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Arthroskopische Versorgung von isolierten Subscapularisläsionen

<p class="article-intro">Isolierte Subscapularisläsionen sind weniger häufig als isolierte Supraspinatus- oder kombinierte Rotatorenmanschettenrupturen, können jedoch mit einer ausgeprägten Funktionseinschränkung und Schmerzen assoziiert sein. Durch die verbesserte MRI-Diagnostik steigt die Anzahl diagnostizierter Rupturen.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Isolierte Subscapularisrupturen k&ouml;nnen mit einer ausgepr&auml;gten schmerzhaften Funktionseinschr&auml;nkung einhergehen.</li> <li>Isolierte Subscapularisrekonstruktionen machen 4 % (bis 10 % ) aller arthroskopischen Rotatorenmanschettenrekonstruktionen aus.</li> <li>F&uuml;r traumatische Rupturen wird eine fr&uuml;he Rekonstruktion bevorzugt.</li> <li>Die arthroskopische Rekonstruktion erzielt gute bis exzellente funktionelle Resultate.</li> </ul> </div> <p>Isolierte Subscapularisrekonstruktionen machen etwa 4 % (bis 10 % ) aller arthroskopischen Rotatorenmanschettenreparaturen aus.<sup>1, 2</sup> Funktionell ist der M. subscapularis der dominante Innenrotator des Armes. Er wirkt sowohl als statischer als auch als dynamischer Stabilisator des Glenohumeralgelenkes und bildet das vordere Segment des Querkraftpaares.<sup>3&ndash;8</sup> Die Subscapularissehne kommt von der ventralen Fl&auml;che des Schulterblattes und inseriert sowohl tendin&ouml;s (proximal) als auch muskul&auml;r (distal) am Tuberculum minus und am Humerushals. Kadaverstudien zeigten eine Insertionsfl&auml;che von 16&ndash;20 x 25&ndash;40mm.<sup>9&ndash;11</sup> Der Sehnenansatz ist komplex und zeigt verschiedene tendin&ouml;se Ans&auml;tze zur Kapsel oder zum Pulley-System. Die Ursachen der Ruptur sind wie bei posterosuperioren Sehnenrupturen meist multifaktoriell. Traumatische Rupturen sind h&auml;ufiger und betreffen vor allem auch j&uuml;ngere Patienten.<sup>12&ndash;14</sup> Diese traumatischen Rupturen sind oft isoliert und Resultat einer Extension, Adduktion und Aussenrotation.<sup>15</sup></p> <h2>Diagnostik</h2> <p>F&uuml;r das isolierte Testen der Subscapularisintegrit&auml;t k&ouml;nnen der Lift-off-Test oder der Belly-Press-Test gebraucht werden.<sup>16, 17</sup> Auch eine im Vergleich zur Gegenseite vergr&ouml;sserte, passive Aussenrotation ist ein indirektes Zeichen. Das Arthro- MRI ist das Mittel der Wahl f&uuml;r die Diagnostik mit einer Sensitivit&auml;t von 36&ndash;94,7 % und einer Spezifit&auml;t von 82,4&ndash;100 % .<sup>18&ndash;20</sup></p> <h2>Klassifikation</h2> <p>Zumindest die chronische Ruptur der Subscapularissehne beginnt artikularseitig kranial und dehnt sich dann nach kaudal aus.<sup>1, 21</sup> Lafosse et al. haben ein Klassifikationssystem mit 5 Typen entwickelt.<sup>1</sup> Diese Einteilung hilft zu entscheiden, ob eine Ruptur noch reparabel ist oder nicht. Dabei gilt eine Grad-V-L&auml;sion als irreparabel (Tab. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Ortho_1804_Weblinks_lo_ortho_1804_s44_tab1+2.jpg" alt="" width="1438" height="901" /></p> <h2>Indikation f&uuml;r chirurgische Intervention</h2> <p>Bei chronisch symptomatischen Patienten, welche von einem sechsmonatigen konservativen Therapieversuch nicht profitiert haben (Physiotherapie, Life-style- Modifikation, NSAR-Therapie), kann die Indikation zur Rekonstruktion gestellt werden. Substanzielle (von positiven klinischen Zeichen begleitete) akute traumatische Subscapularisl&auml;sionen sollen dagegen z&uuml;gig operativ therapiert werden, um eine Retraktion und Verfettung zu vermeiden. Es gibt jedoch in der Literatur keine klare Richtlinie bez&uuml;glich der Operabilit&auml;t. Unsere Operationsindikationen sind in Tabelle 2 wiedergegeben.<br /> Obwohl eine fettige Infiltration &ge;3 f&uuml;r die meisten Orthop&auml;den eine Kontraindikation darstellt, konnten Burkhart et al. in einer Studie zeigen, dass auch Patienten mit h&ouml;hergradiger Verfettung von einer arthroskopischen Rekonstruktion noch profitieren.23 Auch bei grossen Rotatorenmanschettenl&auml;sionen kann es das Ziel sein, die Kr&auml;fte durch eine Teilreparatur der Sehne wieder in Balance zu bringen.</p> <h2>Operationstechnik</h2> <p>Meist wird heute eine arthroskopische Technik bevorzugt, wobei die Literatur &auml;quivalente klinische Resultate nach offener oder arthroskopischer Rekonstruktion zeigt.<sup>16, 17, 24&ndash;26</sup> Da jedoch die Ruptur meistens intraartikul&auml;r kranial beginnt, ist die arthroskopische Sicht von intraartikul&auml;r der offenen Rekonstruktion bei partiellen L&auml;sionen m&ouml;glicherweise &uuml;berlegen.<sup>14</sup><br /> Die arthroskopische Rekonstruktion der Subscapularissehne wird bei uns in &laquo;Beach Chair&raquo;-Lagerung unter aktiviertem Interskalenuskatheter durchgef&uuml;hrt, mit ggf. zus&auml;tzlicher Allgemeinnarkose. Der Arm wird in einem Armhalter (Spider, Tenet Medical Engineering, Inc.) fixiert. Da aufgrund der Retroversion des Humerushalses der vordere Anteil des Deltoideus eng an den Ansatzpunkt des Subscapularis herangedr&uuml;ckt wird, muss der Arm in Flexion und leichte Innenrotation gebracht werden, um die Ansatzstelle gut beurteilen zu k&ouml;nnen. F&uuml;hrt dieses Man&ouml;ver nicht zu gen&uuml;gender &Uuml;bersicht, wird der Oberarm durch die Assistenz nach dorsal gezogen. Neben einem dorsalen Standardportal werden weitere 2&ndash;3 zus&auml;tzliche anteriore, anterolaterale und anterosuperiore Portale genutzt. Wir verwenden f&uuml;r die verbesserte Sicht eine 70&deg;-Optik. Zuerst wird die Ruptur genau beurteilt und dann der muskulotendin&ouml;se &Uuml;bergang mobilisiert, sodass eine Refixation auf den Ansatzpunkt ohne grosse Spannung m&ouml;glich ist. Es erfolgten die Er&ouml;ffnung des Rotatorenmanschettenintervalls und damit die Darstellung des Oberrandes der Subscapularissehne. Je nach Retraktion wird dann die Sehne nach posterior (zum Glenoid) oder anterior (zum Processus coronoideus) mobilisiert. Dabei muss ggf. der N. axillaris aufgesucht werden, um einen zu grossen Zug am Nerv zu verhindern. Dazu benutzen wir h&auml;ufig einen Haltefaden (PDS, Nr. 1), welcher mit der Shuttletechnik eingebracht wird (Abb. 1).<br /> Dies erlaubt es, die Muskelsehneneinheit tempor&auml;r unter Spannung zu bringen. Wir verwenden f&uuml;r die Rekonstruktion Titananker, welche an der ehemaligen Ansatzstelle eingebracht werden. Dabei h&auml;ngt die Anzahl der Anker von der Rupturgr&ouml;sse und der Spannung ab. F&uuml;r die Rekonstruktion verwenden wir ausschliesslich eine einreihige Nahttechnik. Bei grosser Retraktion wird die Ansatzstelle um einige Millimeter medialisiert und hierf&uuml;r an der Knorpel-Knochen- Grenze der Knorpel entfernt. Nun wird die Sehne unter Spannung gebracht und mit dem Cleverhook die Sehne von kaudal nach kranial gefasst. Oft wird f&uuml;r die oberste Naht eine Loop-Technik verwendet.<br /> H&auml;ufig zeigen sich zudem pathologische Ver&auml;nderungen der Bizepssehne, welche adressiert werden m&uuml;ssen. Durch die Ruptur der Subscapularissehne kann es zu einer Verletzung des Pulley-Systems kommen und dadurch zur Subluxation/Luxation der langen Bizepssehne aus dem Sulcus. Wenn die lange Bizepssehne subluxiert oder entz&uuml;ndlich ver&auml;ndert ist, empfiehlt sich eine Tenotomie oder Tenodese. Wir bevorzugen die Tenotomie. Eine Tenodese wird nur bei j&uuml;ngeren Patienten mit hohem kosmetischem Anspruch vorgenommen (Abb. 2).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Ortho_1804_Weblinks_lo_ortho_1804_s45_abb1+2.jpg" alt="" width="1417" height="1261" /></p> <h2>Postoperative Rehabilitation</h2> <p>Postoperativ wird eine Immobilisation in der Schlinge f&uuml;r 6 Wochen mit begleitender Physiotherapie empfohlen. Dabei sind eine Aussenrotation bis 0&deg; und eine passive Abduktion in Innenrotation erlaubt. W&auml;hrend dieser Zeit sind Finger, Handgelenk und Ellbogengelenk frei beweglich. Die aktive Mobilisation startet nach 6 Wochen und Kraft&uuml;bungen werden nach 12 Wochen freigegeben. Schwere k&ouml;rperliche Arbeit und Sport, welche die obere Extremit&auml;t involvieren, sind postoperativ f&uuml;r 4 Monate nicht erlaubt.</p> <h2>Resultate</h2> <p>Die klinischen Resultate zeigen in der Literatur eine gute Verbesserung mit einer Heilungsrate von 45,5&ndash;100 % . Diese Werte sind vergleichbar mit der Heilungsrate bei posterosuperioren Rupturen. Die Mehrheit der Studien zeigt keine Verbesserung oder Verschlechterung der fettigen Infiltration oder Muskelatrophie im Verlauf.<sup>1, 27&ndash;29</sup></p> <p>Unsere Langzeiterfahrung betrifft 36 Patienten, die im Mittel nach mehr als 8 Jahren in 95 % der F&auml;lle subjektiv zufrieden oder sehr zufrieden sind. Die detaillierten Resultate sind derzeit in der internationalen Literatur unter Review und werden demn&auml;chst publiziert.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Isolierte Subscapularissehnenrupturen sind h&auml;ufiger als fr&uuml;her angenommen und werden durch die MRI-Diagnostik und die Arthroskopie zuverl&auml;ssiger entdeckt und einer optimalen Behandlung zugef&uuml;hrt. Die arthroskopische Rekonstruktion der Subscapularissehne erzielt gute bis sehr gute funktionelle Resultate mit einer geringen Rerupturrate.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Lafosse L et al.: J Bone Joint Surg Am 2007; 89(6): 1184- 93 <strong>2</strong> Edwards TB et al.: Arthroscopy 2006; 22(9): 941-6 <strong>3</strong> Halder A et al.: J Orthop Res 2000; 18(5): 8 29-34 <strong>4</strong> Burkhart SS: Clin Orthop Relat Res 1991; (267): 45-56 <strong>5</strong> Turkel SJ et al.: J Bone Joint Surg Am 1981; 63(8): 1208- 17 <strong>6</strong> Werner CM et al.: Clin Biomech 2007; 22(5): 495-501 <strong>7</strong> Lyons RP, Green A: J Am Acad Orthop Surg 2005; 13(5): 353-63 <strong>8</strong> Burkhart SS et al.: Arthroscopy 1994; 10(4): 363- 70 <strong>9</strong> Curtis AS et al.: Arthroscopy 2006; 22(6): 609 e1 <strong>10</strong> Ide J et al.: Arthroscopy 2008; 2 4(7): 749-53 <strong>11</strong> Richards DP et al.: The subscapularis footprint: an anatomic description of its insertion site. Arthroscopy 2007; 23(3): 251-4 <strong>12</strong> Hashimoto T et al.: Clin Orthop Relat Res 2003; (415): 111-20 <strong>13</strong> Killian ML et al.: Am J Sports Med 2015; 43(10): 2401-10 <strong>14</strong> Sakurai G et al.: J Shoulder Elbow Surg 1998; 7(5): 510-5 <strong>15</strong> Mall NA et al.: Arthroscopy 2013; 29(2): 366-76 <strong>16</strong> Gerber C et al.: J Bone Joint Surg Am 1996; 78(7): 1015-23 <strong>17</strong> Gerber C, Krushell RJ: J Bone Joint Surg Br 1991; 73(3): 389-94 <strong>18</strong> Gyftopoulos S et al.: Skeletal Radiol 2013; 42(9): 1269-75 <strong>19</strong> Adams CR et al.: Arthroscopy 2012; 28(11): 1592-600 <strong>20</strong> Adams CR et al.: Arthroscopy 2010; 26(11): 1427-33 <strong>21</strong> Yoo JC et al.: Arthroscopy 2015; 31(1): 19-28 <strong>22</strong> Goutallier D et al.: Clin Orthop Relat Res 1994; (304): 78-83 <strong>23</strong> Burkhart SS et al.: Arthroscopy 2007; 23(4): 347-54 <strong>24</strong> Deutsch A et al.: Am J Sports Med 1997; 25(1): 13-22 <strong>25</strong> Namdari S et al.: J Bone Joint Surg Am 2008; 90(9): 1906-13 <strong>26</strong> Edwards TB et al.: J Bone Joint Surg Am 2005; 87(4): 725-30 <strong>27</strong> Lanz U et al.: Arthroscopy 2013; 29(9): 1471-8 <strong>28</strong> van der Zwaal P et al.: Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 2013; 21(7): 1620-5 <strong>29</strong> Toussaint B et al.: Orthop Traumatol Surg Res 2012; 98(8 Suppl): S193-200</p> </div> </p>
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