantiert?</strong> <br /><strong>T. Müllner:</strong> Ich verwende das Attune®-Kniesystem seit zwei Jahren. Überzeugt hat mich die Präsentation auf der Tagung der ESSKA in Amsterdam 2014, danach habe ich begonnen, das Knie bei Patienten im Evangelischen Krankenhaus Wien zu implantieren. Ich bin mit der Prothese und den kurz- wie auch mittelfristigen Ergebnissen sehr zufrieden, bisher konnten wir rund 160 Patienten damit versorgen.</p> <p><strong>Verwenden Sie die CR- oder die PS-Variante?</strong> <br /><strong>T. Müllner:</strong> Üblicherweise verwende ich die CR-Variante, also kreuzbanderhaltend. Ausgenommen davon sind grobe Achsfehlstellungen und kontrakte Kniegelenke, in diesen Fällen greife ich auf die „Posterior stabilized“-Variante zurück.</p> <p><strong>Und welche Plattform präferieren Sie? „Fixed bearing“ oder „mobile bearing“?</strong> <br /><strong>T. Müllner:</strong> Ich bevorzuge die „Fixed bearing“-Plattform, weil ich keine zusätzlichen Vorteile in der rotierenden Plattform sehe. Allerdings ist diese Entscheidung jedem Operateur selbst überlassen, denn die Tibiaplattform ermöglicht sowohl die Verwendung eines „mobile bearing“ als auch eines fixierten Inlays. Sehr beeindruckend ist, dass die präzise Wiederherstellung der Kinematik und Stabilität mit den in Millimeterabständen vorgehaltenen Plattformhöhen hervorragend gelingt. Die vielen verschiedenen Größen und Kombinationsmöglichkeiten der Inlays in Millimeterschritten sind wirklich sehr eindrucksvoll.</p> <p><strong>Einer der überzeugendsten Vorteile von Attune® ist das Patellagleiten. Ersetzen Sie tendenziell die Patella?</strong> <br /><strong>T. Müllner:</strong> Das ist eine Frage der Philosophie. Amerikaner ersetzen die Patella prinzipiell gerne. Vor acht bis zehn Jahren hatte ich eine Phase, in der ich alle Kniescheiben ersetzt habe. Das wechselte dann von „alle ersetzen“ zu „größtenteils nicht ersetzen“. Heute ersetze ich in 30 Prozent der Fälle die Patella und neige dazu, eher mehr zu ersetzen, obwohl das Patellatracking beim Attune® sehr gut ist. Bei ausgesprochener Patellofemoralarthrose und ausgedehnten Schleifspuren in der Patella ist es besser, die Patella zu ersetzen als sie nur zuzurichten. Der patellofemorale Gleitmechanismus ist tatsächlich ein entscheidender Designvorteil beim Attune®-Knie. Die Tiefe und Ausrichtung der Trochlea und das nahezu anatomische Gleitverhalten vermitteln dem Operateur schon intraoperativ ein physiologisches Gefühl.</p> <p><strong>Welche wesentlichen Designvorteile sind aus Ihrer Sicht noch zu erwähnen?</strong> <br /><strong>T. Müllner:</strong> Den Attune®-Gradius-Mechanismus (sagittale Kurvierung) finde ich sehr spannend. Durch eine allmähliche Reduktion des Radius wird eine optimale Konformität in jeder Beuge- und Streckhaltung, also im gesamten Bewegungsumfang garantiert, was für die anteriore und posteriore Stabilität essenziell ist. <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1604_Weblinks_Seite75_1.jpg" alt="" width="625" height="648" /> <img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Ortho_1604_Weblinks_Seite75_2.jpg" alt="" width="627" height="661" /></p> <p><strong>Ist das Instrumentarium eine echte Innovation?</strong> <br /><strong>T. Müllner:</strong> Das neue Instrumentenset zeichnet sich durch die selbsterklärende, intuitive Handhabung aus, indem alle Griffe und Schrauben, die bewegt werden sollen, rot markiert sind. Durch das Farbleitsystem weiß- schwarz sind auch die einzelnen Schritte besser ablesbar. Es ist einfach im Handling und vor allem um 51 % gewichtsmäßig reduziert, was nicht nur für das OP-Personal einen Vorteil darstellt, sondern auch in Hinblick auf die Sterilisation eine Kostenersparnis bedeutet. Denn wenn man keine eigene Sterilisation im Haus hat, wird nach Tassen verrechnet. Es ist einfach elegant und schön, damit zu instrumentieren. Derzeit haben wir drei bis vier Tassen im EKH in Verwendung. Alles, was zur Sicherheit und zur Genauigkeit der Implantation beiträgt, ist als großer Vorteil zu betrachten.</p> <p><strong>Sehen Sie direkt postoperativ eine raschere Genesung und schnellere Beweglichkeit bei den mit Attune® versorgten Patienten?</strong> <br /><strong>T. Müllner:</strong> Ja, ich beobachte seit einiger Zeit, dass die Patienten damit rascher mobil sind. Allerdings kann ich nicht beurteilen, ob das auf die Knieendoprothese selbst zurückzuführen ist. Ich habe zeitgleich auf eine intensivere präoperative Patientenschulung umgestellt, denn ich glaube, dass die verbesserte Patientenführung prä- und postoperativ sowie das optimierte Schmerzmanagement durch intraartikuläre Schmerzpumpen wesentliche Voraussetzungen für den raschen und komplikationslosen Genesungsverlauf sind. Das professionelle, reproduzierbare Management der Erwartungshaltung sowie eine ordentliche Aufklärung machen sich extrem stark bemerkbar: Nach wenigen Tagen sind viele Patienten auch ohne Krücken mobil.</p> <p><strong>Ist das Attune®-Kniesystem eine echte Innovation oder eben nur eine Knieprothese mehr am Markt?</strong> <br /><strong>T. Müllner:</strong> Meiner Meinung nach vereint das Attune®-Knie sehr viele Design­features, die bewiesen haben, dass sie sich sehr positiv auf Haltbarkeit, Beweglichkeit und Zufriedenheit der Patienten auswirken.</p> <p><strong>Was würden Sie sich sonst noch wünschen?</strong> <br /><strong>T. Müllner:</strong> Was mir tatsächlich abgeht, ist eine Allergievariante. Es gibt immer wieder Patienten mit einer Nickelallergie, und für diese Fälle brauche ich noch ein anderes Knieprothesensystem.</p> <p><strong>Was erwarten Sie sich in der Zukunft?</strong> <br /><strong>T. Müllner:</strong> Mit Spannung erwarte ich das Revisionssystem vom Attune®-Knie. Wie ich erfahren habe, ist das FDA-Approval bereits erfolgt, die nationalen CE-Zertifizierungen sind demnächst zu erwarten. Obwohl ich bis heute weder aseptische noch septische Lockerungen bei meinen Patienten zu verzeichnen hatte, ist im Falle von periartikulären Frakturen ein Revisionssystem desselben Herstellers optimal.</p> <p><strong>Mit freundlicher Unterstützung durch die Fa. DePuy Synthes</strong></p></p>
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