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Arthroskopische OSG-Fusion – bis zu welcher Deformität?

<p class="article-intro">Die arthroskopische Fusion des oberen Sprunggelenkes führt im Kurzzeitverlauf zu tendenziell besseren und im Langzeitverlauf zu identisch guten Ergebnissen im Vergleich zur offenen Fusion. Während eine Verkippung des Talus in einer sonst intakten Malleolengabel problemlos arthroskopisch angegangen werden kann, sollte bei höhergradigen Deformitäten der distalen Tibiagelenksfläche die offene Fusion erfolgen. Partielle Talusnekrosen können arthroskopisch fusioniert werden, solange genügend vitaler Knochenstock vorhanden ist, um eine stabile Verankerung der perkutan eingebrachten Schrauben zu erlauben.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die endgradige Arthrose des oberen Sprunggelenkes (OSG) betrifft h&auml;ufig junge Patienten und verursacht relevante Schmerzen und Funktionseinschr&auml;nkungen.<sup>1</sup> Sowohl die offene wie auch die arthroskopische Fusion f&uuml;hren zu Schmerzreduktion und verbesserter Funktion. Die Hauptvorteile der arthroskopischen Fusion liegen in der verk&uuml;rzten postoperativen Hospitalisation und in besseren klinischen Ergebnissen im kurzfristigen postoperativen Verlauf. Diese besseren Ergebnisse in der fr&uuml;hen postoperativen Phase werden der verringerten Weichteildissektion zugeschrieben.<sup>2&ndash;4</sup><br /> Ob eine OSG-Fusion arthroskopisch durchf&uuml;hrbar ist, entscheidet vorwiegend eine eventuelle pr&auml;operative Deformit&auml;t. Dabei gelten vor allem Deformit&auml;ten in koronarer Ebene als relative Kontraindikation. In der Zwischenzeit haben aber mehrere Studien gute Ergebnisse auch bei Vorliegen relevanter pr&auml;operativer Deformit&auml;ten gezeigt.<sup>2&ndash;4</sup> Es sind jedoch weiterhin wenige Daten dar&uuml;ber verf&uuml;gbar, bis zu welcher Deformit&auml;t eine arthroskopische OSG-Fusion gute Ergebnisse liefert. Daneben haben oben erw&auml;hnte Studien die koronare Deformit&auml;t lediglich &uuml;ber den tibiotalaren Winkel beschrieben, welcher allein gestellt keine suffiziente Information &uuml;ber den Ursprung der Deformit&auml;t gibt.<br /> In einer retrospektiven Analyse von 97 isolierten OSG-Fusionen haben wir den Einfluss der pr&auml;operativen Deformit&auml;t auf die Ergebnisse nach arthroskopischer OSG-Fusion untersucht. Von den 97 Fusionen wurden 62 arthroskopisch und 35 offen durchgef&uuml;hrt. Wir haben dabei unter anderem Wert auf eine genauere Analyse der pr&auml;operativen Deformit&auml;t gelegt.<sup>5</sup><br /> Die klinischen Ergebnisse waren dabei &auml;hnlich denen in vorangegangenen Studien. Beide Gruppen zeigten eine signifikante Besserung des klinischen Befundes, gemessen mit einer modifizierten Ankle Osteoarthritis Scale (AOS) nach jeweils 6, 12, 24 Monaten und beim letzten Follow-up, welches im Mittel nach 4,1 bzw. 4,5 Jahren erfolgte (Abb. 1). Dabei zeigte die arthroskopische Gruppe eine schnelle Besserung im AOS-Score, welcher nach 6 und 12 Monaten bereits identisch mit dem letzten Follow-up dieser Gruppe war. Die offene Gruppe zeigte eine langsamere Besserung, kam beim letzten Follow-up jedoch auf dieselben Ergebnisse wie die arthroskopische Gruppe. Die Reoperationsrate unterschied sich nicht zwischen den Gruppen und radiologisch zeigten beide Gruppen ebenfalls identische Ergebnisse bez&uuml;glich des koronaren und sagittalen Alignments.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Ortho_1701_Weblinks_lo_ortho_1701_s47_abb1.jpg" alt="" width="1459" height="1333" /></p> <h2>Deformit&auml;ten der distalen Tibiagelenksfl&auml;che</h2> <p>In den bisherigen Studien wurde die koronare Deformit&auml;t ausschliesslich &uuml;ber den tibiotalaren Winkel bestimmt (Abb 2a), den Winkel zwischen der Tibiaachse und der Talusoberfl&auml;che.<sup>2&ndash;4, 6</sup> Ein hoher tibiotalarer Winkel kann einerseits durch eine Verkippung des Talus in einer ansonsten intakten Malleolengabel verursacht sein oder aber durch eine Deformit&auml;t der tibialen Gelenksfl&auml;che. W&auml;hrend im ersten Fall der Talus nach arthroskopischem D&eacute;bridement manuell in die korrekte Position reponiert werden kann, ist im zweiten Fall die korrekte Ausrichtung der tibialen Gelenksfl&auml;che durch eine entsprechende kn&ouml;cherne Resektion notwendig. Je nach Ausmass ist dies arthroskopisch nicht durchf&uuml;hrbar. Das Ausmass dieser Deformit&auml;t l&auml;sst sich besser mit dem distalen Tibiagelenkswinkel bestimmen (Abb. 2b).<br /> In unserer Kohorte fanden wir in beiden Gruppen &auml;hnliche Abweichungen des tibiotalaren Winkels bis maximal 25&deg; von der Norm in der arthroskopischen Gruppe und bis maximal 27&deg; von der Norm in der offenen Gruppe, dies entsprechend den Resultaten der oben erw&auml;hnten Studien. Wurde die Deformit&auml;t dagegen mit dem distalen Tibiagelenkswinkel bestimmt, so zeigte sich, dass lediglich Deformit&auml;ten mit einer Abweichung bis maximal 19&deg; arthroskopisch behandelt wurden, w&auml;hrend in der offenen Gruppe Deformit&auml;ten mit einer Abweichung bis zu 43&deg; behandelt wurden (Abb. 3).<br /> Eine Regressionsanalyse der Subgruppe aller Patienten mit einem distalen Tibiagelenkswinkel von 19&deg; und weniger zeigte, dass die Ergebnisse beim letzten Follow- up weder vom pr&auml;operativen distalen Tibiagelenkswinkel beeinflusst wurden noch von der Art der Fusion (arthroskopisch vs. offen). Somit kann man schlussfolgern, dass die Ergebnisse der arthroskopischen OSG-Fusion zwar unabh&auml;ngig von der pr&auml;operativen koronaren Deformit&auml;t sind, dies aber mit der Einschr&auml;nkung, dass Deformit&auml;ten mit einem distalen Tibiagelenkswinkel &gt;19&deg; nur offen fusioniert wurden. Da es sich um eine retrospektive Studie handelt, liegt diesem Unterschied sicherlich ein Selektionsfehler zugrunde. Es zeigt sich aber dennoch, dass auch in einem Zentrum mit Erfahrung in der arthroskopischen OSG-Fusion h&ouml;hergradige Deformit&auml;ten der distalen Tibiagelenkslinie nicht arthroskopisch behandelt wurden.<br /> Da der distale Tibiagelenkswinkel in den vorangegangenen Studien nicht gemessen wurde, bleibt unklar, wie viele der Patienten dieser Studien tats&auml;chlich eine Deformit&auml;t der distalen Tibiagelenksfl&auml;che hatten oder ob der Grossteil lediglich eine Verkippung des Talus aufwies.<sup>2&ndash;4</sup><br /> Manche Autoren empfehlen eine zus&auml;tzliche lateralisierende oder medialisierende Kalkaneusosteotomie, sollte am Ende einer arthroskopischen OSG-Fusion noch eine residuelle koronare Fehlstellung des R&uuml;ckfusses vorliegen.<sup>2, 4</sup> Eine l&auml;nger bestehende Varusfehlstellung des oberen Sprunggelenkes wird jedoch zu 50 % durch eine Valgusstellung des unteren Sprunggelenkes kompensiert.<sup>7</sup> Das untere Sprunggelenk war also &uuml;ber l&auml;ngere Zeit lateral mehr belastet. Eine zus&auml;tzliche Valgisierung des Kalkaneus w&uuml;rde in dieser Situation zu einer vermehrten Belastung des lateralen Anteils des unteren Sprunggelenkes f&uuml;hren, genau jenen Anteils, welcher durch die kompensatorische Valgusstellung des unteren Sprunggelenkes bereits zuvor vermehrt belastet wurde. Auch wenn es dazu keine Daten gibt, so ist doch anzunehmen, dass das Risiko f&uuml;r die Entwicklung einer Anschlussarthrose des unteren Sprunggelenkes dadurch zunimmt. Dieselben &Uuml;berlegungen gelten f&uuml;r die Valgus-OSG-Arthrose, welche ebenfalls zu 39 % im unteren Sprunggelenk durch eine Varusstellung kompensiert wird.<sup>7</sup><br /> In F&auml;llen, in welchen nicht klar ist, ob die Fusion arthroskopisch m&ouml;glich ist, f&uuml;hren wir zun&auml;chst das arthroskopische D&eacute;bridement durch. Kann der Talus dann manuell in die korrekte Position reponiert werden, so fahren wir mit der arthroskopischen Operation fort. Dabei kann die Platzierung der Schrauben helfen, eine geringgradige residuelle Deformit&auml;t zu korrigieren. Im Falle einer Varusfehlstellung sollte die erste Schraube als Zugschraube in den lateralen Taluskorpus eingebracht werden, bei einer Valgusfehlstellung dementsprechend in den medialen Taluskorpus. Kann durch diese Massnahmen die R&uuml;ckfussachse nicht korrekt eingestellt werden, so f&uuml;hren wir eine offene Resektion der distalen Tibialgelenksfl&auml;che durch.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Ortho_1701_Weblinks_lo_ortho_1701_s48_abb2.jpg" alt="" width="686" height="1722" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Ortho_1701_Weblinks_lo_ortho_1701_s49_abb3.jpg" alt="" width="1459" height="1407" /></p> <h2>Sagittale Deformit&auml;ten</h2> <p>Sagittale Deformit&auml;ten sind unserer Erfahrung nach h&auml;ufig durch osteophyt&auml;re Anbauten verursacht, welche zu einer Rotation und Ventralisierung des Talus f&uuml;hren. Solche Osteophyten k&ouml;nnen in der Regel gut arthroskopisch abgetragen werden, sodass diese keine Kontraindikation f&uuml;r eine arthroskopische Fusion darstellen. Dabei ist es hilfreich, vor dem eigentlichen arthroskopischen D&eacute;bridement die Osteophyten mit einer K&uuml;rette abzubrechen. Dies erleichtert auch das Einf&uuml;hren der Instrumente in den Gelenkspalt. In der eigenen Kohorte konnten dementsprechend auch keine Unterschiede in der pr&auml;operativen sagittalen Deformit&auml;t zwischen den Gruppen gefunden werden.<sup>5</sup></p> <h2>Deformit&auml;ten des Talus</h2> <p>Talusfrakturen k&ouml;nnen partielle Nekrosen des Talus verursachen. Dies kann einerseits zu einer kritischen Verringerung der Fusionsfl&auml;che f&uuml;hren und andererseits die Verankerung der Schrauben erschweren. Kendal et al haben bei 16 Patienten mit einer avaskul&auml;ren Talusnekrose bis zu Ficat-Grad 4 (entsprechend einem Kollaps des Taluskorpus) eine arthroskopische OSG-Fusion durchgef&uuml;hrt.<sup>8</sup> Intraoperativ waren avaskul&auml;re Talusanteile d&eacute;bridiert worden, bis man auf blutenden Knochen stiess. In keinem der F&auml;lle wurde eine Spongiosaplastik verwendet, aber immer wurde auch der mediale und laterale Gelenkspalt mitentknorpelt. Alle 15 Patienten, welche f&uuml;r die Nachuntersuchung verf&uuml;gbar waren, zeigten eine korrekte Konsolidation. Die Grenze f&uuml;r eine arthroskopische Fusion in dieser Situation ist erreicht, wenn die perkutan eingebrachten Schrauben keinen suffizienten Halt finden und die Fixation deswegen mit Platten oder einem intramedull&auml;ren Nagel erfolgen muss.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Glazebrook M et al: J Bone Joint Surg Am 2008; 90: 499- 505 <strong>2</strong> Dannawi Z et al: Foot Ancle Surg 2011; 17(4): 294-9 <strong>3</strong> Townshend D et al: J Bone Joint Surg Am 2013; 95(2): 98-102 <strong>4</strong> Winson IG et al: J Bone Joint Surg Br 2005; 87(3): 343-7 <strong>5</strong> Schmid T et al: 33. AGA Kongress 2016, Basel <strong>6</strong> Nosewicz TL et al: Skeletal Radiology 2012; 41(12): 1567- 73 <strong>7</strong> Wang B et al: Clin Orthop Relat Res 2015; 473(1): 318- 25 <strong>8</strong> Kendal AR et al: Foot Ancle Int 2015; 36(5): 591-7</p> </div> </p>
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